Meilensteine und Zeitpuffer

Ich möchte jetzt nicht unbedingt sagen, dass ich zu Panik neige. Ich hab halt nur gerne Zeitpuffer. Bin gerne so zwei, drei Stunden vor Abfahrt des Zuges am Bahnhof. V.a. wenn ich mir noch ein Brötchen für die Fahrt kaufen möchte. Die Auswahl ist groß und da ziehe ich es vor genug Zeit zu haben, um das Richtige auszusuchen.
Fährt der Zug um 10 Uhr ab, stehe ich um 5.00 Uhr auf. Man braucht schließlich einen zusätzlichen  Puffer falls zuhause etwas schief geht. Spätestens 7.00 Uhr verlassen wir also das Haus, was bedeutet, dass ich die Kinder um 6.00 Uhr wecke und dann ab 6.20 Uhr hysterisch anschreie, dass sie sich beeilen sollen, weil wir sonst den Zug verpassen.
Leider kam Kind 1.0 irgendwann in die Schule.
Leider fängt die Schule jeden Tag um 8.15 Uhr an – was für mich bedeutet, dass ich – ginge es nach meinem Gefühl – gerne um 6.00 Uhr das Haus verlassen würde.
Zwei Jahre haben wir das Kind nun angetrieben. Mach dies, mach das, mach es jetzt, mach es schneller. Dem Kind hat’s nicht so gut gefallen und irgendwie förderte das Ganze weder die Selbständigkeit noch den Willen selbst Verantwortung zu übernehmen.
Also haben wir dem Kind gesagt, dass es jetzt alles selbst machen müsse und auch selbst bestimme, wann es los gehe.
Jetzt heißt es jeden Morgen Höllenqualen erleiden.
Das Kind steht gewohnheitsmäßig um 6.15 Uhr auf, beginnt dann aber Comics zu lesen. Es liegt auf dem Bett und pult zwischen den Zehen, während ich mich in ein anderes Zimmer eingesperrt habe und leise in ein Kissen sage: „Du musst noch frühstücken, Zähne müssen geputzt werden, du bist noch nicht angezogen, sind deine Schulsachen gepackt, denk‘ daran – heute ist schwimmen, gleich ist es 7.45 Uhr…“

7.50 Uhr: Mir steht der Schweiß auf der Stirn, meine Hände zittern, das Kind nimmt den ersten Löffel Müsli zu sich. Es plaudert fröhlich vor sich hin.

7.55 Uhr: Das Kind beginnt die Zähne zu polieren.

7.58 Uhr: Es entscheidet sich heute zusätzlich Zahnseide zu benutzen. 8.00 Uhr, es zieht sich sehr langsam einen Socken über den Fuß.

8.06 Uhr: Es zieht einen weiteren Socken an. Mir tränen die Augen, meine Lippen sind blutig gebissen.

8.08 Uhr: Das Kind schaut mich entnervt an: „Können wir jetzt endlich gehen?“ Eltern sein, heißt eben meistens aushalten lernen und das schreckliche tolle: Kind 1.0 ist noch nie zu spät in die Schule gekommen, seitdem es alleine entscheidet wann es was tut.

Freizeitgestaltungsideen

Als gelangweilte Mutter im Erziehungsurlaub lässt man sich so einiges einfallen damit man seine Zeit nicht ausschließlich mit Stricken Wändeanstarren verbringen muss. Z.B. habe ich kürzlich eine Schulung für Geheimagenten zum Thema Verhörtechniken entwickelt. Um nämlich Informationen aus einem Schulkind zu bekommen, muss man mit allen Wassern gewaschen sein.
Eine prototypische Unterhaltung läuft in der Regel so ab.
Nuf: Na, wer ist Sieger beim Mathewettbewerb geworden?
Kind 1.0: Leider die andere Klasse.
Nuf: Oh, was musste man denn eigentlich tun, um Sieger zu werden?
Kind 1.0: Die Klasse mit den meisten Medaillen ist Sieger geworden.
Nuf: Hm, wie viel Medaillen habt ihr denn gewonnen?
Kind 1.0: Keine.
Nuf: Und die andere, die nicht gewonnen hat.
Kind 1.0: Keine.
Nuf: Aber ihr seid doch nur drei Klassen?
Kind 1.0: Ja.
Nuf: Wenn Du sagst, dass die mit den meisten gewonnen hat, denke ich, dass es auch noch andere – mit weniger Medaillen gab…
Kind 1.0: Gabs ja auch!
Nuf: Ja? Wer denn?
Kind 1.0: Na der Thomas, z.B.
Nuf: Und in welcher Klasse ist der?
Kind 1.0: Bei uns in der Klasse.
Nuf: Aber ich dachte, da hätte keiner eine Medaille gewonnen.
Kind 1.0: Der Thomas hat ja auch zwei gewonnen.
Nuf: Ah. Gabs noch jemanden, der zwei gewonnen hat?
Kind 1.0: Ne. Keiner. Jedenfalls bei uns in der Klasse nicht.
Nuf: Ich dachte Thomas?
Kind 1.0: Achso, der. Ja, der ist aber in der anderen Klasse.
Nuf: Nicht bei Euch?
Kind 1.0: Ne, sonst hätten wir ja gewonnen!
Nuf: Man gewinnt mit zwei Medaillen?
Kind 1.0: Nein, man braucht schon drei oder vier
[…Dialog beliebig fortführbar…]

Frage: Nach welchen Kriterien wird eine Klasse Sieger des Mathewettbewerbs?