Das Liebesaus?

Jahrestage sind völlig überbewertet. Du weißt, dass ich wirklich nicht kleinlich bin. Wenn ich keine Blumen zum 1., 2., 3. oder 4. Jubiläum bekomme, ist das völlig OK.
Ich dachte bislang, Du seist anders als andere Männer. Doch heute, 1.551 Tage nach unserem ersten Kuss muss ich einsehen, Du bist genau wie alle anderen. Ich war geduldig und habe gewartet dass Du es selbst ansprichst – 24 Stunden lang. Geschwiegen habe ich und erwartungsvoll in Dein Gesicht geblickt. Doch Dein Mund blieb verschlossen und die ersehnten Worte passierten nie Deine Stimmbänder.
Jetzt musst Du es so erfahren – in aller Öffentlichkeit.
SCHATZ ICH HABE 125 Gramm abgenommen!
125 Gramm, das ist eine gute Portion Aufschnitt, ein halbes Paket Butter, ein Glas Wasser! Irgendwo fehlt das Fett und Du hast nichts gesagt! Es macht mich fünf Jahre jünger und in der U-Bahn hat mich sogar ein fremder Mann angelächelt. Doch DU, DU hast nichts gesehen, nichts gesagt.
Als Kind musste ich über den Otto-Witz lachen als die Frau mit Gasmaske nach Hause kommt und ihren Mann fragt, ob ihm irgendwas auffiele und er mit „nein“ antwortete. Doch jetzt, da es mir selbst passiert, kann ich nicht lachen.
125 Gramm! Eine kleine Packung Lebkuchen, so viel Mascarpone wie in eine Portion Tiramisu kommt, ein Single-Kohlkopf. Wieso bist Du nur so blind geworden? Liebst Du mich nicht mehr?

Ach und P.S.: ICH WAR BEIM FRISÖR!!!

Stapelweise Holz vor der Hütte

Ich weiß nicht wie es ist kleine Brüste zu haben. Ich habs mir immer toll vorgestellt, kann man doch auf BHs und anderen nutzlosen Tand verzichten.
Aus Erfahrung kann ich nur berichten, dass die meisten Frauen, die kleine Brüste haben, sich oft darüber beklagen. Dieses Klagen sollte in einer Schwangerschaft ein Ende haben. Denn da schwellen diese sekundären Geschlechtsmerkmale um ein vielfaches an. Schon ganz zu Beginn.
In der Mitte der Gravidität wird ein enges Umarmen des Partners schon fast unmöglich und wenn man sich dann gegen Ende der 40 Wochen größere Büstenhalter zugelegt hat, so wird man erkennen, dass mit der Geburt des Kindes eine weitere, ganz erstaunliche Vergrößerung möglich ist.
Wenn man also erst mal ein Paar Monate diese aufgeblähten Ballons vor sich her getragen hat, ist es kein Wunder, dass die meisten Frauen glauben, dass die Brüste mit dem Abstillen kleiner würden als vorher.
Tatsächlich ist das eine Fehlerinnerung.
Überholt eines Tages der Bauch den Busen, verspürt man das erste Mal so etwas wie angst. Diese Angst legt sich aber relativ schnell wieder, denn je umfangreicher der Bauch, je höher die Gebärmutter wandert, desto näher kommt einem der Busen und es dauert nicht mehr lang, da offenbart einem der Blick nach unten eigentlich nichts mehr außer den freundlichen Brüsten und vielleicht ein bisschen Bauch. Der Körper weiter unten wird ein fremdes und unbekanntes Areal und man ist nur noch auf Du und Du mit dem gigantischen Vorbau.
Ein evolutionstechnisch seltsames Phänomen. Während man nämlich für die Fremdmannheit unsichtbar wird, bekommt der sich deformierende Körper für den eigenen Mann eine gewisse exotische Attraktivität.
Alles wird größer und es gibt viel, viel mehr und selbst wenn das Männchen vorher auf die Dürrheit des Weibchens fixiert war, so wird er hormonell umprogrammiert und in ihm steigt das Verlangen das quasi durch ihn verursachte Anschwellen des Weibchens mit Streicheleinheiten und Liebkosungen zu ertasten.
Doch HALT lieber Mann. Wenn man prall wie eine fertig gekochte Weißwurst ist, jede Bewegung schmerzt, dann will man nicht angefasst werden.
Was man sich wünscht sind Massagen der wasseraufgedunsenen Beine, Herzungen der schwielengeplagten Füße und vielleicht eine kleine, vorbeugende Dammmassage.
Macht evolutionstechnisch bezogen auf die Partnerschaft also keinen Sinn, ist aber so.

