Fidget Spinner – des Kindes Rosenkranz

Fidget Spinner
Early Adopter Kind 3.0 brachte den Fidget Spinner in unseren Haushalt

Wißt ihr noch? Damals die Loom Gummis? Einen nicht unbeträchtlichen Teil meiner Altersvorsorge habe ich in ca. 200.000 Loom Gummis angelegt    [1].

Nach den Loom Gummis zog über uns ein Star Wars Hype hinweg, dann bedeckte uns die Pokémon Karten Welle und nun sind es die Fidget Spinner.

(Fidget heißt übrigens „Zappelphilip“)

Vor ca. zwei Wochen kam Kind 3.0 zu mir und wollte einen Fidschuht Spinna. Ähnlich wie damals bei den Bauer Räinschan, habe ich einige Zeit gebraucht um herauszubekommen, was das sein könnte.

Der Weg wie diese Dinge in die Welt und dann zu Kind 3.0 finden, ist gleichermaßen mysteriös wie bemerkenswert.

Noch lange bevor das erste Kind einen Fidget Spinner hatte, erzählten sich die Kinder Legenden. Es gäbe welche, mit denen könne man Gemüse schneiden!

Ein sehr gutes Argument, um das Ding den Eltern schmackhaft zu machen: „Wenn Du mir eins kaufst, kann ich Dir helfen Zucchini zu schneiden. Auch Äpfel und Möhren sind kein Problem!“ versicherte mir Kind 3.0.

Wenig später kam das Kind von der Schule und berichtete von unglaublichen Kunststücken, die man mit den Fidget Spinnern machen könne. In A-M-E-R-I-K-A (!) gäbe es Kinder, die den Spinner drehend von einem Finger auf den anderen springen lassen könnten.

Zum Weltkindertag hatten dann plötzlich gefühlte 3/4 aller Kinder einen Fidget Spinner.

Da die Kinder bei uns zum Kindertag nichts bekommen, musste das arme Kind 3.0 sein gesamtes Taschengeld ausgeben, um sich einen eigenen Spinner zu kaufen: „Mama, Du weißt doch. Ich mag gerne die neuen Sachen ganz am Anfang mitmachen!“.

Early Adopter nennt man sowas wohl.

Wie es dann an Schulen mit allen Neuerungen und Dingen ist, die Kinder über die Maßen begeistern – schon am nächsten Tag waren die Spinner verboten [2].

Aber noch mal einen Schritt zurück.

Was ist ein Fidget Spinner?

Ein Fidget Spinner ist eine Art Kreisel, den man auf einem Finger balancieren kann. In der Mitte befindet sich ein Kugellager und außen – je nach Bauart – Flügel mit kleinen Gewichten. Der Spinner wird angedreht und dreht dann einige Sekunden (oder Minuten).

Wo kommt der Fidget Spinner her?

Die Urform wurde in den 90ern von Catherine Hettinger erfunden. Die Kosten für das Patent konnte sie aber nur acht Jahre tragen. Sie trat mit ihrer Idee an verschiedene Spielzeugfirmen und tatsächlich hat Hasbro das Spielzeug Anfang der 2000er mit einigen Kunden verprobt, da die Idee die Probekunden nicht überzeugte, nahm man jedoch Abstand von ihr.

Aufgrund der enormen Popularität versucht Catherine Hettinger nun auf Kickstarter ihre ursprüngliche Idee zu finanzieren.

Wieder aufgekommen ist die Idee vielleicht im Zusammenhang mit der Crowdfunding Kampagne um einen Fidget Cube. Dort wurden in kürzester Zeit 6,4 Millionen Dollar (Ziel waren 15.000 Dollar) für ein ähnliches Fingerbeschäftigungsspielzueg gesammelt.

Das Crowdfunding ging auf der Plattform als die 9. erfolgreichste Kampagne seit Gründung ein.

Wie dann der Kreisel in die amerikanischen Klassenzimmer gefunden hat, konnte ich nicht nachvollziehen. Forbes berichtet schon Dezember 2016 von dem Hype.

In den USA wurden die Fidget Spinner übrigens genauso schnell verurteilt wie in Deutschland (Kulturpessimismus folgt den selben Regeln). Ein Kind läuft auf den Finger Spinner fokussiert fast vor ein Auto. Klarer Fall von: Das Spielzeug ist vom Teufel. Die armen Kinder sind besessen! An nichts anderes können sie mehr denken. Sie spielen den ganzen Tag damit. Verbieten!

(Ich frage mich wirklich, wann irgendwer mal drauf kommt, dass es vielleicht ein völlig normaler Teil der Kindheit und Jugend ist, sich exzessiv mit DIngen zu beschäftigen und über die Maßen begeisterungsfähig zu sein… und sich dann im nächsten Schritt zu fragen, wie man das vielleicht nutzen könnte… )

Ich finde es jedenfalls faszinierend, was man alles damit machen kann.

Man kann sich auch welche selbst bauen:

(Bestimmt kommt da bald noch was besseres von Bea Beste)

Irre ist auch die Varianz der Fidget Spinners. Sie leuchten, glitzern, klingeln:

Deswegen to keep a long story short: Vielleicht mal mit den Kindern begeistern, statt zu rufen: Wasn Scheiß! Wie nutzlos! Gefährlich! Untergang des Abendlandes!


[1] Das sei den Skeptikern meines letzten Blogbeitrags zur Beruhigung gesagt. Ich habe eine Mischstrategie, was meine Altersvorsorge angeht: Riester Rente, Aktien, Häuser, Goldbarren, Loom Gummis und zwei Tonnen Schleichtiere.

