Ich habe Blutdruck

Eigentlich hatte ich mir zu dem Vortrag zur Digitalen Demenz von Manfred Spitzer handschriftliche Notizen gemacht. Leider habe ich sie verloren. Hätte man nicht das Smartphone ausschalten sollen, wären meine Notizen & Fotos in der Cloud und… aber lassen wir das.

Von Herrn Spitzer hatte ich schon viel im Internet gelesen und war wirklich sehr gespannt. Der Vortrag war 1,5 Std lang und die erste halbe Stunde war wirklich informativ. Es ging im Wesentlichen um Neuroplastizität und auch wenn ich einiges an Vorwissen aus meinem Psychologie Studium mitgebracht habe, fühlte ich mich informiert und unterhalten. Gegen 17.30 (der Vortrag begann um 17.00) bin ich vermutlich kurz eingenickt, denn ich habe den Punkt, an dem der Vortrag für mich so extrem kippte, irgendwie verpasst. Meine Augen drehten sich langsam nach oben bzw. ich musste sie peinlich berührt unter meinen Handflächen verdecken und ich glaube gegen 18.15 bluteten meine Ohren.

Den Inhalt über den ich mich so echauffierte (andauernd bis heute und ich habe eigentlich selten starke Gefühle), kann man wie folgt zusammenfassen:

  • Bis 20 sollten Menschen nicht fernsehen, keine DVDs schauen, keine Spielkonsolen benutzen, um Gottes Willen aus dem Internet fernbleiben und auch keine eBooks lesen. Selbst Produkte wie der TipToi-Vorlese-Stift sind Produkte aus der Hölle.

plus

  • Wenn man den Kindern und Jugendlichen Zugang zu solchem Teufelswerk verschafft, trägt man aktiv zu deren Verdummung bei. Die Regierung macht das in unterschiedlichen Programmen auch – das ist eine Verschwörung der (Spielkonsolen und Computer) Industrie.

Kann man behaupten und auch mit zahlreichen Studien belegen, z.B. hat man Mäuse in ihrer Kindheit mit Fernsehprogramm beleuchtet und es zeigt sich eindeutig, dass sie unruhiger, unkonzentrierter und risikobereiter im Erwachsenenalter waren als es die Mäuse der Kontrollgruppe waren.

Ok, jetzt mache ich das selbe wie Spitzer, nämlich polemisieren. Aber wahrlich, er ist unangefochtener Meister auf diesem Gebiet auch wenn er selbst sagte „Ich bin doch kein Krawallwissenschaftler oder Kulturpessimist, wie mich die Feuilletons beschimpfen, ich zeige hier lediglich Fakten auf.“

Diese selektiven Fakten, die meistens monokausal argumentieren und immer nur ein entweder oder zulassen, haben gefühlt 80% der anwesenden Eltern im Saal begeistert und das ist das, was mich eigentlich so wütend macht.

Da sitzen internetunerfahrene Menschen (mein Eindruck nach zahlreichen Gesprächen), die sich unsicher fühlen, die nach einem Umgang mit einem Thema suchen, das ihnen selbst fremd ist, weil sie damit nicht aufgewachsen sind und dann steht da vorne jemand der Benzin in deren glühenden Ängste schüttet.

Um differenziert zu bleiben: Wenn man über 20 ist, dann darf man diese Dinge benutzen (so Spitzer), da ist das Gehirn ausgereift und dann ist das nicht mehr so gefährlich.

Seine Argumentationsweise folgt jedoch ansonsten komplett allen Klischees der Technologie“kritik“ (eigentlich wäre „Angst“ das korrektere Wort). Es gibt einen Text von Dorothee Bär, der meinen eigenen Eindruck von dem Vortrag und dessen Inhalte hervorragend wiedergibt: Macht das Internet dumm? Dorothee Bär antwortet Prof. Manfred Spitzer

„Das Gefährliche an Theorien wie dieser ist, dass sie nicht nur unendlich undifferenziert sind, sondern auch noch verletzend, geradezu zynisch wirken und vor allem Eltern und Menschen mit Erziehungsverantwortung ein Gefühl der Machtlosigkeit und der Inkompetenz vermitteln – also ganz bewusst mit der Angst der Menschen spielen und diese bis zum Äußersten schüren.“

Wie immer macht die Dosis das Gift. Aber mit Argumenten zum Thema Medienkompetenz muss man Spitzer nicht kommen. Das ist alles Unsinn. Kann er ja gerne denken. Ich sehe das – wenig überraschend – völlig anders. Ich bin dafür Kindern einen sinnvollen und maßvollen Umgang mit den Themen Fernsehen, Spiele, Computer, Internet etc. beizubringen. Sie zu begleiten. Mich selbst damit zu beschäftigen, darüber zu sprechen, mich auszutauschen und natürlich auch Grenzen zu setzen.

Einen schönen (maßvollen) Text gibt es z.B. im Blog von Alexander Matzkeit: „Reduktion statt Abschaffung: Fünf Schritte zur entspannteren Mediennutzung

Was mir abschließend dazu einfällt: Ein anderer der Referenten, Herr Renz-Polster, seines Zeichens angenehm undogmatisch, hat in einem anderen Kontext gesagt: Auf die wesentlichen Erziehungsfragen gibt es keine finalen Antworten. Wenn sie reich werden wollen, schreiben sie einen Ratgeber, in dem sie einen 100% wahren und umzusetzenden Weg formulieren. Zum Beispiel zum Thema Kleinkindschlaf. Verzweifelte Eltern werden ihn kaufen.

