„Let’s talk“ S04E05 zusammen mit SCHAU HIN!
Im Zentrum meiner Serie „Let’s talk“ stehen die Chancen, die digitale Medien mit sich bringen. Nachdem ich in der ersten Runde v.a. allgemein über Nutzung und Plattformen gesprochen habe, wurde es in der Folgerunde konkreter und Eltern berichteten mir von ihrem Familienalltag mit digitalen Medien. Im Anschluss kamen Jugendliche selbst zu Wort. In der 4. Staffel soll es um konkrete Erfahrungen gehen, die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern sammeln können. Das gemeinsame Erleben sorgt für einen konkreten Anlass Erfahrungen zu sammeln und zu den einzelnen Themen ins Gespräch zu kommen.
Für das „Kinder und digitale Medien“-Buch, das ich gerade schreibe, habe ich viele andere Bücher gelesen. U.a. natürlich auch Bücher, die behaupten Belege zu haben, dass das Digitale vom Teufel ist und Kinder dumm, unempathisch und einsam macht. Das war sehr inspirierend, denn so bin ich auf die Idee gekommen, ich könnte doch a) mal was für jüngere Kinder (und deren Eltern) bloggen und b) erklären wie man sich ganz analog in der Kohlenstoffwelt den digitalen Themen nähern kann. Denn ein wesentliches Argument in der Debatte um Kinder und Medienkompetenz seitens der Kulturpessimisten ist ja, die Kinder hätten zwar Wischkompetenz (können also mit Tablett und Co.) umgehen, würden aber keine Zusammenhänge verstehen.
Damit haben sie ein bisschen Recht, die Kulturpessimisten. Es ist z.B. sinnvoll sich grundlegende Programmierkenntnisse anzueignen. Dabei geht es allerdings nicht darum aus allen Kindern Software-Entwicklerinnen zu machen, sondern darum die Grundlagen zu schaffen um zu verstehen wie Computer (technische Geräte) funktionieren. Denn Programmieren lernen bedeutet im großen Rahmen digitale Mündigkeit erlangen. Das macht möglich sich später mündig in der zunehmend digitalisierten Welt zu bewegen. Wer grundlegende Zusammenhänge versteht, muss sich nicht hilflos und durch Technik überfordert fühlen. Die allerersten Schritte können auch schon Kinder machen, die noch nicht mal lesen und schreiben können.
Anleitung: Wie programmiere ich offline?
- Programmierbefehle zeichnen
- Start und Ziel festlegen
- Weg dorthin definieren
Caspar Clemens Mierau hat in unserem Podcast „Mit Kindern Leben“ in der Folge „Programmieren lernen“ beschrieben, wie Kinder sich gegenseitig programmieren können. Hört mal rein. Ähnlich geht die HABA Digitalwerkstatt zur Einführung vor. Ihr braucht dafür nur ein bisschen Platz. Dann definiert ihr einen Startpunkt und einen Zielpunkt. Es gibt drei Befehle: Vor, rechts, links. Diese Befehle malt ihr am Besten als Pfeile auf ein Blatt Papier. Ihr stellt euch selbst auf den Startpunkt und bittet das Kind euch jetzt zu „programmieren“, d.h. die Kinder sollen sich einen Weg zum Zielpunkt überlegen und euch durch Zurufen der Befehle „Vor!“, „Rechts!“ und „Links!“ lenken. Bei „Vor“ geht ihr langsam Schritt für Schritt nach vorne. Einmal in Gang gesetzt, stoppt ihr nicht von alleine, sondern dreht euch nur nach links oder rechts, wenn das Kind die entsprechenden Befehle gibt. Das ist einerseits lustig, weil eine auf den ersten Blick sehr einfach erscheinende Aufgabe anspruchsvoller ist als man zunächst glaubt. Lehrreich ist es außerdem, weil man schnell merkt, dass man präzise sein muss. Welche Geschwindigkeit soll man haben? Ist es sinnvoll präzise(r) zu sein und z.B. zu sagen „einen Schritt nach vorne“? Braucht man zusätzliche Befehle, wie z.B. „Stop!“? Ergänzt in jedem Durchlauf eure Befehle oder schaut bewusst, ob es auch ohne Ergänzungen klappt.
Wenn ihr das Spiel nicht per Zuruf machen wollt, Llgt euch weitere (leere) Blätter bereit, so dass diese verwendet werden können, um den Weg zu planen. Wenn ihr nicht so viel Platz habt, nehmt kleine Karten und lasst z.B. ein Kuscheltier „laufen“.
(So ähnlich sieht das dann aus)
Wenn ihr einige Male sicher ins Ziel gekommen seid, erhöht den Schwierigkeitsgrad indem ihr z.B. die Strecke um Hindernisse erweitert, die man umgehen muss.
Wenn ihr einige Durchläufe ausprobiert habt, könnt ihr das Spiel digital fortführen. Zum Beispiel mit der App „Ronjas Roboter“.
Was so banal klingt, vermittelt eine Menge Grundverständnis. Die Kinder lernen zu verstehen, dass ein bestimmtes Endergebnis (im Ziel ankommen) in viele kleine Teilschritte zerlegt werden kann (bzw. muss). Sie lernen auch, dass es verschiedene Wege gibt, um an das Ziel zu kommen und dass diese Wege unterschiedlich komplex sind. Sie lernen, dass man sehr präzise sein muss, um zu erreichen, was man möchte. Ich mag an diesem Spiel v.a. dass es das große Thema „Programmieren“ ein bisschen entzaubert und greifbarer macht. Wenn man das Programmieren erst analog ausprobiert, ist es eine viel kleinerer Schritt sich später an Scratch und Co. heranzuwagen. Von dort ist es zu den „echten“ Programmiersprachen dann wieder nur ein weiterer Schritt, der aber bewältigbar ist.