[2] Wie ich diese Kultur hasse! Statt Dinge aufzunehmen, die Kinder begeistern: VERBOT!

111 Gedanken zu „Fidget Spinner – des Kindes Rosenkranz“

  1. Aber aber aber … der Weltfrieden?! Was ist mit dem Weltfrieden, wenn man sich jetzt für Fidget Spinner interessiert?

    Ich bin Fan von diesem Nonsens, schon weil es „Erwachsene“ stumpf, doof und gefährlich finden. (Mann, 40)

  2. „(Ich frage mich wirklich, wann irgendwer mal drauf kommt, dass es vielleicht ein völlig normaler Teil der Kindheit und Jugend ist, sich exzessiv mit DIngen zu beschäftigen und über die Maßen begeisterungsfähig zu sein…“

    HEH, wieso sollen das nur Kinder und Jugendliche dürfen? Zumindest Männer schaffen das auch noch in fortgeschrittenem Alter und ich bin da keine Ausnahme. Mein Motto: Wenn man kein dummes Zeug mehr im Kopf hat, ist man alt.

  3. Das mit den Verboten in der Schule werde ich auch nie begreifen. Bei uns wurde alles immer verboten, von Handys bis hin zu Mützen (Ja, im gesamten Schulgebäude sind Mützen verboten). Vielleicht ist es ein bisschen zynisch, wenn ich fast verstehen kann, auf welchen Teil des Erwachsenseins die Schule damit vorbereiten will.

  4. Mensch, diese aufregende neue Zeit. Ich musste damals im Unterricht noch immer heimlich unterm Tisch mein treues, altes Doppelkopfblatt mischen. Mein Skatblatt habe ich immer meinem Sitznachbarn gegeben.

  5. Hier gab es einen Tag nach dem Weltkindertag den Fitschätskinna, nachdem alle, wirklich alle! ;), Mitschüler bereits pünktlich zum 1. Juni solch ein Schätzchen erhielten. Dem schnellen Internet sei Dank, dass der Sohn jetzt glücklich strahlend kleine Kunststücke probieren darf.
    Und hier, auf dem weiten Lande, sind die Lehrkräfte der kleinen Schule sehr aufgeschlossen, weltoffen und die Kinder dürfen sogar während des Unterrichtes die Teilchen nutzen!
    (Ich persönlich ziehe vor so viel Geduld und Gelassenheit den Hut… ;) )

  6. So sehr ich mich freue, wenn Schüler in einem Thema ganz und gar aufgehen, während der Unterrichtststunde erwarte ich Konzentration auf das Lernthema. Dazu gehört, dass nicht gesurrt oder geklappert wird, wenn ich mich mit der Klasse unterhalte, daher sammle ich Fidget Spinner, klackernde Kugelschreiber, Scheren o.ä. während der Stunde ein. Nach der Stunde können sie dann bei mir abgeholt werden und in den Pausen schaue ich mir auch gerne Kunststücke der Kinder an und zeige mein Untalent, wenn ich diese selbst ausprobiere.

    1. Während der Unterrichtsstunde muss das nicht sein. Bei uns sind sie auch in den Pausen verboten. So wie die Pokemon Karten und alles andere, was Kindern Spaß macht.

  7. Hat was mit Verknüpfungen im Gehirn zu tun. Wenn ich grüble oder kreativ bin, merke ich auch, wie ich mit dem Bein wackle, an einem Haargummi spiele, halt irgendwas zum Knibbeln brauche. Oder auf und ab laufe.

  8. Ich will auch einen. Also ähh… für’s Kind natürlich…

    Ganz pessimistische Pessimisten berichten sogar, dass die Spinner bei nicht-ADHSlern Nervosität und Unruhe, ja bis hin zu ADHS auslösen können.
    Ja, wer ist jetzt der Spinner?

  9. Ich persönlich finde es trotzdem nicht sinnvoll, die Kinder jeden Hype mitmachen zu lassen. Nicht, weil ich denke, dass das Abendland deswegen untergeht, oder Unfälle passieren (sonst müsste man ja schon Bücher verbieten, weil man sich am Papier schneiden kann), sondern u.a. wegen der finanziellen Dimensionen, fehlender Sinnhaftigkeit der Produkte, ökologische Gesichtspunkte (der Müllberg am Ende jeden Hypes, herrjeh) und der mangelnden Frustrationtoleranz, wenn das Kind mal nicht zu den ersten, besten, schnellsten, insten und coolsten gehört.

    1. Hm, aber nun gerade in Bezug auf den Fidget-Spinner trifft meiner Meinung nach davon gar nichts zu:
      – Finanzielle Dimension: Die einfachen Spinner gibt es schon für 5-6 €. Damit kann man schon eine Menge anfangen und es ist taschengeldkompatibel.
      – fehlende Sinnhaftigkeit: Es ist ein Geschicklichkeitsspielzeug – das ist doch toll, das unterstützen wir als Eltern gern!
      – ökologische Gesichtspunkte: im Vergleich zu anderem Spielzeug schneidet ein Spinner doch noch recht gut ab: klein, i.d. R. keine Batterien, und man kann wirklich etwas damit anfangen – da gibt es echt Schlimmeres (Ü-Eier-Schrott z.B.)
      – mangelnde Frustrationstoleranz: Unsere Kinder (7 und 9) sind motorisch wirklich nicht die Superstars, aber sogar sie konnten nach einem Tag die ersten „Tricks“. Das finde ich gerade schön am Fidget Spinner, dass es von Anfang an Spaß machen kann. Dazu muss man gar nicht der oder die Beste und Coolste sein.

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