Wenn ihr wissen wollt, warum die Kinder so gelungen sind: ich war’s nicht

kindergartenDie Kinder sind ganz hervorragend gelungen bislang. Ich würde mir jetzt sehr gerne auf die Schulter klopfen und mich loben, doch ich glaube, das hat andere Gründe.

Erstens, sie sind schon perfekt geboren.

Und zweitens: Sie haben jeweils fünf Jahre den wunderbarsten Kindergarten der Welt besucht.

Rein rechnerisch, da muss man ehrlich sein, haben sie mit den Erzieherinnen und Erziehern (ja! Wir haben tatsächlich auch Männer!) deutlich mehr Zeit verbracht als mit mir. Jeden Wochentag acht Stunden nämlich. Mit mir haben sie an einem Wochentag nur 5,5 Stunden verbracht.

Ich weiß, dass es Menschen gibt, die bei diesem Gedanken den Kopf schütteln. Wie kann man nur! Wie kann man nur das arme, kleine Kind so früh und so lange fremdbetreuen lassen?

Ich gebe zu, bevor ich nach Berlin kam, dachte ich auch, sowas machen nur irgendwelche egomanen Menschen, die ihre Kinder aus undefinierbaren Gründen bekommen. Vielleicht einfach als Statussymbol?

In Berlin aber, da wird man meist wie ein Auto angeschaut, wenn man z.B. sagt, dass man mehr als 12 Monate Elternzeit nimmt: „Ja habt ihr euch denn nicht um einen Kindergartenplatz gekümmert?“

Tja. Ich habe es z.B. nicht geschafft die Kinder im August zu gebären. Vielleicht haben sie noch keine Kinder und wissen deswegen gar nicht, dass man Kinder nur im August bekommen sollte? Ich gebe zu, ich wusste das auch nicht. Hab sie einfach unterjährig bekommen und mich nicht nach dem Kindergartenjahr gerichtet.

Dabei ist es eigentlich ganz logisch. Wenn niemand wegzieht, gibt es für jedes eingeschulte Kind genau einen Platz und der startet im August.

Wusste ich nicht. Deswegen war Kind 3.0 z.B. steinalt als es eingewöhnt wurde. 18 Monate nämlich. Kind 2.0 hingegen 11 Monate.

Doch zurück zum Anfang.

Als ich schwanger wurde, begab ich mich auf Kindergartenplatzsuche. Auf gefühlten 200 Listen stand ich, von keiner Einrichtung bekam ich eine Zusage.

Dann machte um die Ecke ein Kindergarten neu auf. Das war allerdings schon 10 Monate nach der Geburt von Kind 2.0

Ich lief also mit Kind 2.0 rein und fragte nach einem freien Platz. Während ich mit der Leiterin sprach, krabbelte Kind 2.0 an mir vorbei, setze sich im Bastelraum auf einen der Miniaturstühle und begann zu basteln.

„Was hast du denn? Ein Mädchen oder ein Junge?“

Ich werde diesen Moment nie vergessen. So lange war ich schon auf der Suche, mir lag auf der Zunge zu sagen: „Was braucht ihr denn? Wir bekommen das noch umerzogen im Fall der Fälle.“

War dann aber gar nicht nötig. Das Geschlecht passte. Ich bekam das pädagogische Konzept in die Hand gedrückt und sollte mich Ende der Woche wieder melden.

Kind 2.0 hingegen war schon komplett integriert und lies sich nur widerstrebend mitnehmen.

Abends las ich das Konzept und dachte: „Himmel, wenn die hier 50% von dem gebacken bekommen, dann ist das der beste Kindergarten der Welt.“

Acht Jahre später kann ich sagen, sie haben jede gottverdammte Zeile umgesetzt. Jede.

Die tatsächliche Eingewöhnung mit Kind 2.0 war dann v.a. eine Entwöhnung für mich. In einem zehn Tage Programm lernte ich, dass mein Kind sich für andere Menschen als für mich begeisterte und das auch völlig OK so war.

Die Erzieherinnen waren sehr einfühlsam und geduldig mit mir.

Die Eingewöhnung mit Kind 3.0 dauerte ebenso lange. Allerdings hatte ich da schon kapiert, dass Kinder v.a. andere Kinder toll finden. Die Schwierigkeit war, Kind 3.0 an Abläufe zu gewöhnen. Bislang lebte ich nämlich mit Kind 3.0 so in den Tag hinein. Für nichts gab es eine feste Zeit. An einen regelmäßigen Mittagsschlaf war nicht zu denken.

Als das Kind am vierten Tag immer noch nicht in der Kita schlief, war ich etwas verstört. Doch auch hier hatten die Erzieherinnen Geduld mit mir.

Währenddessen gewöhnten sie Kind 3.0 an feste Punkte im Tagesprogramm. Kind 3.0 gab dann an Tag sieben nach, bestand aber darauf, dass alle Schlaflieder miaut wurden.

Als ich einmal im Nebenzimmer saß und eine der Erzieherinnen „Guten Abend, gute Nacht“ in „miau-miau miau miau miaumiau, miaumiaumiaaau iauuu“ singen hörte, zerschmolz mein Herz.

Meine Kinder waren so wunderbar dort aufgehoben. Es gibt keine Worte. Die Erzieherinnen und Erzieher sind für mich Engel*. Ihre Geduld, ihre Herzenswärme und ihr unbedingter Wille die Kinder zu begleiten und erblühen zu lassen, sie lassen sich nicht in Worte fassen.

 

Ganz besonders freue ich mich, dass die Erzieherinnen und Erzieher frei jeder Genderklischees sind. Jedes Kind durfte sich interessieren für was es sich interessieren wollte. Es gab keine Mädchenfarben, keine Jungsspielsachen, keine unnötigen Zuschreibungen. Wollte ein Junge Prinzessin sein, dann war er es. Wollten die Mädchen Fussball spielen, dann haben sie das gemacht.

Die Kinder wurden immer mit ihren Eigenheiten und Besonderheiten wahrgenommen. Als Individuen ernst genommen.

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Wenn Kind 3.0 von irgendeinem Thema begeistert war, dann durfte es das im Kindergarten ausleben, hier: Pokémon

Die Kinder durften alles ausprobieren und bekamen immer Antworten. Es wurden Socken eingepflanzt, um ein für alle Mal zu klären, ob Socken an Bäumen wachsen. Es wurden sich Filme zum Thema Urknall angeschaut und wochenlang wurde jede Frage zu Rochen beantwortet. Es wurde gekocht, gebacken, gemalt (bei Kind 3.0 gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt, gemalt), gebastelt, gesungen, gelacht, geredet.

