Semierotische Erlebnisse mit Ärzten

Arztbesuche sind immer wieder ein Spaß. Meistens weiß man ja schon vorher was man hat und lässt sich das nur abnicken.
Diesmal war es anders. Diesmal dachte ich eigentlich der Arzt würde ein ernstes Gesicht aufsetzen und sagen: „Hm, tja, tut mir leid, aber sie müssen sterben.“ Mir schlafen nämlich in regelmäßigen Abständen alle Gliedmaßen ein und ich habe trotz dreißigjähriger Sportabstinenz die Wadenkrämpfe eines Marathonläufers.
In der Zeit als ich noch größere Mengen Alkohol zu mir genommen hatte nahm ich an, die Krämpfe resultierten aus einem Magnesiummangel, da Alkohol das Magnesium aus dem Körper wäscht. Nun trinke ich leider seit ungefähr drei Jahren auf das Jahr gesehen ungefähr vier Flaschen Bier und eine Flasche Wein.
Meinem Schicksal folglich unerschrocken ins Auge blickend machte ich einen Termin beim Allgemeinarzt aus. Zu meinem Erstaunen empfing mich jedoch nicht ein Arzt sondern drei Ärzte. Ein weiteres Indiz für mein nahendes Ende. Der Hauptarzt, selbst wohl knapp über 30 stellte die anderen beiden Ärzte als Ärzte im Praktikum vor. Man begann mich sechshändig zu untersuchen. Als man mir mit drei Stethoskopen den Rücken abhorchte und dabei lustig klapp klapp klapp – klapp klapp klapp die Position wechselte, bekam ich einen Lachkrampf, den ich vorher lange nahen spürte und der quasi aus mir borst, als alle drei gerade konzentriert dem rollenden Geräusch lauschten.
Drei Augenpaare schauten mich streng an. Man teilte mir mit, ich sei eine Krampfkuh, was mir aus diversen Beschimpfungen bereits bekannt war, und füllte eine Überweisung zum Orthopäden aus.
Den Orthopäden kannte ich schon. Das letzte Mal hatte ich ihn getroffen als ich vom Fahrrad gefallen war und mit meinem Gesicht gebremst hatte. Dabei hatte sich der Lenker in meine Oberschenkel gebohrt. Die anschließende Muskelanschwellung klemmte einen Nerv ab.
Um das herauszufinden musste ich aus irgendeinem Grund meine Jeans ausziehen, was mir sehr peinlich war, denn den Arzt fand ich ganz knorke und irgendwie war mir das doch recht intim. Wir duzten uns ja nicht mal und dann gleich diese Art von Körperkontakt?
Diese Sache ist jedoch gut acht Jahre her und ich fühlte mich weniger teenagerhaft. Diesmal würde ich ihm nicht auf seinen V-förmigen Oberkörper und die unglaublich großen Hände starren und dabei einen roten Kopf bekommen.
Tatsächlich war unser Treffen nicht ganz so erotisch wie das letzte. Er schaute mich an, stellte ebenfalls fest, dass ich eine Krampfkuh bin, hieß mich, mich auf die Seite zu legen. Zog an meinem einen Arm, dabei krachte es, als hätte er mir den Arm abgebrochen, dann rollte er mich wie eine Teigrolle auf die andere Seite, riss am anderen Arm, faltete mich anschließend unter Zuhilfenahme seines Körpergewichts einmal in der Mitte und schüttelte mir dann, ohne mir auch nur einmal in die Augen geschaut zu haben, die Hand mit den Worten: „Sport würde nich schaden, bis jetzt hamse Glück gehabt, lange bleibt die Figur bestimmt nich mehr so.“
„Ahja danke, he, he“

