[Vorlesegeschichte für Kinder] Ein Weihnachtsgeschenk für Mama und Papa

Ilva trifft auf ein sprechendes Eichhörnchen. Dass das am Ende sogar sprechen kann, wundert sie dann irgendwie auch nicht sonderlich.
Eine weihnachtliche Vorlesegeschichte, für Kinder ab hmmm 5 (?)

Ilva blickte aus dem Fenster. Es hatte angefangen zu schneien und sie beobachtete die Schneeflocken wie sie durch die Luft wirbelten und sich lautlos auf dem Fensterbrett niederließen. In zwei Tagen war Weihnachten, das wusste Ilva obwohl sie erst fünf Jahre alt war.

Ilva dachte an letztes Jahr. Da hatte der Weihnachtsmann ihr ein Fahrrad geschenkt. Ein blaues mit einer Tigerlampe vorne und Speichenklickern. Sie konnte es kaum aushalten, es auszuprobieren und als endlich der Schnee geschmolzen war, fuhr sie jeden Tag mit ihrer Mama zum Kindergarten. Egal ob es kalt war oder regnete.

Bei dem Gedanken an Mama, dachte sie wieder an Heilig Abend. Mama und Papa hatten komischerweise nichts vom Weihnachtsmann bekommen. Sie konnte sich das nicht erklären. Eigentlich waren die beiden ganz lieb gewesen. Also einigermaßen. So lieb wie Mamas und Papas eben sein können. Manchmal hatten sie schon rumgemeckert. Morgens zum Beispiel, wenn Ilva bummelte oder am Nachmittag wenn Ilva keine Lust hatte aufzuräumen. Das übliche eben. Am Ende des Tages aber waren Mama und Papa eigentlich immer lieb. Sie lasen ihr und ihrer Schwester eine Gute Nacht Geschichte vor und kuschelten dann mit ihnen. Dann machten sie das Licht aus und sangen noch für jedes Kind ein schönes Lied. Also Papa sang ein schönes Lied. Mama summte dazu weil sie oft den Text vergaß. „Aber Text vergessen kann doch kein Grund sein keine Geschenke zu bekommen?“, grübelte Ilva. So streng war der Weihnachtsmann bestimmt nicht. Was aber war passiert? Ilva starrte angestrengt zum Baum der ihrem Zimmer gegenüber stand. Eine große Kastanie, die jetzt im Winter ganz kahl war. Die Blätter waren alle abgefallen.

Ob Mama und Papa vielleicht vergessen hatten einen Wunschzettel zu schreiben? Das konnte sich Ilva gut vorstellen. Die beiden waren immerzu beschäftigt und selbst am Geburtstag äußerten sie auf Nachfrage nur ganz doofe Wünsche. Mama sagte immer, sie wünsche sich liebe Kinder! Als ob Ilva und ihre Schwester nicht ohnehin total liebe Kinder wären. Und Papa sagte auch nie was vernünftiges. „Was wünschst du dir zum Geburtstag Papa?“ „Weltfrieden. Ansonsten bin ich glücklich.“ Was konnte Ilva schon zum Weltfrieden beitragen? Wenn Mama und Papa dem Weihnachtsmann auch so blöde Antworten gegeben hatten, war ja klar, dass sie nichts bekommen würden.
Ilva fand das gemein. Mama und Papa sollten auch etwas bekommen. Was wenn der Weihnachtsmann dieses Jahr wieder nichts unter den Baum stellte? Sie überlegte. Vorsichtshalber würde sie den beiden ein kleines Geschenk besorgen. Nur was für eins?

Während sie nachdachte, fiel ihr im Baum gegenüber ein Eichhörnchen auf. Es hatte graublaues Fell. Ilva schaute ganz genau hin. Das Eichhörnchen wirkte irgendwie aufgeregt. Es sprang von einem Beinchen auf das andere und Ilva hätte schwören können, dass es mit seinen Vorderpfoten Zeichen gab. Es wedelte die Tatzen hin und her und fuchtelte durch die Luft. Komisches Eichhörnchen.

