Generationswechsel

Schon viele Jahre ist es schwer für mich wählen zu gehen. Natürlich halte ich das Wählen an sich ich für eine sinnvolle Sache. Ich frage mich nur Wahl für Wahl, wen ich eigentlich wählen soll. Ich lese Wahlprogramme und entscheide mich nach dem Ausschlussprinzip, am Ende wähle ich das kleinste Übel. Nie aber aus voller Überzeugung dieses mal die richtige Partei gewählt zu haben, die meine Anliegen umsetzt. Ich weiß, dass eine Wahlentscheidung immer ein Kompromiss ist, allerdings gibt es tatsächlich keine Partei, die in den mir wichtigen Kernthemen wie z.B. Familienpolitik, Umweltpolitik und Netzpolitik einen einheitlichen Ansatz fährt und dann sind da noch Einzelpersonen in den Parteien, die durch untragbares Verhalten auffallen.

Alles in allem bewegt sich ohnehin so wenig (oder es bewegt sich so langsam, dass ich die Bewegung nicht sehe, wenn ich stichprobenartig drauf schaue), dass ich stark gegen Resignation ankämpfe. Eine zeitlang habe ich mich gefragt, ob sich auf dem dafür vorgesehenen Weg überhaupt etwas ändert oder ändern kann und ich hatte zunehmend das Gefühl, dass wirklich nur ein großer Knall (wie auch immer der aussehen würde) das träge System bewegen – überhaupt bewegen – könnte.

Das ist der Grund warum ich mit großer Freude auf die #fridaysforfuture Demos der Schülerinnen und Schüler schaue und mich auch freue, dass die meisten Jugendlichen, die ich kenne, gleich signalisiert haben: Liebe Eltern, bleibt zuhause, eine Runde durchs Regierungsviertel schaffen wir auch ohne euch.

Man muss sich das vorstellen: Gestern gab es weltweit – WELTWEIT! – Demonstrationen. Ich hoffe, es werden mehr. Ich hoffe, es werden regelmäßige Proteste und ich hoffe, sie sind bald nicht mehr mit fadenscheinigen Derailing-Diskussionen über die Schulpflicht wegzureden. Ich hoffe, die Kinder schauen in 20 Jahren auf ihre Zeugnisse und blicken mit Stolz auf ihre unentschuldigten Fehlstunden und ich hoffe, dass Arbeitgeber das auch tun werden und sich fragen: „Ein Zeugnis von 2019? Warum sind da keine unentschuldigten Fehlstunden?“

Und ich bin so froh, dass jetzt schon durch die Äußerungen einzelner Plakatmodels Politiker (und auch Politikerinnen) klar wird, wie lächerlich und unglaubwürdig Politik in der Vergangenheit war und derzeit ist:

Was haben die Profis bislang erreicht? Was haben sie getan? Welches unausschlagbare Erbe übergeben sie? September 2021 werden die „Profis“ es erfahren – denn dann sind viele der Schülerinnen und Schüler, die heute auf die Straße gehen, wahlberechtigt. Ich hoffe, ich sitze dann vor meinem Rechner und sehe wie bestimmte Profi-Parteien unter die 5%-Hürde fallen und ab da nur noch in den Geschichtsbüchern zu finden sind.

Aber ich werde emotional. Das ist ja v.a. von Frauen nicht gewünscht.

Tatsächlich aber glaube ich an den Generationswechsel (und schäme mich gleichzeitig ein wenig für dieses hoffnungsvolle Gefühl, denn es schwingt ja auch das Wissen mit, dass meine eigene Generation total verkackt hat und wir die Verantwortung jetzt wohlwollend auf die Nachfolgegeneration abwälzen) und ich glaube das erste Mal seit langem, dass sich politisch etwas ändern kann und zwar ohne den ominösen großen Knall. Ganz friedlich, einfach per Stabübergabe. Auf der einen Seite die Jungen und auf der anderen Seite die Alten, die den Stab noch ein bisschen mehr festhalten als es für eine Übergabe nötig wäre, im Kopf denkend: „Jaja, ihr werdet schon sehen, dass es eben nicht so einfach geht…“

Als Mutter kann ich da nur sagen: Ja, auf die Art und Weise wie wir es probiert haben, geht es nur um Schneckentempo und alles ist wahnsinnig kompliziert, aber es ist ein Trugschluss zu glauben, dass Kinder und Jugendliche genau auf diese Art Themen weitertreiben wollen. Sie werden es anders tun, wenn wir nicht im Weg stehen und sie werden es auf eine Art tun, auf die wir nie gekommen wären, weil unsere Lebenserfahrung uns zögerlich und ängstlich hat werden lassen. Aber das einzig richtige ist: Augen zu und darauf vertrauen, dass es gut wird und dann eben Platz machen.

