Der Alltag, das Lesen und der Tod

PublicCo @Pixabay

Der Alltag fließt dahin und lässt mir kaum Schreibzeit. Voller Ver- und Bewunderung stelle ich dann fest, dass andere Blogs stetig und immer hochwertige Texte produzieren (so z.B. Herr Buddenbohm) und frage mich: „Wie machen die das? Wie???“

Ich hingegen sitze abends, nachdem die Kinder ins Bett gebracht sind, sehr schlapp auf meinem Sofa und scrolle mich durch die Scheinwelten von Instagram. Einen seltsamen Reiz üben die aufgeräumten, weißen Wohnungen auf mich aus. Wenn ich dann auf „Erkunden“ klicke, führt mich der Algorithmus in eine Welt voller Widersprüche. Er zeigt mir auf der einen Seite unfassbare Tortengebilde mit zentimeterhohen Frosting-Schichten, zarte Steaks und saisonale Fressgelage und auf der anderen Seite präsentiert er mir Frauen Kleidungsgröße 36, die dank diverser Kohlenhydratverzichtspraktiken gestützt durch viermal die Woche Sport endlich Size Zero tragen können. Vorher – Nachher.

Ermattet lege ich dann irgendwann mein Handy zur Seite und versuche ein Buch zu lesen, doch nach fünf Seiten fallen mir die Augen zu.

Ein Buchlesedisziplinierungscamp wäre nötig. Zehn Seiten! Weiter! Fünfzehn! Ein Drill-Instructor müsste neben mir stehen und mich jedes Mal, wenn die Augenlider schwer werden, an den Schultern packen und rütteln: EIN WACHER GEIST BRAUCHT HOCHWERTIGEN INPUT! NOCH ZEHN ZEILEN MEHR!!

Wenn er „Input“ schreit, spuckt er ein bißchen. Ich erschrecke und lese um mein Leben. Ein Jahr später merke ich, wie ich mit Leichtigkeit auch abends um 23 Uhr noch fünfzig Seiten weglese, wie ich mich an jeden Protagonisten erinnere und weiß, in welchem Verhältnis er zu wem steht. Ein Game-of-Thrones-House of irgendwas-Organigram zeichne ich fehlerlos aus dem Kopf. Die besonders geistreichen Passagen der besten Bücher kann ich auswendig zitieren. Im Schlaf und auch während jedes Business-Meetings. Es wird anerkennend genickt. Die Cammarata, das ist doch die, die abends noch Bücher liest!

Doch leider steht da kein Sergeant und macht mich klug und so schlafe ich eben ein und träume seltsame Dinge.

Neulich zum Beispiel, dass der Boden meiner Wohnung porös wird und in großen Stücken abbricht. Ich kann in die Wohnung unter mir schauen, ich sehe altmodische Perserteppiche in dunkelrot mit goldenen Ornamenten. „Ach,“ denke ich „nicht so schlimm, so ein löchriger Boden, hat noch niemanden umgebracht und wenn dann falle ich maximal 2,50 aufs Sofa der Nachbarn.“

Just in diesem Moment bricht ein weiteres Stück Boden unter mir weg. Das Haus hat an dieser Stelle einen Vorsprung. Ich sehe die letzten Steine in die Tiefe stürzen. Ich befinde mich mindestens im achten Stock.

Morgens wache ich auf und wundere mich: Welche Gefahr nehme ich auf die leichte Schulter? Vor was will mein Unterbewußtes warnen?

Nach dem ersten Kaffee ist mir das schon wieder egal. Ich habe eine ausgeprägte Ader entwickelt Schlechtes zu ignorieren. In jedem Schlechten ist etwas Gutes zu finden und wenn man trainiert, werden die schlechten Dinge im Leben retrospektiv größtenteils unsichtbar und man erinnert sich lediglich an ein erfülltes Leben.

Anscheinend pflege nicht nur ich diese Praktik. Von „Gratidtude Lists“ lese ich in einem Blogbeitrag von Judith Holofernes.

In ihrem Beitrag schreibt sie über ihr Krankheitsjahr und das, was sie daraus mitgenommen hat. Der Beitrag hat mich sehr berührt, denn meine (in der Zwischenzeit ausgeheilte) Herzkrankheit und der Tod nahstehender Menschen haben mein Leben in den letzten Jahren sehr gerade gerückt und helfen mir sowohl beim Loslassen von Last und beim Festhalten und Pflegen bereichernder Beziehungen.