Verhütungsmittel Schnupftabak

Ich war bis vor einigen Jahren der festen Überzeugung, dass Schnupftabak in unseren Breitengraden bei den unter Achtzigjährigen ausgestorben sei.
Durch das Fernsehen hatte ich von dem Phänomen überhaupt erst erfahren. Leider wurde ich eines besseren belehrt. Als ich Ende der neunziger mit dem Chatten begann, hatten sich mir gewisse Tücken der Onlinekommunikation noch nicht ganz erschlossen.
Man chattete einfach nächtelang und ohne Enthusiasmusverlust mit allen möglichen Menschen. Man schrieb sich die Finger wund und machte sich die Mühe sich schriftlich die gegenseitigen Standpunkte zum Thema Descartes und der Leib-Seele Dualismus in der künstlichen Intelligenzforschung darzulegen.
Wenn man dann erstmal ein halbes Jahr das Wirtschaftswachstum der Telekom mit 650 DM im Monat unterstützt hatte, war man zu einem ersten Telefonat bereit. Leider schieden hier bereits die ersten 80% aus. Aus dem eloquenten und wortspritzigen Jüngling wurde schnell eine lahme Ente. Für die verbleibenden Prozente investierte man erneut Monate bevor man sich traf. Sicherheitshalber schickte man sich in der Anbandelungsphase Briefe mit Fotos.
Eigentlich wollte ich nie jemanden kennen lernen. Doch nach einem Jahr chatten, drei Monaten telefonieren und einem ganz bezauberndem Foto ließ ich mich erweichen und war zu einem Treffen bereit.
Wir trafen uns zu einem Spaziergang weit ab jeglicher Zivilisation. Eine tolle Idee, wie mir erst beim fertigmachen einfiel.
Handys waren zu dieser Zeit alles andere als verbreitet. Nicht weit verbreitet, also rein quantitativ, mit weitaus längerer Tradition gab es jedoch die Psychopathen und Mörder.
Eilig kritzelte ich deswegen meinen damaligen Mitbewohnern auf einen Zettel in der Küche: Heute ist der 23. Mai 1998, ich treffe mich mit einem Kerl, der vorgibt L. zu heißen. Im Internet nennt er sich Discours Wenn ich nicht in spätestens 24 Stunden zurück bin, sucht nach meinem Kopf. Er ist vermutlich in einem Waldstück nahe der Oder vergraben. Danke und liebe Grüße Nuf
Auf dem Weg zum Treffpunkt wurde ich immer nervöser. Was wenn L. gar nicht der war, der er vorgab zu sein? Was wenn er ein pickeliger, zahnfauliger Gnom war, der sich die Worte nur von einem mir unbekannten Dritten hatte einflüstern lassen?
Doch als ich um die Ecke bog und ihn sah, fielen schlagartig alle Zweifel von mir ab. L. sah aus, wie auf dem Foto und rief mir in der gewohnt freundlichen Art ein „Hallo!“ entgegen.
Wir kamen gleich ins Gespräch und die erste halbe Stunde war ganz bezaubernd. Dann blieb L. stehen, kramte in seiner Tasche, zog eine kleine Dose heraus und schüttete sich etwas braunes auf die Fingerspitze. Ich war entsetzt. Es war Schnupftabak.
Den Rest des Weges versuchte ich mich von Wahnvorstellungen zu befreien. Immer wieder kamen mir Bilder von braunbeschnäutzen Taschentüchern in den Sinn. Vor meinem geistigen Auge sah ich seine schnupftabak- und schleimverklebten Nebenhöhlen.
Ich musste mir vorstellen, wie ein weißes Kopfkissen wohl aussähe, wenn er sich nasetriefend darauf wälzte. Den Rest gab mir die Vision, wie es wohl wäre, wenn er mich versehentlich annieste.
So blieb mir lediglich für mich festzuhalten, dass ich ein schrecklich oberflächlicher Mensch bin und dann unter einem fadenscheinigen Vorwand das Weite zu suchen.
Mann L., es hätte ja alles so wunderwunderschön sein können mit uns beiden!

Please just don’t!

Modetrends sollte man aus vielerlei Gründen nicht achtlos folgen und merke: nur weil etwas teuer war, sollte man es nicht in die nächste Saison mitschleppen. Wenn es im Winter schon scheiße aussah, sich die Hose in die Stiefel zu stecken, sieht es im Frühling erst recht nicht gut aus, wenn man die klobigen Stiefel zum Sommerröckchen kombiniert.
Ein weiteres Unding in diesem Modesommer sind die Glockenröcke, wie man hier sehr schön sieht (Nudelook, so ein Quatsch!).
Glockenröcke machen kurze Beine und breite Hüften. Selbst wenn man 2 Meter groß ist und die Beine davon 1,60 Meter Platz einnehmen.
V.a. dann und das sollten sich Frauen mal klar machen, wenn man sich mit den Regeln der perspektivischen Verzerrung beschäftigt. Der Mann als solches ist in der Regel nämlich größer als die Frau. Im Allgemeinen und besonders im Speziellen, will meinen, wenn man 1,50 ist, ist der Kerl in der Regel mindestens 1,60. Wenn man aber 1,80 Meter misst, dann ist der Typ immer noch größer.
So! Und von weit oben betrachtet liegt der Fluchtpunkt des Anblicks unten hinten. Die Dame verzerrt sich im Betrachtungswinkel des Mannes zum Kegel. Wenn dieser Kegel seinen Kegelkörper nun noch mit einem Glockenrock optisch betont, braucht der Kegel nicht jammern, wenn das Männchen den nicht Glockenrock tragenden Weibchen hinterhergeifert.
Der Effekt des Glockenrocks als solches wird durch andere Modeunarten zudem noch verstärkt. Kurz erwähnt seien hier die Ballonröcke, die schon 1985 als ich begann zu pubertieren, total out waren. Ebenso schlimm sind die Boleropullöverchen und Jäckchen, die Frau aussehen lassen wie dickliche Maikäfer mit Stummelflügel.
Himmel! Bin ich denn nun wirklich so alt, dass ich nicht mehr bei H&M, Zara und Co einkaufen gehen kann? Muss es denn die [Bu-tikke] sein, damit ich mich nicht kleiden muss, wie ein verwachsener Clown aus einem Stephen King Roman?