Ilva blinzelte und plötzlich war das Eichhörnchen verschwunden. Gerade als sie sich ein Buch suchen wollte, hörte sie ein leises Klopfen am Fenster. Sie erschrak, doch als sie zum Fenster schaute, sah sie dort das Eichhörnchen. Sie ging ganz langsam ganz nah an die Glasscheibe. Das Eichhörnchen schien nicht scheu zu sein. Im Gegenteil es schaute Ilva interessiert an. „Lass mich rein!“ Ilva wäre vor Schreck fast umgefallen. Das Eichhörnchen konnte sprechen? So als ob das Eichhörnchen zusätzlich Gedanken lesen könnte, sagte es: „Ja, ja. Ich kann sprechen. Lass mich rein jetzt!“ Eigentlich durfte Ilva die Fenster nicht öffnen, aber dieses Mal machte sie eine Ausnahme. Schließlich begegnet man nicht alle Tage einem sprechenden Nagetier. Vorsichtshalber kippte sie das Fenster nur einen Spalt. Gerade weit genug damit das Eichhörnchen durchschlupfen konnte.

„Hallo, ich bin Nusser. Wie heißt du?“, das Eichhörnchen blickte Ilva fragend an.

„Ich bin Ilva.“

„Hallöchen. Danke fürs Aufmachen. Irgendwie ist mir diesen Winter ständig kalt. Ich weiß auch nicht.“

Ilva starrte das Eichhörnchen an. Es entstand eine unangenehm lange Gesprächspause.

„Und du so?“, fragte das Eichhörnchen.

„Ich … äh ich…“ Ilva wusste erst nicht was sie sagen sollte, aber dann kamen die beiden ins Gespräch und Ilva erzählte unter anderem davon, dass sie gerade darüber nachgedacht hatte, ihren Eltern ein Weihnachtsgeschenk zu machen, weil die letztes Jahr nichts bekommen hätten. Sie erzählte auch, dass sie noch keine Idee hatte, was sie schenken könnte. Nusser und Ilva unterhielten sich sehr gut und bald kam schon raus, dass die Eltern im Flur gerne die Raufasertapete entfernen und ihn gelb streichen würden. Eindeutig keine Arbeit für ein Kind.

„Aber für ein Eichhörnchen“, fand Nusser. „Na gut, für ein handwerklich begabtes Eichhörnchen…“

Ilva fand das logisch. Wenn es sprechende Eichhörnchen gab (was sie noch nicht wusste), musste es auch handwerklich begabte Eichhörnchen geben (was sie bislang auch nicht wusste). Jetzt mussten die beiden lediglich einen Plan machen, wann und wie genau der Flur verschönert werden sollte. Nachts, das war schnell klar, es sollte schließlich eine Überraschung sein. Ilva müsste es nur fertig bringen und die Haustür in der Nacht zum Heiligen Abend geöffnet lassen. Nusser hatte versprochen die Wandfarbe und alles nötige zu besorgen, nur passte das freilich nicht durch ein gekipptes Fenster. Ilva war sich erst nicht sicher, ob man Wohnungstüren ausnahmsweise offen stehen lassen sollte – aber irgendwie musste der Weihnachtsmann ja auch in die Wohnung, um die Geschenke unter den Baum zu legen und deswegen würde das bestimmt in Ordnung gehen.

Als alle Feinheiten geplant waren, holte Ilva noch ein paar Nüsse aus der Küche und den flauschigen Pelzmantel ihrer Barbie, mit der sie ohnehin nie spielte und gab sie Nusser mit. Nusser schien sichtlich zufrieden und verabschiedete sich fröhlich: „Bis übermorgen!“
Ilva war in der Nacht zu Heilig Abend noch aufgeregter als sonst. Das half ihr wach zu bleiben, bis ihre Eltern schlafen gingen. Sie wartete noch ein paar Minuten und stand dann ganz leise auf und schlich sich in den Flur.