Hui. Dass ich so pathetisch schreiben kann!

Aber im Ernst. Generationswechsel ist so. Ich beobachte ihn gerade in vielen Themen. In der Erziehung z.B. Jahrzehntelang hat man da gedacht, Gehorsam, Respekt, Zielstrebigkeit und ein Übergehen der eigenen Bedürfnisse und Gefühle sei der richtige Weg und plötzlich stellt man fest, es geht auch anders. Schaue ich da auf die Generation vor mir, begegnen mir zwei Haltungen. Die erste, ist die derer, die daran festhalten, dass sie alles richtig gemacht haben. Von denen höre ich: „Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt. Verwöhnte Gören werdet ihr bekommen, die euch auf dem Kopf herumtanzen werden!“ und von der zweiten höre ich: „Es ist gut, dass ihr Dinge anders macht, wir haben es früher nicht besser gewusst. Wir haben auf die Kinderärzte gehört, die gesagt haben, man soll die Kinder schreien lassen. Wir haben von den Eltern gelernt, dass ein Klaps auf den Po nicht schadet.“

Mir wurde irgendwann klar, warum es so schwer ist zu der zweiten Art Elterngeneration zu gehören. Denn ich unterstelle, dass alle Eltern das getan haben, was sie für das richtige und beste hielten. Dann aber das eigene Tun kritisch zu hinterfragen und sich mit den eigenen Kindern zu vergleichen, die jetzt auch Eltern sind, das kann weh tun. Es kann sein, dass man erkennen muss, dass Kinder schreien zu lassen, Kinder zu verhauen, ihnen Respekt aufzuzwingen, nicht das ist, was tatsächlich das richtige ist. Das muss man einsehen und in sein Selbstbild integrieren.

Viel einfacher ist es da, zu sagen: „Was die jetzt machen, ist Quatsch. Ich habs richtig gemacht, die werden schon sehen. Mir hats auch nicht geschadet!“

Und noch eine Ebene dahinter, ist der tiefe Schmerz, dass man selbst nicht so aufwachsen durfte und bestimmte Privilegien nicht hatte – und das macht vielleicht zusätzlich hart und stabilisiert diese Verdrängungsreaktion, wie man sich auch in der Politik gerade sieht.

Auch in der Arbeitswelt sehe ich einen Generationswechsel. Noch steckt der Großteil  in verkrusteten Strukturen. Präsenzkultur (siehe Ansichten zum Homeoffice) und der nicht totzukriegende Glaube, dass nur Anwesenheit und Überstunden zur Karriere qualifizieren, dass nur Männer Führungsqualitäten haben und Frauen nur dann, wenn sie auf die Familie verzichten, ist noch sehr lebendig und das trotz aller HR-Programme, Absichtserklärungen und Diversity-Abteilungen. Im Gespräch hörte ich z.B. neulich, dass die neue Generation an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Wert auf Privatleben und Vereinbarkeit lägen. Das sei bekannt. Freizeit- und Familienbelange würden eingefordert werden. Mir wurde das gesagt, als sei das was schlechtes, ein überzogener Anspruch, etwas, das man jetzt hinnehmen müsse, das aber eigentlich absurd und falsch wäre. Die Worte gingen mir lange durch den Kopf und ich habe erst später verstanden, dass es eben nicht leicht ist, wenn man bereits 30 Jahre seines Lebens an ein Unternehmen gegeben hat, 10 und mehr Stunden am Tag gearbeitet hat, Wohnortwechsel auf sich genommen hat, große Kinder hat, die man beim Aufwachsen nur punktuell begleiten konnte, wenn man das alles schon gegeben hat, die neue Generation anzuschauen, die sagt: „Das will ich nicht!“ und dann zu sagen: „OK, dann schauen wir mal, wie wir es anders regeln.“

