Erwähnde ich an irgendeiner Stelle schon mal, dass ich in Bayern [Aufschrei] in Franken groß geworden bin? Bis 1999 war ich dort und habe mich, so wie es die CSU auch gerne möchte, ordentdich indegrierd. Zum Integrieren gehören einige Verhaltensweisen wie das ewige Siezen. Unsere Nachbarn z.B., neben denen wir ein gutes Jahrzehnt lebten und auch regen Kontakt hatten, die sieze ich bis heute. LehrerInnen natürlich, die Eltern der FreundInnen, VerkäuferInnen. Sogar Gleichalte und schlimmstenfall Jugendliche.
Dann kam ich nach Berlin. Mein damaliger Freund duzte alle. ALLE. Er hat auch mal den Berliner Bürgermeister gesehen und geduzt. Mir war das unglaublich peinlich.
Mehr als 10 Jahre später kann ich bestimmte Menschen nur unter großen Qualen siezen.
In Bayern war es neben dem Siezen sehr wichtig allerlei andere Regeln einzuhalten. Egal wie schwachsinnig die Regel auch sein mag. In Berlin fällt es mir immer schwerer mich an Regeln zu halten, v.a. wenn ich sie unsinnig finde. Glücklicherweise gibt es allgemein weniger Regeln an die man sich halten muss. Sobald ich jedoch Berlin verlasse, sind sie wieder da: die Quatsch-Regeln nach denen ich mich richten soll.
Vor einiger Zeit waren wir beispielsweise im Hamburger Helms Museum in der Lego-Ausstellung „Zeitreise“. Da trug ich einen Rucksack. Kaum hatte ich einen Fuß in die Ausstellung gesetzt, kam eine der Aufseherinnen und wies mich darauf hin, dass Rücksäcke verboten seien. Ich deutete fragend auf die Handtasche einer anderen Besucherin, in der man ohne Probleme ein kleines Pony hätte verstecken können. Mir wurde erläutert Handtaschen seien OK Rücksäcke hingegen nicht. 1995 in Bayern hätte ich meinen Rücksack mit den Taschentüchern, Kinderwechselsachen, Geldbeutel etc. sofort weg gebracht. 14 Jahre Berlin hingegen führten zu einer längeren Diskussion über den Hintergrund des Verbots. Nachdem Argumente wie „man könne etwas einstecken“ oder „Sicherheitsbedenken“ für mich unsinnig erschienen, einigten wir uns darauf, dass ich den Rücksack an einem Gurt unter dem Arm tragen dürfe.
Die Kinder hatten in der Zwischenzeit angefangen sich durch den bespielbaren Legoberg abseits der Ausstellung zu bauen. Ich zückte die Kamera und wollte ein Paar Bilder von den aufgebauten Szenarien machen. Zehn Sekunden später stand eine zweite Aufseherin neben mir und wies mich darauf hin, dass es verboten sei, die Ausstellungsstücke jenseits der Absperrung zu fotografieren. Die Absperrungen waren ca. 40 cm hohe Glaswände, die um die Szenarien gestellt waren. Sie ragten mir ungefähr bis zur Hüfte und ich nahm an, dass sie v.a. Kinder davon abhalten sollten kreativ in die Aufbauten einzugreifen. Ich hatte meinen Arm mit der Kamera in den Luftraum über den Ausstellungsobjekten gehalten… (über nicht dahinter!) um Bilder ohne fingerverschmierte Glasscheiben zu machen. Wir diskutierten eine Zeit lang, aber aus Diskutierunlust gab ich nach und fotografierte brav durch die Scheiben.
Meine Begleiterin, lobpreiste währenddessen die Spielmöglichkeiten für die Kinder und um nicht vollends als ekelige Spaßbremse abgestempelt zu werden, schwieg ich. Die Kinder hatten ja wirklich Spaß beim Bespielen der Duplo- und Legosteine. Ich ertappte mich jedoch bei dem Gedanken, dass in Berlin jedes noch so poplige Eltern-Kind-Café im Vergleich zur Hamburger Ausstellung besser ausgestattet und kinderfreundlicher sei.
Die Ausstellung selbst, fand ich „nett“. Also angelehnt an das Schimpfwort „nett“. Für Erwachsene nett anzusehen. Jedoch habe ich kein Konzept bei der Auswahl der dargestellten Objekte erkannt. Die chinesische Mauer, das Colosseum von Rom, ein Paar Wikinger, hmmm. Die Beschreibungen der Objekte tja für welche Altersgruppe sollten die sein? Ich glaube kaum, dass ein Kind unter 12 auch nur zwei Sätze freiwillig gelesen – geschweige denn verstanden hätte. Für mich war die Ausstellung kein Stück auf Kinder sondern ausschließlich auf deren Eltern ausgerichtet. Meine Kinder sind pflichtbewusst einmal durchgestapft, haben aber rein gar nichts mitgenommen (gedanklich).