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Farbdrama

In der Regel plane ich gerne gut ein halbes Jahr im Voraus. Anfragen der Art: Wollen wir heute Abend ins Kino gehen? können bei mir nicht bearbeitet werden, weil ich mich nicht fünf Tage psychisch auf einen Kinobesuch einstellen konnte.
In sehr seltenen Fällen passiert es, dass ich etwas nicht vorbereite. Nun ja, nicht gewissenhaft vorbereite.
So z.B. die Lesung morgen. Zwar habe ich mir vor drei Wochen einen Text ausgesucht und vor vier Wochen die Zugtickets bestellt, jedoch habe ich mir keinerlei Gedanken über das allerwichtigste gemacht:
Was ziehe ich an?
Meine Mutter empfahl zu solchen Anlässen meistens den Arsch über die Ohren zu ziehen, was ich in Anbrtracht der hochkarätigen Lesungsbesetzung wahrscheinlich nicht tun werde.
Meine mangelnde Planung hat sich heute Nacht in einem schlimmen Albtraum manifestiert. Da träumte ich, ich hätte nur eine viel zu kurze Hose eingepackt und das Oberteil vergessen, welches ich mir dann ersatzweise aus der Altkleidersammlung gefischt habe.
Zudem besaß ich keine Schuhe und versehentlich war meine Kleidung in beißenden Komplementärfarben zu dem Sofa, auf welchem die Lesenden sitzen werden, gehalten.
Ein Fiasko auf ganzer Linie.

Was ziehen denn die anderen Damen an?

Wir sind Wale

Das mit dem Sport ist doch Wahnsinn. Man muss die Sache rational ansehen. Man sollte mal machen, was die Männer sagen und sie als Bezugsgröße verwenden, wenn man sein eigenes Gewicht bewerten will.
Schauen Sie. Meiner, der ist doch so ein total dürrer. 1,78 groß, 62 Kilo schwer (und das auch erst nach intensiver Mästung!). Ich hingegen halte mich für eine Seekuh, was das Figürliche angeht.
Jetzt habe ich mal ausgerechnet, wie schwer ich in Relation zu ihm sein darf, um genauso schwer im Verhältnis zu meiner Größe wie er zu sein.
Hätte ich es schätzen müssen, hätte ich auf 53 Kilo getippt. Tatsächlich ist es so:

62/1,78*1,68=58,5 kg

Das bedeutet, ich kann aufhören mir einzureden, dass Vollkornbrot mit Quark und Radiseschen lecker sind und mir in Bälde wieder zwei Schweinebraten am Tag rein pfeifen. Schließlich hab ich gut ein Kilo Fett, das er nicht hat.

Absatzschwierigkeiten

Absätze, so muss man wissen, waren früher den Reitern und der feinen Gesellschaft vorbehalten. Den Reitern halfen sie festen Halt im Steigbügel zu finden und den feinen Herren und Damen halten sie, nicht in Fäkalien zu versinken. Schließlich war vor ein Paar hundert Jahren die Kanalisation noch nicht erfunden und man entsorgte jeglichen Müll und auch die Ausscheidungen auf der Straße. Ein großzügiger Absatz, besser noch, eine ordentliche Plateausohle verhinderte das knietiefe Versinken im Schmodder.

Als die Kanalisation erfunden war, hielten viele Männer an den Absätze fest, da sie sich so ein Paar Zentimeter an Größe hinzumogeln konnten und somit stärker und mächtiger erschienen.

In moderneren Zeiten freilich tragen kaum noch Männer Absätze. Da sind es schon eher die zierlichen Damen, die sich damit einen größeren Radius zum Schwung ihrer Hüften verschaffen wollen.

Ein langes Bein verändert zudem die Proportionen und lässt selbst die bereits verblühte Dame zumindest von hinten jugendlich und frisch erscheinen.

Schuhe mit Absätzen helfen jedoch nicht nur in optischer Hinsicht zur Kontaktaufnahme mit dem männlichen Geschlecht, wie ich heute selbst feststellen konnte.

