Deine Freunde machen Deine Mudda glücklich

Das erste Konzert, das mir Spaß gemacht hat. Naja nach Herbert Grönemeyer, aber das sag ich nicht öffentlich. Das ist Kompromat.

IMG_7716Konzerte und ich, das ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Seit meiner Schulzeit denke ich immer wieder, es könnte mir Spaß machen Konzerte zu besuchen. Wenn ich dann da bin, merke ich, tief in mir lebt schon immer eine alte Oma.

Diese Oma findet große Menschenansammlungen blöd – v.a. dann wenn ihre Körper schwitzen und diese sie immer wieder berühren. Die selbe Oma ärgert sich immer wieder über die unangenehme Lautstärke von Konzerten und findet es ätzend, wenn Stücke gespielt werden, die sie gar nicht kennt oder erkennt.

Eigentlich möchte sie auch gar nicht stundenlang stehen, aber Sitzkonzerte sind noch viel schlimmer.

Die Oma hört schon immer schlecht – allerdings meint sie dennoch beurteilen zu können, dass achtzig Prozent aller Bands live unglaublich schlecht sind. Manchmal können die SängerInnen nicht singen, manchmal die Bandmitglieder ihre Musikinstrumente nicht so gut spielen. Oft sind einfach die Toningenieure ein bisschen taub.

Das Symbolbild für dasnuf und Livekonzerte wäre eine alte Dame, die etwas träge mit einem Krückstock wedelt und krächzt: „Bleiben Sie mir fort mit diesem modernen Zeug! Am schönsten ist Musik zuhause am Sofa!“

Im Grunde gibt es nur eine Sache, die schlimmer ist als Livekonzerte und das ist Kindermusik. Kindermusik, das hat sich irgendein Menschenhasser ausgedacht, das bedeutet Kinderchöre mit glockenhellen Stimmen, die irgendwas fiepen, schreckliche Melodien (die einen dennoch mehrere Monate als Ohrwurm begleiten ALLELEUTALLELEUT! JANUARFEBRUARMÄRZAPRIL!) und grauselige Texte.

Die Kinder werden geboren, man denkt sich: ich höre einfach weiter die Musik, die mir gefällt und basta und plötzlich wacht man in einem PEKiP-Kurs auf und klatscht und trällert eben jene Kinderlieder und wenn man dann in das fröhliche Babygesicht schaut, singt man das einfach ein paar Jahre weiter.

Eine echte Erlösung war deswegen die Entdeckung der Band „Deine Freunde„.

„Deine Freunde,“ das sind der ehemalige Echt-Schlagzeuger Florian Sump, der Fettes Brot DJ Markus Pauli und der Tigerenten Club Moderator Lukas Nimschek.

Ich meine irgendwo gelesen zu haben [*], dass Florian Sump selbst als Erzieher in einem Kindergarten tätig war und genau auf dieses Problem der unerträglichen Kindermusik gestoßen ist und dann das Lied „Schokolade“ geschrieben hat.

Das war der Beginn der Band, die bis heute drei Alben geschrieben hat.

Sofern man deutschen HipHop mag, kann ich „Deine Freunde“ wirklich sehr empfehlen. Die Musik ist so wie man es als Erwachsene gut hören kann und die Texte sind sehr, sehr gut. Genau genommen entsprechen die Texte diesen Elternblogtexten, die einen total begeistern, weil sie mit unglaublichem Feingefühl und Herzenswärme typische Eltern-Kind-Themen aufgreifen und zwar so, dass man v.a. über die Schmerzen des Elternseins lachen muss.

Die Witze gehen aber nie auf Kosten der Kinder. Denn im Grunde sind die Texte aus deren Perspektive geschrieben. Kinder, das darf man nie vergessen, haben es mit uns Eltern auch nicht immer leicht.