Ähnlich berühren mich die Newsletter von Sue Reindke. Ich lese sie nie zwischendurch sondern hebe sie mir immer für einen Moment auf, in dem mein Kopf aufnahmefähig ist. Wie einen besonderen Nachtisch.

Im letzten schreibt sie über Krisenkommunikation – die Art und Weise wie man z.B. als Ersthelferin nach einem Unfall mit den Verletzten spricht. Man weiß gar nicht, wie man all den mutigen Menschen, die anderen in schweren Situationen beistehen, danken soll.

In meinem Leben gibt es eine Frau, die vor langer Zeit einem meiner Kinder vermutlich das Leben gerettet hat, zumindest hat sie es vor Schlimmen bewahrt, doch ich konnte ihr nie danken, denn sie hat das Kind an die Polizei übergeben, ohne dass diese ihre Daten aufgenommen haben und erst dann wurde ich alarmiert.

Oft denke ich an diese Frau und bin so unendlich dankbar, dass sie aufmerksam war und aktiv wurde und hoffe auf viele, viele Menschen, die Mitmenschen in Not unterstützen und nicht wegsehen und sie über schwere Wegstrecken begleiten.

Es gibt so viele von ihnen und ich bin ihnen unbekannterweise dankbar. So wie z.B. Lucky Hundertmark, der ich auf Twitter folge, ohne sie persönlich zu kennen.

Der Tod ist auch so ein Thema, das mich begleitet. Ich frage mich immer wie viel leichter der Tod würde, wenn man über ihn sprechen könnte, wenn er Teil des Lebens wäre und kein Tabu.

MikesPhotos @Pixabay

Gerne habe ich deswegen Daddy in Distress Podcast Folge 19 über den Tod gehört und bin den ganzen Links gefolgt und habe dort weitergehört und gelesen. Viele interessante Artikel und Podcasts (wie z.B. den endlich-Podcast  oder The End) lassen sich außerdem über den Twitteraccount Thanatos Bestattungen entdecken.

Den Tod nicht wegzudrücken, ihn im Gegenteil sogar eng bei sich behalten, das macht das Leben manchmal sogar einfacher.

 

Alle sollen Prinzessin sein dürfen

Uniformität
Symbolbild Elsaisierung
Pixabay @Aenigmatis-3D

Letzte Woche hat die Schule mit den Kindern Fasching gefeiert. Der Unterricht fiel aus und es wurden den ganzen Tag getanzt und gespielt. Die Kinder waren angehalten verkleidet zu kommen.
Abends im Bett unterhalte ich mich mit Kind 3.0, das sich als Kräuter-Experte verkleidet hatte.
„Als was hat sich deine Sitznachbarin verkleidet?“
„Elsa“
„Oh und Paula?“
„Auch.“
„Auch als Elsa? Das ist ja ein lustiger Zufall. Und Sabine?“
„Elsa.“
Ich schaue Kind 3.0 sehr verwirrt an.
„Eigentlich haben sich fast alle Mädchen als Elsa verkleidet.“

Vor meinem Auge tanzt ein Heer an Elsas.

Ich halte diese zunehmende Vereinheitlichung von Kinderphantasien für einen Effekt erfolgreichen Gender-Marketings.

[In den Kommentaren gerne eine Diskussion darum, ob Elsa nicht eigentlich eine feministische Prinzessin ist.]

Interessant ist für mich v.a. die Vereinheitlichung von Kinderphantasien. Warum trifft man auf einer Faschingsparty v.a. auf Prinzessinnen (und Superhelden, wenn man sich die Jungs anschaut)?
Warum blickt man nicht in eine große, bunte Schar von Astronautinnen, Wissenschaftlerinnen, Hasen, Polizistinnen, Räuberinnen, Cowgirls, Feuerwehrfrauen und Diebinnen?
Warum wagt es umgekehrt selbst an Karneval kaum ein Junge in die Rolle einer Prinzessin, eines Lehrers, einer Katze oder eines Tänzers?

Ich würde sagen, das hat viele Gründe: Zum einen werden die Geschlechtersterotypien durch Werbung und Co. immer stärker eingeschränkt und damit verbunden fürchten Kinder (oder deren Eltern) unbewußt um ihre Geschlechtsidentität. Kann ein Junge ein Junge sein, wenn er sich als Prinzessin verkleidet?