Und so stehe ich in der Mitte meines Lebens: als Autofahrerin, als jemand, der gerne gerne weit reist, um Strände und Sonne im Urlaub zu haben, als jemand, der in Kleidungsläden kauft, bei denen man ahnt, dass die Artikel nicht unter den besten Bedingungen hergestellt werden, als jemand, der gerne Burger und Steak isst, als jemand, der schon hunderte von To-Go-Bechern geordert hat und muss mir sagen: Ganz großer Mist, meine Liebe. Dein Verhalten muss sich ändern und Du musst unbequem werden, darfst nicht nur versuchen durch individuelles Verhalten Fehler im System auszubügeln. Also tue ich, was ich kann und dazu gehört auch den durchgefrorenen Kindern einen Kakao zu kochen, wenn sie von der Demo kommen, ihnen ein Bad einzulassen und mir anzuhören, wie sehr es ihnen gut tut als Gruppe, als Gemeinschaft, als neue Generation auf die Straße zu gehen und die Anzugträger zu ärgern, die sich fragen, warum sie denn nicht samstags demonstrieren gehen.

 


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258 Gedanken zu „Generationswechsel“

  1. Tanja Jung sagt:

    Volle Zustimmung auch von mir. Ich habe wenn ich ganz ehrlich das Wählen vernachlässigt. Dein Artikel hat mich allerdings motiviert wählen zu gehen. Vielen Dank!

  2. Gerd sagt:

    Politisch engagierte Jugend: wunderbar, auch ein wenig überraschend, nicht?
    Aber eine hier ziemlich oben stehende Frage interessiert mich auch schon lange: Wieso Freitag? Was ist so tapfer am Schuleschwänzen?
    Hm: Haben die Jugendlichen am Wochenende keine Zeit, weil Pappi sie im SUV zur Datsche fährt, mit dem schicken Heizpilz auf der Terrasse…

    1. Aginor sagt:

      Patricia hat die Frage am Ende des Artikels bereits beantwortet.
      Es geht um die Aufmerksamkeit.

      Es macht einen gewaltigen Unterschied ob man Samstags demonstriert (wo es außer Touristen und ein paar Leuten auf Shoppingtour niemand mitbekommt), oder ob man zu einem Zeitpunkt demonstriert, an dem in all den Büros und Geschäften gearbeitet wird.
      Dazu kommt der Aspekt des Schuleschwänzens. Das demonstrieren ist eben keine Freizeitveranstaltung, sondern es werden Konsequenzen in Kauf genommen.
      Mit so etwas zeigen die Schüler, dass sie es Ernst meinen. Nur dadurch schafft man es in die Presse. Damals in den 90ern haben wir brav Samstags für das Klima demonstriert. Man sieht ja was das gebracht hat.

      Zum Vergleich: Man stelle sich vor, eine Gewerkschaft ruft dazu auf, den Sonntag zu bestreiken und stattdessen zu demonstrieren.
      Wie groß ist die Wirkung davon im Vergleich dazu, den Montag zu bestreiken?

      Sind alle diese Schüler begeisterte Aktivisten? Nein, vermutlich nicht. Möglicherweise nicht einmal die Mehrheit.
      Aber deswegen allen zu unterstellen sie seien es nicht, oder gar deswegen die Ziele in Frage zu stellen, entbehrt jeder Grundlage.

      Gruß
      Aginor

  3. Doreen sagt:

    Toller Text, allerdings bin ich nicht mehr so hoffnungsvoll. Wenn die heutige Generation der Schüler alt genug ist in die Politik einzutreten, wird sie ebenso desillusioniert sein wie die Generationen vor ihr. Anfang 20 hat Mann noch die Hoffnung etwas zu ändern und dann während und nach dem Studium wird man mit der Realität konfrontiert und die Wahrscheinlichkeit zu resignieren ist hoch. Es gibt schon einen Grund, warum viele der Anfang/Mitte 30jährigen sich ins private zurück ziehen. Besonder Politik auf kleiner Ebene (Hochschul-, Regional-Ebene) zeigt einen deutlich, was auf einen zukommt und da muss man unglaublich viel Kraft haben. :-(