Das ist, was meiner Auffassung nach Spitzer getan hat: nur eben zum Thema Internet & Co. Seinen Thesen ist schließlich einfach zu folgen. Kinder und Jugendliche raus aus dem Netz und gut ist. Keine Unruhe mehr, keine Verhaltensauffälligkeiten, keine schlechten Noten und keine Verdummung. So einfach ist das.

Wie schön, ich lese gerade bei mir im Blog, dass ich mich 2012 bereits über Spitzer aufgeregt habe. Wahrscheinlich hat er doch recht und ich bin digital dement.

 

 

Liebeserklärung an meinen Clan

Ich habe gestern Susanne Mieraus Blogartikel zu den Weihnachtsfragen gelesen und bin besonders an einer Stelle hängen geblieben. Ich finde, den Text so toll, dass ich ihn hier zitieren möchte:

5. Schaffst du Weihnachten ohne Blog, Twitter und Co klarzukommen?

Natürlich schaffe ich das, aber ich möchte es nicht. Warum auch? Ich finde es gut, andere Menschen an meinem Leben teilhaben zu lassen. Dieses Blog beschreibt zu einem großen Teil auch mein persönliches Leben und ich finde, dass heute solch persönliche Blogs gerade für Eltern sehr wichtig sind. In Zeiten der Vereinzelung, in denen man nicht mehr im Clan zusammen lebt, in denen man sich nicht beständig mit vielen Menschen direkt austauscht, bietet das Internet die Möglichkeit, Clanleben in gewisser Weise nachzubilden. Man kann sehen, wie andere Menschen Feste begehen, kann sich dazu austauschen, Anregungen sammeln, eigenes in Frage stellen. Weihnachten ist ein Teil dessen, was ich teilen möchte.

Mir sind diese Zeilen den ganzen Abend im Kopf geblieben. Ich habe an diesem Abend den Geburtstag unseres Winterkindes vorbereitet. Weil mein Mann einen unverschiebbaren Termin hatte, habe ich das allein gemacht. Ich habe also die Kinder ins Bett gebracht, das Kinderzimmer von Kleinkram befreit (damit das bei der Party nicht rumgeworfen und hinterher wieder mühsam aufgesammelt werden muss), das Wohnzimmer dekoriert. Die Geschenke, die mein Mann vorher gekauft hatte, gesucht und dann verpackt, die Kuchen vorbereitet, die Küche aufgeräumt, das Wohnzimmer kinderpartytauglich gemacht… alles in allem hatte ich gut vier Stunden Arbeit. Ich war müde vom Arbeitstag und als ich um 22 Uhr bemerkte, das wichtige Kuchenzutaten fehlten, war ich etwas frustriert. Alles in allem wäre ich wahrscheinlich insgesamt ziemlich frustriert gewesen, weil ich alles alleine machen musste. Wäre – gäbe es nicht das Internet. So konnte ich ein bisschen twittern, hab mich über Antworten gefreut, über Kommentare gelacht und hab mich kein Stück alleine gefühlt. Ich hatte meinen Clan bei mir.

Mein Mann sagt öfter, dass er es seltsam findet, dass in unserer Wohnung, in unserer Beziehung immer noch jemand mit dabei ist: das Internet oder besser gesagt, die Menschen aus dem Internet. Sie sind immer da, unsichtbar – in meinem Handy.

Mir hilft das bei so vielem.

Man mag das gerne armselig finden, aber mir geben diese Menschen viel Kraft. Ich kenne die meisten gar nicht persönlich. Ich kenne ihre Avatare und im Laufe der Interaktion habe ich mir von einigen ein sehr konkretes Bild geformt.

Ich habe keine Familie im näheren Umfeld. Die Eltern leben 500 km entfernt, die Geschwister ebenfalls. Natürlich habe ich Freundinnen und Freunde, aber auch die sind nicht meine Nachbarn. Die haben ihre eigenen Familien und können deswegen nicht mal auf einen Kaffee auf eine kurze halbe Stunde vorbei kommen. Sehr viele leben auch gar nicht in Berlin. Nach dem Studium hat es uns in alle Welt verstreut. Ich vermisse diese Freundinnen und Freunde oft und ich würde gerne mehr Zeit mit ihnen verbringen. Wir sehen uns zwei, drei vielleicht viermal im Jahr – aber das wars. Wir haben keinen gemeinsamen Alltag.

Ich bin ein ausgesprochener Familien- und Freundemensch. Am glücklichsten bin ich wenn zehn Kinder um mich herumspringen und wir Erwachsene zusammen sitzen, reden, gemeinsam essen und trinken und ab und an einer aufsteht, um zu schauen, ob der Schrei aus dem Kinderzimmer bedeutet, dass sich eines der Kinder einen Zahn ausgeschlagen hat oder ob ein Kind dem anderen nur ein Spielzeug entrissen hat.