Es war für jedes Gefühl Platz, es gab immer Respekt und Liebe.

Jedes Kind wurde angenommen.

Ja, angenommen – das ist eigentlich das Stichwort.

Die Kinder kommen aus dem Kindergarten und wissen: Ich bin richtig, wie ich bin. Ich glaube, mehr kann man sich von einem Kindergarten (ach was, von irgendeinem nahestehenden Menschen) nicht wünschen.

Dafür bin ich so unendlich dankbar!

Wenn die Kinder später noch verhunzen – am Kindergarten lag’s nicht. So viel ist klar.


*schon das dritte Religionsding, ich bin einfach beseelt!

[Links] Über unglückliche Väter und vollzeitarbeitende Mütter

Von Antje Schrupp kenne ich den Spruch „Das Gegenteil ist genauso falsch“. Daran musste ich im Zusammenhang mit dem Thema Vereinbarkeit denken, als ich diesen Text eines Mannes las, dessen Frau sich offenbar standhaft weigert (trotz ursprünglich guter Qualifikation) mitzuverdienen. „A letter to … my wife, who won’t get a job while I work myself to death

„I don’t think I can do this for another 25 years. I often dream of leaving my firm for a less demanding position, with you making up any financial deficit with a job – even a modest one – of your own. I’ve asked, and sometimes pleaded, for years with you to get a job, any job. Many of my free hours are spent helping with the house and the kids, and I recognise that traditional gender roles are often oppressive, but that cuts both ways. I would feel less used and alone if you pitched in financially, even a little.“

Was mich an dem Text berührt hat, ist genau diese letzte Passage, in der es heisst, dass sich der Mann einsam und missbraucht fühlt.

Wenn es mit dem Thema Vereinbarkeit, Kinder und gerechte Aufteilung nicht klappt, wird oft gefragt: „Warum hast du dir denn so einen Partner ausgesucht?“ – was im Grunde nichts anderes heisst als „biste am Ende selbst schuld.“

Tatsächlich ist es aber so, dass man sich nicht vorstellen kann, wie eine Beziehung sich entwickelt, wenn erstmal ein, dann zwei, dann vielleicht sogar drei Kinder da sind. Man kann sich auch nicht vorstellen, wie es ist dann „nebenher“ arbeiten zu gehen, man hat keine klare Vorstellung der eigenen Belastbarkeit und keine wirkliche Einschätzung zu dem, was man überhaupt belastend und zermürbend empfindet.

Ich muss z.B. ganz ehrlich sagen: Mir macht ein Vortrag vor 100 Leuten weniger Stress als eine schlaflose Nacht mit fiebrigem Kind. Ich kann auch in einem beruflichen Meeting mit verschiedenen Meinungen total ruhig bleiben, während mir bei einem Elternabend schon nach 30 Millisekunden das Blut in den Ohren rauscht, wenn wieder jemand unbedingt Bio-Essen haben möchte gleichzeitig aber nicht mehr als zwei Euro am Tag für das Essen ausgeben will (WILL, nicht kann!).

Vor über zehn Jahren bin ich mit dem im Kopf gestartet, was ich gelernt hatte: Die Mutter ist das beste fürs Kind, Kinderbetreuung liegt der Mutter im Blut, wenn man Kinder frühzeitig in Fremdbetreuung gibt, ist man ein schlechter Mensch.

Das hat sich nach und nach geändert. Zum Beispiel weil wir einen Kindergarten gefunden haben, der wirklich der beste Kindergarten ist, den man sich für ein Kind vorstellen kann. Wenn die Kinder dann protestieren, weil man sie abholt, wenn sie am Spielplatz sofort wieder mit den anderen Kindern aus dem Kindergarten weiterspielen wollen, wenn sie im Urlaub die Erzieherinnen vermissen, wenn sie sich überhaupt recht prächtig entwickeln – dann fällt es doch ziemlich schwer an der Überzeugung fest zu halten, Fremdbetreuung sei schlecht für die armen Kleinen.

Auch spielt das Umfeld eine Rolle. In Berlin ist es sehr üblich nach 12 Monaten wieder arbeiten zu gehen. Man fühlt sich eher wie ein Alien wenn man es nicht tut.

Wenn man dann angefangen hat wieder zu arbeiten und sieht, dass der Job Spaß macht, dass die Abwechslung gut tut, dass die Bestätigung eine andere ist als die eines Kinderlächelns, ja, wenn man sogar so viel Geld nach Hause bringen kann, dass es nicht ein niedlicher Zuverdienst ist (der von den Kosten der Kinderbetreuung wieder verschlungen wird), sondern ein Gehalt von dem man leben kann, dann tut sich auch so einiges im Kopf.

Deswegen lies mich auch dieser Text auf spreadrandomthoughts zum Thema Vereinbarkeit innerlich nicken:

„ich selbst komme aus einer mittlerweile beendeten ehe mit zwei kindern, in der beide elternteile gearbeitet haben, ich in teilzeit, vornehmlich aus finanziellen gründen. darüberhinaus würde ich im rückblick sagen, war ich neben arbeit und dreijähriger berufsbegleitender therapeutenausbildung zu sagen wir 90% für die carearbeit zuständig. die wut darüber kam sehr langsam. es war eher so ein langsames einsickern des ungerechtigkeitsgefühls und so richtig bewusst wurde es mir erst in der zeit der trennung und danach. zudem glaube ich, dass diese jahrelange ungerechtigkeit einen großteil am scheitern unserer beziehung ausmachte. jetzt – 3 jahre nach der trennung – funktioniert die verteilung von care und erwerbsanteilen wesentlich besser, im sinne von gerechter.“

Auch hier meine ich wieder das Thema Einsamkeit und Missbrauchsgefühl herauszulesen.

