Hachja. Als Studentin wohnte ich in einer WG und irgendwann als wir uns klassisch auseinanderstritten, wurde mir unter anderem vorgeworfen, ich würde mich in Themen reinsteigern und dann gäbe es nichts anderes mehr und das würde voll nerven. Das stimmt bis heute. Nur dass ich diesen Charakterzug lieber „Begeisterungsfähigkeit“ oder „Themenenthusiasmus“ nenne.
Drum – tut mir so leid, liebe LeserInnen, wenns nervt, aber mich treibt gerade dieses Genderdingens an. (Ganz so uninteressant scheint es auf der anderen Seite nicht zu sein. Ich hab selten über 10.000 Pageviews und mehrere hundert Reaktionen auf einen einzigen Artikel – mein schlechtes Gewissen hält sich also in Grenzen.)
Jedenfalls: Den viel zitierte Bechdel-Test kennt ihr vermutlich:
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Frauen in einem Film repräsentiert sind, werden drei Fragen gestellt:
- Spielen mindestens zwei Frauen mit, die einen Namen haben?
- Reden sie miteinander?
- Reden sie miteinander über etwas anderes als einen Mann?
Besteht ein Film diesen Test indem alle drei Fragen mit „Ja“ beantwortet werden können, sagt das generell erstmal nichts über die Qualität als solches und auch nicht über dessen „feministischen Wert“ aus.
Jaaaa – kann man gleich bläken – da fallen nämlich einige Filme mit starken Frauencharakteren durch („Aliens“ oder „Lola rennt“ zum Beispiel) – dennoch versetzt mich dieser Test immer wieder in Erstaunen. Denn, wenn es um Frauen geht, ist ein Zitat, das ich neulich in der Rosa-Hellblau-Falle (S. 132 ff) gelesen habe, sehr zutreffend:
„Männer handeln, Frauen kommen (auch) vor.“ Zitat Erich Küchenhoff
Das Zitat ist übrigens von 1975 und wer jetzt denkt, es hätte sich seitdem maßgeblich etwas geändert – dem ist nicht so. Als die 500 erfolgreichsten Filme von 2007 bis 2012 ausgewertet wurden, zeigte sich, dass gerade mal 28 Prozent der Sprechrollen weiblich besetzt sind.
Warum schreibe ich das eigentlich alles?
Wenn ich außer dem Bloggen noch ein Hobby habe, dann sind es Filme und Serien. Mir ist aufgefallen, dass es erstaunlich wenig Filme und Serien gibt, die diesen Test bestehen. Für mich sind manche Serien, die von anderen in den Himmel gelobt werden, deswegen unerträglich. True Detective wäre da so ein Beispiel. Ja, Frauen spielen auch mit, aber nur als Mordopfer, Sexelement oder sonstwie Beiwerk. Mir reicht auch nicht der Hinweis, dass diese Darstellung eine Art Kritik dieser Klischees darstelle*. Das langweilt mich. Nein, Halt! Das stösst mich mittlerweile regelrecht ab.
Ich habe wirklich keinen hohen Anspruch an Filme. Ich liebe z.B. Fantasy und Science Fiction und da muss man wegen mangelnder Logik oft alle Augen zudrücken, aber wenn ich in den aktuellen Planet der Affen (Revolution) gehe und mein erster Gedanke ist: Wow, selbst bei den Affen gibt es nur eine einzige Frau, dann merke ich a) wie „verdorben“ meine Sichtweise in der Zwischenzeit ist und b) wie dämlich selbstverständlich es ist, Frauen/weibliche Wesen in Filmen nur als Beiwerk und Objekt zu zeigen.
Noch vor wenigen Monaten ist mir das nie aufgefallen. Ich hab früher auch gerne Computerspiele gespielt und es war für mich selbstverständlich, dass da Frauen nur nackt oder tot oder als nackte Tote oder als nackte noch zu tötende oder sonstwie zu missbrauchende Wesen auftauchen.
Es war normal. Es entsprach meinen Sehgewohnheiten. Es ist schließlich überall so: In den Computerspielen, in der Werbung, im Fernsehen, im Kino.
Vielleicht treibt mich dieses Thema plötzlich auch so sehr weil meine Kinder dem Kleinkindalter entwachsen (sind) und ich mich frage: Welche Computerspiele kann ich sie spielen lassen? Welche Filme kann ich sie anschauen lassen? Welche Serien taugen was, um ihnen ein ausgeglichenen Bild zu verschaffen. Wie kann ich erreichen, dass sie Frauen für vollwertige Mitglieder der Gesellschaft halten, die Stärken jenseits von Schönheit und perfektem Aussehen haben, die Berufe ergreifen, die Rechte haben?
Für das Kindesalter habe ich leider keine Liste. Aber mir war heute so danach für das Erwachsenenalter mal einige Beispiele aufzuzählen, weil ich nämlich genau das selbe Erlebnis wie Journelle hatte, als ich Orange Is The New Black entdeckte.
Eine Serie, die vor Diversität und Frauen quasi platzt. Eine Serie, in der es Falten gibt, schlechte Zähne, Narben, große Frauen, kleine Frauen, dünne Frauen, dicke Frauen und v.a. diese Frauen können alle sprechen (!).
Das hat mich total fasziniert. Wirklich. Da spielen Menschen mit.
Deswegen hier eine Liste von Serien, die mich dieses Jahr glücklich gemacht haben:
Orange Is The New Black
The Honourable Woman
The Fall
The Good Wife
(Aktuell läuft die 6. Staffel. Ich habe hier den Trailer der 1. Staffel verlinkt, um nicht zu spoilern)
Deswegen: Ich freue mich über weitere Empfehlungen für Erwachsene, aber auch Computerspiele und Filme für Kinder.
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Übrigens vielleicht ganz interessant: Filme, die den Bechdel Test bestehen, haben deutlich weniger Budget, laufen aber erfolgreicher (Es wurde investierter Dollar zu eingespielter Doller ins Verhältnis gesetzt)