Welches Schweinerl wärens denn gern?

Treue Leser meines Blogs wissen, dass ich nicht seit jeher Kinderfan bin. Ich bin eher in die Kindersache reingeschlittert und irgendwann war mein psychologisches Interesse geweckt. Glücklicherweise habe ich an einer Uni studiert, die viel von Einzelfallanalyse hält. Eine ordentliche Grundgesamtheit n, die wissenschaftlich reliable und valide Allgemeinaussagen liefert, wäre ich zu gebären nicht imstande gewesen.

So betrieb ich die ersten Jahre zunächst Schwellenforschung, wobei mich v.a. die Schwellen von Erwachsenen im Vergleich zu denen der Kinder interessierten. Nehmen wir die Schwelle, mit der man Wiederholungen erträgt.

Kind 1.0 fand es z.B. sehr lustig auf dem Bett herum zu springen und „Miau miau“ zu schreien. Mir fiel gleich auf, dass Kind 1.0 das sehr lange, sehr lustig fand. Also gesellte ich mich dazu und schrie ebenfalls „Miau miau“ und registrierte unmerklich die Anzahl der Wiederholungen.

Schnell bemerkte ich, dass mein Forschungsgeist, mein Wille und einige andere dringend notwendige Fähigkeiten zum Abschluss dieses Experiments nicht ausreichend ausgeprägt waren. Ich musste mehrere Testreihen bei n=276 Wiederholungen abbrechen. Als Teilergebnis meiner wissenschaftlichen Studie konnte ich immerhin festhalten, dass meine Schwelle bei ca. zwölf Mal „Miau miau“ schreien und hüpfen erreicht war. Die Schwelle des Kindes, wie gesagt, ist trotz jahrelanger intensiver Forschungsarbeit bislang nicht wissenschaftlich zu ermitteln.

Interessanter noch als die Schwellenforschung erweist es sich, motivationale Hintergründe des Miau miau Schreiens zu ergründen. Zumindest diese Frage ist psychologisch einfach zu beantworten. Die Kinder haben noch kein stabiles Selbstvertrauen. Dieses bildet sich erst im Verlauf ihrer Entwicklung mit der steigenden Anzahl an Erfolgserlebnissen. Wenn sie Dinge wiederholen, stabilisieren sie ihre Erfahrungen und es ist ihnen nach und nach möglich einen stabilen Erwartungshorizont zu bilden, was sich positiv auf das Selbstbewußtsein (sie wissen was passiert! sie können es vorher sagen) und das Kompetenzempfinden auswirkt.

An der Ergründung einer anderen, sehr interessanten Frage forsche ich im Moment. Es ist die Frage des kindlichen Anthropomorphismus: Warum wollen Kinder andere Dinge sein und noch schlimmer warum wollen sie, dass ICH andere Dinge bin.

Jedes unserer Kinder ist früher oder später in diese Phase eingetreten. Dann werde ich mit Fragen der folgenden Art gelöchert:

  • Welcher Powerranger willst Du sein? (und mit dieser Frage ist man noch gut bedient, denn man kann rational nach Farben und/oder Fähigkeiten der einzelnen Powerranger eine Entscheidung treffen)

Schwieriger wird es bei:

  • Welches Pferd willst Du sein?*

Und richtig lange meditieren kann man über die Fragen der folgenden Art:

  • Welcher Stein willst Du sein?

Wer glaubt, dass man einfach zufällig auf eines der zur Auswahl stehenden Objekte zeigt und sagt „Der da“ bzw. „Das da“ und damit ein Kind zufrieden stellen kann, der hat keine Kinder. Die nächste Frage lautet nämlich „Warum?“ und dann gilt es eine ausdifferenzierte Antwort zu geben oder man gelangt in die unendliche Warum-Fragen-Möbius-Schleife.

Jedenfalls ist mir bis zum heutigen Tag völlig rätselhaft welche Kompetenz sich in dieser Personifizierungsphase ausbildet. Ich hätte eben doch noch ein Aufbaustudium nachlegen sollen.

Welcher Stein willst Du sein?

———

*Glücklicherweise gibt es das Internet, das alle Fragen beantwortet. Falls man also vom Kind gefragt wird, welches Pferd man sein möchte, einfach schnell den Test machen. Bei der Powerrangerfrage gibt es übrigens auch Hilfe.

14 Gedanken zu „Welches Schweinerl wärens denn gern?“

  1. Amüsant.

    Aber es muss „Schweinderl“ heißen, das hat er bei seinen Expeditionen ins Bayerische gelernt … kommt sie nicht auch ursprünglich aus so ’nem Bayernrandgebiet?!

  2. Vielen Dank, ich bin jetzt auch vorbereitet, falls meine Kleine mal fragen sollte, Ich bin Haflinger, und ich nehme an, das ist auch gut so. Nur… Was ist Tölt?

  3. Ich bin auch ein Lippizaner. Aber da muss eine Verwechslung vorliegen, denn lt. Wiki sind Lippizaner elegant, mittelgroß und kompakt (Hardskills), freundlich und ausgeglichen, ruhig aber eifrig (Softskills).
    Ausgeglichen, ha, dass ich nicht lache…

  4. Mit Verlaub, die Begründung kann einfach nicht stimmen. Denn: das mit dem Miaumiau schreien habe ich auch. Schon seit Jahren. Ich bin 38. Ok, ich hüpfe nicht im Bett, aber das ist eher eine Frage des Gewichts und der Grenze des erträglichen Leidensdrucks des Bettes. Dafür wälze ich mich drin und juchze, zählt das?
    Ausserdem bin ich Araber, im das Lippizanergerede mal zu entkräften *elegante Araber-Nase heb*

  5. Mich macht es jetzt auch nervös, nicht auf die Power-Ranger-Frage vorbereitet zu sein. Dafür bin ich ebenfalls Lippizaner….
    Wir haben alle zuviel Zeit ;o)

  6. Ich habe aber keinen Spickmich.de account. Will ich auch bis auf weiteres eig. nicht haben… Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, welcher Ranger ich wäre :( Dafür weiß ich jetzt, dass ich ein Lipizzaner wäre, obwohl ich noch nie in Wien gewesen bin :D

  7. Ich wär gern das Schweinderl mit dem Geld drin … oh, ich sehe Kind 2.0 in dem Fall schon fleißig schmutzige Geldstücke in meinen Mund stopfen … äh, schlechte Idee. Gibt wohl keine »idealen« Antworten, wie?

  8. Köstlich! Und ich bin beruhigt, dass ich also nicht der Einzige bin, der immer wieder ein Stofftier/Pferd/sonstiges Tier oder toter Gegenstand sein wollen muss.

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