Da ist es wieder, das Prinzessinnen Thema.

Ich war gestern auf der Verleihung des Goldenen Zaunpfahls, ein Negativpreis, der das absurdeste Gendermarketing-Produkt kürt.

Wenn man das Hashtag #goldenerZaunpfahl auf Twitter filtert, stößt man immer wieder auf Frauen, die sinngemäß sagen: „Na und? Ich liebe Prinzessinnen! Ich möchte eben Prinzessin sein. Warum könnt ihr mir das nicht lassen?“

Diese Frauen möchte ich gerne ein bisschen zärtlich schütteln und ich frage mich: Wann werden sie es verstehen?
Wann werden sie verstehen, dass niemand ihnen das Prinzessinsein nehmen will (also ich zumindest nicht) – sondern, dass eine bestimmtes Prinzessinnen-Stereotyp erst dann ein Problem ist, wenn es die einzige Wahl, die einzige Phantasie, das einzige Vorbild für aufwachsende Mädchen ist.

Denn ja, ich persönlich habe ein Problem damit, dass meinen Töchtern als (Lebens)Ziel vorgegeben wird, dass sie artig, sittsam, brav, sauber, hübsch, sexy und nicht so vorlaut sein sollen.

Und genauso bedauernswert finde ich es für meine Söhne, wenn Männlichkeit sich über Kraft, Macht, Unterdrückung, Dominanz, Gewalt und Härte definiert.

Denn was ist mit den künstlerisch interessierten Jungs? Den Sensiblen? Denen, die gerne tanzen und singen? Denen, die Glitzer und Rosa mögen? Denen, die tierlieb sind oder denen, die fürsorglich sind?

In meiner Lebensfilterbubble haben wir mit solchen Stereotypen zum Glück nicht viel zu tun. Das liegt aber auch am Alter der Kinder. Allein schon kein Fernsehgerät mit Werbeunterbrechungen in den eigenen vier Wänden zu haben, hilft da ungemein. So bleiben wir von Werbung verschont, die uns zeigt, dass Frauen lächelnd Salat essen sollen, damit sie bloß nicht zu dick werden, dass sie teure Produkte kaufen, um ihre Defizite wie FALTEN und FRIZZ zu beheben, wohingegen die aktiven, leistungsstarken Männer samt Duschgel wagemutig von zehn Meter hohen Clippen springen.
Es gibt auch keine Frauen- und Männermagazine in unserer Wohnung, die uns z.B. zeigen, dass Männer anders backen NÄMLICH MIT HACKFLEISCH!

Wir kommen mit diesen absurden Frauen- und Männerbildern nur in Kontakt, wenn wir unsere Wohnung verlassen. Erst im Supermarktregal lernen wir was echte Frauen bzw. echte Männer tun sollen oder wie sie sein sollen.

Im Babyalter kann ich mich als Mutter noch wehren gegen diese Einflüsse. Sollte jemand so irre sein und mir einen Babystrampler schenken, auf dem steht „Ich hasse meine Oberschenkel„, dann kann ich den Strampler anzünden oder anderweitig entsorgen.

Was aber macht man, wenn die Kinder im Schulalter sind und all diese schönen Produkte geschenkt bekommen? Nimmt man sie ihnen ab? Streitet man sich mit der Verwandtschaft, die sowas niedlich oder witzig findet? Zwingt man ihnen zu jedem Produkt eine Diskussion über die Gefahren des Gendermarketings auf?

Besonders zur Verzweiflung bringen mich zur Zeit übrigens Bücher „für Jungs und Mädchen„.
Denn im Gegensatz zum gegenderten Wasser, enthält ein gegendertes Buch nicht den selben Inhalt.
Gegendertes Wasser ist einfach Schwachsinn. Wenn mein Kind dauerhaft Wasser aus einer rosafarbenen Flasche trinkt, passiert im Wesentlichen: nichts.

Wenn meine Töchter aber Bücher extra für Mädchen lesen, die ihre Aktions- und Entwicklungsmöglichkeiten bis zum Get-no auf Shoppen, Schönheit und Begehrenswertkeit einschränken, dann bekomme ich wirklich Wut.