Ein Plädoyer für die vollzeitarbeitende Mutter verfasste Modeste. Ich lese den Blog sehr gerne und kann viele Punkte verstehen, allerdings stört mich (nicht nur in ihrem Text) die Forderung Frauen müssten langsam mal mehr einfordern:

„Ansonsten möchte ich, dass Frauen endlich verhandeln. Mit ihren Männern. Dass Frauen darauf beharren, dass ihr Job ebenso wichtig ist wie seiner, auch wenn sie weniger verdient. Dass Paare die lästigen Termine wie die Vorsorgeuntersuchungen oder den Elternabend paritätisch aufteilen. Dass sie sich nicht damit abspeisen lassen, sein Chef wäre böse, wenn er Elternzeit nimmt oder wegen der U 8 erst um 10.00 erscheint. Ihr Chef ist schließlich auch nicht begeistert, da müssen sich die Männer mehr trauen, die Frauen mehr darauf pochen und auch die Chefs bewegen. Ich würde mir außerdem wünschen, dass Frauen auch einfach mal die Füße stillhalten, wenn das Kind komisch angezogen aussieht oder ein merkwürdiges Geschenk für einen Geburtstag mitbekommt, wie manche Mütter begründen, warum sie sich nicht auf ihren Mann verlassen können. Das werden die ebenso lernen wie ihre Frauen.“

Wahrscheinlich stört mich das v.a. weil ich kaum Fälle kenne, in denen Verhandlungen ein konstruktives Ergebnis erbracht hätten. Meistens endet dieses Verhandeln eher in einer Trennung.

Und ganz am Ende wünsche ich mir in naiver Verklärtheit natürlich nach wie vor, dass es auch Männer gibt, die von alleine – ohne Einfordern – einsehen, dass der Job ihrer Frau genauso wichtig ist wie der eigene…

Tatsächlich merke ich an mir selbst langsam eine Ermüdung was dieses Thema angeht und frage mich, wie viel Frauen in diesem Thema überhaupt noch bewegen können und ob „wir“ am Ende nicht darauf angewiesen sind, dass das andere Geschlecht auch Veränderung möchte.

Denn letztendlich – das zeigt der erste Text des sich zu Tode arbeitenden Vaters – beide Extreme scheinen doch irgendwie falsch und ungesund zu sein, sollte da nicht auch Veränderungsdruck von den Männern kommen?

(Von unseren Söhnen vielleicht?)

Lego Ausstellung „The Art Of The Brick“

Lego Munch "Der Schrei"

Lego Munch Seitenansicht "Der Schrei"Wie gestern berichtet, waren wir am Wochenende in Hamburg um uns die Lego Ausstellung „The Art Of The Brick“ anzuschauen.

Korrekter wäre wahrscheinlich zu sagen, sich die Ausstellung des Künstlers Nathan Sawaya anzuschauen, der mit Legosteinen arbeitet.

Der Eintrittspreis ist ziemlich knackig und übertrifft sogar die absurden Preise, die man zahlt, wenn man mit Kindern ins Kino oder in den Zoo geht. Ich habs mir mit dem Argument „macht man eben nur einmal“ schön geredet und schließlich sind wir in der Familie alle große Legofans.

Mit Lego kann man schon eine Menge machen. V.a. mit Lego Duplo, das wie Rapid Prototyping funktioniert. Ich hab z.B. mal Kind 1.0 bis 3.0 als Legobauwerke nachgebaut. Gerne hätte ich auch ein paar Millionen Steine, mit denen ich lustige Dinge nachbauen kann.

Jedenfalls, die Ausstellung ist durchaus sehenswert (wenn man erstmal das Geld ausgegeben hat, dann denkt man das), wenngleich sie mich v.a. im Bereich der zweidimensionalen Umsetzungen und nicht im Bereich der Skulpturen überzeugt hat.

Meines Erachtens ist es auch nicht so wirklich Kunst sondern eher sowas wie eine Handwerksausstellung. Ich war zu faul alle Beschreibungen zu den Exponaten zu lesen und mir die die selbsthuldigenden Videos anzuschauen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es gute technische Lösungen gibt, hochzurechnen welche und wie viel Steine man braucht, um eine bestehende Skulptur nachzubilden. Vielleicht muss ich aber auch nur nochmal das Buch „Das kann ich auch!: Gebrauchsanweisung für moderne Kunst“ lesen. Aber ob das am Ende hilft, bleibt fraglich (siehe Hackfleischbesprechungen).

Ich habe leider nicht nachgezählt, es wird mit „über 100 Exponate“ geworben – diese Zahl möchte ich doch eher anzweifeln [1]. Selbst mit Audio-Guide, die es für Kinder und Erwachsene kostenlos gibt, braucht man lediglich knapp 1,5 Stunden um die ganze Ausstellung zu erkunden.

Es ist in der Ausstellung trotz zahlreicher Ventilatoren sehr stickig. Wahrscheinlich möchte man deswegen auch gar nicht länger als 1,5 Stunden brauchen.

Ganz am Ende der Ausstellung gibt es noch fünf große Kisten mit Legosteinen, an denen man sich selbst ausprobieren kann.

Amüsant ist es dem Künstler zuzuhören, wie er sich selbst lobt. Immer wieder lässt er im Audioguide verlauten: „Die Herausforderung habe ich an dieser Stelle sehr gut gemeistert“, „Die Umsetzung ist mir doch sehr gut gelungen.“ und „Man muss schon einiges an Geschick mitbringen um dies erschaffen zu können.“ An den Wänden kann man dann weitere Selbstzitate seiner Genialität finden. Vielleicht ist diese Attitüde auch nur sehr amerikanisch und kam uns deswegen so albern vor…

Dennoch. Die Ausstellung hat einige schöne Highlights und ist für Kinder gut geeignet einige der großen Werke der Kunstgeschichte näher kennenzulernen. Sie ist quasi wenn man die Analogie zum Essen ziehen darf „convenience food“. Nichts anspruchsvollen, aber auch nicht zu platt und man nimmt etwas mit.

Gut die Hälfte der Ausstellungsstücke sind Legointerpretationen bestimmter Kunstwerke aus verschiedenen Epochen. Ein weiteres Highlight ist das 80,020 Steine große Dinosaurierskelett, an dem der Künstler einen ganzen Sommer arbeitete.

Kind 3.0 war zu meiner Überraschung am meisten vom Nachbau des Parthenons begeistert (es ist wirklich imposant zwischen den Säulen durchzuschauen und sich das mächtige Bauwerk in Originalgröße vorzustellen. Leider hab ich es einfach nicht geschafft ein gutes Foto zu machen…)

Kind 2.0 war insgesamt etwas gelangweilt.