Mehr Anregungen für analoge Spiele, die das Digitale nahe bringen, gibt es bei „Computer Science Unplugged“ (YouTube-Kanal) und auf Deutsch z.B. bei den kleinen Forschern „Informatik entdecken – mit und ohne Computer“ (PDF-Dokument) plus den dazugehörigen Praxisvorschlägen (PDF-Dokument) explizit für Kinder unter sechs. Ganz, ganz großartig ist in Sachen „Grundzüge des Programmierens lernen“ ist das Brettspiel „Roborally„, das man auch sehr gut mit älteren Kindern und Erwachsenen spielen kann.
Was man dazu braucht, wie teuer es wird, wie viel Zeit man investieren muss und für welche Altersstufe es geeignet ist…
Im Grunde benötigt man nur die Blätter für die Programmierschritte. Das ist nahezu kostenneutral. Schon in einer halben Stunde hat man Kindern die Grundlagen vermittelt. Ein tolles Spiel, das man auch schon mit Vorschulkindern machen kann.
Unterhaltet euch beim Programmieren:
- Was programmiert man überhaupt?
- Was ist ganz leicht/was ist ganz schwer und kompliziert zu programmieren?
- Was hat Programmieren mit dem Internet zu tun?
- Wenn es unterschiedliche Wege zum Ziel gibt: Gibt es Gründe mal den einen, mal den anderen Weg zu wählen?
- Ist immer der kürzeste Weg zum Ziel die beste Art etwas zu programmieren? Warum/warum nicht?
- War das Ergebnis jedes mal so, wie der Plan vorher im Kopf war?
Weiterführende Links auf SCHAU HIN!:
- Digitale Bildung bedeutet: Geräte kreativ und produktiv nutzen, statt nur konsumieren
- Kreativ mit Medien – so fördern Eltern ihre Kinder
- Medien kreativ nutzen – Tipps für unterschiedliche Altersgruppen
- Partizipation und Medien: Mitmachen und Informieren
Schau Dir auch die anderen Projekte aus der 4. Staffel der Let’s Talk Serie an
1) Videos per QR-Code in Fotoalben einbinden
2) Stop Motion Filme erstellen und hochladen
3) Ein Computerspiel (durch)spielen
4) Ein Computerspiel selbst bauen
Netter Artikel, danke!
Wir haben in dem Zusammenhang mit unserem dreijährigen Kind mal diesen Roboter „Doc“ (von Clementoni IIRC, gebrandet von Galileo) verwendet, und der funktioniert im Prinzip genau wie Du beschreibst. Er hat ein Tastenfeld auf dem Kopf, mit dem man eine Bewegungssequenz (in Feldern) programmiert, und sein Spielfeld ist eine Matte. Dazu gibt es Karten mit Aufgaben für den Spielmodus und mehrere Betriebsarten (Frei, Spiel, und Lernen IIRC).
Als Erwachsener (und auch noch als Softwareentwickler) finde ich das Ding ein bisschen arg banal, vor allem weil der Roboter schnell „entzaubert“ ist. Naja, was erwartet man für 20€?
Der beachtet natürlich nicht wirklich die Spielmatte auf der er fährt, er hat keinerlei Sensoren und muss auf einem bestimmten Feld positioniert werden damit seine Ausgaben auch auf das passen was man auf der Matte sieht. Letzten Endes ist der Roboter technisch eine Zahlentastatur mit den Ziffern 1-5, ohne Display, die Soundfiles abspielt wenn man die richtige oder falsche Zahl eingibt, und dazu zwei Motoren mehr oder weniger genau ansteuert.
Dennoch war es recht spaßig, damit rumzuspielen. Bevor er den Kindern vorgesetzt wurde haben wir natürlich mal seine Grenzen ausgelotet, inklusive ausprobierens der Befehlsspeichergröße (glaube waren 32 Kommandos oder so, aber das reicht schon um ihn ein wenig „tanzen“ zu lassen) und dergleichen.
Die Kinder finden ihn unheimlich faszinierend und ich war erstaunt wie schnell erste Versuche gelangen, den Roboter zu „programmieren“. Klar, das ganze noch im einfachsten Modus, in dem er die aufgemalten Hindernisse (außer die Grenzen der Matte) ignoriert, aber ich denke dass sowas schon ein ganz guter Einstieg sein kann.
Besser auf jeden Fall als irgendein nicht durchschaubares Spionagewerkzeug im Kinderzimmer das eine Art Lebendigkeit vorgaukelt.
Gruß
Aginor
Netter Artikel. Mich erinnert das obige Spiel an Code&Go Maus (https://kinderprogrammieren.de/spielsachen/spiele/code-and-go-maus-mania-brettspiel-im-test/). Das ist ein ähnliches Spiel für die Kleinsten. Es macht Spaß und vom Spielprinzip ist das sehr, sehr ähnlich.
Als Brettspiel kann ich dazu robo Rally empfehlen.
Man muss sieben Programm Schritte festlegen, die dann nach und nach ausgeführt werden.
Durch Interaktion mit anderen kann das sehr komplex werden, da die Roboter sich gegenseitig auch schieben oder mit Laser treffen können.
Wer zu viele schadenspunkte hat, muss einen Teil des vorherigen Programms für die nächste Runde beibehalten.
Im vorschulalter müssen die Regeln natürlich etwas vereinfacht werden.
Zitat aus dem Artikel oben: Ganz, ganz großartig ist in Sachen „Grundzüge des Programmierens lernen“ ist das Brettspiel „Roborally“, das man auch sehr gut mit älteren Kindern und Erwachsenen spielen kann.
Da sind wir dann wohl einer Meinung