Linkempfehlungen

Diese Woche hatte ich einige Tage kinderfrei. Das hat mir die Möglichkeit gegeben brav meine ganze aufgeschobene Hausarbeit nachzuholen und dabei Podcasts zu hören und viele Artikel im Internet zu lesen. Einige davon möchte ich teilen:

Lila Podcast über Sex

Barbara und Katrin sprechen über Sex und was da in unserer Gesellschaft falsch läuft. Ich stimme bei vielen Sachen zu und wie beim Thema Selbstliebe (irgendwie hängt das ja zusammen), würde ich mir wünschen, dass bei meinen Kindern rund 15 Jahre früher der Groschen fällt.

Lila Podcast Teil 52: Die besten Pornos laufen in unserem Kopfkino

Krachbumm über schmerzende Muttertage

Diese Woche kam wieder der Krachbumm-Newsletter. Wer ihn noch nicht abonniert hat – nachholen. Es fällt schwer einen der vielen Links rauszufischen und hervorzuheben, denn ich finde in der Regel alles interessant.

Nahe ging mir der Beitrag zum Thema Muttertag, der hinter die heile Welt Fassade zu den (erwachsenen) Kindern schaut, die nicht mit einer Mutterfigur aufgewachsen sind, wie man sie sich vielleicht wünscht. Nichts für zarte Gemüter ist der darin verlinkte Beitrag von essentialunfairness „Freiwillig verwaist“ – aber auch das ist Realität und sollte nicht unausgesprochen bleiben.

Über Vaterschaft

Seit ich mich über offensive Väter und die Spitzenväter aufgeregt habe, bin ich auf der Suche nach „guten Vätern“. Nach Vätern, die nach meinen höchst subjektiven Bewertungskriterien vorbildhaft sind. Ich habe deswegen diverse Google Alerts laufen und durchforste Twitter immer wieder nach Stichworten wie „Vaterzeit“ oder „Elternzeit Mann“ und werde ab und an fündig.

In „Warum ich mit meinen Kindern lieber am Spielplatz bin“ z.B. schreibt ein Vater warum er sich für die Elternzeit und gegen seine Arbeit entscheidet. Der Text hat mich sehr berührt. Ich habe ja die These, dass die meisten Männer das nicht können, weil die 60-Stunden-Woche, der Büroanwesenheitskult und das Karriereideal so sehr zu ihrer Definition von Männlichkeit gehört, dass sie nicht davon ablassen können.

Entgegen all ihrer guten Vorsätze und Gedanken siegt am Ende eines jeden Tages doch immer wieder das Büro. Nicht so hier:

Bei jeder Wahl entscheide ich mich für etwas. Aber ich entscheide mich auch bewusst oder unbewusst gegen etwas

[…]

Wenn ich wählen würde, dass meine Kinder mich nur eine Stunde vor dem Einschlafen sehen, würde ich gleichzeitig – bewusst oder unbewusst – wählen, dass meine Kinder mich den Rest des Tages nicht sehen.

[…]

Du hast keine andere Wahl? Der Ratenkredit für das »Eigenheim« muss bedient werden? Das neue Auto will bezahlt sein. Wer aber hat das Auto gekauft? Wer hat sich den Darlehensvertrag unterschrieben? So schwer es fällt, sich das einzugestehen: Unser Leben besteht zum überwiegenden Teil auf Entscheidungen, die wir selbst irgendwann getroffen haben.

[…]

Ich selbst messe mich an »meinem« kategorischen Imperativ: Handle nur so, wie Du es selbst erleben wollen würdest. Ich für meinen Teil hätte es schön gefunden, wenn mein Vater immer da gewesen wäre – anstatt auf der Arbeit zu sein, um Karriere zu machen.

Und ja, ich habe gelesen, dass es hier um einen Selbständigen geht und nein, ich glaube nicht, dass die es einfacher haben und mal abgesehen davon, auch den Arbeitgeber sucht man sich selbst aus.

In der aktuellen Weisheit spreche ich übrigens über ein anderes Beispiel: Einen Beitrag in einer Väterzeitschrift, die in der ersten Ausgabe unerträglich war und jetzt zumindest insgesamt OK zu lesen war. Es gab dort sogar einen Beitrag, der mir sehr gut gefallen hat. Hier sprechen Männer einfach über ihre Teilzeitarbeitsmodelle und wie sie das für sich und ihre Familien nutzen.

Schön zum Thema Väter passt auch die Buchankündigung „Swedish Dads“

This photo essay is based on portraits of dads who belong to that small percentage who choose to stay at home with their child for at least six months.

With this project, I want to find out why these men have chosen to stay at home so much longer than the majority of Swedish dads. What has it done for them, how have their relationships with their partner and their child changed, and what expectations did they have before taking parental leave?