Sehr viel schlimmer geht es nicht. Quelle: http://ich-mach-mir-die-welt.de/2014/09/drei-ausrufe-und-drei-fragezeichen/

Wenn meine Töchter aufwachsen und lernen: Mädchen können kein Mathe, Mädchen haben einen Pflegeinstinkt, Mädchen kochen gerne, Mädchen müssen von tapferen Rittern gerettet werden… dann muss ich würgen.

Mit meinen Söhnen geht es mir übrigens nicht anders: warum sollen sie lernen: echte Männer weinen nicht? Echte Männer lieben scharfe Soßen! Fleisch! Sie fahren schnelle Autos, sie sind mutig, sie haben Muskeln!

Das Problem sind also nicht die Prinzessinnen (und übrigens auch nicht die Kindertaschen mit glitzernden Delfinen), das Problem ist das Klischee, das damit verbunden wird.

Warum dürfen meine Kinder nicht unabhängig vom Geschlecht alles sein? Wenigstens als Kind? Wenigstens in ihrer Phantasie?

Wie sollen Mädchen sein dürfen?

Ich schließe mit den Worten von Antje Schrupp aus Gegen den Geschlechterblödsinn:

„Wir sollten das zugeben: Indem wir Gendermarketing tolerieren, zementieren wir Rollen, behindern wir Kinder in ihrer freien Entfaltung. Wir machen es ihnen schwer, zu ihren eigenen, individuellen Vorlieben und Stärken zu finden, indem wir sie schon als Babys darauf trimmen, dass sie als Mädchen dies und als Jungen das zu wollen hätten.“

—-

Zum Abkühlen dann noch die Positivbeispiele der Preisverleihung gestern.

Denn auch ich freue mich, wenn Firmen versuchen es besser zu machen. Ich bin ganz bei Tarik Tesfu, der sinngemäß sagte: Ja, man kann da auch noch berechtigt kritisieren, aber zuerst kann man ja feiern, dass Feminsmus und Diversität in den Mainstream-Medien angekommen sind.

Deswegen hier drei schöne Beispiele: Telekom, Audi und H&M:

Ganz großartigen Hip-Hop, der sich mit dem Thema Rollenklischees beschäftigt, gibt es übrigens auch:

Abschließend: Ganz herzlichen Dank an Almut Schnerring, Anke Domscheit-Berg und Sascha Verlan für ihren Einsatz! Möge der Goldene Zaunpfahl schon sehr bald nicht mehr nötig sein.

2016

Pexels @Pixabay

Ich bewundere ja diese Menschen, die sich Dinge aufschreiben, die Listen führen und alles erfassen. Wenn man irgendwann alt ist, dann ist das bestimmt wunderbar. Ich merke immer wieder wie viel ich vergesse und wenn ich dann Fotos sehe oder Texte lese, dann frage ich mich, wie ich das alles vergessen konnte und bedauere sehr, so nachlässig in der Dokumentation zu sein.

Ich finde ja, wenigstens Netflix und Co. könnten am Ende des Jahres eine schöne Statistik zusammenstellen. „Sie haben 273 Stunden Serien geschaut. Folgende Serien waren das: …“ Aber nein! Alles muss man sich selbst merken.

Aber zurück zum eigentlichen. 2016 war ein Jahr mit vielen Auf und Abs. Für mich ist das ganz neu: Gefühle. Den janzen Tag! Für meine Kinder hatte ich schon immer große Gefühle, doof finden konnte ich auch immer ziemlich viel, aber Nuancen das ist neu!

Wobei, ich bin immer noch ein ein bisschen aus dem Takt geratener Roboter. Früher war alles schön 0 oder 1. SUPERTOLL! oder eben TOTAL DOOF! HUNGER! oder PAPPSATT! AUF JEDEN FALL! oder NIEMALS! AN oder AUS.

Jetzt gibt es gelegentlich Abstufungen. Wobei mir das immer noch sehr schwer fällt.

Was gab es aber an großen Veränderungen?

Die großen Kinder

Eine irrsinnige Veränderung ist die Selbständigkeit der Kinder. Ich kann es manchmal gar nicht glauben, was alles plötzlich ohne mich geht und ich muss mich zusammenreißen nicht wimmernd hinter den Kindern herzuschleichen – weil früher! früher hab ich das doch alles (mit)gemacht.