Um die Jahreszeit trage ich gerne halbhohe Stöckelschuhe, mit denen ich noch viel lieber spontan in Pflastersteinritzen hängen bleibe.

Ein Hängenbleiben bedeutet dann dass entweder der Schuh einreißt oder aber der Fuß stecken bleibt. Da ich am Fuß hänge, arretiere ich ebenfalls spontan. Das macht sich besonders dann ganz prächtig, wenn man gerade zügig läuft und hinter einem im ungefähr gleichen Tempo ein Mann läuft. Ich bremse also in voller Fahrt ab und mache einen Ausfallschritt. Zehn Millisekunden später sitzt mir ein Mann am ausgestreckten Bein und umschmeichelt meinen Oberschenkel salopp mit seinem Gehänge.

Erst schaut man sich geschockt an, dann lächelt man verlegen und kurz danach ist man in ein Gespräch verwickelt.

Jedenfalls wenn einem da was attraktives aufs Bein springt.

Nicht so schön ist es, wenn es ein stinkender Punk ist. Der einem mit seinem nach Verwesung duftenden Atem mitteilt, dass man eine verdammte scheißdoofe Dumpfkuh ist, aufstößt und sich auf die Anzughose erbricht. Nur ein wenig, das gebe ich zu, schließlich will ich es nicht schlimmer machen, als es war.


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Warum aus Brad und mir nichts wurde

Es kommt in Berlin nicht selten vor, dass man Schauspieler auf der Straße sieht. Leider nur solche, von denen ich gerade mal weiß, dass sie Schauspieler sind. Weder ihre Namen noch die Serien oder Filme aus denen ich sie kenne, fallen mir ein.
Das ist vermutlich ganz ok so, denn wenn ich mir vorstelle, ich würde mal einen echten A-Promi treffen, drängen sich mir seltsame Phantasien auf. Ich denke, wenn mir beispielsweise Brad Pitt begegnen würde, würde der sich ziemlich sicher umgehend in mich verlieben. Da ich im deutlich heiratsfähigen Alter bin, würden wir einige Wochen später beschließen uns zu vermählen. Ich nähme Brad mit zu meiner Familie nach Sizilien und spätestens da fangen die Probleme an.
Familie Nuf gemeinsam mit Brad Pitt beim Abendessen. Familie Nuf nimmt den Auserwählten näher unter die Lupe. Wortführend, als Oberhaupt der Familie, meine Oma:
– Ahhh und wie heiße die Manne?
– Nonna, das ist Brad Pitt.
– Brätta Pittä?
– Ja.
– Wasse isse fur komische Name. Da weiße ich nixe wo iste Vor- oder Nachname. Als ordentliche Mädschä musse du die Name nehme. Nuffe Pittä, klingte nichte gute – klingte wie Ausländer.
– Ja Oma, Brad ist Amerikaner.
– Amerikaner?
(Die gesamte Familie schlägt sich die Hände über den Kopf zusammen. In Anbetracht meines fortgeschrittenen Alters wollen sie aber eine Ausnahme machen)
– Wasse für Berufe hatte deine Finanziato?
– Brad ist Schauspieler, Nonna.
– Schauespieler??? Madre mia! Wie solle er dich ernähre?
– Ich kann mich selbst ernähren.
– Ah papperlappape! Manne musse dich ernähre. Aber Schauespieler? Meine Gotte! Warum hatte nixe ordentliche Beruf, hmmm?
(Meine Oma stößt Brad Pitt vor die Brust. Brad schaut irritiert. Er versteht schließlich nicht wovon die Rede ist. Er versucht die Situation zu entschärfen, indem er sein Brad-Pitt-Grinsen aufsetzt.)
– Eh warum grinste die Junge so doofe? Hm? Solle besser was Ordentliches lerne! SCHAUESPIELER! Kanne nichte Anwalt oder Dottore sein?
– Oma!
– Ahhh! (Oma winkt ab) SChAUESPIELER! Wenigstens Bauer hätteste bringe könne! Biste dreißig Jahre. Jetzte isse egale. Besser alleine bleiben.
Meine Oma macht eine Handbewegung, worauf sich meine sieben Cousins in Gang setzen und sich dran machen Brad aus der Wohnung zu geleiten. Brad lächelt immer noch sein Fünfzigzähnelächeln als er auf die Straße gejagt wird. Oma hatte recht. Brad ist nichts für mich. Wir machen uns schulterzuckend und lachend an den Nachtisch. Brad drückt von außen seine Nase an die Scheibe und schaut unglücklich.
– Kscht! Kschschscht!
Jemand zieht die Jalousie herunter.

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Foto by Fräulein Zuckerziege