Lieblingskinderbücher – Die Auswahl von Kind 2.0

Percanta, die neulich im Fünf Bücher Blog war, hatte die tolle Idee ihren Sohn nach seinen fünf Lieblingsbüchern zu befragen. Der Herr Buddenbohm diese Anregung aufgegriffen und ich mache das ungefragt nach. Also habe ich auch eines der Kinder befragt.

Da aufgrund des Leistungsschutzrechts ohnehin nicht mehr auf  die Angebote von Presseverlagen verlinkt werden darf, ist es genau der richtige Tag, um klassische Stöckchen aufzugreifen – so wie damals in den frühen Zweitausendern. Ich werfe das Stöckchen also weiter zu JournelleHeiko, Pia, Fakeblog und Mama Arbeitet. Alle anderen mit sprechfähigen Kindern sind natürlich auch eingeladen.

Die Auswahl von Kind 2.0

5Kind 2.0 ist eigentlich der klassische Wiederholungsleser. Abend für Abend schleppt es die selben Conni Bücher an und möchte diese vorgelesen bekommen. Auf die Frage nach den Lieblingsbüchern antwortet es erstaunlicherweise nicht erwartungsgemäß: „Nur weil ich das immer hören will, müssen das nicht meine Lieblingsbücher sein. Die sind nur für besondere Anlässe.“

Mein großes Wimmel- und Wörterbuch, Band 5: Ritter und Burgen
„Das gefällt mir, weil man da drin was über das Mittelalter wissen kann. Meine zwei Lieblingsseiten sind die, wo man sieht wie das Schlafgemach des Burgherren ausgesehen hat und die, wo man sehen kann wie man mittelalterliche Filme nachmachen kann.
Es ist wichtig, dass es solche Bücher gibt. Sonst wüsste man gar nichts mehr über das Mittelalter, es ist schließlich ein Paar Jahre her. Komisch ist, dass die alles so bunt machen. Ich glaube, das war gar nicht so. Papa sagt immer, es hat da keine Kartoffeln gegeben, alle haben gestunken und sind an verfaulten Zähnen gestorben.„

Grimms Märchen. Vollständige Ausgabe
„Da sind viele Märchen drin, die ich noch gar nicht kenne. Geschichten lesen ist eins meiner Lieblingshobbys und da bietet sich so ein Buch an. Besonders gefällt mir, dass die Märchen immer gut ausgehen. Außer die, die für Erwachsene sind. Die gehen nicht gut aus. Erwachsene mögen das irgendwie lieber. Das verstehe ich nicht, aber wahrscheinlich kommt das, wenn ich älter bin. Das Buch hat mir meine Oma geschenkt. Sie hat einen sehr guten Geschmack, deswegen kann ich das empfehlen.“

Benny Blu – Edelsteine
„Ich interessiere mich für die verschiedenen Edelsteinsorten und darüber mehr zu erfahren finde ich schön. Ich kann mich dann immer noch entscheiden, ob ich Edelsteinsucherin werden will. Man kann da sehr reich werden – aber nur wenn man sich auskennt. So wie die afrikanischen Jungen, die vor 250 Jahren den großen Diamanten gefunden haben. Die dachten ja, das sei ein großer Stein. Wenn ich so einen Diamanten finden würde, wüsste ich jetzt gleich mit was ich es zu tun habe und würde ihn nicht einfach wegwerfen. Ich schätze aber, dass ich dann nach Kimberly ziehen müsste. Im Buch steht nichts von Edelsteinfunden in Berlin. Im Moment ist mir Kimberly noch zu weit weg. Außerdem ist das mit dem Big Hole bestimmt ganz schön gefährlich.“

Ritter Rost Musicalbuch, Band 11: Ritter Rost und die Zauberfee
„Hier gefällt mir die Fee besonders gut. Bei anderen Ritter Rost Büchern habe ich bislang noch keine Fee bemerkt. Ich finde das auch witzig, weil die Fee einschläft und wieder aufwacht und dann alles zurück zaubert. Darüber muss ich lachen.


