Irgendwann muss man ja damit anfangen. Millionen Euro für die Erstlingsausstattung rauswerfen. Für Geizkragen wie mich pure Folter. Die Dinger wachsen doch eins, zwei, drei wieder aus dem Zeug raus. Ich war schon immer dafür Kinderschuhe aus alten Autoreifen zu machen, die man einfach mit Wurstgarn um die kleinen Füßchen bindet. Irgendwie ist das doch fast das selbe wie diese Biostricksöckchen, die irgendeine Emanze mit den Haaren auf ihren Zähnen mit Naturkautschuk bestreicht. Einzig und allein im Preis würden sich diese Dinger unterscheiden.
Genauso steht es doch um die Babyzimmermöbel. Dem kleinen Wesen ist es doch herzlich egal wie die Möbel aussehen bzw. ob es überhaupt Möbel hat. Am liebsten klebt es doch weiterhin wie ein kleines Äffchen am mütterlichen Bauch und mustert interessiert seine Umwelt.
Die Krönung der Anschaffungsliste stellt der Kinderwagen dar. Da gibt es im Wesentlichen zwei Alternativen. Entweder man absolviert schnell einen Aufbaustudiengang „Kinderwagen – Vehikel der Mobilität, Transportmittel an dem sich die Geister scheiden“ oder aber, wenn man in Berlin lebt, aus einem Doppelverdienerhaushalt im Prenzlauer Berg kommt, macht man es sich leicht und kauft sich für schlappe 1.000 € einen Bugaboo Chameleon.
Vorteil bei letzterem: sehr hoher Wiederverkaufswert bei ebay. Nachteil dem organisierten Verbrechern der Kinderwagenmafia ist dieser Wert durchaus bewusst. Wer also kein Einfamilienhaus hat, wo er den Wagen sicher unterstellen kann, der darf damit rechnen, ihn einmal im Jahr geklaut zu bekommen.
Alles in allem also eine wenig verlockende Aussicht. Demzufolge immatrikuliert man sich kurz nach Bekanntwerden der Schwangerschaft in den oben genannten Studiengang. Nachdem man dann sechs Monate Informationen zusammengetragen hat und Diskussionsrunden über Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten beigewohnt hat, entscheidet man sich dann für irgendein Modell, bei dem dann aber nach kurzem Einsatz schon auffällt was man hätte besser machen können.
Es zeigt sich hier zum wiederholten Male, dass sich Vielfalt nicht auszahlt. Ich will einen Kinderwagenmonopolisten. Da kaufe ich dann ein Modell und lebe mit den Nachteilen. Fertig. Die Recherche und die ganze vergeudete Zeit dazwischen spare ich mir einfach.
Alternativ fordere ich einen staatlich entwickelten Fragebogen, der mir nach dem Ausfüllen ein bestimmtes – perfektes – Modell empfiehlt.
Im Muliple-Choice-Verfahren nähert man sich so seiner Auswahl.
– Ich habe ein Auto ja/nein
– Ich wohne in einer Gegend mit Kopfsteinpflaster ja/nein
– Ich verfüge über einen abschließbaren Ort, an dem ich den Kinderwagen abstellen kann ja/nein
– Mein Kind wird vorraussichtlich so groß wie xxx (Dinobaby aus Serie) ja/nein
– Ich will mit Wagen und Kind sportlich aktiv sein ja/nein
– Etc.
Leider bekommt man nach dieser Einsicht ein Kind und hat dann keine Zeit mehr für so einen Schnickschnack. Viel schlimmer noch, der Nestbauinstinkt setzt kurz vor der Geburt ein und plötzlich macht man nichts lieber als Babykram kaufen.
Wer Glück hat, im Kreise der vor Entzückung kreischenden besten Freundinnen. Man fällt in Kinderbekleidungsläden ein und sieht sich zurückversetzt in die präpubertäre Barbiephase.
Überall rosa, rosa, rosa! Rüschen, Glitzer, Schleifchen! Alles minimninimini! Ahhhhh! Man macht nur noch Geräusche, die man normalerweise ausschließlich von Meerschweinchen kennt und greift zweihändig in die Regale. Alle klitzekleinen Einzelteile kosten doch nur unter 10 Euro. Die Vernunft bleibt auf der Strecke und man erwirbt allein so viele von diesen Minisöckchen, die gerade auf die eigenen Fingerkuppen passen, dass man damit auch bedenkenlos einen brasilianischen Tausendfüßler winterfest machen könnte.
