Lichtshow in Begleitung

Die Eröffnung des Stadtbahnhofs am Donnerstag hatte mir besser gefallen. Freie Sicht auf den Bahnhof, kein Regen und nicht diese schreckliche Musik.
Nichtsdestotrotz muss man als guter Berliner natürlich bei jedem Event dabei sein. V.a. ich; seit ich 1996 Halebob verpasst habe, raffe ich mich zu allen Ereignissen auf, von denen ich später im Seniorenheim täglich drei Mal den Zivis berichten kann. Also bin ich am Freitag los gegangen, um dem Spektakel erneut beizuwohnen. Diesmal mit 499.999 anderen.
Schon die Hinfahrt war ein Erlebnis. Warum den weiten Weg nach Tokio auf sich nehmen, wenn man so was in der Heimatstadt haben kann? So fuhr ich mit dem Gesicht in den Brusthaaren eines brandenburgischen Bodybuilders versunken mit der S-Bahn Richtung Friedrichstraße, um dort dem nicht enden wollenden Menschenstrom zum angekündigten Lichtspektakel zu folgen. Sensationell war das. Hochgerechnet liefen rund vierzig Leute pro Sekunde an uns vorbei und verschwanden irgendwo. Ich nehme an, hinter dem Hauptbahnhof am Horizont hört die Welt auf und die armen Menschen, die ich weiter als wir wagten, fielen alle hinten runter. Wie Lemminge, die Armen.
Die Verbleibenden blieben auf den Brücken stehen und starrten Richtung Bahnhofsgebäude. Sehen konnten wir und 20 andere um uns herum nichts. Eine starrköpfige alte Frau und deren Sohn hatten sich mit aufgespannten Sonnenschirmen in der ersten Reihe der Brücke platziert. Man bat sie rund zehn Mal den Schirm ein wenig herunter zu nehmen, doch das sture Weib hielt den Schirm wortlos höher. Die drei Teenagergören hinter mir machten es geschickter. Die suchten sich kräftige Kerle, die sie hoch heben durften und riefen dann voller Begeisterung „Ey voll geil!“ oder „Woah, Alter, krass!“ und gaben den Umstehenden das Gefühl Teil an etwas Großem zu sein. Vorne wurde Feuerwerk in den Himmel geblasen und ich meine, ich habe zu Freude schöner Götterfunken Mehdorn persönlich im Tütü über das Wasser tänzeln sehen. Zum Abschluss der Lightshow wurden die Top-Manager in die Luft geschossen und das ganze Volk applaudierte. Ein rarer Moment für die Bahn, denn schon wenige Sekunden später entbrannten die Diskussionen über das unmögliche neue Verkehrskonzept.
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Sicht für die anderen

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Sicht für uns

10 Gedanken zu „Lichtshow in Begleitung“

  1. prozentsatz der wahrscheinlichkeit lag bei

    60:500.000 = 0,012%
    oder für jeden einzelnen von uns
    30:500.000 = 0,006%

    es war also äusserst unwahrscheinlich.:)

  2. *kicher*

    Mehdorn im Tütü überm Wasser schweben sehen: das zeigt doch wieder, das eine überaktive Fantasie den schnöden Attraktionen der Realität oft weit überlegen ist : )

  3. „…man als guter Berliner“, süß.

    Mein Gott, es ist doch bloß ein Bahnhof…

    Allerdings zog ich kurz die Kappe vor Mehdorn wegen des Vergleiches in der ZEIT: Die Bahn befördet am Tag so viele Leute wie die Lufthansa im Jahr. Ich mag ja solche Understatement-Demonstrationen…

  4. Hab auch gerade gelesen, dass eines der Opfer mit HIV infiziert ist. Wie furchtbar, nach all dem sich auch noch Gedanken darüber machen zu müssen, ob man sich vielleicht angesteckt hat. Aber schön zu lesen, das Nuf wohlbehalten nach Hause gekommen ist!

  5. Eines der Opfer des Amokläufers in Berlin mit Aids- Virus infiziert

    Ja es gab sowas wie ein Amoklauf.

    Ich habe diese Meldung gerade gehört und mich Automatisch in so ein Opfer reinversetzt.

    Ich meine wenn ich mir überlege ich werde niedergestochen, überlebe ob nun leicht verletzt oder doch schwerer und dann kommt sowas….ich glaube dann wäre es für mich endgültig aus.

    Sowas sind wirder eine aufeinanderreihnung von Zufällen die es kaum zu glauben geht.

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