Das Internet bietet mir genau dieses Gefühl. Es gibt mir Wärme und das Gefühl von Zusammenhalt, das Gefühl ich bin nicht allein. Ich bekomme auf alles eine Antwort. Austausch zu jedem Thema ist möglich. „Passiv“, indem ich (Eltern-)Blogs lese und auf diese Art Teil am Leben anderer habe und aktiv, indem ich selbst blogge oder twittere und darauf Reaktionen erhalte.

Das ist der Grund warum ich das Internet gerne um mich habe und möchte, dass die Menschen (denn Internet ist für mich keine seelenlose Technologie sondern nichts anderes als das: Menschen) Teil an meinem Leben haben und ich möchte Teil an anderer Menschen Leben haben. Deswegen schalte ich mein Handy auch nicht zwangsweise aus, um mein Leben zu genießen oder zu erleben.

Ich liebe meine Filterbubble, in der alle Kinder nicht durchschlafen, in der die Kinder ins Elternbett krabbeln, in der die Kinder jahrelang getragen werden. In der die Eltern meistens erschöpft und müde, oft schon um 6 Uhr wach und gelegentlich auch genervt sind. Ich liebe meine Filterbubble mit all den bastelnden Eltern, mit denen die basteln, obwohl sie es so hassen wie ich und denen, die den ganzen Kram einfach fertig kaufen. Ich liebe die Filterbubble in der Adventskränze vier Kerzen mit der Ziffer 1 bis 4 sind.

Deswegen liebes Internet: Danke, dass es euch gibt.

Theorie und Praxis Internet

 

Als Elter hat man es nicht leicht. Jedes Jahr muss man neue Dinge lernen. Es fängt direkt nach der Geburt an und ich fürchte, es hört nie auf. Selbst bei den Themen, in denen man sich vermeintlich auskennt: dem Internet beispielsweise.
Jetzt bin ich ja wirklich alles andere als technologiefeindlich eingestellt, aber seit das älteste Kind aktiv das Internet mitgestaltet, möchte ich einfach alles verbieten. Jedenfalls bis wir ALLES einmal durchgesprochen haben.
Das dürfte ungefähr mit Vollendung des 18. Lebensjahres der Fall sein.

Wie bei vielen fing es mit YouTube an. Wie ich bei Netzgemüse gelesen habe, kein unüblicher Weg. Zunächst schauen sich die Kinder um. Da fängts schon an. Was dürfen sie gucken – und was nicht? Warum sollen sie etwas nicht dürfen und wie kann ich verhindern, dass das Kind in meiner Abwesenheit verstörende Videos anschaut? Plus – wenn es jüngere Geschwisterkinder gibt: Wie halte ich sie davon ab, Dinge zu sehen, die das ältere Kind sehen darf. Allein das ist schon ein riesen Problem. Denn einerseits möchte ich auf gar keinen Fall, dass das „große“ Kind (das noch altersmäßig deutlich unter der Grenze liegt, in der es z.B. offiziell Facebook benutzen darf) alleine im eigenen Zimmer Internet konsumiert. In den anderen Zimmern können aber die jüngeren Geschwister sein. Also diese ins zweite Kinderzimmer und mit dem großen Kind gemeinsam den Rundgang durchs Internet machen?
Wie viel Privatsphäre hat ein minderjähriges Kind? Darf oder muss ich den Browserverlauf anschauen? Darf ich mir die Aktivitäten anschauen, wenn es ein eigenes Profil angelegt hat? Frage ich es nach dem Profil und riskiere eine Änderung des Verhaltens – ein Zweitprofil?
Welche Filter konfiguriere ich bevor das Kind überhaupt ins Internet geht?

Noch schwieriger wird es wenn das Kind selbst aktiv wird. Wenn es Videos gestaltet und hochlädt. Ein Gebiet, das ich aktiv gar nicht kenne. Was filmt es? V.a. wen filmt es? Wie geht es dabei mit Privatsphäre um? Wenn es gar nichts filmt und selbst Videos bastelt: Welches Material nimmt es? Wie steht es um die Bildrechte? Wie um die Hintergrundmusik? Wie wahrscheinlich ist es, dass es gegen irgendwelche Urheberrechte verstösst? Es sind unendlich viele Gespräche zu führen. Gespräche über Themen, in denen ich vielleicht gar nicht kompetent bin. (Zum Beispiel Bildrechte: Ich mache es mir da nämlich ganz einfach und benutze immer nur eigene Bilder, weil es mir viel zu kompliziert ist war mich in die Thematik einzuarbeiten.)

Was ist besser? Wenn das Kind anonym unterwegs ist? Wenn es nicht namentlich unterwegs ist? Soll es etwas dürfen weil es andere dürfen? Wie verhindere ich, wenn ich mich entscheide, bestimmte Dinge nicht zu erlauben, dass das Kind sie nicht trotzdem tut?

Das Internet ist jetzt da und es geht auch nicht mehr weg und das weiß ich.
Aber gerade habe ich das Gefühl, dass man auch gut kündigen könnte, um ausreichend Zeit zu haben all die Details mit dem internetfähigen Kind zu besprechen. Doch: wer hütet so lange die anderen Kinder?

Das Gegenteil von Spitzer ist nicht stumpfer

Ich freue mich, dass es neben dem viel diskutierten, sehr lauten Manfred Spitzer nun zwei sanfte Stimmen gibt, die mit „Netzgemüse“ einen Gegenpol zum Thema Das-Internet-ist-der-Untergang-des-Abendlandes-und-wird-unsere-Kinder-alle-verderben gibt.