Die Musik gefällt mir auch. Wobei ich Ritter Rost und die Hexe Verstexe von der Musik her besser gefällt. Da kann ich besser mitsingen. Ich mag auch Burgfräulein Bö weil sie stark ist und alles gerecht ist. Das kann man von Ritter Rost nicht sagen.“

Mumins lange Reise von Tove Jansson
„Das habe ich in Schweden kennen gelernt. Das ist eine sehr schöne Zuhörgeschichte. Das gibt es auch als Hörspiel und ich finde die Geschichte sehr spannend. Die Reise ist sehr beschwerlich, aber es lohnt sich weil sie am Ende den Mumins Papa finden.
Als ich noch ein kleines Kind war, fand ich die Schlange ein bisschen gruselig, aber jetzt kann ich das aushalten. Mir gefällt der Junge mit dem Feuerhaar. Vielleicht treffe ich ihn auch mal.“

Suna

Lange Einführung zu Pia Ziefles Suna.

Bis Ende des Studiums habe ich mindestens ein Buch pro Woche gelesen. Pflichtliteratur des Studiums ausgeschlossen. Ich hatte keinen Fernseher und eigenes Internet hatte ich auch erst ab 2000. Ich habe mich hauptsächlich durch Bücher wie „Gödel, Escher, Bach“ oder „Der Baum der Erkenntnis“ aber auch äh Gassenschlager wie „Anleitung zum Unglücklichsein“ gewälzt. (Sehr zu empfehlen übrigens auch die beiden Bücher meines damaligen Profs „Bauplan für eine Seele“ und „Die Logik des Mißlingens„). Aufgeheitert habe ich mich mit Herbert Rosendorfer oder Robert Gernhardt. Science Fiction und Fantasy Bücher habe ich auch schon immer gerne gelesen. Nur Krimis, die haben mich nie interessiert.

Natürlich fand ich Männer, die noch mehr und wohlmöglich schwierigeres als ich gelesen haben, wahnsinnig toll. Ich war mal furchtbar verliebt in einen, weil er Luhmann verstand. Unsere Beziehung zerbrach aber aus verständlichen Gründen: Schließlich war er Soziologe und ich Psychologin und wie sollte sowas gut gehen?

Jedenfalls habe ich das Lesen immer geliebt. Leider hat es in den letzten Jahren immer weniger Platz in meinem Leben gefunden. Ein Phänomen, das andere wohl auch erlebt haben. Maximilian Buddenbohm schildert in Christoph Kochs „Mein Medienmenü“ einen Weg bei den Büchern zu bleiben:

„[…] Um neun gehe ich ins Bett und lese. Bücher. Wenn ich das nicht so mache, dann komme ich nicht mehr zur Literatur, das fühlt sich dann irgendwann nicht gut an, da regt sich das schlechte Gewissen des Möchtegern-Bildungsbürgers und natürlich habe ich auch einfach Freude an Literatur. […]“

Bei mir hat der Alltag die Bücher gefressen. Arbeiten und die Familie machen mich so müde, dass ich wirklich oft gegen 20.30 Uhr einschlafe oder ich schaue geistig anspruchslose Fernsehsendungen und schlafe trotzdem um neun ein. Zum Lesen komme ich nur am Weg in die Arbeit, während Zugfahrten oder im Urlaub. Und dann will ich unbedingt was Schönes lesen. Nichts regt mich mehr auf, als wenn ich ein Buch dabei habe, das mich langweilt. Vor zwei Jahren hatte ich beispielsweise „Der Schatten des Windes“ eingepackt und mich beim Lesen fast zu Tode gelangweilt. Der Urlaub war aber sonst ganz schön (und ich hatte zum Glück noch „Die Eleganz des Igels“ im Koffer).

Dieses Jahr war mein Urlaub ja eher doof, aber gütig wie das Schicksal ist, hatte ich nur gute Bücher dabei. Eines davon war „Suna“ von Pia Ziefle.