Jetzt kann ich auch mal länger arbeiten, die Kinder bringen sich selbst nach Hause und manchmal komme ich in die Wohnung und muss in den Kalender schauen, wo die Kinder eigentlich sind.

Sie haben eigene Interessen und Freunde und bewegen sich frei im Kiez. Manchmal finde ich einen Zettel. „Mama, ich bin bei Paula. Zum Abendessen bin ich zurück.“

Sie machen ihre Hausaufgaben, geben Infozettel aus der Schule ab und verpacken die Geschenke für die Kindergeburtstage, bei denen sie eingeladen sind, selbst.

Oft helfen sie freiwillig im Haushalt, oft nur unter Protest, aber ich arbeite daran, das auszuhalten. Wäsche sortieren, Wäsche auf- und abhängen, manchmal zusammenlegen, wegräumen, Tisch decken, abdecken, Spülmaschine ein- und ausräumen, beim Kochen helfen, Tee und Kaffee machen, staubsaugen, darf ich bitte bitte bügeln?

Ich bestehe darauf, dass wir ein Team sind. All diese Aufgaben machen nur mäßig Spaß, jeder muss altersgemäß mitanpacken.

Das Durch- und „Ausschlafen“

Ich hab es nicht für möglich gehalten, aber es ist tatsächlich so, dass die Kinder irgendwann einfach von abends bis morgens schlafen und der Erwachsenenschlaf sich erholt.

Alles ist so wie früher. Abends die Augen schließen, morgens wieder öffnen. Sieben Stunden am Stück geschlafen. Verrückt.

Im Februar haben wir Winterurlaub gemacht. Da hat der bis dahin größtenteils kinderfrei lebende Freund zu den Kindern gesagt: „Ihr lasst uns bitte bis halb zehn schlafen, ja?“

Trocken gelacht habe ich da (Unwissender!) und mit den Augen gerollt (als wenn die Kinder auf sowas hören!).

Was soll ich sagen: Seitdem schlafen* wir Erwachsenen am Wochenende und im Urlaub bis 9.30 Uhr.

Irre.

Winterurlaub

Da haben wir auch angefangen Gesellschaftsspiele zu spielen. Sowas wie Robo Rally [Werbelink] oder Rage [Werbelink].

GROSSARTIG! Spiele spielen, bei denen man nicht immer gegen Kinder verliert (Memory) oder sich zu Tode langweilt (Socken zocken und ähnliche Spiele).

Das ist so großartig, dass wir regelmäßig einen Spielenachmittag machen (Nur Monopoly bleibt verboten)

(Wer Spieletipps hat, immer her damit!)

Apropos Urlaub

Ich habe geschafft 2016 meinen Geiz zu reduzieren. Es muss jetzt nicht immer das billigste vom billigen sein. Zur Entspannung gehen wir manchmal Pizza essen oder fahren ein Wochenende irgendwo hin. Wenn die Ferienwohnung 10 Euro am Tag mehr kostet, weil sie eine Spülmaschine hat… ich kann es aushalten.

Das tut uns allen gut. Dafür werde ich wahrscheinlich niemals meine Küche renovieren oder mir ein neues Sofa kaufen oder einen Fernseher – aber ich denke, damit lässt sich ganz gut leben.

Mein Buch

Ja, mein Buch. Es bereitet mir immer noch Freude. Ich bekomme oft wunderbare Emails, die darüber berichten wie Elternpaare sich Kapitel gegenseitig vorlesen und sich dabei schlapp lachen und darüber manchmal vergessen, dass so ein Leben mit Kindern doch auch anstrengend sein kann.

Da geht mir wirklich das Herz auf.

Toll waren auch die Lesungen in Hannover und in Stuttgart und die anschließenden Gespräche und Signierstunden, in denen ich mir vorkomme wie ein Weltstar, weil ich meinen Namen in mein Buch schreiben darf.

Kinderfrei

Ich hatte viel kinderfrei. Zum einen natürlich aufgrund der Trennung und der damit verbundenen Zeiten, die die Kinder beim Vater verbringen, zum anderen aber auch weil die Kinder auf Klassenfahrten sind oder bei Freundinnen und Freunden übernachten. Ja, sie sind sogar so alt, dass man sie mit diesem Bahnbegleitservice quer durch Deutschland zu Verwandten reisen lassen kann.

