Jeder kann ein Hausschwein sein

Abgelaufene Lebensmittel kann man super essen. Selbst wenn sie stinken, muss man sich selten davon erbrechen. Ein Erfahrungsbericht.

Es ist so: Ich habe chronisch verstopfte Nebenhöhlen. Das bedeutet, dass ich fast nichts rieche. Ein echter Segen, wenn man in Deutschland längere Strecken mit der Bahn unterwegs ist, da es ein ungeschriebenes Gesetz gibt, das vorschreibt einzig und allein gekochte Eier und Buletten auf Reisen zu verspeisen. Für Menschen mit empfindlichen Nasen ein olfaktorisches Desaster.

Jedenfalls eigentlich hat nichts riechen können fast nur Vorteile. Verdorbenes Essen z.B. stinkt ziemlich schnell und die meisten essen es deswegen nicht.  Für mich ist das kein Problem und aus langjähriger Erfahrung kann ich sagen: Was stinkt, ist meistens nicht so ungenießbar wie angenommen und man trägt nur in den seltensten Fällen eine Lebensmittelvergiftung davon. Lediglich von bereits flauschenden Dingen sollte man Abstand nehmen.

Die letzten Jahre habe ich Trends nicht mehr mitgemacht – aber mein Riechunvermögen gepaart mit meinem Unwillen für Verschwendung macht mich seit neustem extrem hip. (Wenn ich die Medienberichte richtig verstehe, dann ist es im Moment gerade sehr modern abgelaufene Lebensmittel zu verzehren.)

Mit voranschreitendem Alter ist das noch schlimmer geworden. Aus Gründen der Nachhaltigkeit versuchen wir so weit es geht ausschließlich Regionales zu kaufen und investieren unser Geld auch gerne in Bio-Produkte, v.a. wenn die Produkte mit Tieren im Zusammenhang stehen (Milch, Jogurt, Käse, Wurst,…). Das ist natürlich ein bisschen teurer, was bei mir wiederum das Gefühl verstärkt, nichts verkommen oder gar wegwerfen zu wollen. Also esse ich wie ein Hausschwein alle Reste weg. Abends gibt es für mich Käse mit Wienerwürstchen und Tofu-Ei-Omlette. Oder Rotebeetechips mit Pudding und welker Petersilie.

Ich habe es auch schon mit einfrieren versucht, aber man gerät da in einen lästigen Kreislauf. Man verkocht alle Zutaten zu einem ordentlichen Gericht, friert das, was man nicht essen mag, ein. Am nächsten Tag wiederholt man diesen Vorgang. Dann wieder und wieder. Nach fünf Tagen ist die Kühltruhe voll. Man beginnt also mit dem Auftauen des Gerichts, das am weitesten zurück liegt. Allerdings genügt das nicht für fünf Personen – weswegen man ein weiteres Gericht kocht, bei dem aber wieder was übrig bleibt, was man dann einfriert. Allerdings bleibt ein bißchen mehr übrig als in der Woche zu vor. Erst wenn man diesen Zyklus fünf Mal durchlaufen hat gibt es in der Kühltruhe Gerichte, die uns alle ernähren – allerdings isst man dann ständig das selbe.

Ich denke, ich werde es wie die Mutter von Malcom mittendrin machen und alle Reste von Mo – Do in den Kühlschrank stellen und Freitags dann Auflauf machen. Ein Problem wird das lebensmitteltechnisch erst, wenn die erste Schicht die letzte Schicht Auflauf der Vorwoche ist.

7 Gedanken zu „Jeder kann ein Hausschwein sein“

  1. Eier 10 Wochen über dem Ablaufdatum? Buletten die sich schon von alleine bewegen? Pah … alles Kindergarten gegen die beliebte norwegische Spezialität „Surströmming“!

  2. Erfahre hiermit, dass in Ihrem Haushalt offensichtlich niemand mitisst, der „Reste“ verweigert. So nennt mein ansonsten durchweg hinreißender Bruder alles, was nicht Minuten vorher zubereitet wurde – ich kann mich an Familienmittagessen meiner Jugend erinnern, bei denen er sogar auf Nachschlag einer Lieblingsspeise verzichtete, weil sie während des Verzehrs der ersten Portion in seiner Wahrnehmung bereits zu „Resten“ geworden war. Und glauben Sie mir: Dieser inzwischen nicht mehr ganz junge Mann wittert schon einmal Serviertes in jeder noch so kunstvollen Komposition.
    Wodurch mir klar wird: Sie beiden wären das ideale Paar. Er hat auch drei Kinder – würden Sie vielleicht einfach tauschen wollen?

  3. Wenn das passiert hast Du das Zeit-Auflauf-Continuum empfindlich gestört und Du musst damit rechnen das strukturelle Risse im Subkühlschrank auftreten. Du musst dann mit Mixer und Mikrowelle eine statische Resteschale (vergiss nicht alle Energie bis auf die Lebenserhaltung auf den Mixer zu transferieren!) erzeugen. Die kannst du dann mit cronotonen Auflaufpartikeln beschiessen und so vielleicht den Auflauf retten.

    Viel Glück und trage eine Schutzbrille!

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