Ode an meine kinderlosen Freundinnen

Wenn mich eine kinderlose Freundin das 200. Mal hintereinander anruft, obwohl ich hoch und heilig versprochen habe, mich mal zu melden „wenn es ruhiger ist“, verspüre ich tiefe Dankbarkeit. Meistens meine ich die Dinge, die ich schreibe, ironisch. An dieser Stelle muss deutlich gesagt sein: Diesmal nicht. Ich bin meinen lieben, kinderlosen Freundinnen wirklich, wirklich dankbar, dass sie mich nicht vergessen und sich regelmäßig melden, mich zuhause besuchen kommen oder mit mir ins Kino gehen, obwohl ich sieben Mal kurzfristig absage und meistens während des Films einschlafe.

Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Einer seltsam mutierenden Freundin Freundin bleiben.

Ich stelle mir das so vor: Eines Tages verkündet Freundin R., mit der ich regelmäßig shoppen und Käffchen trinken gehe, freudestrahlend, dass sie sich eine Nacktmullzucht zulegen wird. Ich glaube nicht so recht an die Ernsthaftigkeit ihres Vorhabens und bin verwundert, als sie sich einige Wochen später meldet: Der erste Nacktmull ist da. Kommst Du mich besuchen? Wir freuen uns so sehr.

Aus Höflichkeit gehe ich in ein Fachgeschäft für Nacktmulle und kaufe ihr einen Nacktmullkauring mit Wurzelgemüsengeschmack. Bereits als R. die Tür öffnet, schwant mir seltsames. R., die sonst ganz passabel aussieht, erscheint ungekämmt in Jogginghose. Im Hintergrund höre ich seltsame Geräusche. „Unser Nacktmull Otto“, strahlt R. und hält ihn mir unter die Nase. Ich lächele.

Wir gehen ins Wohnzimmer und sie berichtet über die Schwierigkeiten und Besonderheiten der Nacktmullpflege. „Wußtest Du, dass Nacktmulle nie trinken? Sie haben wahnsinnig effiziente Nieren und nehmen die ganze Flüssigkeit über die Nahrung auf“, während sie mir das erzält, pürriert sie stinkende Pflanzenknollen „Ziemlich teuer, wachsen nur in den Halbwüsten Ostafrikas“.  Otto hat noch keine Zähne.

Meine Freundin R. sieht erschöpft aus. Nacktmulle sind nachtaktiv. „Wenn man was von ihnen haben will, muss man nachts aufbleiben.“

So geht das zwei Jahre und eines Tages ruft R. wieder an und sagt, dass Otto jetzt groß genug ist und sie einen zweiten Nacktmull kaufen werden. Als ich sie wieder besuche, hält sie mir ein weiteres dieser seltsamen Wesen unter die Nase. „Sieht er nicht süß aus?!“ Für mich sieht ein Nacktmull aus wie der andere, aber ich nicke.

So ist das mit R. jahrelang. Ab und zu kommt ein neuer Nacktnull hinzu oder die alten entwickeln neue Macken.

Trotzdem sind wir weiter Freundinnen – R. und ich.

9 Gedanken zu „Ode an meine kinderlosen Freundinnen“

  1. Was für ein schöner Beitrag! Jawohl, auch ich muss mal wieder eine Ode auf meine kinderlosen Freundinnen singen.
    Ich hatte dich ganz lange in meiner Blogroll, aber dann war gaaaanz lange Funkstille – jetzt weiß ich ja warum :-)
    Aber es liest sich schön hier, ich werde dich gleich wieder in meine Blogroll aufnehmen. Gruß, Judith

  2. ich schließe mich Melanie an – tropsdem ist das neue trotzdem!! :) und auch Foxxi muß ich mal zustimmen :). ist also ein zustimmungs-kommentar, das. [oder ein wiederkäu-… ^^]

  3. Ach, diese Freundinnen kommen früher oder später entweder auch auf den Nacktmullgeschmack und sind dann dankbar, ein paar Menschen in ihrem Freundeskreis zu haben, die ihnen Vorbild und Hilfe sind, wenn ihnen die Nacktmullpflege über den Kopf wächst – irgendwer muss ja der Pionier sein. Und die nacktmulllosen Freundinnen sind Dir sicher sehr dankbar für diee Pionierleistung. Außerdem, wer die seltsamen Hobbies der Freunde nicht erträgt, ist kein Freund. Sieh mich an – ich bin mit einem Rollenspieler verheiratet – auch das geht. Man muss eben nur viele viele Kompromisse wie peinliche Kostüme, Nerdgespräche, verständnislose Mitmenschen und Hohn und Spott in Kauf nehmen, dann geht das schon.

    Insofern … ;)

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