Ich denke oft, wenn ich mit dem Kinderhaben nochmal neu anfinge, dann würde ich auch mit dem Kinderfreihaben früher anfangen. Das hilft bei so vielem.

Tatsächlich weiß ich nicht, ob ich das wirklich könnte. V.a. im Baby- und Kleinkindalter fiel es mir sehr, sehr schwer von meinen Kindern getrennt zu sein.

Selbst für einen Abend im Kino oder ein Essen mit einer Freundin. Richtig frei und wohl hab ich mich nie gefühlt.

Ich weiß nicht, wie die Faktoren sind, damit man sich gut fühlt als Mutter ohne seine Kinder zu sein. Vermutlich ist es einfacher, je größer sie sind und je mehr man der Person vertraut, bei der die Kinder sind.

Vielleicht ist es die ersten Jahre auch anders, wenn man Familie in der Nähe hat und die Kinder dort abgibt. Ich weiß es nicht genau.

Ich hab tatsächlich fast zwei Jahre gebraucht, um mich daran zu gewöhnen. Ja, vielleicht muss man es wirklich trainieren. Denn jetzt ist es fantastisch und ich fühle mich, während ich diese Zeilen schreibe nur noch ein bisschen wie eine Rabenmutter. Weil darf man überhaupt sagen, dass man auch Zeiten ohne Kinder schön findet?

Am Anfang habe ich die Zeit genutzt und bin wie irre ins Kino, in Lesungen, ins Theater und in Ausstellungen gegangen.

Nachdem diese Bedürfnisse gestillt waren, nutze ich die Zeit v.a. zum abhängen, basteln (!) und Podcasts hören. Manchmal nehme ich mir auch irrsinnige Koch- oder Backprojekte vor oder ich schaue Serien bis mir der Kopf brummt.

Zu meinem großen Erstaunen habe ich auch die Langweile für mich wiederentdeckt.

Der Tod

Es gibt wirklich dieses Alter in dem sich Todesfälle plötzlich häufen. Das ist sehr grausam – zumal der Tod in unserer Gesellschaft keinen festen Platz hat. Wenn er dann kommt, dann wirft er einen total aus der Bahn.

Den Tod meiner Freundin 2014 habe ich immer noch nicht verwunden. Sie ist jeden Tag bei mir. Im Milchschäumer, in der Farbe Gelb, in einem Zucchiniröllchen, in der Karl-Marx-Allee.

In meinem Mailfach ist die Vergangenheit konserviert. Immer wieder stoße ich auf Zeilen, die Menschen verfasst haben, die es nicht mehr gibt. Das tut sehr weh, denn sie fehlen.

Auch dieses Jahr ist eine Freundin völlig unerwartet gestorben. Die Beerdigung war einer der traurigsten und gleichzeitig erwärmendsten Tage meines Lebens. Mir ist klar geworden, dass die Liebe, die ein Mensch gegeben hat, in denen bleibt, die noch hier sind und dass sie weiter strahlt. Das ist so wahr wie es vielleicht kitschig klingt.

Ich hoffe, dass der Tod mich achtsamer und behutsamer macht und mich lehrt zu schätzen, was ich habe und das ist sehr, sehr viel.

Tatsächlich hilft mir die Erfahrung des Verlusts mir klarer zu werden, wer oder was mir gut tut und lässt mich erkennen, wie ich anderen gut tun kann und es fällt mir leichter mich von dem zu entledigen, das nur Energie absaugt.

Ich bin dankbar für meine fabelhaften Kinder, für meinen Partner (<3) und für meine Freundinnen und Freunde, von denen es nicht viele gibt, aber die wenigen, die bedeuten mir sehr, sehr viel.

2016 insgesamt

Alles in allem gefällt mir mein Leben im Moment gut.

40+ zu sein habe ich mir eingeengter und ernsthafter vorgestellt.

Ich frage mich, ob andere auch so leben in meinem Alter? Ob sie ihre Kleidung auch kaum bügeln, Fertigpizza aufbacken, wenn sie zu müde zum Kochen sind und sich mit großer Freude statt der Tagesschau Studio Ghibli Filme anschauen.

Wahrscheinlich ist das aber auch egal. Denn es soll ja jede so machen, wie es sie glücklich macht.


*Ich schlafe nie bis 9.30 Uhr. Das geht überhaupt nicht. Mein ganzes Leben ging das nicht. Aber ich schlafe bis 8 Uhr und dann lese ich und trinke Kaffee im Bett. Das ist super!