Das Baby dankt es wenig später indem es zeigt, dass man von der Erstlingssocke bis zum Kopfhäubchen wirklich alles mit Breikacke einkacken kann.
Doch was solls. Ist das Ding erst mal auf der Welt, so freut man sich auch über rosa Minikleidchen mit blassbraunen Streifen.
Kuschelkacke
Man sucht oft zur Geburt das richtige Geschenk. In Schweden wird man schnell fündig. Auch für Menschen mit Fäkalhumor.
Neue Lieblingsfarbe im Hause nuf
Sigourney Weaver und ich
Wer Alien I bis III gesehen hat, hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie es ist, schwanger zu sein. Letztendlich ist der einzige Unterschied, wie das Alien geboren wird. Während nämlich das garstige Alien aus dem All in einer angemessen kurzen Zeitspanne aus dem Bauch platzt, muss das Menschenbaby in einer mehrtägigen Tortour aktiv aus einem winzigen Loch gepresst werden.
Wichtig ist es deswegen für jede Frau sich die glückerfüllten Momente einer Schwangerschaft vor Augen zu führen. Da wäre zum Beispiel das erste Ultraschall, wo man eigentlich nur einen kleinen Saurier sieht, dessen Arm- und Beinstümmelchen an einem großen Körperballon hängen. „Wunder der Natur! Produkt meiner Gene!“ freut man sich und weint Tränen der Glückseeligkeit.
Die nächsten Wochen verbringt man blass, erbrechend und halbschlafend. Doch dann in Woche 16, das nächste Hoch. Das Ding in einem bewegt sich. Wie verschluckte Fischlein, beschreibt die eine romantisch. Wie große, dicke Puddingblasen im Bauch, korrigiert die andere. Wie grässliche Blähungen, umschreibt eine weitere.
Ab da setzt der sog. Schwangerschaftsautismus ein. Immer wenn das Baby sich nämlich bewegt, bekommt die Frau einen seltsam verklärten Gesichtsausdruck und brummelt unverständliche Worte, die im Grunde auch gar nicht für die Außenkommunikation gedacht sind. Wenn das Kind weiter wächst, wird aus dem verzaubertem Gesicht, das eine sanfte Bewegung gemeldet hat, bald eine Fratze. Denn das Kind übt zunächst Milchtreten auf der Blase. Manchmal zerrt es auch an der Nabelschnur wie ein LKW-Fahrer bei 120 an der Hupschnur. Dann kommen die Wochen in denen sich das Baby dreht und dauerhaft mit dem Kopf auf der Blase liegt und mit den Füßen eifrig Magen, Rippen und Zwerchfell traktiert.
Hormone sorgen dafür dass man über die Schmerzen hinaus ächzt: „Ein kleiner Rocky Balboa! Ach wie süß, ein eifriger Ronaldo!“
Doch in diesem Stadium ist der Kontakt der Schwangeren zur Außenwelt ohnehin nur noch sporadisch.
Für die Psyche der Frau ist das ohnehin besser. Die Kinderlosen können das langweilige Gefasel über Stillmethoden, Kinderwagen und Babypflege ohnehin nicht mehr hören. Die Personen, die neulich erst gebärten und deswegen unfreiwillig aber dauerhaft auf jene Themen reduziert wurden, wollen nicht mehr hören. Bleibt also nur der Partner, der sich bereits heimlich beim Chef erkundigt hat, welche Projekte er ab Geburtstermin zusätzlich übernehmen könnte, damit er erst zuhause ankommt, wenn der propere Nachwuchs sauber und gestillt im Bettchen liegt und seine Frau ebenfalls erschöpft auf dem Boden vor dem Stubenwagen zusammengesunken ist.
So schön wird das Leben einer Frau nie wieder!
Bildung in der Elternzeit
Windeln, das ist ein Thema für sich (Bloß nicht die von ROSSMANN kaufen! Nachts Pampers benutzen!).
Als preisbewusster Stammkunde der Drogeriekette dm, wickeln wir unser Baby natürlich mit Babylove. Auf den Babylovewindeln gibt es vorne unterschiedliche Motive mit Babytieren oder sonstigem, vermeidlich niedlichem Schnickschnack.
Doch stellt sich hier die Frage: Welcher findige Produktentwickler hatte diese Idee und wen will er damit ansprechen? Das Baby sieht die Windel doch gar nicht. Sind gar Mama und Papa die Zeilgruppe?