Wahrscheinlich bin ich die letzte, die auf diesem Planeten darüber schreibt (dafür möchte ich mich entschuldigen, denn ich habe das Buch geschenkt bekommen), aber ich will es trotzdem tun. Die Beschreibung des Inhalts, klaue ich von der Autorinnenseite:

Wo gehen wir hin, wenn wir nicht wissen, wo wir herkommen – das ist die zentrale Frage in meiner Geschichte um Luisa, die Nacht für Nacht mit ihrem wachen und aufmerksamen kleinen Kind im Arm durch das schlafstille Haus geht. Da sind deutsche Adoptiveltern und eine serbische Mutter, eine Schwester, und irgendwo auch ein unbekannter türkischer Vater. Da ist ihre eigene kleine Familie mit Tom und einem kleinen Sohn – und diesem Kind, das niemals schläft.
„Sie kann keine Wurzeln hier schlagen“ sagt der alte Dorfarzt und macht deutlich, dass Luisa sich um ihre kümmern muss, damit das Kind zur Ruhe kommen kann. Luisa macht sich auf den Weg, und erzählt uns und ihrem Kind in sieben Nächten, was sie gefunden hat. Sogar ein kleines Wunder kommt darin vor.

Das Buch hat mich unglaublich gefesselt. Wir waren zelten und es war nicht gerade unanstrengend und obwohl ich wußte, dass zumindest unser jüngstes Kind pünktlich mit Sonnenaufgang gegen 6 Uhr erwachen würde, konnte ich nicht aufhören zu lesen und hatte das Buch in drei Tagen durch. Die Geschichte fand ich sehr berührend – auch in dem Sinne, in dem ich immer wieder kleine Anker in mein eigenes Leben finden konnte. Ich bin Gastarbeiterkind in der zweiten Generation und manchmal fühle ich mich so ganz und gar nicht deutsch – aber eben auch nicht italienisch – wie sollte ich, denn ich bin in Deutschland aufgewachsen und spreche nicht mal fließend italienisch. Für mich ist es nach wie vor unfassbar, wie mutig die Großelterngeneration war, nach dem Krieg nach Deutschland zu kommen. Mit einem Koffer – ohne ihre Lieben – kein Wort deutsch sprechend. Sie haben sich trotz der ganzen Anfeindungen eine Existenz aufgebaut.

Was mich neben dem Inhalt so mitgenommen hat, war die Schreibweise. In der Schule habe ich mich gefragt, woran man gute von schlechter Literatur unterscheiden könnte. Die objektiven Kriterien dafür kenne ich immer noch nicht, aber als ich „Suna“ las, ging mir auf, was gemeint ist. Gute Literatur ist einfach so geschrieben, dass die Sprache einen mitnimmt, dass sie nicht ein Hindernis ist, während sich die Geschichte entfaltet, sondern dass sie etwas wie ein Floß im Lesefluss ist. Sie begleitet und fühlt sich natürlich an, sie formt Gedankenbilder und ist Begleiterin. Genau das gelingt Pia Ziefle.

Deswegen: selbst wenn ihr wenig Zeit habt – Suna wird Euch nicht enttäuschen. Ich hoffe, Pia schreibt noch viele Bücher. Danke für das erste schon mal!

Ich bin ein Lesefreund

Das Internet ist voller Lesesüchtigen. Trotzdem verlose ich im Rahmen des Welttag des Buches einige Exemplare „Die Vermessung der Welt“.

Heute, am 23. April, ist Welttag des Buches. In diesem Rahmen konnte man sich bewerben Lesefreund zu werden und eines seiner eigenen Lieblingsbücher in 30facher Ausgabe zum Weiterverschenken gewinnen. Verschenkt werden sollen sie an „gerade die, die wenig, selten oder gar nicht lesen“.

Weil ich zu meiner großen Freude gewonnen habe, nehme ich an, das damit unter anderem Menschen im Internet gemeint sind. Diese digitalen Banausen, die Print nicht mehr würdigen und Teil der berüchtigten Alles-für-Lau-Kultur sind, wie aktuell geführte Debatten zum Urheberrecht nahe legen. Jetzt ist das Internet in meiner Wahrnehmung aber voll von Lesefreunden. Eigentlich ist das Internet ein einziges Sammelsurium an Lesesüchtigen. Menschen, die nicht nur Abends oder auf dem Weg zur Arbeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln lesen sondern wann immer es geht. Morgens beim Aufstehen, beim Frühstück, auf dem Weg in die Arbeit, in der Mittagspause, nach der Arbeit, am Abend, am Wochenende, bei Familienfesten und notfalls auch am Klo.