Bitte stellen Sie keine Fragen…

Pixabay @Alexas_Fotos
Pixabay @Alexas_Fotos

… also zumindest nicht, wenn Sie vorher nicht ganz genau über die Formulierung nachgedacht haben und ansonsten besser auch nicht, denn alleine die Frage ist – Zitat „anmaßend“.

Moment? Worum geht es eigentlich?

Ich habe am Montag über die Veranstaltung „Vater sein braucht Zeit“ gebloggt. Nachhaltig fasziniert haben mich v.a. die Männer, die zwar Kinder haben wollen/haben, die aber nach eigenen Aussagen kaum bis keine Zeit für Familie haben. Die Arbeit geht (aus den unterschiedlichsten Gründen) vor und eine Änderung dieses Zustands ist auch nicht zu erwirken.

Morgens hab ich mich beim Frühstück mit meinem Freund unterhalten, was wohl die Kinderhabenmotivation dieser Menschen sein könnte. Ich kann nämlich sehr gut nachvollziehen, dass man sehr gerne und viel arbeitet und ich glaube auch nicht, dass alle Menschen unbedingt Kinder brauchen.

Die Kombination von morgens bis abends und am Wochenende arbeiten und Kinder wollen, fühlt sich für mich fremd an.

Deswegen habe ich getwittert:

Darauf habe ich ziemlich viele Antworten bekommen. Zynische, sehr offene, konstruktive und sachliche Antworten und v.a. auch die Kritik, dass ich an dieser Stelle werte und im Grunde anderen Menschen (meistens wurde herausgelesen, dass ich Mütter meine…) verbiete, Kinder zu bekommen.

Ein Höhepunkt:

Nun.

Welchen Schuh ich mir gut anziehen kann: Ich hätte in der Frage das „eigentlich“ und das „überhaupt“ weglassen können.

Anderer Punkt: Twitter ist kein geeignetes Medium eine differenzierte Diskussion zu führen. Stimmt auch. Mir war tatsächlich nicht bewusst, dass dieser Tweet ca. 50 Antworten (und andere, empörte Nonmentions) hervorrufen würde.

Point taken.

Dennoch: Ich habe diese Frage getwittert, weil ich es schwer finde, Motivationen, die meiner eigenen sehr weit entfernt sind, nachzuvollziehen.

Und um das klar zu stellen: In dem Tweet steht nicht: Karriere UND Kinder sollen sich ausschließen. Es steht da auch nicht: Arbeitende Mütter sind doof.

(Ich würde mich selbst beschimpfen. Ich arbeite 30 Std die Woche als IT-Projektmanagerin, meine Kinder sind mit 11 und 18 Monaten in den Kindergarten gekommen.)

Der Tweet spricht Frauen und Männer gleichermaßen an. Wobei ich zugeben muss (siehe Vorgeschichte), ich hatte in aller erster Linie Männer im Kopf. Mütter als Rabenmütter zu beschimpfen, weil sie arbeiten gehen – die Sau wurde ja nun ausreichend durch das Elterndorf getrieben. Väterkarrieren in Frage zu stellen – das ist eigentlich tabu.

Da sind wir beim nächsten Problem: Was ist eigentlich Karriere?

Hachja und da merke ich, es ist wahnsinnig kompliziert die Frage korrekt zu stellen.

Denn ich meinte auch nicht den Vater, der abends in der Tankstelle arbeitet und tagsüber als Handyverkäufer, der das tut, weil er das tun muss, weil es eine wirtschaftliche Notwenigkeit gibt.

Durch die Antworten fiel mir dann auf: Stimmt. Ein Selbständiger, einer, der ein Geschäft aufgebaut hat, einer der für die Gehälter von anderen zuständig ist, der ist auch einem anderen Druck ausgesetzt als einer, der eben in erster Linie ein Bürojob hat.

Meine begrenzte Vorstellungswelt hat mir also einen Streich gespielt – denn in meiner Lebensumgebung gibt es einen bestimmten Vatertyp, den Johnny , der auch bei „Vater sein braucht Zeit“ war, gut beschreibt:

Ihre beruflichen wie sozialen Privilegien wollen sie insgesamt ebenso wenig aufgeben, wie ihre angebliche Unersetzbarkeit in Job und gar die eigene Karriere. Diese Entbehrungen schiebt man gern der Partnerin zu. Ganz auf Augenhöhe versteht sich – immerhin sind es ja modern denkende Männer.