„Doch ein Zurück in eine Welt vor dem Internet […] gibt es nicht mehr. Es nützt daher wenig, sich gegen eine Welt mit Internet zu wehren, stattdessen sollten wir uns mit ihr beschäftigen, sie kennen(lernen), sie aktiv zum Besten formen und uns gemeinsam mit unseren Kindern: kümmern.“

Netzgemüse, Seite 145

Damit ist im Grunde eigentlich alles gesagt. Jedenfalls über das Internet und unsere Elternaufgaben.

Ich habe Netzgemüse sehr gerne gelesen. Ein bißchen hatte ich mich als Internetsüchtige Bloggerin und Mutter bereits mit dem Thema auseinander gesetzt und vieles, was beschrieben wird, ist ohnehin nicht neu für mich. Ich kenne und benutze Facebook, Twitter, YouTube und noch einige andere Plattformen seit einigen Jahren – auch erinnere ich mich lebhaft an Lebensphasen, in denen ich eher damit beschäftigt war, bei Monkey Island weiter zu kommen, als meine Französischvokabeln zu lernen. Mir ist auch durchaus der Reiz – das Suchtpotential – bewusst und dennoch habe ich durch das Buch noch einiges gelernt. Ich möchte das Buch aber auch all denjenigen wärmstens empfehlen, die sich im Gegensatz zu mir im Internet nicht zuhause fühlen – ja, die vielleicht sogar eher Berührungsängste mit dem Internet haben.

Für mich persönlich ist das Buch so wunderbar, weil es völlig unaufgeregt berichtet. Es ist hype- und hysteriefrei. Zudem hat es etwas, was ich sehr schätze: Es zeugt von einem durchweg respektvollen Miteinander zwischen Eltern und Kindern. Gut zu sehen an Kapitelüberschriften wie Vertraue deinem Kind so wie dir selbst (S. 247ff) und Tschüss, Kontrolle! Hallo, Gemeinsamkeit! (S. 260ff).

Ich habe z.B. sehr gerne Jesper Juuls Das kompetente Kind und Herbert Renz-Polsters Kinder verstehen gelesen. Beide haben gemeinsam, dass Kinder nicht als Tabula Rasa gesehen werden, die von den ach so erfahrenen und klugen, niemals irrenden Eltern geformt werden müssen. Diese Autoren gehen davon aus, dass Kinder gut und richtig sind und nicht erst zu irgendwas gemacht werden müssen. Die meisten Bücher dieser Art beschäftigen sich aber eher mit Kindern im Alter von 0 – 6. Bücher, die sich mit der Eltern-Kinder-Lebenswelt jenseits des Schuleintritts beschäftigen, sind rar. Das ist ein weiterer Grund warum ich Netzgemüse gerne gelesen habe.

Mir geht wirklich das Herz auf, wenn ich lesen kann, dass es andere Eltern gibt, die ihre Kinder ernst nehmen, die ihnen vertrauen, die sie begleiten und stärken. In vielen Gesprächen mit anderen Eltern bin ich erschüttert, wie wenig Kindern vertraut wird und ich finde es nach wie vor befremdlich, dass die Welt des Internets offenbar als parallel existierend neben der echten Welt gesehen wird. Auch das arbeitet Netzgemüse wunderbar heraus. Warum sollen im Internet andere Regeln gelten? Warum soll man dort anders kommunizieren, vertrauen, misstrauen, hinterfragen etc.

D.h. Netzgemüse bejubelt nicht das Internet sondern es führt LerserInnen zu den verschiedenen Haupthaltestationen des Internets und beleuchtet viele Aspekte – sowohl Chancen als auch Risiken und es gibt Beispiele, wie man mit eben diesen umgehen kann. Völlig undogmatisch.

Ich freue mich, dass es neben dem viel diskutierten, sehr lauten Manfred Spitzer nun zwei sanfte Stimmen gibt, die einen Gegenpol zum Thema Das-Internet-ist-der-Untergang-des-Abendlandes-und-wird-unsere-Kinder-alle-verderben gibt.

Das Internet grüßt die Welt da draußen

Artikelempfehlungen für Neuleser.

Alle, die über den schönen Artikel von Astrid Herbold der Juniausgabe im „Das Magazin“ hier her gefunden haben, ein herzliches Willkommen. Ich freue mich über jeden neuen Leser und habe hier eine kleine Stichprobe von Blogartikeln zusammen gestellt, die ich für einigermaßen repräsentativ für dasnuf halte. Das erleichtert vielleicht den Zugang:

Levelboss Baby LeChuck
Schmutz, Gliedertiere und Schürfwunden
Als ich fast Brad Pitt geheiratet hätte
PEKIP from hell
Werde zum Schmink-Nörti
Wiederholung automatisch oder das eChild
Tatookid
Erklärungsnot
Mein erstes Kindergartenfest
Däumelinchen, looped
Wo reiben schwitzende Frauen ihre Becken aneinander?