Annika Kuhn
Illustration: Annika Kuhn

Ihr war ein wenig mulmig zumute als sie die Haustür öffnete. Beim Anblick von Nusser, der schon mit einem großen Eimer gelber Farbe bereit stand, war sie sehr erleichtert. Nusser wollte schon losplappern, aber Ilva legte ihren Finger vor die Lippen. „Pscht!“ Das Eichhörnchen nickte und schob sehr leise den Farbeimer in den Flur. Dann bat es um einen Eimer Wasser. Wie gut, dass die Wohnung zwei Etagen hatte und die Eltern ohnehin so gut wie nie was hörten wenn sie schliefen! Ilva füllte einen Eimer mit Wasser. Das Eichhörnchen tauchte seinen Puschelschwanz in das Wasser und bespritzte die Wände mit Wasser. „Man muss die Raufasertapete einweichen, weißt du? So richtig nass!“ Nusser holte immer wieder Wasser nach und veranstaltete eine unfassbare Sauerei. Ilva zweifelte langsam ein bisschen, ob das mit der Flurrenovierung die richtige Idee war.

Eine Stunde später war Nusser fertig. „Hast du ein paar Würmer? Ich bin ganz schön hungrig und das muss jetzt erstmal einweichen.“ „Leider nein. Vielleicht Pilze?“ „Ja, Pilze gehen auch.“

Ilva holte außerdem noch einige Löffel Müsliflocken und eine kleine Portion Cornflakes und so saßen die beiden im pitschnassen Flur und machten ein Nachtpicknick.

Dann, ohne jede Vorwarnung sprang Nusser plötzlich auf und hüpfte an das Ende der Wand, das oben an der Zimmerdecke endete und ließ sich mit ausgefahrenen Krallen bis zum Boden gleiten. Dabei löste sich tatsächlich die Tapete in großen Stücken. Ilva war erstaunt. Wie hypnotisiert beobachtete sie Nusser wie der so nach und nach den ganzen Flur bearbeitete.

Am nächsten Morgen wachte Ilva zusammengerollt auf dem Boden des Flurs auf. Sie musste über das Beobachten des Eichhörnchens so müde geworden sein, dass sie eingeschlafen war. Schließlich war es außerdem sehr spät geworden. Nusser hatte ihr eine Decke übergelegt. Ilva rieb sich ihre Augen und wollte sich gerade das Ergebnis der nächtlichen Bemühungen anschauen, als ihre Eltern in den Flur traten.

„Was es ist denn hier los?“, wunderte sich Mama.

„Das gibt’s ja nicht! Wie hast du das denn gemacht???“, Papa war völlig außer sich.

Tatsächlich, der Flur war fertig und erstrahlte im wunderschönsten Sonnengelb. Alles war sauber und nirgends waren Raufaserreste zu sehen.

Als Ilva sich wieder gefasst hatte – sie war ja selbst sehr überrascht – sagte sie: „Das, das war nicht ich!“

„Sondern?“, fragte Papa.

„Ja, das würde ich jetzt aber auch gerne wissen!“, schob Mama nach.

Ilva überlegte kurz. Die Sache mit Nusser war vielleicht wirklich ein bisschen verrückt.

„Das war der Weihnachtsmann!“

Mama und Papa waren etwas sprachlos, aber dann lachten alle. Mama und Papa gingen davon aus, dass der große Sohn von Papa und seiner ersten Frau geholfen hätte und sagten deswegen nichts weiter. Das war auch OK, das mit dem Eichhörnchen hätten sie vermutlich ohnehin nicht geglaubt. So freuten sich alle und gingen frühstücken.

Ilva bekam noch oft Besuch von Nusser und sie wurden richtig gute Freunde. Es ist wirklich eine gute Sache ein handwerklich begabtes Eichhörnchen zum Freund zu haben!


 

Die Illustration der Geschichte ist von Annika Kuhn, das ist die Dame, die auch das wunderschöne Buch „Pinipas Abenteuer“ bebildert hat. Nur so als Tipp… falls ihr noch was schönes zu Weihnachten sucht.