Meine Highlights waren der Nachbau eines Glasfensters der Nordrosette in der Kathedrale von Chartres sowie die Darstellung des Drucks „Die große Welle vor Kanagawa“.

Glasfenster und Lichtschatten

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tldr: Wenn es regnet (soll ja vorkommen in Hamburg) und man zu viel Geld hat, macht man als Legofan nichts falsch, wenn man sich die Ausstellung anschauen geht.


[1] Wer noch hingeht, bitte für mich nachzählen.

12von12 im Mai

Der 12. Mai ist so unaufregend wie jeder andere 12. eines Monats. Dafür ist die Aktion 12von12 schließlich da: Alltag zeigen.

Der Frühling ist da! Wenn morgens um 6 Uhr mein Wecker klingelt, ist das Zimmer schon hell.

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Leider bedeutet Frühling dieses Jahr unerwarteterweise wieder Heuschnupfen. Ich hatte das vor Jahren stärker, dann jahrelang nichts und dieses Jahr wieder richtig heftig. Die Haut juckt, die Schleimhäute angeschwollen, Nase läuft, Augen tränen, ich fühle mich wie einmal durch die Mangel gezogen. Ohne meine tägliche Dröhnung geht gar nichts. Könnt ihr da was empfehlen? Ganz weg bekomme ich meine Beschwerden nicht.

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Ich mache heute Homeoffice. Um 9.10 Uhr habe ich ein kurzes Interview mit dem rbb Inforadio im Rahmen des Themenkomplexes „Das vernetzte Ich“ – es geht um Eltern-Blogs. Mir gefällt das Interview. Die Fragen waren gut und nehmen Eltern-Blogs ernst.

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Dann gehts an die Arbeit. Da ich 6 Uhr aufstehe, habe ich gegen 10 Uhr meistens schon wieder Hunger. Zuhause mache ich mir deswegen, während die Kinder frühstücken Snacks. Das geht viel besser als im Büro. Da ist es dann irgendwann doch eher ein Brötchen oder was Süßes.

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16 Uhr bin ich fertig. Da Kind 3.0 nicht so gerne vor Schließung aus der Kita abgeholt wird (es ist wirklich so, ich werde oft beschimpft, warum ich denn jetzt schon wieder so früh komme und ob ich nicht noch einkaufen gehen könnte…), habe ich noch 30 min Zeit über The Good Wife zu schreiben. Die letzte Folge habe ich gestern Abend gesehen. Der Abschied fällt schwer, aber ich bin zufrieden mit dem Ende.

Ich wurde öfter gefragt, ob ich wirklich so schnell blogge. Ja, ich blogge so schnell. Nur sehr selten brauche ich länger als eine Stunde pro Beitrag.

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Ich hole Kind 3.0 im Kindergarten ab, wir gehen Eis essen und dann noch auf den Spielplatz. Kind 2.0 hängt mit den eigenen Freundinnen und Freunden ab. Ich bin total begeistert von seiner Selbständigkeit.

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Da ich keine großen Monstermonatseinkäufe mag, kaufe ich alle 2-3 Tage Gemüse, Obst und Kleinigkeiten frisch ein. So wie die anderen 200 an Kasse 1, 2 und 3 (nicht im Bild).

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Wir kommen nach Hause. Kind 2.0 ist schon da und hat den Tisch gedeckt: „Mir war so langweilig“. (Hab ich schon mal erwähnt, wie toll dieses Kind ist? Es hängt auch Wäsche ab aus Langweile oder staubsaugt…)

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Es gibt Knäckebrot mit Avokado und Salat. Naja und Schinkenbrot. Die Kinder essen Toast mit Salzbutter und essen Erdbeeren.

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Ab 19 Uhr fangen wir an die Kinder ins Bett zu bringen. Was eigentlich 10 Minuten in Summe dauern könnte, dauert meist 45 Minuten. Nach 12 Jahren mit Kindern, bin ich es so leid immer das selbe zu sagen. Ich wüsste gerne einen Ausweg aus der „Putzt die Zähne! Putzt endlich die Zähne! DIE ZÄHNE PUTZEN!“ (das selbe mit Schlafanzug anziehen)-Falle. Gebt mir pädagogische Ratschläge!

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Dann vorlesen und singen. Das könnte schön sein. Ich lese gerne vor. Aber auch hier: erst die lange Phase des Buchaussuchens, dann die lange Phase der Was-genau-lesen-wir jetzt.

Ich darf auch meistens keine Bücher lesen oder abgeschlossene Geschichten – sondern z.B. Lexikaeinträge, Suchbilder oder Einträge aus Klebealben. Oder Conni. Wobei alle Conni-Büchlein gerade im Urlaub sind. Wenn ich aber 10 Seiten über Abelisauren, kylosauren, Dilophosauren, Halticosauren, Ichthyosauren, Styracosauren und Titanosauren lesen muss, dann werde ich irgendwann verrückt. Manche Saurier muss ich mir zusammenbuchstabieten wie eine Erstklässlerin. Lest mal flüssig laut in einem durch: Micropachycephalosaurus

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Die Kinder schlafen. Wir schauen Game of Thrones. OMG!

(Schön ist, wenn man bei 12von12 lange genug mitmacht, kann man schauen, was man letztes Jahr am 12. Mai gemacht hat)

Meine rpTEN

Seit ich die letzten Jahre zwischen Weihnachten und Neujahr am Chaos Communication Congress war, hatte ich ein bisschen die Lust auf die re:publica verloren.

Woran das jetzt genau lag, kann ich nicht sagen. Was mir auf jeden Fall besser dort gefällt, ist die kuschelige Stimmung. Obwohl da 10.000 Menschen sind, hatte ich auch nach vier Tagen nicht das Gefühl erstmal für zwei Wochen in das kanadische Hinterland ziehen zu wollen. Das ging mir nach anderthalb Tagen re:publica aber so.

Was mir am Chaos Communication Congress auch besser gefallen hat, ist die Möglichkeit und Vielfalt der Kinderbeschäftigung. Das ist aber letztendlich Äpfel mit Birnen vergleichen. Der Chaos Communication Congress findet ja in den Winterferien statt und da gibt es offensichtlich einen total anderen Kinderintegrationsbedarf. Daraus ist in den vergangenen Jahren sicherlich auch das irre vielfältige „Programm“ entstanden, das zumindest meinen Kindern das Gefühl gegeben hat, dass es sich um die großartigste Konferenz aller Zeiten handelt.

