Ich habe Kinder unterschiedlichen Geschlechts. Das erweitert zumindest die Bandbreite dessen, was man im Fernsehen zu sehen bekommt. Konkret bedeutet das, dass man eben nicht nur Transformers oder Pokemon sondern auch Prinzessin Lillyfee anschauen muss. Pokemon sind schon ziemlich schlimm. Denn – falls das hier jemand nicht weiß – Pokemon können nicht sprechen, sie können nur ihren eigenen Namen sagen. Das schränkt die Tiefe der Dialoge etwas ein.
Eine Folge Pokemon anzuschauen, erinnert mich sehr an die Ebbinghausschen sinnlosen Silben-Experimente zum Erfassen von Gedächtnisleistung. „Quaxo! Quaxo! Quaxo!“ Alle 648 Pokemon und deren Transformationen auseinander halten zu können, ist tatsächlich gar nicht so einfach.
Das alles mag die Gedächtnisleistung schulen. Es lindert aber nicht die Qualen, die ich beim Mitschauen erleiden muss. Andere Protagonisten, wie Prinzessin Lillifee, die eine Schweinefreundin namens Pupsi hat, sind leider nicht einfacher zu ertragen. Die komplexeren Dialoge lauten beispielsweise: „Was ist los Prinzessin Lillyfee?“ „Ach! Ich bin so traurig, ich habe sogar vergessen meine Frühstücksmilch rosa zu zaubern.“
Als ich das alles nicht mehr ausgehalten habe, dachte ich, meine Kinder müßten die Qualitätskinderserien meiner eigenen Kindheit anschauen. Heidi, Pinocchio und vielleicht Biene Maja. Die Erstausstrahlung von Biene Maja, habe ich sehr wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, die war 1976. Da war ich erst ein Jahr. Wobei in den 70ern war man eher sorglos. Da haben die Eltern im Auto geraucht und wir Kinder sprangen im Kofferraum durch die Gegend. Vermutlich hat man mich da auch mit 10 Monaten Biene Maja schauen lassen. Sitzen konnte ich immerhin schon und das sollte zum Fernsehen reichen.
Ich hatte Biene Maja seit den frühen 80ern nicht mehr gesehen. Alles an was ich mich erinnerte, schien mir pädagogisch höcht wertvoll. Eine Biene, Mitglied eines Bienenschwarms, schlau und doch immer auf das Überleben der Gemeinschaft bedacht. Überhaupt Bienen eine super Sache – ein Matriarchat angeführt von einer Bienenkönigin, die Gelehrten so wie Biene Majas Lehrerin Kassandra alles Frauen… was könnte da an Biene Maja falsch sein?
Biene Maja war die erfolgreichste Kinderserie im ZDF. Bei der Erstausstrahlung schauten im Schnitt über 4 Millionen Kinder zu. Biene Maja, die in der Original-Anime-Serie übrigens mitsubachi maya no boken heißt, war die erste deutsch-österreichisch-japanische Coproduktion. Angestoßen wurde die Verfilmung der Romanvorlage von Josef Göhlen, dem damaligen Leiter des Kinder- und Jugendprogramms des ZDF, der sich in den USA in einem Motel mit dem Zeichner Marty Murphy traf, um Details der Zusammenarbeit auszubaldowern.
Marty Murphy wurde übrigens später einer der bekanntesten Karikaturisten im Playboy. Hätte ich das vorher gewußt, hätte ich die Kinder natürlich NIEMALS Biene Maja schauen lassen.
Die erste Staffel von Biene Maja beginnt mit der Folge „Maja wird geboren“. Kassandra möchte in den Bienenstock, um bei der Geburt dabei zu sein und wird von zwei Soldaten abgehalten, die den Befehl haben, niemanden herein zu lassen. Nach längerer Diskussion, darf Kassandara passieren. Die Bienen schlüpfen – alle nur eine nicht und das ist Maja, die quasi schon während ihrer Geburt reaktantes Verhalten zeigt. Ab da läuft die Biene Maja nur herum, fragt den Erwachsenen Löcher in den Bauch und macht nie was sie machen soll. Durch ihr leichtsinniges und naives Verhalten befindet sie sich ständig in Lebensgefahr. Schlimmer noch, sie gefährdet durch ihr uneinsichtiges Wesen permanent die körperliche und seelische Unversehrtheit ihrer Freunde.
Der Grashüpfer Flip begleitet die Serien als Sprecher und statt das Ganze dann pädagogisch noch mal zusammenzufassen: „Ja, die Biene Maja hat viel Unsinn gemacht, aber jetzt hat sie was gelernt, das nächste Mal hört sie auf die erfahrenen Altbienen und bringt mit ihrem sorglosen ausschließlich auf Vergnügen ausgerichteten Verhalten nicht den ganzen Bienenstock in Gefahr!“ NEIN da sagt der noch: „Ja schade, diesmal hat sich die Biene Maja erwischen lassen, aber das passiert ihr nächstes Mal hoffentlich nicht, da muss sie einfach besser aufpassen!“
Nach nur drei Folgen sind wir wieder auf Pokemon umgestiegen. Zwar sind die Dialoge nicht so differenziert, aber wenigstens lernen die Kinder nicht so einen Unsinn, wie alles zu hinterfragen oder selbstständig die Welt zu erkunden – denn sie sind viel zu beschäftigt damit die 648 Pokemon und deren Entwicklungen sowie einzelne Attacken auswendig zu lernen. Das schult das Gedächtnis, fördert die Konzentrationsfährigkeit und das komplexe Denken und wenn man als Eltern dann endlich einsichtig ist – auch die motorischen Fähigkeiten sofern man das Pokemon-Spiel samt Nintendo DS kauft.
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Biene Maja gibt es übrigens 2013 mit 78 neuen Folgen im ZDF zu sehen. Damit sie in die heutige Zeit passt, ist sie „rund, etwas greller und vor allem dreidimensional„. Da die alte Anime-Serie den heutigen Sehgewohnheiten von Kindern nicht mehr entspricht, ist sie schneller geschnitten und wird durch eine „dynamische Erzählweise“ belebt.