Deswegen ist das Internet ein ganz schlechter Ort Menschen zu finden, die wenig oder fast gar nicht lesen. Ich habe also lieber im echten Leben nach diesen Menschen gesucht, die Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann immer noch nicht gelesen haben, obwohl es schon 2005 herausgekommen ist und millionenfach verkauft zu den wichtigsten Werken der deutschen Nachkriegsliteratur gehört.

Die Vermessung der Welt habe ich die ersten zwei Tage nach der Geburt von Kind 3.0 gelesen. Kind 3.0 auf der einen Seite des Stillkissens, das Buch auf der anderen. Ich las es quasi auf Ex – auch in der Hoffnung dass Kind 3.0 so zu einem schrägen, allwissenden Mathematikprofessor wird, weil es quasi die Grundlagen dazu mit der Milch aufsaugt (und wenn das nicht, dann wenigstens zu einem Bestsellerautor).

Ich mochte v.a. die Charakterzeichnung der Hauptfiguren und irgendwann ist mir aufgegangen, dass Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt wohl die ersten portraitierenswerten Nerds waren, wie sie in den erfolgreichen und modernen Nerd-Serien wie The IT Crowd oder The Bing Bang Theory dargestellt werden. (Mit dem kleinen Unterschied, dass es statt des klassischen Stupid Girls unter den Antagonisten einfach gar keine Frau gab, wenn ich mich recht erinnere).

Mir gefiel unter anderem das Tempo der Erzählung. Es folgt der Art wie man Achtzehnhundertirgendwas reiste. Unglaublich langsam und zum Teil sehr anstrengend. Genau das aber gibt dem Leser die Gelegenheit die Hauptcharaktere kennzulernen und in deren Wahrnehmungs- und Denkmuster einzutauchen. Ich habe im Anschluss an das Buch angefangen über Gauß zu lesen, weil mich interessiert hat, wie viel Fiktion dem Buchcharakter angedichtet wurde. Sehr sympathisch erschien mir seine ihm oft unterstellte Arroganz, wenn er nach Erfindung bestimmter Apparaturen behauptete, er habe das schon Jahre zuvor erfunden, jedoch wegen Irrelevanz nicht veröffentlicht. Tatsächlich geben seine Tagebücher Hinweise darauf, dass Gauß damit nicht angab, sondern er vieles wirklich schon erfunden hatte, bevor ein anderer es erfand bzw. öffentlich präsentierte.

Wie dem auch sei, ich liebe dieses Buch sehr, allem voran weil es zum größten Teil in indirekter Rede geschrieben ist und mir so wirklich ermöglicht hat Teil der Geschichte und nicht nur Danabenstehende zu sein.

Natürlich möchte ich dem Internet, an dem mir viel liegt, ebenfalls einige Exemplare zukommen lassen. Deswegen verschenke ich die letzten zehn Bücher hier. Wer Interesse hat, in den Kommentaren melden. Damit ich Kontakt wegen der Postadresse aufnehmen kann, bitte Emailadresse hinterlassen. Ich schicke das Buch per Buchsendung oder (da hätte ich Euch besonders lieb), drücke es Euch auf der re:publica (zu der ja das komplette Internet geht) in die Hand. Sollte es mehr Interessenten als Bücher geben, wähle ich per Los aus. Es werden alle Interessenten bis einschließlich Freitag, den 27.4.2012 um 24h für die Verlosung berücksichtigt. Bestechungen aller Art werden gerne angehört und auf Attraktivität geprüft.

Die Gewinner heißen:

Andy, Ole, Timo, regenrot, Tula Scribachina, Marcel, Jane, Phiala, Claudia und Sarion. Ich schicke Euch eine Mail. Fröhliches Lesen!