Ich habe meine Kinder dieses Jahr bewusst mit zur re:publica mitgenommen. Persönlich fand ich den re.play ein wenig, naja sagen wir, klein und unspannend – Kind 3.0 war aber zufrieden. Abends hat es eine gut gemeinte 2+ vergeben.

rpTEN Das Bällebad

Für Kind 2.0 (deutliches Schulalter), das ich am Nachmittag dazu geholt habe, gabs viel mehr Spannendes zu erleben. U.a. eine Fragesession mit Randall Munroe. Da es „Kids only“ hieß, waren da auch wirklich nur Kinder (und ihre Eltern), was unterm Strich hieß, dass sich ca. sieben Kinder mit Randall Munroe unterhalten haben.

[Ich hab insgesamt überhaupt sehr, sehr wenig Kinder auf der re:publica gesehen. Gefühlt zwanzig am Tag. Witzigerweise wurden die aber ständig fotografiert. Das Alter der Besucherinnen und Besucher schien mir überhaupt sehr homogen, so zwischen Ende Zwanzig bis Ende Vierzig. Jüngere und ältere waren eher wenig zu sehen.]

Kind 2.0 fand die Möglichkeit Randall Munroe Fragen stellen zu können so klasse, dass es sich gleich drei Mal angestellt hat. Es wollte wissen:

  • Was passiert wenn die Wüsten zur Antarktis werden?
  • Was passiert wenn Insekten riesengroß und Menschen winzig klein werden?
  • Sofern der Mond auf die Erde stürzt und alles Leben auslöscht – würde sich die Erdgeschichte und die Evolution dann wiederholen?

Die Antworten waren sehr unterhaltsam. Ich bewundere Randall Munroe für seinen Spaß und die Ernsthaftigkeit, sich den Kinderfragen zu widmen. Ich hab’s nicht recherchiert, ich denke aber, Randall hat keine eigenen Kinder. Wie sonst könnte man noch freiwillig Fragen beantworten können?

Wobei ich auch sagen muss, diese Kinder, die sind schon krass. Ein anderes Kind fragte: Wird Elon Musk die Welt retten?

Ich meine WTF? Woher kennen neunjährige Elon Musk?

Es gab jedenfalls für größere Kinder durchaus gutes re:publica Programm.

Im übrigen bin ich ab einem gewissen Alter dafür, die Kinder einfach mitzuschleppen – auch in Vorträge. Es ist ganz erstaunlich, wie informativ und unterhaltend Vorträge für Kinder sein können und was sie den Kindern mit auf den Weg geben.

Musterbeispiel dafür der Vortrag von Moritz Metz „Fliegende Computer und ihre tollkühnen Piloten“. Mehr dazu übrigens bei Deutschlandradio Kultur.

Kind 3.0 wollte im Saal sitzen bleiben und die anderen Teile von Moritz Metz Vortrag auch noch hören. Seit dem Vortrag werden bei uns Drohnen gemalt.

rpTEN Drohnen

Wir haben uns außerdem den Vortrag „Kinderbücher: inklusiv. queer. interkulturell. Aber wie?“ angeschaut:

Und dann festgestellt, dass wir an unserem Buchbestand dringend noch arbeiten müssen.

Aus Gründen haben wir uns auch den Vortrag von Marcus Richter „What’s in a game?“ angeschaut. Ich musste Kind 3.0 nur kurz bei The Walking Dead die Augen zuhalten.

Marcus Richter gibt da einen sehr guten Einblick in die Spielarten, die es neben den bekannten Formaten wie Ego-Shootern und MOBA noch gibt. Er stellte die These auf, dass es um das Wissen um die Vielfältigkeit von Computerspielen noch bescheiden bestellt ist (und hat recht).

Ich fand den Überblick sehr vielfältig und anschaulich und war sehr davon fasziniert, dass man Keynote mit einer Wii-Fernbedienung steuern kann.

Rae Grimm schreibt zu dem Vortrag:

Marcus Richter wirft nicht (nur) mit knallharten Fakten um sich, sondern spricht allem voran aus einem Bauchgefühl heraus und nennt ein paar Spiele wie Firewatch, Life is Strange oder The Walking Dead, mit denen ihr versuchen könnt, die Nicht-Spieler in eurem Leben für euer Lieblingshobby zu begeistern und sie ebenfalls sagen zu lassen: „Ich wusste gar nicht, dass Computerspiele so etwas können.“

Beim Thema Spielen geht es mir ein bisschen wie mit Snapchat. Ich denke immer, ich müsste mich da mal mit beschäftigen, um den Anschluss an meine Kinder nicht zu verlieren.

Nach dem Vortrag hätte ich jedenfalls gerne alle vorgestellten Spiele ausprobiert. Ging wohl nicht nur mir so.

Um nochmal den Bogen zum Anfang zu schlagen: Die re:publica dieses Jahr hat mir wieder sehr gut gefallen. Ich werde die nächsten Wochen damit verbringen Vorträge anzuschauen, die ich verpasst habe. Zum Beispiel den von Journelle „Das Internet hat mich dick gemacht“ oder den von Kübra Gümüsay „Organisierte Liebe„.

Die selbstsüchtige Mutter

Darf man als Mutter irgendwas von seinen Kindern erwarten. Irgendeine Form von Wertschätzung oder ist das selbstsüchtig?

Muttertag politisch

Meine Timeline war voll mit „Ich brauche keine selbstgemalten Bilder, ich brauche…“ und „Ich brauche keine Schokolade, ich brauche…“.

Die Wünsche sind alle wichtig (und zu finden unter #muttertagswunsch auf Twitter). Sehr schön fasst das Problem @froumeier zusammen:

Als Mutter kann man eigentlich nur alles falsch machen. Egal wie.

Muttertag privat

Einen Kaffee für die Mutter zum Muttertag

Einen weiteren Tweet, den ich in meiner Timeline fand, hatte sinngemäß folgende Aussage: Zum Muttertag wünsche ich mir, dass Eltern aufhören von ihren Kindern Dankbarkeit zu erwarten.

Als ich das las, hab ich mich sehr, sehr schlecht gefühlt.

Ich habe mir nämlich heute früh gewünscht mit Getuschel und Gekicher geweckt zu werden und dann an einen gedeckten Frühstückstisch zu kommen und einen Kaffee in die Hand gedrückt zu bekommen.