Doch wäre es da nicht sinnvoll ganz andere Motive zu wählen?
Vantity Fair hat es kürzlich in ähnlicher Weise vorgemacht*. Für die Mamis gibt es jetzt auf den Windeln die schönsten Promi-Popos. Persönlich würde ich dann zum Model Will Smith in ‚I, robot‘ unter der Dusche greifen. Das würde ich mir schon ein Paar Groschen extra kosten lassen.
Für die anderen Geschmäcker gäbe es noch George Cloonys Popo aus ‚Solaris‘ und das Gesäß von Brad Pit in ‚Troy‘.
Damit die Papas lieber wickeln, böte sich dann noch die Muschi von Sharon Stone in ‚Basic Instinct‘ oder Angela Jolie splitternackt in ‚Beowulf‘ an.
Zugegeben eine platte Idee. Sinnvoller wäre es natürlich den Platz zu nutzen, um kurze Zusammenfassungen zu gesellschaftlich relevanten Sachverhalten oder Kurzabrisse des Allgemeinwissens auf die Windel zu drucken. (Der G8 Gipfel findet nicht auf einer einsamen Bohrinsel im Meer statt, um einen höheren Ergebnisdruck für die teilnehmenden Staaten zu erzeugen oder Das Staatsoberhaupt steht an der Spitze der staatlichen Ämterhierarchie. Einige wenige moderne Staaten kennen kein persönliches Staatsoberhaupt. Dazu zählt Japan. Der Kaiser ist laut Verfassung nur ‚Symbol des Volkes‘, nicht Staatsoberhaupt. Für das diplomatische Protokoll wird er jedoch als Staatsoberhaupt behandelt.)
Stattdessen bin ich gezwungen meinen Intellekt schrittweise einzubüßen und eines Tages vor Freude in die Hände zu klatschen, wenn ich endlich wieder das putzige, hellblaue Nilpferd sehe, das überproportional selten auf die Windeln gedruckt wird.
Andererseits. Vielleicht handelt es sich um Sammelmotive und ich soll die Bildchen ausschneiden und mit anderen Mamis im Park tauschen?
Vier Bienchen gehen Deine Entenfamilie?
So gesehen, ist die Motivsache natürlich fern aller Ressourcenverschwendung eine gute Idee, welche die soziale Bindung zwischen Frauen stärkt, deren Kinder jünger als zwei Jahre sind.
Toll!
*Laut Aussage der Zeitungsverkäuferin im Bezirk Berlin Friedrichshain geht George Clooney gar nicht, obwohl die Cousine in Wilmersdorf berichtet hat, dass George schon nach wenigen Stunden ausverkauft gewesen sei.
Sensation
Seltene U-Bahn-Konzerte
Es kommt die Zeit in der man sich möglichst nicht mehr bewegen möchte. Theoretisch möchte man gerne sitzen oder liegen. Theoretisch deswegen weil bequemes Sitzen und Liegen freilich nur noch eine schöne Erinnerung der Vergangenheit ist. Tatsächlich verursacht jedes Sitzen und Liegen, das länger als fünf Minuten anhält Atemnot weil der mächtige Bauch auf Zwerchfell und/oder Hauptschlagader drückt. Das ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass man praktisch selten Stehen möchte.
Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln zur Rush-Hour werden deswegen schnell zur Qual. Die Sommerschwangeren haben da vielleicht den Vorteil, dass ob der dünnen Leibchen, die sie tragen können, so manch einen Menschen das Erbarmen packt und er seinen Platz frei gibt. Die Winterschwangere an sich ist ob des Mantels nicht leicht für die Umgebung zu identifizieren. Sie sieht einfach aus wie eine unförmige Tonne und wer will schon seinen Platz für eine unförmige Tonne freigeben?
Wenn der Rücken also schmerzt, die Beine vor Wasserablagerungen spannen und der Bauch krampft, dann knüpfe ich mein Mäntelchen auf und hänge meinen Bauch heraus.
In der Regel gibt es dann zwei mögliche Reaktionen.
A: Meine Mitfahrer sehen den Bauch und starren plötzlich wie hypnotisierte Kaninchen in ihre Reiselektüren, auf die Werbung an den Abteilwänden oder bewundern ihre Schuhe.
