Was ich von der re:publica 09 mitgenommen habe (Teil I)
Fernsehschlaf und Speckröllchen
Männer sind manchmal wahnsinnig undankbar. Mein Ex z.B. fands total doof, dass ich jeden Abend gegen 20.17 Uhr vorm Fernseher einschlafe. Und das obwohl ich ihm das große Kompliment, das sich dahinter versteckt, ausführlich erklärt habe. Im Grunde war es nämlich eine leise schnarchende Liebeserklärung; denn:
Vor 10.000 Jahren konnten die Steinzeitweibchen in der heimischen Höhle nur sanft einschlummern, wenn sie sich durch ein kräftiges Steinzeitmännchen bewacht fühlten.
Einzuschlafen ist also ein unausgesprochenes: Schatz, ich find‘ Dich wildmännlich, stark und groß! Ich fühl mich so beschZZZzzzzzzzzzzzzzt.
Auch fürs Dickerwerden höre ich nie ein Paar Worte des Danks!
Je glücklicher, wohliger und heimeliger sich ein Steinzeitweibchen fühlte, desto mehr Speckröllchen konnte es anlegen. Diese bildeten nämlich die unverzichtbare Basis für das Austragen der Nachkommenschaft.
Deswegen sollte zumindest mein derzeitiger Mann sich über meine stetige Gewichtszunahme und meinen abendlichen Erhohlungsschlaf freuen. Dass er nicht jedes Jahr ein Kind haben will – dafür kann ICH doch nichts.
Weibliche Selbstkasteiung
Gegen die Altersverdickung kann man im Grunde nichts machen. Man kann sich höchstens ein bisschen strafen. Wie ich heute gesehen und gehört habe, machen das Männer auf unterschiedlichste Art und Weise. Der eine ernährt sich nur von grünen Kürbisgewächsen, der andere schlürft in der Mittagspause eine Rindsbouillon.
Ich hingehen gehe zum Sport. Wäre ich reich, ich zahlte 120 Euro im Monat und lümmelte mich im Whirlpool von Holmesplace oder ließ mich in der Sauna langsam durchkochen.
Weil ich leider arm geizig bin, ich erwähnte es bereits , mache ich einen VHS-Kurs.
Dieser findet in einer Schulturnhalle mit schweißstinkenden Gummiboden und einer wändischen Vollvertäfelung statt. Die Yeah-we-giong-to-Ibiza-Musik plärrt aus einem Ghettoblaster, der vermutlich Mitte der 80er Jahre angeschafft wurde, und vor mir hüpft kaum hörbar atmend eine 20 Jährige Studentin.
Sie wiegt 45 Kilo und ihr Frohsinn weckt in mir die Mordeslust. Während ich halb ohnmächtig nach der 3. ‚Frauenliegestütz‘ auf die Matratze sinke, frage ich mich, ob ich nicht auch lieber Brühe trinke. Zu dumm nur, dass ich weder Gurken noch Rinder essen mag.
Der Katzenveit von Tripstrille
Kürzlich war unsere italienische Verwandtschaft zu Besuch und es dauerte keine 60 Minuten bis die Kinder mit einem leuchtenden, blinkenden und melodienleiernden Spielzeug ausgestattet waren.
Wenn man liest, man habe Gefangene mit Popsongs von Britney Spears und Metallica gefoltert, dann ist es leicht vorstellbar, dass auch diese Art Spielzeug eingesetzt wurde.
Die Melodie ist eingängig und schon ein sechs Monate altes Kind kann sie problemlos nachahmen. Von sprechfähigen und schulpflichtigen Kindern ganz zu schweigen.
So dudelt und rollt das automatische Gefährt seit einer Woche fröhlich durch die Wohnung. Wenn die Kinder nicht da sind, versteckt es sich hinter dem Wäschekorb oder in der Spülmaschine und fährt unerwartet aus seinem Versteck hervor und versetzt uns Erwachsene in Angst und Schrecken.
Einmal saß es sogar in der Kloschüssel und griff jäh beim morgendlichen urinieren an.
Tagsüber wenn die Kinder wach sind, fährt und tutet es wie von Geisterhand gesteuert durch die Wohnung und die Kinder laufen fröhlich singend hinterher. Der Melodienzug fährt durch den Flur, durchs Wohnzimmer und zurück ins Bad und die Kinder klatschen dazu im Takt.
In einem nächtlichen Traum höre ich genau die selbe Melodie auf einer menschenleeren Straße. Der Dudelzug fährt durch Berlin und die 7.976 Kinder unseres Bezirks folgen ihm die Tonfolge leise murmelnd. Als ich aus dem Fenster sehe, erkenne ich im fahlen Licht der Laternen in drei großen Lettern G E Z am Wagenstand. Die Zimmertür der Kinderstube öffnet sich leise knarrend und unser Baby schüttelt traurig den Kopf: Kulturzeit, Mama.
Gert Scobel sagt das größere Kind, dann laufen auch sie auf die Straße hinaus zum GEZZug. Schluchzend rufe ich in die Nacht: Abba isch abbe gar keine Färnsäha!
Mit Kleinkindern kochen
Stripgenerator gesehen beim MC Winkel
Mein Banner ist größer als Deiner
Ich weiß was Deine Eltern 1968 getan haben…
Tatookid
Hunderte von Büchern wurden zum Thema Motivation geschrieben. Psychologen behaupten gerne, es gäbe keine extrinsische Motivation. Gemäßigtere Meinungen postulieren, dass externe Verstärker zumindest die intrinsische Motivation verderben. Doch Tatsache ist, für einen Stempel tut das Kleinkind ALLES.
Es begann feindosiert im Kindergarten. Einmal ins Klo pullern = ein Stempel.
Das Kind war in vier Tagen windelfrei und soff Wasser wie ein Kamel. Macht 17 Stempel fürs Pinkeln am Tag.
Auf eine lange Tradition der Aufräumverweigerung beim Erstgeborenen zurück blickend, dachten wir so ein Stempelchen würde auch hier seine Wirkung nicht verfehlen. Und tatsächlich: Kind 2.0 räumte regelmäßig auf. Es entwickelte eine wahrhafte Aufräummanie. War ein Gegenstand nur um einen Millimeter von der Soll-Position verrückt, er wurde aufgeräumt. Schreiend verlangte das Kind Stempel um Stempel. Allein dafür kamen weitere 9 Stempel täglich hinzu.
Man muss nun sehen, dass so ein alfgroßes Wesen doch recht bald an Kapazitätsgrenzen kommt, was das freie Hautflächen zur Verfügung stellen angeht. Bald waren 80% des Körpers bestempelt. Nur Hände, Füße und der Kopf boten Freiflächen.
Dann verlangte das Kind weitere Stempel fürs Durchschlafen. Da wir bereits 765 Tage darauf warteten, stempelten wir schweren Herzens das Gesicht.
Gesellschaftlich kommt es nicht sooo gut rüber ein ganzkörpergestempeltes Kind zu haben – doch was soll man tun? Dafür sparen wir Windeln, schlafen durch und es ist picobello aufgeräumt.