Ich hasse Sport, ich möchte mich nicht von fremden Menschen anfassen lassen, bin sehr schreckhaft und halte von diesem ganzen Psychoteambuildingquatsch nichts. Ideale Vorraussetzungen um am Zombierun teilzunehmen.
Der Zombierun ist eine fünf Kilometer lange Laufstrecke auf der einige Hindernisse aufgestellt sind. Sowohl auf der Strecke als auch vor und hinter den Hindernissen stehen Zombies. Die Läufer tragen zum Start drei mit Klettverschluss befestigte Lebensfahnen an einem Gürtel. Die Zombies haben die Aufgabe, sich diese drei Fahnen zu erkämpfen. Ziel des Läufers ist es, mindestens eine Lebensfahne ins Ziel zu bringen. Und was soll ich sagen? Ich habs geschafft!
Das war vor drei Stunden und ich bin immer noch high. Zum einen kommt das von der körperlichen Anstrengung. Völlig untrainiert (so wie die Veranstalter das behaupten), hätte ich die Strecke niemals geschafft. Niemals! Und für alles, was mit klettern zu tun hatte, bemerkte ich sehr schnell, dass meine Kraft in den Armen doch sehr zu wünschen übrig lässt.
Es sind zahlreiche Hindernisse zu bewältigen. Zum Beispiel klettert man an geknoteten Seilen eine steile Holzwand hoch, erklimmt Strohballenberge, watet durch knietiefes Wasser, hangelt an Metallstangen entlang und kriecht durch 30 cm hohe Tunnel. Einiges davon schafft man alleine, bestimmte Hindernisse wären für mich ohne Hilfe nicht zu überwinden gewesen. Ich stieg also in fremde Hände auf Räuberleitern, griff nach Armen, die mich hochzogen und ließ mir den Po nach oben schieben (Von hinten rief es, nachdem ich das dritte mal abgerutscht war „If you don’t mind, I would help a little!“).
Ich bin wirklich, wirklich unsportlich, aber ich hatte mir eben vorgenommen, alles zu schaffen und das hat tatsächlich dazu geführt, dass ich es geschafft habe. Mit der Hilfe von anderen, aber ich habe mich wirklich überwunden und angestrengt und hinterher war ich wirklich stolz auf mich. Noch mehr hat mir aber das Gemeinschaftsgefühl gefallen, das im Verlauf des Laufs immer stärker wurde.
Am Anfang hatte ich mir keine Strategie überlegt und obwohl wir zu dritt gestartet sind, versuchte ich alleine zu bestehen. Nach dem ersten Kilometer hatte ich keine Lebensfahnen mehr und gleichzeitig begriffen, dass man so nicht als „Überlebende“ ins Ziel kommt.
Von da an, habe ich versucht wenigstens die Fahnen meiner Begleiterinnen zu schützen und das hat wirklich sehr gut geklappt. Man konnte durch eine Handbewegung so tun, als hätte man noch eine Lebensfahne und dann die herumstehenden Zombies ablenken, so dass die anderen Partnerinnen an ihnen vorbei kamen. Am sinnvollsten wäre es gewesen, alle Fähnchen von einer Person tragen zu lassen und alle anderen schützen diese.
Auch hätte man an die Zombiegebiete viel langsamer ranlaufen müssen. Bestenfalls stehenbleiben und sich eine Strategie überlegen. Blinder Aktionismus führte lediglich zu Fahnenverlust. Es gab im Grunde auch immer mindestens einen Zombie, der schneller war als man selbst.
Die Sprints auf freier Strecke haben wahnsinnig viel Spaß gemacht. Es ist faszinierend, wie schnell man laufen kann, wenn ein massig wirkender Typ mit hervorquellendem Gehirn schreiend wie ein Ochse hinter einem herläuft. Man möchte im Anschluss daran erbrechen, ist aber sehr, sehr glücklich.
Im letzten Drittel der Strecke konnte man sich nochmal ein Leben erarbeiten, indem man sich Stangen entlang hangelte. Wie ich gerade ächzend und zitternd an einer der Stangen hing, stellte einer der Veranstalter fest: „Männer müssen alle Streben ohne Unterbrechung schaffen, bei Frauen genügt die Hälfte. Oder wollt ihr Gleichberechtigung? Dann müssen die Frauen auch alle schaffen!“ Zehn Millisekunden überlegte ich, ob ich eine Diskussion über Gleichberechtigung* und dem allgemeinen Fehlverständnis von eben selbiger starte, aber dann riss ich mich zusammen und schwang mich wortlos zur letzten Strebe.
Ich bekam also ein viertes Leben (die drei ersten hatte ich ja sehr schnell verwirkt) und ab da machte der Lauf nochmal richtig Spaß, weil im Grunde alle Runner jetzt wieder etwas zum Beschützen hatten, man aber gewisse Erfahrungswerte gesammelt hatte und diese so einbringen konnte, dass am Ende gefühlte 80% der TeilnehmerInnen mit Leben ins Ziel liefen.
Wir liefen zum Beispiel Formierungen, so wie man das aus historischen Filmen kennt. Die ohne Fahnen bildeten einen äußeren Schutzkeil und innen liefen die Fahnenträger. Oder man schickte die schnellsten aus der Gruppe vor, die sich von den Zombies jagen ließen und alle langsamen konnten an ihnen sicher vorbei, weil so ein Zombie natürlich auch nicht ewig sprinten kann und sich dann schlapp und unkonzentriert abwandte.
Am Ende kamen wir drei mit mindestens einer Fahne ins Ziel. Die coole Butterflyfish hatte sogar zwei.
Es war kalt, es regnete, es war nass, es war matschig, wir hatten überall Sand, einige blutige Knie, aber es hat wirklich Spaß gemacht. Gemein fiesen, adrenalinfördernden, gruppenhappygefühlsmäßigen tralalala Spaß.
Nächstes Jahr würde ich gerne in einer größeren Runde laufen (sofern der Zombierun erneut ausgerichtet wird). Wer läuft mit?
Hier die ersten Bilder (mehr folgen):
Meine Tipps für die Apokalypse:
- Schutzhandschuhe tragen (z.B. Fahrradhandschuhe)
- Knie schützen (mindestens lange Hose)
- Nicht schüchtern sein, nach gierigen Händen hauen (z.B.), auch mal ein liebevoller Bodycheck hilft
- Schnell laufen
- Armmuskeltraining machen
- Handtuch mitnehmen
- Wechselsachen (inkl. Unterwäsche und v.a. Schuhe) mitnehmen
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* Equality doesn’t mean justice
P.S. Einige der Zombies kamen von den Psychopaten. Ein professioneller Erschreck-Service in Berlin. Falls mal Bedarf ist. Wärmste Empfehlung. Die sahen nicht nur großartig aus sondern die haben wirklich schauspielerisch auch alles gegeben, um die Apokalypse glaubhaft zu machen.