  4. Aginor sagt:

    Ich bin in einer ähnlichen Situation.
    Je tiefer ich in ein Thema eintauche desto öfter treffe ich auf die Politik, die das ganze letzten Endes zum Stillstand bringt. Geführt von alten Frauen und Männern, denen das ganze parteiübergreifend größtenteils an einem rückwärts gewandten Körperende vorbeigeht.
    Es fällt schwer, da irgendwem die Stimme zu geben, daher laviert man sich so per Ähnlichkeitsbetrachtung durch und wählt eben diejenigen die noch die größte Abdeckung mit der eigenen Meinung haben.

    Was die Schüler angeht:
    Natürlich gibt es unter denen auch die „virtue-signalling“- und „Egal, Hauptsache Schulfrei“- Leute, denen das Klima genauso egal ist wie den alten Männern und Frauen in der Politik. Ich weiss nichtmal ob der Anteil von ehrlich meinenden Klimaaktivisten höher ist als der der „Mitläufer“, und auch nicht welche Organisationen ebendiese Bewegung unterwandern oder schon unterwandert haben.
    Es ist mir auch egal. Wir sind in der Phase, in der die Regierungen und die Bevölkerung wach werden müssen. Und allein dafür schon lobe ich das Engagement dieser Schüler.

    Wir können das 1,5° Ziel nicht mehr erreichen. Die Faktenlage war bereits in den 90er Jahren gut genug um zu wissen was getan werden muss, und da hätte man reagieren müssen um das zu schaffen. Das haben die Generationen meiner Eltern und Großeltern verkackt.
    Aber wir können die noch schlimmeren Folgen immer noch abwenden. Die Generation meiner Eltern ist immer noch am Drücker, und meine ist auch aktiv. Jetzt.
    Ich hoffe dass die „Bedrohung“ dass alle diese Schüler bald Wähler sein werden, genug sein wird um die Politik ein klein wenig von der Brust der Lobbyisten wegzureißen, und dem zuzuwenden was nunmehr seit Jahrzehnten eigentlich die dringendere Aufgabe wäre. Oder genügend Einfluss auf die Lobbyisten aufzubauen, dass die Wirtschaft (die die treibende Kraft hinter der Politik ist, ich habe da keinerlei Illusionen) den nötigen Druck aufbaut, weil sie ihre klimaschonenderen Produkte fördern will oder muss (wegen dem Gewinn, nicht dem Klima. Aber ist mir wurst wenn das Ergebnis stimmt).

    Und ja wir tun nicht alles was wir tun müssten. Aber wenn wir wenigstens einen Teil davon tun, dann ist das für die nächste Generation hilfreich. Und dazu gehört eben auch, nicht den Spritfresser 1000 zu fahren, nicht jeden Tag Fleisch zu essen, und Duschgel mit Mikroplastik abzulehnen, auch wenn es billiger ist. Zu informieren anstatt eine Fake-News-Flut das übernehmen zu lassen. Oft sind es kleine Dinge.

    Was die gesellschaftliche Änderung angeht, so sehe ich allerdings eine Gefahr, und das sage ich jetzt ganz platt: Ich sehe dass der Einfluss von Erzkonservativen (große Teile der AfD z.B., aber auch genügend in CSU/CDU) und von Religion gesteuerten Menschen (oft Muslime, aber auch bei den Christen gibt es ekelhaft rückständige Denker) immer noch groß ist, vielleicht sogar wächst. Die wollen uns und der Folgegeneration ihre verblendeten Ideen aufdrücken, und unter ihnen finden sich Massen an Menschen die wahlweise glauben/verbreiten es gäbe keinen Klimawandel, man könne nichts machen weil Gott/die Chinesen/die (gerne jüdische/islamische) Weltverschwörung/die Amerikaner etc. das so wollen, Gott würde uns schon da rausholen (echt schon gehört. Zum ausrasten), es wäre „eh schon zu spät“, oder irgendeinen anderen absurden Mist, der eine Ausrede für Untätigkeit liefert.