 

Pinipa_Cover

P.S. Ich schreibe ja sehr gerne Kindergeschichten zum Vorlesen. Da dachte ich, ich könnte ja mal eine am 1. Adventssonntag veröffentlichen. Ich würde mich freuen, wenn ihr sie euren Kindern vorlest und mir Feedback dalasst, ob die Kinder sich unterhalten gefühlt haben. Mein großer Traum ist es eines Tages ein Kinderbuch zu schreiben…

Schamlose, unbezahlte Werbung für ein großartiges Kinderbuch

Foto (2)Vor einigen Wochen habe ich mich an einem Crowdfunding zu einem Kinderbuch  mit dem Titel „Pinipas Abenteuer“ beteiligt. Noch vor Weihnachten erreichte uns das fertige Buch. Es hat dann noch ein paar Wochen gedauert bis Kind 2.0 das Buch rauskramte und wir angefangen haben, es abends zu lesen.

Ich habe das Buch hauptsächlich mit-gecrowdfundet weil ich die Illustrationen so toll fand. Die Beschreibung des Inhalts konnte mich auf den ersten Blick nicht richtig begeistern:

Ein Mädchen namens Greta schickt, weil sie gelangweilt im Stau steht, ihre imaginäre Freundin Pinipa in einer Seifenblase los, um Deutschland zu entdecken. Als Seifenblasenpilotin durchfliegt Pinipa verschiedene Regionen Deutschlands, wie das Ruhrgebiet oder die Lüneburger Heide. Pinipa erlebt allerlei Abenteuer und als die Seifenblase am Bodensee zerplatzt, steigt sie in ein Papierschiffchen um und schippert mutig den Rhein hinunter. So lernen die Kinder, die das Buch vorgelesen bekommen, verschiedene Regionen Deutschlands kennen.

Hmmmm, Büchern mit pädagogischem Vorsatz stehe ich immer etwas skeptisch gegenüber.

Was soll ich sagen? Ich habe das Buch sehr gerne vorgelesen und die Kinder hätten gerne gehabt, dass ich es in einem durch(vor)lese – was mir aber zu lang war. Also schleppten sie das Buch am nächsten Tag auch wieder an und waren sich ausnahmsweise auch mal einig in der Wahl.  Die Geschichte ist abwechslungsreich, unterhaltsam und auch lustig (Leseprobe unten auf der Seite). Pinipa begegnet auf ihrer Reise unterschiedlichen Tieren, die ihr im Gespräch von der Region oder den Städten erzählen. U.a. kommt der Schatz der Nibelungen vor, was Kind 3.0 sehr begeistert hat. Kind 3.0 wird jetzt Taucher und wird den Schatz sehr bald finden!

Mir hat v.a. die Sprache gefallen. Es gibt so viele Kinderbücher, die (behaupten) eine „kindgerechte“ Sprache haben, bei der man sich einen Knoten in die Zunge liest und ständig denkt: So spricht doch kein Mensch? Warum schreiben die so? Hoffentlich reden die Kinder nicht eines Tages so!

Ganz anders bei Pinipa. Das liest sich gut vor, klingt sehr rund und nicht so gestelzt ohne übermäßig komplexitätsreduziert zu sein. Ich freue mich schon auf das Hörspiel, das es wohl auch bald geben wird.

Die Illustrationen sind wahnsinnig schön und detailverliebt und ähnlich wie bei den Wimmelbüchern gibt es viel zu entdecken. Man muss also seeehr langsam lesen oder kann nur seeeehr langsam weiterblättern, weil die Kinder sich die Bilder ausführlich anschauen.

Jedenfalls – Achtung! WERBEUNTERBRECHUNG – das Buch ist großartig. Kauft es!

Das Buch kostet 14,90 Euro zzgl. Versand und kann direkt auf der Website der Illustratorin bestellt werden.

pinipas-abenteuer