Wenn so was passiert, dann suche ich mir in der vollen U-Bahn ein Opfer aus, dessen Gewissen ich wenigstens für die gesamte Fahrt malträtiere. Ich stelle mich ganz nah an ihn ran und halte ihm, der ja sitzt, meinen dicken Bauch genau ins Gesicht. Dazu mache ich ein leidendes Gesicht und manchmal stöhne ich vor Schmerz.
Sollte ich keinerlei emotionale Regung in seinem Gesicht feststellen, so zücke ich mein Handy und spreche Sätze wie „Ach ja, das zusätzliche Gewicht ist eine wahre Folter, wenn man schwanger ist“ oder „Ja, ja, der letzte Schwangerschaftsmonat ist ob des Körpergewichts und der –ausmaße sehr anstrengend . Aber kannst Du Dir vorstellen, wie schrecklich erst die Geburt sein wird, wenn sich das Kindlein mit dem großen Kopf durch meine zarte Vagina pressen wird?“ hinein.
Sollte auch das nicht helfen, so verschütte ich schnell mein Reisegetränk auf den Knien des unwilligen Sitzers, hechele in kurzen Abständen und stöhne dann die Worte „den Schmerz wegatmen, den Schmerz wegatmen“ vor mich hin, rufe meinen Freund an und berichte mit leiser gequälter Stimme, dass mir soeben die Fruchtblase geplatzt sei.
Der Unwilligkeit einer armen, bemitleidenswerten Schwangeren Platz zu machen steht Verhaltensvariante B gegenüber.
Da betrete ich die U-Bahn und die erste ruft „Wollen Sie meinen Platz?“. Wenn ich nur wenige Stationen fahren muss, so erfreut und stärkt mich dies freundliche Nachfrage so sehr, dass ich keine Sitzgelegeheit benötige und so antworte ich laut und freundlich: „Nein, danke, ich fahre nur wenige Stationen. Ich möchte mich aber für ihren Großmut bedanken!“
Kaum ist der Satz ausgesprochen fragt in der Regel ein weiterer Mensch weiter hinten, ob ich vielleicht seinen Platz haben möchte. Sobald er die letzte Silbe ausgesprochen hat, erklingt ein mehrstimmiger Chor aus Stimmen der anderen Mitreisenden, die auch alle möchten, dass ich mich auf ihren Platz setze.
Ich laufe dann kopfschüttelnd durch das Abteil und heiße die Menschen mit wedelnden Armbewegungen sitzen und stimme in deren Gesang ein in dem ich melodisch passend immer wieder wiederhole: „Viiiiiihhhhiiiilen Daaahhhaaaaank aaaberrr ich muhhhuuuusss glaaahhhaaaaich aaaahhhaaaustaaaaahhhaaaaigäääääähhhäänn.“
Das gibt ein schönes U-Bahn-Konzert und ich erreiche gut gelaunt meinen Zielort.
Nestverschönerungen
Hormonell tut sich in der Schwangerschaft so einiges. So habe ich seit Monaten eine ausgeprägte Form von 17Uhrwahnsinn. Das geht so: Ich laufe von der Arbeit nach Hause und egal was passiert oder wem ich begegne, ich finde es toll.
Es stürmt, gefühlte minus zwanzig Grad, Hagelkörner peitschen in mein Gesicht, ich habe meine Jacke vergessen. Meine Gedanken: Hach so ein erfrischender Herbststurm. Wie der Straßendreck so durch die Luft wirbelt. Mir direkt ins Gesicht. Das macht ja nichts, das kann ich ja abduschen und die Straßen, die sind dann schön sauber.
Hm, diese Ohrenschmerzen … hach schön, dass man mal die Ohren überhaupt am Körper bemerkt. Das ist ja selten. Hallo ihr kleinen Ohren. Ha, ha.
Ein Punker rotzt vor mir auf die Straße. Der Wind treibt seinen Schleimstreifen auf meinen Schuh. Sein Körpergeruch mischt sich mit hundert Jahre abgestandenen Rauch und weht mir in die Nase. Meine Gedanken: Hach, jetzt habe ich endlich mal einen Anlass die Schuhe ordentlich zu putzen. Macht man ja sonst nie. Und Punker? Schön dass es die in Berlin gibt. In Bamberg gabs ja gar keine richtigen. Also jedenfalls nicht so welche, die auf der Straße leben und richtig stinken – nur so ne Persil-Punker. Das ist ja nichts. Die in Berlin, die sind wenigstens authentisch. Schön!