    Ich denke dass eine unserer Aufgaben sein muss: Verhindern, dass diese Kräfte die ganzen Fortschritte der nächsten Generation schon im Keim ersticken. Denn manche tun das aktiv. Und da sind wir gefragt.
    Also ja, die Übergabe des Stabes ist wichtig, aber auch dass wir auf dem letzen Teil unserer Runde, also vor der Stabübergabe, noch einen ordentlichen Sprint hinlegen.

    Danke für den Artikel. :)

    Gruß
    Aginor

  5. Lena Lehmann sagt:

    Liebe Patricia, dieser Text spricht mir vollständig aus der Seele! Danke!

  6. phoenix sagt:

    super text.

    nur ein part ist mir aufgestoßen:

    seit wann sind vor allen dingen frauen davon betroffen, nicht emotional sein zu dürfen? sorry, aber das ist eine glatte lüge, bzw. hast du da etwas falsch formuliert, wie ich hoffe. du scheinst zu meinen: frauen werden von der gesellschaft als emotional DARGESTELLT.

    sorry, aber männer dürfen in unserer gesellschaft keine gefühle zeigen, sonst werden wir gesellschaftlich, beruflich und sozial ausgegrenzt. frauen bekommen viel mehr rückhalt, verständnis und schutz für sensible momente, als männer.

    also: frauen werden oft auf emotionalität reduziert. sie dürfen aber in der regel emotional und sensibel sein, weil: stereotypes! das ist kakke. noch beschissener ist es allerdings, wenn männer hingegen überhaupt keine sensiblen charakterzüge zeigen dürfen. denn dafür werden sie von männern wie frauen gleichermaßen diskriminiert (obwohl ich persönlich aus erfahrung sagen kann, dass frauen da weitaus öfter und offener einem beleidigend ins gesicht sagen, dass man kein richtiger mann sei und.. naja.. MEHR mann sein soll und nicht rumheulen sollte, als männer)

    sonst find ich diesen text und deinen blog echt super, bin ein langer, begeisterter leser, bitte weiter so:)

  7. Siegfried sagt:

    Nachtrag.
    So kann man das natürlich auch formulieren: https://www.der-postillon.com/2019/03/fridays-for-future.html

  8. Siegfried sagt:

    Diese Jugendlichen und Kinder nötigen mir in der Tat Respekt ab. Viel zu lange haben wir Erwachsene geglaubt, die neue Generation wäre eine reine Spaßgeneration, ohne Ziel, ohne Verantwortung. Diese Generation beweist uns gerade das Gegenteil.
    Bedauerlicherweise bin ich mir ziemlich sicher, dass diese Proteste viel zu spät kommen. Der Klimawandel ist nicht mehr abzuwenden. Der Klimawandel wurde zunächst durch die Menschen vorangetrieben, durch das Hinzufügen großer Mengen CO2 in die Atmosphäre. Zu dieser Zeit war der Klimawandel kaum zu bemerken, und er wäre umkehrbar gewesen. Aber es gibt Änderungen an unserer Erde, die durch diesen Klimawandel ausgelöst wurden, die zu einem immer stärkeren Klimawandel führen. Das Klimasystem ist vor etwa 10 bis 15 Jahren gekippt. Zu diesen Änderungen gehört z.B. das Abschmelzen des Eises an den Polen. Das Eis hat bislang große Mengen der Eingestrahlten Sonnenenergie wieder ins All reflektiert. Dieser Effekt fällt zunehmend weg. Das heisst, die Erde erwärmt sich immer schneller. Dadurch ist ein weiterer Effekt in Gang gesetzt worden: Das Schmelzen der Methanhydrat Ablagerungen am Grund der Ozeane. dadurch wird immer mehr Methan frei. Die Wirkung von Methan auf das Klima ist um Größenordnungen höher als die von CO2. Erschwerend kommt hinzu, dass das CO2 etwa 20 Jahre braucht, bis es in den oberen Schichten der Atmosphäre ankommt, und dort als Wärmeabsorber wirkt. Die heutigen Klimakapriolen haben wir also nicht dem aktuellen CO2-Ausstoß zu verdanken, sondern dem vor 20 Jahren. Das, was in den letzten 20 Jahren an CO2 ausgestoßen wurde, das wird sich erst noch auswirken. Auch, wenn wir sofort Alles abschalten würden. Dazu kommt, dass, wenn wir Alles sofort abschalten würden, die Feinstaub-Emissionen ebenfalls zurückgehen würden. Diese sorgen bislang durch eine Art Verschattung dafür, dass die Sonne nicht ihre volle Leistung auf der Erde einstrahlen kann. Fällt dieser Staub weg, wird es gleich noch viel wärmer.