Viel gelesen, man weiß nicht ganz genau warum:

Hmm, Ratlosigkeit
Noch mehr dämliche Wahlplakatsprüche
Internetabhängig. Ich so – aus Gründen
Dass ich erkenne, was das Internet im Innersten zusammen hält
Ich habe nichts gegen Kinder, nur bitte nicht hier
Die Hackfleischbesprechungen
Foursquare, wie konnte ich nur ohne Dich leben?

rp12, die Frauen und meine unausgegorene Haltung zum Thema Feminismus

Meine Berührungsängste zu Frauenthemen und wieso Journelle und ich „trotzdem“ was zu diesem Thema auf der re:publica machen.

Ähnlich wie beim Festival des nacherzählten Films, habe ich mir nach jedem republica-Besuch vorgenommen das nächste Mal unbedingt mitzumachen (und es dann doch nie getan). Parallel dazu schien das Thema „Wir armen Frauen in der digitalen Welt“ in mir zu wachsen.

Wobei ich es nach wie vor nicht geschafft habe, das Thema Frauen für mich zu einem Ergebnis zu bringen, das ich als abgeschlossen und durchdacht bezeichnen würde. Ich selbst habe mich nie benachteiligt gefühlt. Weder im Internet noch außerhalb des Internets. Wenn ich mich im Leben überhaupt wegen einer Sache persönlich benachteiligt gefühlt habe, dann vielleicht nach Abschluss meines Studiums, weil mir da beim Bewerben immer wieder ein mitleidiges „Oh, Sie sind Geisteswissenschaftlerin, tja…“ begegnete.

Andererseits hauen mich die ganzen Hater-Kommentare in feministisch (angehauchten) Blogs immer wieder um und natürlich gibt es in meinem persönlichen Umfeld immer wieder diese Geschichten, das Frauen mit dem Entschluss ein Kind zu bekommen eigentlich ihre Karriere beenden, weil sie hinterher nur noch Briefmarken kleben dürfen oder ganz aus ihrem Job rausgemobbt werden (z.B. weil keine Teilzeitbeschäftigungen angeboten werden). Es ist also nicht so, dass ich das Gefühl habe, dass Feminismus kein Thema mehr wäre. Doch genau da tritt dann das Paradoxon ein, dass ich mich von manchen Feministinnen, ihrem Auftreten, ihren Thesen oder ihren öffentlichen Auftritten stark abgeschreckt fühle und auf gar keinen Fall in eine Schublade mit ihnen gesteckt werden möchte. Dann aber wieder befürchte, in vielen Sachen nicht kritisch genug zu sein und auch einer Gleichberechtigungsillusion zu erliegen. Was mir spätestens dann auffällt, wenn unser fußballbegeistertes Mädchen nicht in einem Fußballverein aufgenommen wird, weil sie ein Mädchen ist – obwohl sich der Verein explizit an Kinder und nicht an Jungs richtet.

Unbeantwortet blieb meine Mail, die ich jetzt doch noch mal hier veröffentliche, weil mich die Sache, nachdem sie mir wieder eingefallen ist, doch unendlich aufregt:

Lieber FC Berlin,

ich schreibe Ihnen, weil ich verärgert bin. In unserer Kita hing wochenlang ein Plakat ihres Vereins, das „sportbegeisterte Kinder und deren Eltern“ einlud eine Probestunde in ihrem Fußballverein zu machen.
Nachdem wir unsere Tochter in die Liste eingetragen hatten, stand ein Vermerk neben ihrem Namen, der lautete: Sorry, keine Mädchen.
Nachdem ich nun auch Ihre Website angeschaut habe, auf der Sie auch ständig von „Kindern“ und nicht etwa von „Jungen“ sprechen, muss ich mich schon fragen: Sind Mädchen keine Kinder?
Gerade im Jahr der Fußball-WM der Frauen ärgert es mich sehr, wenn Mädchen ausgegrenzt werden. Ich kann es verstehen, wenn im Schulalter die Gruppen nach Jungs und Mädchen aufgeteilt werden – aber warum das im Kindergartenalter so sein soll? Um Kraft oder Motorik kann es in dem Alter noch nicht gehen. Auch ist es überhaupt nicht nötig eine Trainerin zu haben. Für mich sind die angeführten Argumente „nicht genug Mädchen für eine eigene Gruppe“ und „keine weibliche Trainerin“ keine Gründe. In anderen Vereinen werden die Kinder bis Eintritt ins Schulalter auch gemeinsam trainiert.
Jedenfalls finde ich, Sie sollten Ihre Texte ändern und deutlich vermerken: Nur Jungs
Fußball macht JUNGS fröhlich, gesund und erfolgreich. JUNGS, die einen Mannschaftssport betreiben, lernen, sich in eine Gruppe einzufügen, aber auch, sich durchzusetzen. […] etc.

So ist es wenigstens für alle transparent, dass Mädchen in ihrem Verein nicht gewünscht sind. Denn als nichts anderes kann ich die Verweigerung ansehen, dass unsere Tochter nicht mitmachen durfte. Für Sie nochmal zum Nachlesen: „Mädchen dürfen beim Fußball bis einschließlich D-Jugend, mit Sondergenehmigung bis einschließlich C-Jugend, in Jungenmannschaften mitspielen.