Ich bin einfach zu verwöhnt was kindgerechte Ausstellungen angeht. An Konzepte wie ArtPod oder das Kindermuseum im Dresdner Hygienemuseum kann die Hamburger Ausstellung nicht mal im unteren 10% Bereich heranreichen.
Im Gegensatz zu Playmobil liebe ich Lego weil es so offen ist. D.h. wenn erst mal die Aufbauanleitungen verloren gegangen sind, dann lassen sich aus ein Paar Steinen die großartigsten Fantasien nachbauen. Immer und immer wieder anders. Zuhause hängen wir noch ein bißchen auf Duplosteinen. Sehr passend hat Grindcrank Duplo als als hervorragende Möglichekit des Rapid Prototypings bezeichnet. Mit ein Paar Steinen erreicht man schnell ansehliche Ergebnisse und wenn man geduldiger ist, baut man die Modelle in Lego mit vielen weiteren Feinheiten nach.
Playmobil hingegen ist eher ein Inszenierungsspiel. Da gibt es vorgegebene Sets und die werden immer wieder aufgebaut mit wenig Freiraum für Variationen. Man kann mal die Kühe unterschiedlich hinstellen, aber im Grunde gibt das Set vor, was am Ende dort steht. Mit einem Lego City Set, ist man viel flexibler. Da kann aus einer Feuerwehr am Ende trotzdem ein Bauernhof gebaut werden.
Jedenfalls – wer eigentlich ein Playmobil-Herz hat und versehentlich in der Kindheit Lego-sozialisiert wurde, dem sei die Ausstellung empfohlen. Die historischen Szenen sind in der Tat detailreich und liebevoll inszeniert. Mehr aber auch nicht.
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Geht’s noch?! Ja es geht noch!
Ich bin 42 und baue selber mit Lego – eine Moniorailbahnanlage mit anderen Gleichgesinnten. Und das istder Unterschied für mich zwischen Lego und Playmobil (wie oben gesagt). Lego Kann mit dem Alter und den Kindern mitwachsen. Playmobil ist eine bestimmte Zeit interessant und wandert dann auf den Dachboden. P kann nur in einem sehr engen Rahmen verändert aufgebaut werden. Natürlich kann die Phantasie der Kinder aus einer Burg ein….. machen. Aber aus Lego kann jeden Tag was neues gebaut werden und der Schwierigkeitsgrad auch an die verschiedenen Alötersstufen angepasst werden.
Ich hatte Lego und Playmobil als Kind aber ich LIEBE LEGO
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Ach, zum Thema Wickeltische unterwegs kann ich als fleißig wickelnder Papa auch noch sagen: bisher war das nie ein Problem. Auch in Herrentoiletten sind diese hier und da zu finden, oft genug ist es aber eh ein eigener Wickelraum oder die Behindertentoilette, wo der Wickeltisch steht – und da ist es dann geschlechtsneutral.
Viel wichtiger als die Frage „Wo ist der Wickeltisch?“ finde ich ja immer „Wie sauber ist der Wickeltisch?“…
Es gibt in Hamburg auch ein ganz tolles Museum für Kinder: das KL!CK. Ich war mit meinem Kleinen im November dort. Viele einfallsreiche Exprimente für die größeren und auch ein ganz schöner Bereich für die Kleinsten.
http://www.kindermuseum-hamburg.de/
Andreas
Das mit den Herrentoiletten und den Wickeltischen ist in der Tat ein Mysterium. Bei den meisten Familien mit Stillkindern entwickelt er sich doch irgendwann zum Wickelmeister, weil sie ja schon stillt. Nur unterwegs, da muss Madame dann ran, weil die Planer öffentlicher Orte Vaterschaft offenbar anders verstehen als man selbst. Ikea ist eine rühmliche Ausnahme, und bei dm stehen die Wickeltische ganz egalitär im Verkaufsraum herum.
Also zu „Franken“:
Mir ham do ka hadds „d“! Des aanzicha hadda „d“ des mir do ham is das hindn am Sempf“t“ dro!
(Übersetzung: ‚Wir haben hier kein hartes „t“! Das einzige harte „t“ welches wir hier benützen, steht hinten am Wort Senf dran.‘)
;-D
Noch ein Wort zum Kommentar von Frau Irgendwas-ist-immer: Im Ikea bei Zürich habe ich auch eine Wickelkommode auf der Herrentoilette gesehen! (Fragt mich jetzt nicht, wie ich zu diesem Einblick komme. Ich war ohne Sohn dort. Muss durch die geöffnete Tür gestaunt haben, als jemand herauskam).
Ich denke eher, das Alter ändert einen, nicht wo man lebt – zumindest nicht so gravierend… Aber wenn man lange irgendwo nicht mehr war und dann wieder hinkommt, findet man sich lange nicht mehr so gut zurecht, wie man das denken könnte. Das geht nicht nur Wunsch-BerlinerInnen so, sondern beispielsweise auch vielen Türken, die ich kenne…
Meine Kinder (12J.) haben ihre Duplo-Sammlung („richtiges“ Lego wollten sie nie) vor vielen Jahren komplett abgestoßen und spiel(t)en überwiegend mit Playmo. Gefühlt haben sie über die Jahre das vollständige Sortiment angehäuft und z.B. so viele Personen, dass sie Ben Hur-Massenszenen gestalten könnten.