Oder ein selbstgemaltes Bild.

Anstatt dessen Gemecker, Geschwisterstreit, wannistdasEssenfertig.

Das hat mich wirklich traurig gemacht. Es gibt immer wieder Phasen, in denen ich mich fühle wie ein DienstleistungsROBOTER. Ich soll bitte funktionieren und zwar dallidalli und wenn nicht alles so ist, wie es erwartet wird, dann Genöle, Vorwürfe, schlechte Laune.

In der Regel ist das auch OK. Aufstehen um 6.10 Uhr, Frühstück vorbereiten, Schulbrote schmieren, daran erinnern, dass man sich irgendwann anziehen muss, Zähne nachputzen. Kinder in Kita bringen, arbeiten gehen, einkaufen gehen, Kinder abholen, Abendessen machen, vorlesen, singen. Dazwischen putzen, Wäsche waschen, aufhängen, abhängen falten usw.

Tagein tagaus.

Und da habe ich mir heute Wertschätzung gewünscht. Das Ideal der selbstlosen Mutter verbietet das natürlich. Was man tut, muss man freiwillig tun und man muss die Motivation aus der Nützlichkeit ziehen.

Das weiß ich. Dennoch war ich enttäuscht.

Ich habe versucht mich zu fragen, ob ich eigentlich was vergleichbares am Kindertag tue? Wann war dieser Tag eigentlich? Am ersten Juni? Zwanzigster September? In Westdeutschland groß geworden, hat dieser Tag tatsächlich keine Tradition bei mir. Weder als Kind noch als Mutter. Irgendwann nach Berlin gezogen, hörte ich davon, dass viele diesen Tag richtig gefeiert haben. Ich hab nie damit angefangen. Meine Erklärung dafür war immer: bei uns ist Eis essen gehen, Kuchen backen und essen, auf den Spielplatz gehen, in den Zoo gehen, ja selbst in den Freizeitpark gehen im Grunde keine Besonderheit. Fast meine ganze Freizeit richte ich nach meinen Kindern aus. Ich mache das gerne und ich sage meinen Kindern oft, wie sehr sie mein Leben bereichern. Wenn ich sage: „Ich hab dich lieb“, höre ich oft: „Boah, das weiß ich doch. Das musst du nicht immer sagen!“

Von daher weiß ich nicht, ob man sich wünschen darf einen Kaffee gemacht zu bekommen oder ob man sich einfach zusammen reißen soll und weiter macht wie an jedem anderen Tag auch.

(Am Ende war ich versöhnt. Ein langjähriger Freund hat mir eine SMS geschrieben: Du bist eine gute Mutter, deswegen auch von mir alles Gute zum Muttertag)

Deine Mudda

Mutti-Blogs
Hab lange überlegt, was der passende ironische Titel für mich ist

Als Vorbereitung zum Panel „Netz-PublizistInnen im Gespräch“ (Dienstag, Stage 2, 18.45 Uhr), habe ich mich nochmal mit dem Thema Mutti-Blogs auseinander gesetzt.

Der Bogen ist folgender. Letzten August ist mein Buch „Sehr gerne, Mama, Du Arschbombe“ auf den Markt gekommen und das Buch ist ein Best-of-Auszug meines Blogs. Ich hab nicht genau nachgezählt, aber ich schätze, dass ungefähr 60 Geschichten aus meinem Blog ihren Weg in das Buch gefunden haben.

Mein Blog gibt es allerdings seit 12 Jahren und in dieser Zeit habe ich insgesamt weit über 2.200 Blogartikel verfasst.

Ich weiß nicht genau seit wann das so ist – aber seit ein bis zwei Jahren werde ich gerne in die Kategorie der Eltern-Blogs gepackt. Korrekter wäre zu sagen: In die Kategorie der Mama-Blogs. Am Anfang war ich darüber etwas empört.  Ich selbst sehe mein Blog nicht als Mama-Blog. Am passendsten finde ich nach wie vor Felix Schwenzels  geflügelte Formulierung: „Mein Blog ist mein Verdauungsorgan.“

Weniger unappetitlich, kann ich vielleicht sagen: mein Blog begleitet mich als Denk- und Erinnerungshilfe. Was mich beschäftigt, was ich erlebe, verblogge ich. Sehr oft versuche ich meine Erlebnisse und Empfindungen so zu abstrahieren, dass ich daraus eine Geschichte spinnen kann, die auch für andere Menschen Identifikationspotenzial hat. Ich möchte dabei unterhalten und meine Erlebnisse so teilen, dass andere mir sagen können: „Das ist bei uns ganz genauso“ oder „Ich kenne die Situation, aber wir lösen das so und so.“

Ich möchte gerade im Eltern-Kind-Thema die Lücke zwischen polierter Werbewelt, Hochglanzratgabermagazin („So erhalten sie in nur 4 Wochen ihren Prä-Baby-Body zurück!“) und unrealistischen eitel Sonnenschein-Kinofamilienwelt mit echtem Eltern-Kind-Alltag schließen.

Elternsein ist nicht immer leicht. Wir werden Eltern ohne dafür ausgebildet zu werden. Wir werden einfach ins kalte Wasser geworfen und dann soll es bitte funktionieren. Dabei stehen wir unter gesellschaftlicher Beobachtung und offenbar ist jede/r andere Experte in diesem Thema und es wird gerne bewertet.

Über meinen Alltag zu schreiben und über den Alltag anderer Eltern zu lesen, hilft mir sehr. Es erdet mich, versöhnt mich und zeigt mir Alternativen. Außerdem gibt es mir die Möglichkeit in alle Lebensrealitäten zu schauen. Ich lebe mit meinen beiden Kindern alleine in einem Haushalt. Wie ist es, wenn man eine typische Vater-Mutter-Kind(er) Familie ist. Wie ist es wenn man Alleinerziehende ist (im Sinne von da kümmert sich kein weiterer Elternteil)? Wie ist es in Einzelkind-Familien? In kinderreichen Familien? In Regenbogen-Familien? In Familien, wo die Kinder halb beim Vater, halb bei der Mutter leben? In Familien, in denen die Kinder im Schwerpunkt beim Vater leben? In Familien mit behinderten Kindern oder Eltern?

Eltern-Blogs bereichern mein Leben ungemein.

Und ich schätze tatsächlich den Austausch, den mein Blog mir mit anderen Eltern ermöglicht, sehr.

