milder grössenwahn

vor ein paar tagen habe ich meinem rss reader das „haupstadt-blog“ hinzugefügt. ich kam, wie so oft, beim referrer-fischen drauf. ich sah fotos vom von mir geschätzten herrn niemeier und freute mich über ein weiteres berlin-blog. fortan strömten meldungen wie „Wochenmarkt wird zum kulinarischen Schlemmermarkt“ oder „Taxifahrer und Fahrgäste helfen nach Verkehrsunfall“ durch meinen kurzschwanz-rss-reader. ein zweimal dachte ich, och ja, das wolltest du doch auch noch hier bloggen, prima blog.

gestern las ich dann das hier betätigte aber sofort die tastenkombination apfel-w (alt-f4, doo), eine reflexreaktion, wenn ich den namen „grönling“ lese. das grönling thema wurde meiner bescheidenen meinung nach wirklich ausreichend durchgekaut und verdaut. ich wollte eigentlich nichts mehr mit diesem armseligen taz-artikel zu tun haben. heute stiess mich dieser artikel im medienrauschen (einem medienweblog um daniel fiene) dann doch noch mal auf den „Brief an die Taz“.

matthias schlecker bezieht sich in seinem brief an die taz auf dieter grönlings taz artikel und grönlings kommentar bei fraufrank, allerdings ohne fraufrank als quelle zu nennen. peinlich wirds dann am ende des briefes: matthias schlecker fängt da tatsächlich an dieter grönling anzuschlecken und mit schleim einzuwickeln als er auf grönlings forderung „Die richtige Zeit also, mal einen wirklich guten Blog zu bauen“ antwortet:

Wir freuen uns, Sie im Hauptstadtblog als Leser begrüßen zu dürfen.

huuuh! begging for a taz-feature …

der milde grössenwahn wird von dieser (mittlerweile geänderten) textpassage von jedem ironie- oder humorverdacht freigesprochen:

Es fehlte bisher ein richtig gutes Berlin-Blog. Ein Blog, in dem Blogger vom Leben in der Hauptstadt berichten.

die gänzlich unbescheidene selbstbeweihräucherung setzt dann daniel fiene von aussen, im medienrauschen (daniel fienne hat nichts mit dem haupstadtblog zu tun, ist aber über medienrauschen mit matthias schlecker verkumpelt), noch ein sahnehäubchen auf:

Das erste deutschsprachige Berlin-Blog ist jetzt offiziell gestartet: Das Hauptstadt-Blog will seine Besucher mit Lesenswertem aus Berlin versorgen.

[hervorhebung von mir]
ein gelungenes beispiel wie man mit grosskotzigem gesabbel eine sympathische und gut aufgezogene idee versemmeln kann.

hinzufügen sollte ich noch, dass ich mit dem von daniel fiene gedissten subjektiv bewerteten und momentan etwas lahmenden metroblog blog berlin verkumpelt bin, weil ich da ab und zu mitschreibe.

[sorry, niveaupolizei, für die redundante bloggerselbstbetrachtungs-scheisse mit der ich frau nufs blog zumülle/runternivelliere]

primer

ach ja primer. ich war ja nach sorgfältiger planung letzten donnerstag auf dem fantasy film festival um mir primer anzugucken. ungewöhnlich schwer gestaltete sich die vergabe der zweiten karte, vor allem deshalb weil ich defizite in störungsfreier kommunikation mit der damenwelt habe. merke: manchmal bedeutet „nein“ „ja, aber nur bei telefonischer nachfrage“. nachdem ich also keine dame als begleitung auftreiben konnte, telefonierte ich meine verwandschaft ab. mein cousin sagte zu mich zu begleiten.

als der film anfing war ich darauf vorbereitet, dass die ersten 20 minuten evtl. etwas „langweilig“ sein könnten. deshalb liess ich mich vom einfachen dogma-stil des filmes nicht irritieren. mein cousin begann bereits in den ersten 20 minuten mich mehrfach hilfesuchend anzugucken. soviel verstand ich: zwei oder vier typen bauten da in einer garage eine maschine. nach 20 oder 30 minuten war sie fertig, die maschine. weitere meilensteine des filmes waren: 1. die beiden protagonisten verstehen die funktion der maschine, 2. sie bauen die maschine zweimal in gross nach und benutzen sie 3. für den rest des filmes. der zuschauer, oder sagen wir genauer, mein cousin und ich hechelten verständnismässig immer mindestens 20-30 minuten hinterher, sprich nach 20 minuten begriff ich beispielsweise was das mit dem pilz und der maschine auf sich hatte. obwohl, ich sollte präzsisieren; mein cousin hing geschätzte 70 minuten hinterher (wie ich später erfuhr).

ich mag ja filme die sich des mittels der belehrung enthalten, nicht alles solange erklären bis es auch der letzte depp verstanden hat, die der kraft der subtilen andeutung vertrauen, mit einem wort sechs worten: filme die dem zuschauer etwas zutrauen.

leider traute primer uns etwas zuviel zu, da wir beide nicht über ausreichende logische und mathematische fähigkeiten verfügen; kurz: ich habe siebzig prozent des filmes nicht gerafft. im kino hörte ich ebenfallls sehr wenige groschen (aka zehn-cent stücke) fallen, ich gehe also stark davon aus zumindest in diesem fall dem statistischen mittel zu entsprechen.