Was die Beziehungswelt zusammen hält

Es gibt die unterschiedlichsten Arten von Beziehungskit. Für die meisten ist es Liebe, so hört man in Umfragen. Das Problem an der Liebe ist, sie ist vergänglich. Als eher sicherheitsorientierter Mensch würde ich meine Beziehung nie auf solch wackelige Beine stellen.
Da setze ich lieber auf Leiden. Man könnte dieses Phänomen unter dem Begriff Kreuzritter-Effekt zusammenfassen. Man lernt einen Partner kennen, findet sich sympathisch und eines Tages beschließt man gemeinsam den heiligen Gral zu suchen. Man macht sich auf den Weg und überwindet Hindernis nach Hindernis, hilft sich gegenseitig und bringt so manchen Ungläubigen zur Strecke. Nach mehreren Jahren der erfolglosen Suche, ahnt man zwar, dass man den Gral nicht finden wird, lässt sich aber nicht davon abhalten tapfer weiteren Abenteuern entgegen zu reiten. Dabei schwelgt man nicht andauernd in Harmonie, nein, es müssen auch Ritterkämpfe überstanden werden.
So einen Kampf hatten wir gestern Abend, als wir vom Keller der Nachbarin einen Crosstrainer in unsere Wohnung befördern wollten. Gut 90 Kilo wiegt das Gerät – was an sich nicht so schlimm wäre – nur leider ist es ungefähr so handlich wie ein Klavier.
Da steht man zu zweit noch vor Eintritt ins eigene Treppenhaus verkantet zwischen Wand und Treppe und spürt, wie sich der rechte Griff der Sportmaschine tief in das eigene Gedärm drückt, während der Partner munter von der anderen Seite mit aller Kraft weiter schiebt.
In jenen Momenten, in denen zusätzlich das Kreuz schmerzt und man glaubt einen Hexenschuss zu bekommen, schreit man den unterdrückten Frust der letzten Wochen durch das Treppenhaus und auch der Partner nutzt die Gunst der Stunde und fährt den in der Zwischenzeit hochgewuchteten Crosstrainer punktgenau über die falsch platzierten Füße. Er brüllt „Entschuldigung“ doch in seinen Augen sieht man, das war kein Versehen.
Treppe um Treppe schleppt man sich den Wuttränen nahe der eigenen Entkräftung entgegen, während man vielleicht in einer Zwischenetage die sich bietende Chance nutzt und den Partner auf der eigenen Schweißpfütze zum Staucheln bringt.
Wie eine gigantische Bohrschraube, die ihren Weg durch das Gestein Meter um Meter auf dem Weg nach einem Erdölfund bahnt, bewegt man sich durchs Treppenhaus. Den Crosstrainer hassend, sich hassend, den Partner hassend.
Kommt in der 6. Etage dann endlich die eigene Wohnungstür in Sicht, so weicht die Aggression, Glückshormone werden über den Hypothalamus freigesetzt, man blickt den Partner mit den blutunterlaufenen Augen an und fällt ihm weinend in die Arme. Es ist geschafft! Wir haben es geschafft! Gemeinsam! Man schwört sich schlangenzüngig ewige Liebe und meint damit, dass niemand von beiden den sperrigen Klotz jemals wieder runter schleppen will.

Und für die, die es weiterhin Liebe nennen wollen: Liebe ist eine Fehlinterpretation physiologischer Erregung!

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