Wegen dieses Interaktionsfaktors, war es für mich gar nicht so einfach ein Buch zu schreiben. Ich habe zum Beispiel mehr als zehn Geschichten extra für das Buch geschrieben, dabei aber jedes Gefühl verloren, ob die Geschichten unterhaltsam und lustig sind oder nicht. Ob sie einen Nerv treffen oder ob sie überhaupt für andere relevant sind. Am Ende habe ich die Geschichten dann doch einfach veröffentlicht (Mama Leaks z.B. gehört dazu) und konnte so über Kommentare, Seitenzugriffe und Likes sehen, ob die Geschichten Unterhaltsungswert haben und bei anderen ebenfalls Thema sind oder nicht.

Im Blog schreibe ich natürlich auch über Mama-Themen, denn mein Mamasein und meine Kinder nehmen einen nicht unwesentlichen Teil meines Lebens ein – aber ich schreibe eben nicht nur darüber.

Wenn also Gespräche anfangen mit „Du als Mama-Blog…“ habe ich erstmal widersprochen.

Irgendwann ist mir aber aufgegangen, dass es gar nicht um das Thema mangelnde Themenvielfalt geht, sondern dass ich mich durch die Bezeichnung Mama-Blog degradiert fühle.

„Nur ein Mama-Blog“ wollte ich nicht sein. Mamas sind ja die Bastel-, Näh- und Dekoblogs!?

U.a. durch die Bemühungen von Berlinmittemom und Alu von Großeköpfe war es mir möglich diesen Knoten in meinem Kopf zu lösen – denn was soll das? Ich bin Mutter, ich schreibe über Mutterthemen und dann fühle ich mich fast schon beleidigt, wenn andere sagen, ich sei ein Mutter-Blog?

Was läuft da falsch im Kopf?

Dazu fiel mir dann wiederum der Artikel von Antje SChrupp zu den rosa Ü-Eiern ein, den ich sehr erhellend fand.

Es ist für Mädchen kein Problem, auch mal blaue Trekkingsandalen anzuziehen oder mit Feuerwehrautos zu spielen, […] ohne ihre Weiblichkeit dadurch aufs Spiel zu setzen.

Jungen hingegen können das nicht. Und zwar deshalb nicht, weil es unter Männern noch keine Kultur dafür gibt, wie sie ihre Männlichkeit behalten können, ohne sich von allem als „weiblich“ Identifizierten abgrenzen zu müssen.

Demzugrunde liegt ja die Vorstellung, dass das Gute – Wertige männlich ist und das Minderwertige – Zweitklassige weiblich ist.

Wenn ich selbst mein Blog also als wertig und vielfältig sehe und jemand zu mir sagt: Du bist ein Mama-Blog, dann fühle ich mich reduziert auf all die Vorurteile, die mir im Thema „Mama-Sachen“ begegnen können.

Gesellschaftlich erfahren viele Themen rund ums Hausfrauensein, um die Mutterschaft, um die Care-Arbeit tendenziell wenig Wertschätzung.

Und damit mache ich mich selbst klein, weil ich auf diesen (Vorurteils)-Zug aufspringe und ihm durch meine Widerrede sogar dazu verhelfe Fahrt aufzunehmen.

Das ist ganz schön dumm, denn ich möchte nämlich, dass das Muttersein, dass das Frauensein und alles was daran hängt, aufgewertet wird und gesellschaftliche Anerkennung findet.

Also habe ich aufgehört zu widersprechen und mich eingereiht in die gute Gesellschaft der Frauen, die sogar gleich ein „Mama“ im Blognamen haben.

Zum Beispiel:

Denn wir sind alle im selben Team. Wir versuchen durch das Teilen unserer Alltagserfahrungen Themen Aufmerksamkeit zu verhelfen, die natürlich eine gesellschaftliche Relevanz haben.

Wenn ich über (m)eine Schwangerschaft und die Geburt meiner Kinder blogge, dann komme ich nicht am Thema Hebammen vorbei. Wenn ich über Hebammen blogge, dann wird schnell klar, dass es hier dringend Handlungsbedarf gibt, weil die utopischen Versicherungsprämien das Hebammentum aussterben lassen und mir am Ende nur noch eine Fließbandgeburt im Krankenhaus bleibt.

Wenn ich über (m)ein Kind im Kindergartenalter schreibe, dann berühre ich automatisch das Thema Erziehungspersonal. Mir fällt auf, dass es einen Mangel an männlichen Rollenvorbildern im Care-Bereich gibt und dass der Job generell viel zu schlecht bezahlt ist.

Wenn ich über (m)ein Kind im Schulalter schreibe, dann stolpere ich zwangsläufig über die Steine des Bildungssystems (sog. nullte Stunde, Hausaufgaben, Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal etc).

Die Liste lässt sich unendlich erweitern: Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das Altersarmutsrisiko von Teilzeitarbeitenden und Alleinerziehende, die Zwänge von Rollenklischees, in die Kinder gezwängt werden, Medienkompetenz, Gleichberechtigung von Mann und Frau…

All das sind gesellschaftlich und politisch höchst relevante Themen und deswegen sollte das Label „Mama“ wirklich kein Problem sein. Also reiße ich mich jetzt zusammen und lächle wenn ein Interview beginnt mit „Du als Mama-Blog…“ und beantworte einfach die Fragen.


Nachträgliche Ergänzung – mein Gespräch zum Thema Eltern-Blogs mit Philip Banse auf der #rpTEN

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Verbote sofort verbieten

Er lungert schon lange in meinem Kopf: der Artikel zum Thema warum mir Kinderverbote nicht gefallen.

Stichwort Kleinkindabteile der Bahn

Meiner schlampigen Recherche zufolge (4 Minuten) hat ein ICE durchschnittlich 750 Sitzplätze. Diese sind aufgeteilt in 1/3 Ruhezonen, 1/3 Handyzonen und 1/3 nicht weiter bezeichnete Bereiche.

Es gibt außerdem Kleinkindabteile. Ich meine, ich habe noch nie mehr als zwei Stück pro Zug gesehen. Liege ich falsch? Werte Leserschaft, korrigieren sie mich. Pro Kleinkindabteil dann 6 (?) Plätze. Macht 12 Plätze (auf 750 ingesamt), die extra kleinkindfreundlich sind.

