Ich habe seit einigen Jahren sehr gemütliche Weihnachten. Mit Caspar Clemens Mierau rede ich in unserem „Mit Kindern Leben“-Podcast in der Folge Weihnachten darüber. Wir haben alle Zwänge abgeworfen und machen das, was uns gefällt. Ich komme aus einer Familie, in der es so zuging, wie Mareice es auf z.ett beschreibt:
„Am Heiligen Abend, wenn die Kinderaugen leuchten, plumpsen die Mütter erschöpft aufs Sofa – natürlich erst, nachdem der Tisch abgedeckt ist und die volle Spülmaschine läuft.“
Ich habe das Weihnachten meiner Kindheit als angespannte Zeit in Erinnerung, in der es oben drauf noch Streit gab, weil ich meine Geschenke nicht einfach ausprobieren durfte, sondern mir von Erwachsenen gezeigt wurde, wie ich richtig damit spielen muss. Sobald es ging, habe ich Weihnachten nicht mehr zuhause sondern mit Freundinnen und Freunden verbracht. Einige Weihnachten war ich sogar alleine.
In der Zwischenzeit habe ich meine eigene Familie und wir Erwachsenen haben entschieden, dass wir nur noch machen, was uns gefällt. Dennoch sehe ich um mich herum die meisten Frauen die ganze Arbeit rund um Weihnachten erledigen. Margarete Stokowski schreibt:
„Frauen sind immer noch die Stahlträger und der Zuckerguss dieser Gesellschaft. Das ist an Weihnachten am irrsten, wenn sie wochenlang dafür sorgen, dass dieses Konzentrat bürgerlicher Vorstellungen von Familie und Harmonie halbwegs ansehnlich ausfällt […]“
Wenn man allerdings wie ich, kurz vor 40 nochmal eine neue Beziehung anfängt, dann hat man über einige Dinge intensiv nachgedacht. Für mich war klar: Ich werde entweder zufriedene, leicht verrückte, alleinstehende Katzen*frau oder aber ich habe einen Partner, mit dem ich mir alles teile (Mental Load UND die konkreten ToDos).
Denn Das Rollenbild der Mutter„Das wird immer so toll dargestellt“ (hörenswertes Radiofeature), ist eben nicht so unbeschwert und toll, wie es die Eltern- und Frauenmagazine gerne beschreiben. Ich habe mich jahrelang daran abgekämpft und irgendwann einfach keine Energie mehr gehabt. Jetzt teilen wir alle Aufgaben. Auch die Kinder helfen mit, denn sie sollen nicht lernen, dass Weihnachten das Fest ist, für das die Mutter wochenlang bis zur Erschöpfung arbeitet, damit es allen anderen gut geht.
In diesem Sinne: Legt die Arbeit nieder – Stullen tun es auch.
*Katzen stehen symbolisch für irgendein Wesen, das einem Gesellschaft leistet. Ein Tamagotchi tut es für mich auch.
Fällt den Damen eigentlich irgendwann mal auf, dass sie sich den ganzen Stress selber machen? Einmal im Jahr die Supermami sein, wenn es schon sonst nie klappt. Wahlweise auch die Mutter/Schwiegermutter und andere Drachen.
Weg mit dem ganzen Brimborium und nur machen, was man wirklich möchte. Die buckelige Verwandtschaft kann auch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Das nennt man übrigens Emanzipation. Viele Männer wären vermutlich höchst erleichtert, wenn der Wahnsinn endlich ein Ende hätte.
Nachdem sich meine Frau von mir getrennt hat, war ich dieses Jahr Weihnachten zum ersten Male überhaupt komplett ohne Familie unterwegs. Es war das entspannteste, erholsamste und friedlichste Weihnachtsfest in meinem Leben. Ruhe und Frieden die ganze Zeit und ich habe auch nicht zugenommen. Und ich habe keine Geschenke bekommen. Toll!
Ich bemühte mich sehr, den Artikel von Mareice Kaiser mit der gebotenen Neutralität, um nicht zu sagen, mit wohlwollendem Interesse zu lesen.
Aber letztlich bleibt der Inhalt für mich in so vielen Punkten miesepetriges Gejammer. Wenn jemandem Weihnachtszeuch keinen Spaß macht, dann halt bleiben lassen.
Warum will sie ihrem Kind nicht sagen, dass sie gehörig Zeit und Arbeit in Weihnachten steckt? Das geht doch auch, ohne den Weihnachtsmann zu entthronen (ansonsten bietet sich auch das Christkind an, das sowieso keinem Geschlecht zugeordnet werden muss, wenn man das so spielen möchte; kann man gerne als jung, nichtweiß und weiblich verkaufen, no problem.).
Warum bestückt sie Adventkalender mit Geschenken? Bilderadventkalender kaufen und fertig. Nächstes Jahr wiederverwenden, Problem gelöst.
Keksteig gibt es fertig, falls sich jemand mit der Arbeit „Rezepte recherchieren“ überfordert fühlt. Es ist mir allerdings unbegreiflich, wie jemand so praxisfern sein kann. Meine Dreijährige hat heuer geschafft, mehrere Platten Keksteig weitestgehend alleine auszustechen. Wenn man auf einer gesschirrspülerfesten Unterlage aussticht, entfällt auch die mühselige Arbeit des Küchenplattenputzens. Wenn das alles immer noch zu viel ist, neue Tradition etablieren, Kuchen kaufen, oder den Kindern beibringen, wie sie das alles alleine erledigen. Mom is boss!
Die Kinder müssen ja sowieso lernen, wie man Schuhe putzt, eine weitere Gelegenheit bietet der Nikolaustag, ist das so schlimm? Und warum kann nicht der Vater putzen, falls man nicht auf diese Tradition verzichten möchte?
Wer nicht für den Kindergarten backen will, backt nicht, sondern bringt einen Sack Mandarinen mit. Es gibt genügend Mamas (und möglicherweise eine Handvoll Papas), die gerne backen.
Bei Exzessen wie Krippenspielen gibt es Opt-Out-Möglichkeiten. Oder es werden tatsächlich Tätigkeiten nachgefragt, die mann oder frau gerne macht.
Weihnachtskarten schreiben = man macht es gerne, oder man lässt es, oder man delegiert es. Wenn der Mann es nicht macht, wenn es die Kinder nicht machen, macht es dann halt keiner. Tante Auguste wird es überleben.
Weihnachtsessen kochen = man macht es gerne, oder man lässt es, oder man delegiert es. Ansonsten bestellt euch halt Pizza.
Verheimlichen, dass echte Menschen die Arbeit um Weihnachten erledigen = man macht es gerne, oder man lässt es, oder man delegiert es. Dann hat das Kind halt seinen Schock weg, wenn es erfährt, dass sich ein 5-gängiges Weihnachtsessen nicht aus purer Luft materialisiert. Das. Arme. Kind.
Ich hoffe, dass Mareice Kaiser quasi überspitzt das fiktionale Leben einer überforderten Konformistin nachzeichnet und nicht ihre eigenes. Soviel duckmäuserische Angepasstheit an einem lebenden Beispiel würde mich doch sehr erschüttern, insbesondere, weil ich von Frauen umgeben sind, die Weihnachten recht unterschiedlich und mit recht unterschiedlichem Engagement feiern, ohne dass die Welt untergeht oder sie mit ihrem Leben hadern.
Hatte kurz einen Punkt überlesen. Hihi.