Dass die Sets vorgegeben sind, kann ich nicht bestätigen. Aus der Klinik bauten sie schon eine Schule, eine WG oder einen Pferdestall. Und wenn man die Bodenplatten und Seitenwände aus allen Sets kombiniert, kann man sogar ein Hochhaus bauen.
Tss – was für eine Überschrift!! :-)
Was sagt das über mich als echte Berlinerin aus? Ich bin schon immer verdorben? Tss!
Zum Thema Wickelkommoden in Männertoiletten, mein Mann kam völlig begeistert vom Besuch der Herrentoilette im Kunsthaus Zürich. Dort war besagte Wickelkommode vorhanden und ein junger Papa nutzte diese auch gerade.
@Timothy: Vom Thema komme ich öfter ab und bezahlte Werbung kennzeichne ich immer. Ich gebe lediglich meine Meinung über Playmobil und Lego wieder. Ich mag halt Lego lieber – deswegen hat mich die Ausstellung ja auch eher enttäuscht.
Ähmm…ich liebe dein Blog, wirklich! Aber kann es sein, dass du irgendwo im Laufe des Beitrags vom Thema abgekommen bist, nur um schnöde Werbung für Spielzeug zu machen? Hoffe, es lohnt sich wenigstens…
Ähnlich wie die Rucksack-Taschen-Frage für Museen hatten wir eine kleine Diskussion um ein Kinderfahrrad in den Gärten der Welt. Sohnemann durfte nicht rein, weil nur Dreiräder und Kinderfahrräder mit Stützrädern erlaubt seien. Während ich noch fragte, ob es jetzt seine Schuld sei, dass er mit knapp 5 Jahren ohne Stützräder auf seinem kleinen Rad fährt, radelte ein Mädchen auf einem pinkfarbenen Monstrum von Kinderfahrrad an uns vorbei. Der Reifendurchmesser unschwer zu erkennen deutlich größer als das Minigefährt meines Sohnes. Einziger Unterschied: Ihr Rad hatte Stützräder!
Das allerdings führt uns zu der Frage: Was ist diskriminerender? Männern zu verbieten, ihre Babys auf Frauentoiletten zu wickeln oder Männer zu zwingen, auf das Imstehenpinkeln zu verzichten, um den zu wickelnden Babys den … also … Anblick zu ersparen …?!
Na ja, als Erstes setzen wir mal das allgemeine Rucksacktragerecht in – zumindestens – staatlichen Museen durch.
@Hans-Jürgen: Stehe gerne zur Verfügung und fordere: Wickelkommoden auch auf Männertoiletten!!!
Ach?!? Sie haben geplinkat, geben Sie’s zu.
Nun ja. Mir fehlt diese Fähigkeit – jedenfalls offenbar überzeugend – und so musste mein Rucksack in der Neuen und der Alten Nationalgalerie sowie im M.-G.-B. in die Garderobe …
Ich werde mal eine Notiz für den Antidiskriminierungsauschuss schreiben. Sie stünden als Zeugin zur Verfügung?
Hans-Jürgen: in der Elternzeit hatte ich eine Jahreskarte für die staatlichen Museen und mit Baby musste ich den Rucksack nie abgeben (wg. Windel & Co.)
Außerdem: Wenn große Taschen such verboten sind, dann finde ich das mit den Rucksäcken auch OK. Anders ist es willkürlich, weil kein logisch nachvollziehbarer Grund.
Auch, wenn Sie jetzt aus allen berlinloyalen Wolken fallen: Die Staatlichen Museen hier mögen das Rucksacktragen auf dem Rücken (!!!) auch nicht, ebenso wie das Tragen der Jacke als Bauchschal um die Hüften.
Kopf hoch!
Ich stamme aus Wiesbaden (eine ihrer Lieblingsstädte Frau Nuf, war das nicht so?) und habe jedesmal klaustrophobische Anfälle, wenn ich mal zwangsweise dorthin muss!
Ooooohja. Berlin verdirbt, das habe ich auch feststellen müssen, als ich 2000 nach einem Abstecher über Lübeck nach Hamburg zog. Vorher hatte ich 5 Jahre in Berlin gelebt und geliebt. Wie kam mir in Hamburg alles spiessig vor, die Leute borniert, dazu eine Attitüde von Weltstadt und absoluter Unfähigkeit, auch nur irgendetwas an der „schönsten Stadt der Welt“ nicht ganz so toll zu finden. Dabei ist Hamburg meine Geburtsstadt, aber aufgewachsen bin ich im sonnigen, idyllischen und durchaus liberalen Freiburg im Breisgau. Nun ja, ich verfehle das Thema (Moment, geht es um Lego? Eher nicht – also schicke ich das jetzt ab)…
Herzlichen Gruss, Christine, heutzutage in Konstanz am Bodensee