Gar keine Zahlen habe ich über den Anteil der Familien, die Zug fahren in Relation zu Menschen, die ohne Kinder Zug fahren.

Aber weil ich hier ohnehin nur behaupte: behaupte ich, es sind mehr als 12.

Müsste ich jetzt nicht 2/3 von 750 rechnen? Immerhin können die Familien doch in allen Zonen ausser den Ruhezonen Platz nehmen, oder?

Theoretisch ja. Praktisch habe ich die Erfahrung gemacht, dass Menschen mit Kindern ganz generell immer unerwünschter werden. Kinder bewegen sich nämlich, sie reden, sie lachen und manchmal weinen sie oder quengeln.

Mit Kindern in (irgendein) Zugabteil kommen, bedeutet oft auch genervte Blicke empfangen: „Oh no! Es war doch so schön (ruhig) hier. Jetzt kommt diese Frau mit ihren Kindern. Orrrr!“ und „Es gibt doch diese Kinderabteile! Wieso gehen die denn nicht ins Kinderabteil!?“

Die Antwort lautet: a) es gibt keine Kinderabteile und b) es gibt nur Kleinkindabteile und da sind die Plätze so rar, dass man sie als Paar an zwei Händen abzählen kann.

Ich glaube, die bloße Existenz dieser Abteile macht es Familien schwer. Wenn es schon extra Kinderbereiche gibt, dann soll man doch bitte auch dahin. Und bloß nicht sowas seltsames tun wie ein Baby stillen! Das macht man nun wirklich in diesem Extraabteil! Für was gibts die denn sonst!

Im Kopf höre ich schon die Stimmen, der begeisterten Kleinkindabteil-NutzerInnen. Nur positive Erfahrungen haben die gemacht! Also WIR nutzen diese Abteile sehr gerne. TOTAL entspannend ist das. Was kann man denn gegen diese Abteile haben?

Was ich gegen diese Abteile habe

Ich habe gegen diese Abteile, dass ihre bloße Existenz kinderunfreundlichen Menschen das Gefühl gibt, dass man (ich mit den Kindern) nicht normaler Teil der Gesellschaft ist. Wir gehören ins Séparée. Wir sind eine Zumutung, eine Belästigung für die anderen Reisenden.

Ich glaube nicht daran, dass separierte Bereiche Kinder- und Familienfreundlichkeit steigern. Im Gegenteil.

Da kann die Bahn gerne auch (seit Dezember 2015) Familienbereiche einführen. Pro ICE bis zu (!!1!) 24 Plätze für Familien, die durch Trennwände vom Restabteil abgetrennt sind.

Der Sitzbereich für Familien unterscheidet sich nicht von einem regulären Großraumwagen oder 6er-Abteil. Es handelt sich lediglich um gekennzeichnete Teilbereiche, in denen Reisende mit Kindern bevorzugt sitzen dürfen und ganz entspannt in Gesellschaft anderer Familien reisen können.

 

Das hilft rein gar nicht. Das ist eine Ausrede. Wenn es irgendwie hilfreich sein sollte und man wirklich an reisende Familien denken würde, dann wären 2/3 aller Plätze Familienbereiche und man bemühte sich um echte Maßnahmen, die die kinderfreundlichkeit verbesserten.

Was aber wäre denn familienfreundlich?

Mehr Hörspiele (die gabs mal – wo sind sie hin?), mehr Tische (damit die Kinder malen und spielen können), kleine Spielstationen (wie in diesen gelbblauen Möbelhäusern), Wickeltische in den großen Toiletten, die es viel zahlreicher geben sollte, fröhliche ZugbegleiterInnen, die wieder Kinderfahrkarten dabei haben (die letzten 6 Bahnfahrten immer gehört „die sind gerade aus“), von mir aus auch wieder Screens, die Filme zeigen an den Rückseiten der Sitze (gabs auch mal – warum wurden die abgeschafft). Also das nur so als schnelle Ideen.

Was würde das bewirken?

Integrierte Familien auf Bahnfahrten. Menschen, die ohne Kinder reisen, könnten sich wieder an die selbstverständliche Anwesenheit von Kindern gewöhnen. Sie könnten aushalten lernen, dass Kinder auch Teil unserer Gesellschaft sind und trotz aller Erziehungsbemühungen mal geräuschvoll sein können.

Ich glaube wirklich: Trennung verstärkt Intoleranz, begünstigt Empfindlichkeit und befeuert die Befremdlichkeit, die manche gegenüber Kindern empfinden.

Den selben Artikel könnte ich jetzt in grün über Eltern-Kind-Cafés schreiben. Die halte ich nämlich auch für falsch. Sie geben den anderen Cafés eine schöne Ausrede gar nichts für Familien und Kinder zu tun. Dafür gibts ja diese Eltern-Kind-Cafés. Warum Stifte und Malvorlagen bereit stellen? Warum das Kinderessen schnell und unkompliziert zuerst servieren? Warum überhaupt irgendwas für Kinder tun? Wenn man keinen Platz in normalen Cafés für Kinderwagen schafft und stattdessen lieber Poller in den Eingangsbereich stellt, hat man vielleicht noch Platz für drei weitere Tische und zwölf Stühle und kann mehr Geld verdienen.

Umgekehrt halte ich auch nichts von kinderfreien Flügen und kinderfreien Hotels. Ich halte nichts von Verboten. Verbote gehören verboten!

Ja, soll es denn nirgendwo Ruheplätze geben?

Doch, doch. Ich finde Ruheplätze super. Ich finde nur nicht dass dafür Kinder verboten werden müssen. Ich glaube an gegenseitige Rücksichtnahme.


P.S. Die Bahn weist explizit darauf hin, dass man nicht zwangsweise diese Plätze buchen muss. Sie legt es nur nahe, dass man sich dort sicherlich sehr wohl fühlt, denn

Umfrageergebnisse zeigen, dass jeder Fahrgast am liebsten neben sich selbst sitzt, also neben jemandem mit den gleichen Ansprüchen an die Reisezeitgestaltung

Familien fühlen sich nämlich neben Familien am wohlsten, so die Umfrage.

Also ich persönlich habe rein gar nichts gegen Nicht-Familien. Ich könnte auch mit Menschen reisen, die keine Kinder (dabei) haben. Da bin ich sehr tolerant. Ich habe nichts gegen telefonierende, sprechende, essende, musikhörende, serienschauende Menschen. Ehrlich.