ich habe eine äusserst praktische charaktereigenschaft: dinge nicht zu verstehen macht mir nichts aus. in gesprächen mit anderen menschen funktioniert das, solange man freundlich lächelt. bei fremdsprachlichen büchern überlese ich unbekannte worte und erschliesse mir ihren sinn durch den zusammenhang — oder eben nicht. ich muss nicht alles verstehen, im gegenteil, david lynch finde ich grossartig gerade weil ich nichts verstehe(n muss) und mich an meinem mulmigen gefühl erfreuen kann.

nur leider hat primer es, wie gesagt, mit der unterlassenen hilfeleistung für den zuschauer ein bisschen übertrieben. ich stand am ende doch arg hannomässig da: nix gerafft. nun gut, umrissartig war mir klar, es geht um paradoxien und subjektive extremsituationen beim zeitreisen. nur leider hat mich das alles ein bisschen überfordert.

was macht ein armer verwirrter wenn er mit fragezeichen auf der stirn aus dem kino kommt? riiiichtisch. im internet nachgucken. zum beispiel im an die offizielle filmseite gedübeltem forum:

If all goes well, then between End A and End B there are three versions of you:

1) the „original“ who turned the box on, and will climb in at End B

2) the „backward“ version of you inside the box, going backwards in time from B to A

3) the „future“ version of you, who climbed out at End A

räusper. wirklich geholfen hat mir das nicht …

ich will nicht sagen, dass der film schlecht war, im gegenteil. er hat mich einfach überfordert, intellektuell und akkustisch. gelangweilt habe ich mich übrigens keine minute. ich habe jede sekunde damit gerechnet vom film über das was da abgeht aufgeklärt zu werden. aber dann kam irgendwann, plötzlich, der (im übrigen sehr hübsche) abspann.

langweilige betrachtungen

es gibt viele dinge, die ich stundenlang, fast regungslos betrachten kann ohne mich zu langweilen oder hunger zu bekommen. ein kamin- oder lagerfeuer zum beispiel, das wechselspiel aus glut und flammen, wie sie züngeln und das holz langsam zerfressen. oder das meer, wie es sich auf einen sandstrand erbricht. auch grossbaustellen, mit lauter behelmten ameisen osteuropäischer herkunft, die an 400 verschiedenen stellen scheinbar wilkürlich werkeln, schweissen und schwitzen, faszinieren mich oft stundenlang, bis ich aufs klo muss. apropos klo, ich kann auch weisse leinwände, die im dunkeln mit licht- und toneffekten bespielt werden stundenlang betrachten, bis sich die blase meldet.

sehr gerne und betrachte ich auch spatzen, also nicht die kastelruther, sondern die sperlinge. spatzen treffen sich oft an den gleichen orten wie menschen zum gemeinsamen essen; biergärten, öffentliche plätze oder auf den oberdecks von touristenschiffffffahrtskapitänsmaschinen (das schreibt man doch jetzt mit sechs f?), zum beispiel auf der spree. ich bin immer völlig fasziniert davon wie sich spatzen fortbewegen, wie sie die bewegungen von diesem blechspielzeugvögeln aus meiner kindheit nahezu perfekt imitieren (nur viel leiser und schneller), wie ihr leben scheinbar in zwei- bis dreifacher geschwindigkeit als meines abläuft. ich habe zumindest immer den eindruck, dass das leben eines spatzes viel schneller ablaufen muss als meines, weil sie sich so schnell bewegen und eine unglaubliche reaktionsgeschwindigkeit haben. faszinierend wie sie ihre köpfe in fünf ruckartigen, in sich abgeschlossenen bewegungen, innerhalb einer halben sekunde, um hundertachtig grad drehen und ihre gesamte umgebung abchecken. wie sie innerhalb einer sekunde mit drei sprüngen eine treppenstufe rauf, wieder runter und wieder hoch springen. wie sie einer taube, die ihr haupt zu einem brotkrumen senkt, den brotkrumen nicht nur wegschnappen, sondern auch nocheinmal die ganze taube umrunden bevor der kopf der taube am boden anlangt, wo der brotkrumen einst lag. ausserdem, glaube ich, aktivieren spatzen beim menschen eine art kindchenschema wenn sie scheinbar arm- und hilflos auf dem boden umherhüpfen. jeder weiss natürlich dass spatzen nicht wirklich armlos sind, aber sie erwecken geschickt den eindruck, indem sie ihre flügel geschickt und völlig unsichtbar in ihr gefieder einfalten.

ausserdem habe ich eine theorie, dass spatzen ein indikator für die grösse einer stadt sind. bis jetzt habe ich nur in london und berlin spatzen erlebt, die aus der hand fressen. in köln oder stuttgart habe ich soetwas noch nie gesehen. wo fressen spatzen noch aus der hand?

multifunktionstuch

kombi-ausstattung für piraten, glatzenkascheure, erkältete, stirnschwitzer, demonstranten, dandys und e-technik-studenten bei tschibo: ein multifunktionstuch für alle:

So vielseitig wie die Natur selbst. Für 7 Tragevarianten: Piratentuch, Mütze, Schal, Stirnband, Sturmhaube, Halstuch und Haarband.

bei „sturmhaube“ stutze ich ein wenig. wofür ist eine sturmhaube gedacht? zum schutz vor wind oder zum schutz vor identifizierung beim sturm auf eine bank?