    Ordentlich aufbereitet kann man das hier nachlesen: https://www.vice.com/de/article/vbwpdb/jem-bendell-deep-adaption-was-ist-dran-am-klimawandel-aufsatz-der-seine-leser-nachhaltig-verstort

    Und die Politiker? Sagen „habt Ihr fein gemacht“, und verschärfen weiterhin den Klimawandel, zum Teil direkt aktiv: https://www.spektrum.de/news/oel-im-paradies/1628390

    Ich kann den Kindern nur Eines empfehlen: Hört auf mit den Protesten, lernt jetzt und heute, ohne Technik zu überleben, seht zu, wie Ihr Trinkwasser bekommt ohne den Wasserhahn. seht zu, wie Ihr Nahrung gewinnt aus einer verdorrten Erde. Seht zu, wie Ihr Euch gegen marodierende Erwachsene zur Wehr setzt, die am Verhungern und verdursten sind und notfalls, bevor sie sterben, eher Euch fressen werden. Bereitet Euch auf die Katastrophe vor, so gut Ihr könnt. Vielleicht werden dann einige von Euch überleben. Vergesst die Politiker. Die nehmen Euch entweder nicht ernst, oder versuchen, Euch zu betrügen (https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/das-klimaquiz-der-afd-die-aufloesung/). Es ist nicht nur die aktuelle Generation, es sind auch die vielen Generationen vorher, alle haben sie die Zukunft dieses Planeten versiebt. Es ist müßig, jetzt die Schuldigen zu bestrafen, sie werden ohnehin an der von ihnen verursachten Katastrophe sterben. Vielleicht könnt Ihr ja noch einen kleinen Rest retten. Ich wünsche Euch jeden denkbaren Erfolg dabei.

  9. Björn sagt:

    Das stimmt und ich freue mich ebenfalls sehr, dass die Jungen jetzt die Initiative ergriffen haben. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.
    Mir ist allerdings wichtig, zu unterstreichen, dass es mit „Platz machen“ und „in die zweite Reihe treten“ nicht getan ist. Wir können und müssen genauso laut werden. Wir sind eine Generation, die Gewicht hat (wirtschaftlich z.B.) und wir sind verdammt viele. Die Jungen zu unterstützen und ihnen ein heißes Bad einzulassen, wird nicht reichen.
    Wir müssen unser Verhalten im Alltag ändern. Angefangen damit, unser Geld bei einer ethischen Bank anzulegen über Konsumverhalten ändern bis hin dazu, bei der nächsten Wahl die zu wählen, die den Umweltschutz lokal, national und weltweit ernst nehmen.
    Wie Greta Thumberg sagt: „Die Spielregeln müssen sich ändern“. Das heißt: So lange wir noch mitspielen, müssen WIR uns ändern.

    1. dasnuf sagt:

      Was ich ungefähr in dieser Passage aussagen wollte: „Ganz großer Mist, meine Liebe. Dein Verhalten muss sich ändern und Du musst unbequem werden, darfst nicht nur versuchen durch individuelles Verhalten Fehler im System auszubügeln. Also tue ich, was ich kann…“
      Wir sind da einer Meinung.

  10. ******************KOMMENTAROMAT**********************
    Genau!
    *****************/KOMMENTAROMAT**********************

  11. Danke Dir, auch ich bin seitdem ich Nachwuchs hab, nein, eigentlich seitdem ich engeren Kontakt mit dem Nachwuchs „unserer Generation“(tm) hab, viel positiver gestimmt und sehe wieviel sich bessern kann und wird (auch wenn der Naturwissenschaftler in mir ahnt: zu langsam. Mit zu viel Kollateralschaden). Die rocken schon den Laden und werden fantastische andere Fehler machen als wir ?.

    Wo ich mich nicht anschliessen mag ist bei diesem Gegensatzspielchen, dass auch bei deinem Text durchklingt. (Vorsicht, Unterstellung mit Bitte um Korrektur, falls ich es falsch wahrnehme).