Was die Bilder zeigen: wunderbar, völlig unspektakuläre Alltagsszenen und genau das finde ich so schön. Elternsein ist nicht spektakulär – auch nicht für Männer. Es ist einfach Alltag – meistens ohne Applaus, Dank und Pressemeldung.

Auch in den USA, die strukturell sehr weit hinter den europäischen Möglichkeiten von Elternzeit stehen (wir reden hier über durchschnittlich 2 bis 6 Wochen!), zeigt sich langsam, dass es für alle einen Vorteil bringt, wenn Väter in Elternzeit gehen „Daddy Track: The Case for Paternity Leave„:

It makes men more involved at home, women more involved at work, and workplaces friendlier for all parents.

[…]

But here’s what men may not realize: While paid paternity leave may feel like an unexpected gift, the biggest beneficiaries aren’t men, or even babies. In the long run, the true beneficiaries of paternity leave are women, and the companies and nations that benefit when women advance. In October, the World Economic Forum released its latest global gender-gap report, showing that countries with the strongest economies are those that have found ways to further women’s careers, close the gender pay gap, and keep women—who in most nations are now better educated than men—tethered to the workforce after they become mothers. One strikingly effective strategy used by the highest-ranking countries is paternity leave, which, whatever else it may accomplish, is a brilliant and ambitious form of social engineering: a behavior-modification tool that has been shown to boost male participation in the household, enhance female participation in the labor force, and promote gender equity in both domains.

Ich bin auch auf ältere Beiträge zum Thema Vaterschaft gestoßen, die meiner Meinung nach immer noch aktuell sind. Es geht z.B. um den Beitrag „Land ohne Väter“ aus dem Demografie-Blog. Der Beitrag ist von 2012 (!), allerdings enthält er einige sehr wichtige Aspekte. Nachdem die Zahlen genannt sind, kommt natürlich der Hinweis, dass ja viele Männer gerne mehr beitragen wollten, durch die Rahmenbedingungen aber nicht können.

Die Zahlen belegen, dass die Umsetzung von Gleichberechtigung in unserem Land weiterhin eine Katastrophe ist. Mit Blick auf die Männer wird sehr gerne der Soziologe Ulrich Beck zitiert: Das starke Geschlecht zeige „verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre“. Klingt einleuchtend, so einfach ist es aber nicht.

Ich glaube nicht, dass Männer nicht mehr beitragen wollen. Es gibt nur sehr vieles, was sie daran hindert: Der Chef, die Angst, die Familie nicht ernähren zu können (und dies als Mann tun zu müssen), die Sorge, vor den Freunden als Weichei dazustehen,… Letztlich ist der Umbruch, den wir wollen, wenn wir mehr Geschlechtergleichheit fordern, ein tiefgreifender kultureller Umbruch.

Die Frage muss also sein, wie wir die Kultur weiter entwickeln.

Hinter den letzten Satz möchte ich hundert Ausrufezeichen setzen. Und dann möchte ich so wie ich es bei The Good Wife oft wollte, wie ein Seelöwe in die Hände klatschen:

Als Mann frage ich mich: Jungs, sollten wir nicht ein bisschen beherzter selbst definieren, was Männlichkeit für uns in diesem Zusammenhang bedeutet? Könnte dazu nicht auch der Mut gehören, den Chef vor vollendete Tatsachen zu stellen, und so viel Vaterzeit zu nehmen, wie wir wirklich wollen? Und wenn der Arbeitgeber uns wirklich rausschmeißen sollte, weil wir Papa werden: Das Selbstbewusstsein uns zuzutrauen, einen neuen, vielleicht noch besseren Job zu finden (weil wir nämlich wer sind und was können)?

Gerne gelesen habe ich auch den Lessons Learned Beitrag eines Vaters, der sechs Monate in Elternzeit war. Er resümiert:

Paternity leave has been an amazing experience, and I recommend it highly. Traditionally, fathers are expected to support their child by financial means: going to work and bringing home cash. The truth is, newborns are not expensive. Taking care of your baby is an experience worthy of a short-term cut in salary. For me it was inspiring, lonely, invigorating, frustrating, wonderful and stressful all at the same time.

Mir gefällt hier der Vergleich, der zwischen Elternschaft und Laufen gezogen wird. Der Autor schreibt, alles was Väter so nebenher machen, wenn sie abends von der Arbeit kommen, gleicht eher einem Sprint. Wenn man dann aber wirklich Vollzeit und alleine für das Kind verantwortlich ist, dann fühlt es sich eher an wie ein Marathon. Dabei betont er, dass einen Marathon laufen etwas anderes ist, als vom Sofa aus einen Marathon im Fernsehen zu beobachten. Ein großartiges Bild, denn ich glaube, viele Männer, die diese Erfahrung nie machen, summen leise im Kopf „Das bisschen Haushalt…“(aka „Das bisschen Marathon…“) und fragen sich, warum ihre Frauen abends eigentlich immer so erschöpft sind, wo sie doch nur mit den Kindern abhängen.