Hups. Jetzt bin ich vom Thema abgekommen. Jedenfalls bin ich trotz meiner jährlichen Begeisterung für die republica ein großer Drückeberger, menschenscheu und publikumsängstlich, weswegen ich schlussendlich nie etwas gemacht habe, außer einmal spontan und unvorbereitet in das Panel „Warum Babykotze genauso relevant wie das iPhone ist“ zu hüpfen.

Mir wurde dann klar, dass ich nie irgendwas machen würde, wenn ich es alleine planen würde und um mich selbst zu zwingen, suchte ich nach einer Frau, mit der ich ein fröhliches Frauenthema angehen könnte. Und da schickte mir der Himmel das Internet Journelle. Vor Jahren hatte ich sie flüchtig auf einer Lesung kennen gelernt. Es war November und alle froren und kamen in fellgepolsterten Winterstiefeln, nur Journelle saß in silberglänzenden, OFFENEN, hochhackigen Schuhen da und lächelte entspannt. Das hat ihr bei mir eine Menge Respekt eingebracht. Ich weiß gar nicht mehr genau wie, aber wir hatten immer öfter Kontakt und besuchten uns eines Tages sogar mit Kind und Kegel und jetzt weiß ich, dass es noch viele hundert weitere Gründe gibt, Journelle toll zu finden. Allen voran ihren robusten und unerschrockenen Humor.

Jedenfalls ergab sich, dass wir dieses Jahr zusammen etwas zur re:prublica machen, das ich hiermit dringend bewerben möchte: Speednetworking

Wir stellen uns die Veranstaltung so vor, wie man das aus Filmen beim Speeddating kennt. Je zehn Frauen (und ggf. Männer) sitzen sich gegenüber. Nach einem bestimmten Schema stellt man sich seinem Gegenüber vor und rutscht dann nach drei Minuten weiter. Wir sammeln alle Daten und machen daraus Followerlisten, Google+Circle und Blogrolls und hoffen, dass daraus nachhaltig neue Verbindungen entstehen.

Leider konnte uns unsere zuständige re:publica-Ansprechpartnerin noch keine Vorstellung zu den Räumlichkeiten oder zum konkreten Ort geben. Es soll im Open Space stattfinden – was auch immer das sein mag. Ich denke, wir entdecken es am ersten re:publica Tag. Rechnet also mit Hintergrundgeräuschen, schlechter Akustik und ggf. auch nicht vermeidbaren Durchgangsverkehr – aber freut euch im Gegenzug auf interessante Gesprächspartnerinnen, neue Vernetzungsmöglichkeiten und v.a. Spaß.

Ach und es hat nicht jemand zufällig eine ca. einen Kubikmeter große unglaublich laute Uhr, auf die man oben alle drei Minuten einschlagen kann, um die nächste Runde einzuläuten, die er uns zur Verfügung stellen möchte?

 

Online Talk bei DRadio Wissen

Am Samstag zwischen 11.00 und 12.00 Uhr war ich bei DRadio Wissen beim Online Talk zum Thema Eltern im Netz.

Gestern war ich gemeinsam mit Franziska Bluhm (franziskript) und Nina Pagalies (wortwusel.net) im Online Talk bei Daniel Fiene und Herrn Pähler im Radio zu hören.

Nach dem Studium hatte ich den großen Traum ein Volontariat beim Radio zu ergattern. Das war natürlich unmöglich. Ich hab mir jedenfalls das Radio als geschäftiges Gewusel vorgestellt, eher so wie einen Bienenstock. Meine einzigen beiden Radioerfahrungen – hier und bei Radio Fritz bei trackback – haben mich eines Besseren belehrt. Während bei trackback der Moderator Marcus Richter noch anwesend war und mir sehr freundlich alles erklärt hat, war ich gestern im RIAS-Gebäude alleine. Alle anderen saßen in Köln. Ich wurde in ein Zimmer gesteckt, in dem Kopfhörer lagen und diese Mikrophone, die mich an die 20er Jahre erinnern und im anderen Zimmer schaute ein Techniker ratlos auf Knöpfe und erklärte mir rein gar nichts. Macht aber nichts, denn im Wesentlichen war es eine Telefonkonferenz und diese Art der Kommunikation ist mir bereits bekannt.

Jedenfalls hat es wieder Spaß gemacht und ich bin voller Bewunderung für all jene, die in Interviews nicht ständig äh sagen und auf spontane Fragen vollständige und vernünftige Sätze von sich geben. Kann man das einfach oder lernt man das?

Mehrere Aspekte sind mir geblieben:

1) Ich finde es schade, dass Nina Pagalies nicht viel stärker rausgestellt hat, dass gerade Lyrik für Kinder ein wunderbares Feld ist. Bzw. natürlich hat sie sich stark dafür gemacht, aber sie hätte deutlicher raus stellen können, dass Lyrik und Kinder eben keine exotische sondern eine sehr geeignete Kombination ist. Bei unseren Kindern mache ich die Erfahrung, dass sie unfassbar viele Gedichte und Lieder auswendig können – v.a. bevor sie schreiben können. Es muss ja nicht immer Goethe sein. Peter Fox ist auch Lyrik und begeistert Kinder ohne Ende. Auch wenn es seltsam ist, Vierjährige singen:

Halb Sechs, meine Augen brenn,
Tret auf n‘ Typen der zwischen toten Tauben pennt
Hysterische Bräute keifen und haben Panik,
denn an der Ecke gibt es Stress zwischen Tarek und Sam:
Tarek sagt „Halt’s Maul,
oder ich werd dir ins Gesicht schlagen!“
Sam hat die Hosen voll, aber kann auch nicht nichts sagen –
Die rote Suppe tropft auf den Asphalt

(Peter Fox, Schwarz zu Blau, Stadtaffe)

2) Auch fand ich das Thema Kinder und Netz sehr interessant. Diese Idee alles zu filtern und nur bestimmte Inhalte zugänglich zu machen, ist vielleicht ein guter Einstieg. Ab einem gewissen Alter, schützt man seine Kinder auf diese Art jedoch vor gar nichts mehr. Da geht es dann tatsächlich um Verständnis und Vertrauen schaffen. Vertrauen, dass die Kinder eben bestimmte Inhalte nicht (oder nicht zu viel konsumieren). Irgendwie finde ich es seltsam Kinder in so eine künstliche Blase zu setzen und sie nicht wirklich fit für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Netz zu machen.

Ich stelle mir immer vor, dass das wie damals mit dem Fernsehen ist. Da gab es drei Sender und feste Kindersendungensendezeiten. Ich durfte Wickie, Heidi und Captain Future sehen und fertig (OMG! Ich bin ausschließlich mit Animes groß geworden!!!) Damit haben meine Eltern meinen Fernsehkonsum inhaltlich wie zeitlich reguliert. (Als Analogie zum gefilterten Netz) Andere Kinder, bei denen ich zu Besuch war, durften entweder anderes anschauen oder aber sie taten es in Abwesenheit der Eltern einfach. Natürlich habe ich aus Neugierde und Gruppendrang auch Verbotenes gesehen (Teufelswerk Videorekorder!). Allerdings war ich wirklich zart besaitet. Mit neun habe ich Gremlins gesehen und wochenlang Nachts furchtbare Angst gehabt. Allerdings konnte ich nicht zu meinen Eltern, weil ich ihnen ja nicht sagen konnte woher meine Ängste kommen. Solche Situationen möchte ich meinen Kindern ersparen und ansonsten hoffe ich, dass sie sich vernünftig selbst regulieren. Ich habe nämlich sonst immer alleine den Fernseher aus gestellt, wenn etwas für mich Gruseliges kam. Irgendwie haben es meine Eltern geschafft mir gute Antennen zu verleihen, so dass ich einschätzen lernte, was für mich geeignet ist und was nicht.

Deswegen hoffe ich, dass wir unsere Kinder vernünftig an das Netz heran führen. Sie lernen damit für die Schule zu arbeiten und Informationen zu recherchieren, die sie interessant finden. Auch sollen sie lernen, dass Informationen gegengecheckt werden. Nicht alles, was in der Zeitung oder in der Wikipedia steht, ist richtig. Über Wikipedia und Co. hinaus lernen wir gemeinsam Seiten kennen, welche die Form von Unterhaltung bieten, die sie sich wünschen. Das Thema soziale Netze spielt aufgrund des Alters noch keine Rolle. Was den Konsum angeht, finde ich es am Anfang sinnvoll Kinder an einen Wohnzimmer-Rechner zu setzen und ihnen nicht gleich einen Computer im eigenen Zimmer zur Verfügung zu stellen und dann leider auch – sich als Erwachsener mäßigen (z.B. Handy beim Essen aus stellen).

Mich interessiert trotzdem: Wie geht ihr mit dem Thema Internet und Kinder um? Einen Eintrag dazu habe ich bei Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach gefunden.

3) Der Titel der Sendung lautete „Mama-Blogs und Papi-Foren“. Irgendwann kam die Frage nach den Männern bzw. Vätern. Es gäbe ja so viele Mama-Blogs und so wenig Papa-Blogs. Habt ihr auch den Eindruck? Ich nicht. Mir fallen spontan ein:

Herzdamengeschichten
How To Be A Dad
Made by Joel
Die Olsenban.de
Grindblog mit zugehörigem Twitteraccount

Wobei natürlich einige der Links keine Papa-Blogs in dem Sinne sind, dass sie sich nur mit dem Vatersein und dem Kinderhaben beschäftigen. Aber dann hätten sie mich nicht einladen dürfen. Ich empfinde mich überhaupt nicht als Mama-Blog. Ich schreibe über alles was mich interessiert und da meine Kinder im Moment einen großen Teil meines Lebens einnehmen und auch dankbare Geschichtenprodzenten sind, ist hier im Moment viel über Kinder zu lesen. Die meist gelesenen Artikel im letzten Jahr waren aber:

FDP Wahlplakate
Internetabhängig. Ich so – aus Gründen
Über die Psychologie von Katzenpostings
Gastarbeiter und Döner-Morde

Das erste Mal: Symposium mit W-LAN

Das Symposium „Wissen und Macht“, W-LAN und was sie schon immer über das Internet wissen wollten.

Für Euch Digital Natives ist das kalter Kaffee: Eine Veranstaltung besuchen, Vorträgen lauschen und gleichzeitig Internet zur Verfügung haben. Für mich war das am 10. und 11.11.2011 während des Symposiums „Wissen und Macht“ eine völlig neue Erfahrung. Und was soll ich sagen: Wie konnte ich vorher ohne leben?

