Lass‘ keine Fremden in Deine Wohnung

Handwerker und sonstige Menschen, die ich in meine Wohnung lassen muss wenn ich alleine bin, sind mir von Grund auf suspekt. Ich verstecke vorsichtshalber eine gusseiserne Pfanne im Wohnzimmer, um sie notfalls niederzuschlagen und telefoniere mit meinem imaginären Freund, der gerade auf dem Heimweg von seinem letzten bestandenen schwarzen Gürtel einer beliebigen Kampfsportart ist. Hallo Schatz? Du bist gleich da? Toll! Und den schwarzen Gürtel hast Du auch bestanden? Super!
Wenn es klingelt, luge ich durch den Türspion und frage alle relevanten Daten ab. Firma, Uhrzeit des vereinbarten Termins, Rufnummer der Zentrale? Als nächstes muss der Handwerker den Werkzeugkoffer langsam im Hausflur auspacken und laut und deutlich die Namen der Werkzeuge sagen, bevor er mir einige exotische Ersatzteile präsentiert.
Erst dann öffne ich die Tür und führe ihn durch den verdunkelten Gang in den Raum mit dem defekten Gerät.
Wenn er nämlich kein psychopatischer Mörder ist, so ist es doch wahrscheinlich, dass es sich bei ihm um einen ausgebufften Dieb handelt, der bei seinen Montagen Wohnungen auf Wertgegenstände ausspioniert.
Kaum dass er beginnt das Gerät unter Augenschein zu nehmen, fange ich an zu jammern, dass es hoffentlich nicht viel kostet, wir wären ja so arm und hätten aufgrund unserer horrenden Schulden bereits alle Wertgegenstände bei ebay versteigern müssen.
So gehe ich sicher, dass er schnell arbeitet und seinen Komplizen hinterher vermeldet, dass bei uns nichts zu holen sei.
Mir dünkte schon seit jeher, dass Handwerker mich aufgrund dieser Verhaltensweisen seltsam finden könnten.
Seit ich den Säugling habe, bin ich mir sogar sicher.
Der schlief gestern im anderen Zimmer und ich eilte im Minutentakt zwischen Küche, wo der defekte Herd stand, und Wohnzimmer, wo der schläfrige Säugling lag, hin und her.
Der arme Handwerker hatte jedoch keine Ahnung, dass außer mir noch jemand in der Wohnung war. Mein Hin- und Herwandern machte ihn ein wenig argwöhnisch. Durchaus irritiert schaute er, als ich ihn aus dem anderen Zimmer leise Schatz und Mausepups nannte. Deutliche Verwunderung spiegelte sich in seinem Gesicht, als ich von der Küche aus rief: „Wenn Du fertig bist, dann darfst Du nackig auf der Kuscheldecke liegen, ja?“
Dabei starrte ich ihn selbstverständlich an, er sollte schließlich nicht denken, dass er mir da ein Ersatzteil verbauen könnte, was ich am Ende gar nicht benötigte.
Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und ignorierte mein Gefasel. Doch als er beim Ausfüllen seines Schadensbehebungsformulars einen Schnuller auf der Küchenanrichte entdeckte, zeichnete sich deutliche Erleichterung in seinem Gesicht ab.
Trotzdem suchte er schnell das Weite. Ich nehme an, ihm war das gewetzte Brotmesser in meiner rechten Hand suspekt.