Es gibt auch Texte, die sind mit so viel Gefühl geschrieben, dass ich (ich bin zugegebenermaßen, was meine Gefühle angeht, oft etwas verdreht) zu Tränen gerührt bin. Das Lied „Ganz groß“ (Amazon Werbelink) erweicht mein Mutterherz jedes Mal und am liebsten würde ich beim Hören meine Kinder in den Arm nehmen und weinen wie diese Comicfiguren, denen rechts und links die Wasserfontänen aus den Augen spritzen und mich dann in ihren Shirts schnäuzen. (Zum Glück habe ich mich im Griff! Zum Glück!)

Deine Freunde - fotografieren verboten!

Jedenfalls das Konzert war grandios. Grandios, meine Damen und Herren!

Ich stand irgendwo hinten auf einer Balustrade während ich mit meinem Freund Händchen hielt und wir beide leise schluchzten: Das ist das erste Mal, dass die Kinder ganz alleine im Konzertpit hüpfen und mitsingen.

So war das nämlich organisiert: Die vordere Hälfte der Bühne war ausdrücklich nur für Kinder. Erwachsene durften dem Konzert in gebührlichen Abstand lauschen.

Wer schon mal einem Karnevalsumzug beiwohnte, der weiß nämlich, dass Erwachsene unendlich nerven können, z.B. weil sie Kinder schubsen oder ihnen rücksichtslos auf den Füßen rumtrampeln.

Deine Freunde - fotografieren verboten!

Ach, ich könnte jetzt noch einen Roman schreiben über das tolle Konzert und ein ganzes Reclam-Heft mit der Interpretation der einzelnen Songs befüllen – aber ich lasse das einfach und empfehle: Kaufen Sie die CDs, gehen Sie auf die Konzerte, singen Sie mit! Machen Sie die Band reich, da verderben Sie nichts mehr (die meinten ohnehin, dass sie jetzt so bekannt seien, dass sie jetzt bald arrogant würden).


(Unbedingt nicht anhören, wenn man nicht 14 Tage lang einen Ohrwurm haben möchte. Ich hab Sie gewarnt!)

P.S. Nach intensiven Befragungen der Kinder konnte ich ihnen auch ein enthusiastisches Urteil abringen:

„Wie findet ihr die Band?“ „Gut.“


[*] Mir wurde freundlicherweise auf die Sprünge geholfen, wo ich das gelesen habe: Was machen die denn da – Florian Sump

26 Gedanken zu „Deine Freunde machen Deine Mudda glücklich“

  1. Die Gattin gehört zum Lehrpersonal einer Grundschule und ist durch die immer gleichen Kinderlieder bereits schwer geschädigt – wie ich auch ich. Bekomme ich doch bei Vorbereitung des Unterrichts daheim mehr ‚lustige‘ Kindermusik ab, als mir gut tut. Quasi ein Äquivalent zum Passivrauchen.
    Das Anspielen einiger Youtube-Clips von ‚Meine Freunde‘ beim samstäglichen Frühstück sorgte dann allenthalben für einige Heiterkeit und den Plan des Einsatzes im Unterricht.
    Insbesondere „Wie schön, dass du geboren bist“ http://www.youtube.com/watch?v=4jkh8T8biCU scheint eine sehr schöne Alternative zum üblichen, anlassbezogenen Singsang zu sein.
    (Den Schokolade-Ohrwurm bin ich bis jetzt noch nicht wieder los geworden…)

  2. Bin sehr erstaunt über die zurückhaltenden Kommentare. Deine Freunde sind der Hammer! (Wenn die Eltern Fettes-Brot-Fans der ersten Stunde sind nicht weiter verwunderlich). Wer’s ruhiger mit trotzdem intelligenten Texten mag, dem empfehle ich Gerhard Schöne. Hat mir als Kind schon gefallen und der Tochter auch. Aber Geschmäcker sind halt verschieden.

  3. Huch, da kann ich ja selbst Anne Kaffeekanne noch besser ertragen… (aber das ist natürlich auch nur was für kleine Kinder). Das mit dem Kinderkonzert hört sich aber nach ner tollen Idee an!

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