Zum einen fand ich es wirklich interessant den Twitter-Stream mitzuverfolgen (#wissen2011) und so auch ein Bild davon zu bekommen, wie andere Symposiums-Besucher die Vorträge und Redner empfanden. Zum anderen konnte ich natürlich jede erwähnte Website oder Quelle aufrufen, parallel anschauen oder zumindest bookmarken.

Das zweitägige Symposium „Wissen und Macht“ war durchgängig hochkarätig besetzt. Es wurden drei Themenblöcke behandelt: „Das Internet als Bildungsinstrument“, „Das Internet als politisches Instrument“ und „Das Internet als Wirtschaftsinstrument“. Leider konnte ich nur an den Vormittagsveranstaltungen teil nehmen, weswegen für mich „Das Internet als politisches Instrument“ ausfallen musste.

Das Sympoisum fand im Lokschuppen II des Technikmuseums statt. Ein wunderbarer Ort. In meiner ersten Elternzeit war ich mit meiner Museumsjahreskarte öfter im Deutschen Technikmuseum. Gerade die riesigen Loks, die kilometerlange Wagonreihen durch die USA ziehen bzw. zogen, übten auf mich eine besondere Faszination aus. Just zwischen ihnen zu sitzen, klugen Vorträgen zu folgen und hervorragenden Kaffee zu trinken, war mir eine große Freude.

Wenn man beruflich wie privat viel Zeit im Internet verbringt, hat man sich schon den ein oder anderen Gedanken zu den angesprochenen Themen gemacht. Mir gefällt es umso bessser, bestimmte Schwerpunkte von Menschen vorgetragen zu bekommen, die in einem Teilgebiet Experten sind. Dabei hatte ich bezogen auf die Vortragenden bereits gewisse Erwartungen, die sich zum größten Teil erfüllten. Von anderen Rednern hatte ich persönlich noch nie etwas gehört, noch interessierte mich das Thema laut Programm besonders – jedoch wurde ich sehr positiv überrascht. So z.B. von Frau Prof. Debora Weber-Wulff, die zum Thema „University 2.0“ sprach. Ebenso mitgerissen hat mich der Vortrag von Frank Schomburg von nextpractice GmbH, der in einem atemberaubenden Tempo vortrug. Andere Themen, die aufregend klangen, waren leider ein bisschen langatmig.

Bis zum Abschlussvortrag von Prof. Gunter Dueck blieb der Tenor dem Internet gegenüber einheitlich kritisch. Man kann was draus machen, aber Vorsicht ist geboten und eigentlich müssen sich die echten Digital Natives – also die, die in den 80ern und 90ern geboren sind – der Sache (endlich) annehmen.

Umso mehr freute ich mich über die zum Teil provokanten Worte von Dueck, der ein bißchen ausschweifender als zur re:publica XI von den Chancen des Internets berichtete und die Veränderungen unserer Gesellschaft schilderte, die uns in den nächsten Jahren erwarten. Im Gegensatz zur re:publica XI gab es jedoch einiges Stirnrunzeln und Kopfgeschüttele im Publikum. Prof. Skiera meinte sogar ein Professoren- und Lehrer-Bashing aus den Worten Duecks zu hören (was ich nicht nachvollziehen kann).

Dueck forderte die Anwesenden auf: „Einfach mal gucken und mitmachen!“ Er ermutigte ein wenig naiv und optimistisch an die Materie Internet ranzugehen. Man könne nicht erwarten, dass das Internet ein Raum sei, indem es nur Gutes gäbe und sich nur Menschen mit edlen Motiven aufhielten. Das sei im „wahren Leben“ auch nicht so. Wenn man es genau betrachte, sei beispielsweise „bei Schlecker die Sünde zuhause“ da dort im Schnitt 4% des Umsatzes durch Ladendiebstahl verloren ging. Jetzt sei Google mit seiner Datengier der Feind und vor wenigen Jahren Mircrosoft. Ich musste natürlich spontan an die aktuelle Diskussion zum Thema Internetsucht und 30 000 Jahre Fehlentwicklung denken.

Damit spannte er den Bogen zu den Worten seiner Vorredner, die mit Zahlenmaterial belegten, dass Google im Bereich der Suchmaschinen In Deutschland gut 98% Marktanteile besitzt und somit auch gut 50% aller Werbeeinnahmen im Bereich Online-Werbung ingesamt abschöpft.

Vielleicht bin ich naiv, aber für mich ist ohnehin unklar wieso die Menschen sich meistens beschweren, dass private Daten weiterverkauft und genutzt werden. Dieser Anspruch alles kostenlos zu bekommen, ist mir nicht ganz klar. Wer nicht in Euro zahlt, zahlt eben in Daten. Wären die Menschen aufrichtig daran interessiert bestimmte Leistungen zu bezahlen, wären Mircopaysysteme wie flattr weitaus verbreiteter und erfolgreicher.

Das Symposium „Wissen und Macht“ war insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung, die mir schon wieder große Lust auf die re:publica XII macht, wo ich einige der Redner sehr gerne wieder treffen würde.

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Alle Vorträge wurden per Live-Stream übertragen und sind in naher Zukunft als Videos verfügbar.