In einer tiefen Ebene meines Bewusstseins ist mir dabei natürlich klar, dass ich das nicht wirklich denke! Aber ich fühle es. Ich will den Wind umarmen, den Punker und seine Kumpels samt Hunderudel nach Hause auf mein heiliges Sofa einladen, mit ein Paar Jugendlichen kichernd um die Wette rülpsen.
Neben diesen Stimmungshochs habe ich auch furchtbare Attacken von Sorge. Zum Beispiel wenn ich andere Mütter sehe, wie sie ihr hässliches, glotzäugiges Kind liebkosen, es der Freundin vor die Nase halten, die sich angewidert wegdreht und dabei allen ernstes davon ausgehen, sie hätten ein total süßes Baby.
Was wenn das bei mir auch so ist? Schlimmer noch: was wenn das bei mir NICHT so ist und ich erkenne, dass das kleine dauernd Rotzfahne tragende Ding total grässlich ist?
Doch dann warte ich wieder auf 17 Uhr und schon finde ich den Gestank von Fleischbreikacke wieder niedlich und schlage entzückt die Hände zusammen, wenn ich beobachte, wie sich ein Kleinkind das halbe Gehirn aus der Nase zieht und genüsslich verspeist.
Nach dem 17Uhrwahnsinn kam dann eine Phase erschreckender Klarheit. So bereitete mir der Anblick von Kinderkleidung der Größe 54 und diese winzigen Erstlingssocken regelmäßig Panikanfälle. Sie machten mir klar: In nur n-Monaten wirst Du Deinen geliebten Job aufgeben und Dich nur noch mit Koliken, Kacka und Brustdrüsenentzündung beschäftigen. Du wirst verblöden, während Dein Mann weiter Karriere macht. Wenn Du Glück hast, passiert am Tag mal was ungewöhnliches, z.B. pinkelt Dich Dein Kind an und Du kannst es lachend Deinen Freundinnen erzählen, die Dich komischerweise immer seltener anrufen.
Das Kind wird Dich regieren und durchschlafen wird heißen, dass man vier Stunden am Stück geschlafen hat. Du wirst Dich immer um dieses kleine zerbrechliche Etwas sorgen, auch noch in 25 Jahren, wenn Gerd, Dein 100 Kilo schwerer Zögling nicht mehr essen will, was Du ihm kochst oder nicht zufrieden ist, wie Du ihm die Wäsche bügelst.
Die letzten Monate vor der Geburt steigt dann wieder die Hormonkonzentration und eingehüllt in die endokrinologische Wolke durchlebt man wie jeder eierlegende Vogel im Frühling etwas das sich Nesttrieb nennt.
Das ist glücklicherweise auch die Phase in der man Anschaffungen für mehrere Tausend Euro auf sich nehmen muss, um dem freudig erwarteten Nachwuchs ein lauschiges Zuhause zu schaffen.
Hat man erst mal das nötigste (Wickelkommode, Kinderwagen, Tragevorrichtung, Stubenwagen, Klamotten in drei verschiedenen Einstiegsgrößen, Babybadewanne, Spieluhrsortiment, etc.) besorgt, so will man die Wohnung generell ein bisschen freundlicher gestalten. Da wo man früher auf spartanische Einrichtung schwor, kauft man mannshohe Regale dazu und stellt jeden freien Millimeter zu. Ist das erst mal erledigt, geht es ans Verschönern. Der Baumarkt wirkt durch die Einrichtungsshows im Fernsehen inspirierend und im Mutterschutz das zweite Zuhause.
Wenn der Mann abends nach Hause kommt und es wagt sich nicht über die dilettantischen Blümchenmuster auf den ehemals mühevoll ausgesuchten Designermöbeln zu freuen, rennt man ins Schlafzimmer und wälzt sich Rotz und Wasser weinend in die gerade selbst genähten Kissenüberzüge im Landhausstil, die man früher als Grundlage für ein schönes Osterfeuer benutzt hätte.
[Mal abgesehen davon, möchte ich erwähnen, dass es mein Freund mit mir noch ganz gut hat. Seine letzte schwangere Freundin verlangte von ihm ein Degu-Pärchen, mit den Worten, die seien doch so süß und passen so gut ins neue Leben. Das balzbereite Nagerpaar vermehrte sich innerhalb weniger Balzperioden exponential und musste letztendlich an einen Schlangenverkäufer weitergegeben werden.]