    Denn es ist simpel nicht wahr, dass
    „Gehorsam, Respekt, Zielstrebigkeit und ein Übergehen der eigenen Bedürfnisse und Gefühle“ per se falsch und ‚Leben in Achtsamkeit und Rücksicht auf Gefühle und Bedürfnisse um die Quadratur des Kreises zwischen all den Anforderungen zu schaffen‘ per se richtig ist.

    Es waere schön, wenn das so einfach wäre.

    Und ich glaube, dass du das aus deiner realen Lebenserfahrung auch weisst. Beim kotzenden Kund nachts um 3 ist nunmal Achtsamkeit und Selfcare nicht das Thema, bestimmte Leistungen sind praktisch ohne zurückstellen der eigenen Grenzen nicht schaffbar und Respekt sollte mensch um Sinne der Gleichwuerdigkeit wohl jede*/m* zollen. Und manche Situation ist ohne fast blinden Gehorsam tödlich und nicht zu schaffen, beim Thema ‚Stoppen an der Strasse‘ gilt fuer meinen 2,5 jährigen nunmal keine Freiheit und nicht umsonst sind alle überlebensbetrauten Organisationen ab einer gewissen Groesse hierarchisch aufgebaut.

    Zudem: unzählige Veränderungen und Widerstände sind nur durch diese Form der… Selbstverleugnung, will ich es mal nennen, schaffbar.
    Es sind durchaus Werte, nur geht es darum im Sinne der Achtsamkeit besser zu lernen, wann sie notwendig sind und wann nicht.

    In diesem Sinn sind viele sog. traditionellen Werte und Handlungen nicht falsch, nicht toxisch per se, sondern fehlende Reflektion, wann und wie sie situativangemessen sind, wann Wiederstand wichtiger ist als gesetzestreue, wann Achtsamkeit wichtiger als Aufopferung. Um mal ein Stück Trivialliteratur zu zitieren „Es ist nicht schwer für die Ehre und im Namen der Göttin zu sterben. Es ist schwer dafür den richtigen Zeitpunkt zu erkennen und zu wählen“.

    Oder um meine Mama zu zitieren: „Die Zeit der unbewussten Entscheidungen ist einfach vorbei“.

    (In diesem Sinne mag ich Dir fuer deinen Blog nochmal ernsthaft Danke sagen, weil er genau das mehr ermoeglicht und so wunderbar gegen die Trumpisierung der Welt angeht.)

    1. dasnuf sagt:

      Danke für Deinen Kommentar. Du hast natürlich recht.

      1. Magnus aka MJKW sagt:

        * kicher * das hat mir schon lang niemand mehr gesagt, Danke.

        Und Entschuldigung fuer die vielen Schreibfehler. Ging zu fix via Handy.

  12. Thomas sagt:

    Danke Patricia! So wahr, so treffend, so motivierend.

  13. SoSo sagt:

    Da gehts nicht um gänzliches Abtreten, mehr darum Platz zu machen. In die zweite Reihe treten. Rücken stärken. Ohne zweite Reihe gehts nicht.

  14. Kebi sagt:

    Volle Zustimmung, Frau Nuf, nur das wählen gehen, um den braunen Backpflaumen ein Gegengewicht zu geben, das ist unser aller Ding, das schaffen die Kids nicht alleine.
    Wenn wir schon das mit der Umwelt nicht ohne Stütze der Kiddies hinbekommen, sollten wir wenigstens Haltung zeigen. ( und Müll vermeiden. und ausm SUV aussteigen. und Plastik einsparen. und…tobecontinued…)

    1. dasnuf sagt:

      Ich hoffe, mein Text sagt deutlich, dass ich wählen gehe. Immer. Egal wie frustriert ich bin.

  15. antagonistin sagt:

    Danke. So sehr danke für Deine Worte und Gedanken. <3

  16. Dagmar T. sagt:

    dein Artikel ist sehr gut. und mit der Veränderung unserer eigenen Ansichten, stehen wir, die alten, nun stärkend zur Seite

  17. Siri sagt:

    ******************KOMMENTAROMAT**********************
    Gerne gelesen
    *****************/KOMMENTAROMAT**********************

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