Wie aber bekommt man mehr Zeit mit dem Kind, ohne dabei seine Privilegien, sein Haus, sein Boot aufs Spiel zu setzen? Richtig, man schaut nicht auf den eigenen Nabel, sondern fordert von anderen ein. Am liebsten natürlich von der großen Bundespolitik.

Also jene Väter, gut verdienend, in gehobenen Positionen, die ihre Priorität (siehe Tweet „über alles“) auf den Job gelegt haben, die Zuhause zwischen 8 und 20 Uhr v.a. durch Abwesenheit glänzen – warum wollen die eigentlich Kinder? Die es nicht zum Adventsbasteln, nicht zum Sommerfest, nicht zum Elternabend, nicht zum PeKiP-Kurs schaffen. Die nicht wissen, was das Kind zuletzt gelesen hat, wie der beste Freund heisst und wann die nächste Deutscharbeit ist oder welches Computerspiel das Kind am liebsten spielt und warum…

(Wollen habta gelesen, ne? Nicht sollen die haben dürfen)

Folgende Antworten haben mir geholfen zu verstehen, warum jener Mann Kinder haben möchte:

  • Man lebt bereits viele Jahre glücklich mit einer Partnerin zusammen, die einen Kinderwunsch hat. Man selbst hat keinen, aber der Partnerin will man das nicht verwehren. Das Paar geht davon aus, dass es mit Kind auch gut klappt.
  • Es scheint eine Art „heteronormative Vorstellung“ zu geben, die sagt: Ab Alter X ist eine Familie dann eine Familie, wenn sie aus den Elementen Vater, Mutter, Kind besteht. Das Kind gehört dazu, wie die Ehe, das Haus, das Auto. Familie haben ist ein Status.
  • Kinder zu haben ist (für manche) ein menschliches Grundbedürfnis. Egal wie die berufliche oder sonstige Lebenssituation aussieht.
  • Es gibt keinen zwingenden Zusammenhang zwischen „Kinder bekommen“ und „Genügend Zeit für Kinder haben“. Kinder kann man auch so bekommen. Eine gute Eltern-Kind-Beziehung kann man auch mit wenig Zeit aufbauen. (Die Grundannahme der Frage ist also falsch)
  • Insbesondere Teresa Bücker hatte (für mich) sehr einleuchtende Antworten:

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Am Ende ist die einfachste Antwort vielleicht die einleuchtendste:

Deswegen allen, die mir (und den anderen Antwortenden) geantwortet haben ohne mir Polemik, Dümmlichkeit, Dreistigkeit und Primitivheit vorzuwerfen: Vielen Dank. Ich kann es jetzt besser nachvollziehen (auch wenn es nicht mein eigenes Lebensmodell ist). Persönlich ist es mir wichtig verschiedene Lebensentwürfe zu verstehen. Im Grunde kann man von Pluralität immer nur profitieren. Schließlich ändert sich das eigene Lebensmodell auch mal. Manchmal auch völlig ungeplant und wie gut ist es da, wenn man sieht, dass man auf zig Varianten ebenfalls zufrieden und glücklich leben kann.

Bussi, arbeitende Rabenmama Patricia


Der Vollständigkeit halber – wen interessiert, was ich persönlich über den Zusammenhang von Zeit und Beziehungspflege denke, der kann lesen „Vereinbarkeit, Beziehungsaufbau und Smartphones“ und „Der Alleszusammenmachkult„.

Bardinnen und Hoppelhasen

img_9865Ein ungefähr 1,80 m großer, sehr kräftiger Mann in einem grellblauen engen Ganzkörperhasenanzug springt auf die Bühne.

Da wusste ich sofort: Hier bin ich richtig.

Es ist 20.30 Uhr und ich stehe im Huxley’s und weiß gar nicht was mich erwartet. Was ich weiß: Ich kann Konzerte nicht leiden. Die Anzahl der Konzerte, die mir wirklich gefallen haben, kann ich an einer Hand abzählen.

Meistens gibt es mir nichts eine:n Künstler:in live zu sehen. Das liegt daran, dass man entweder Unmengen Geld ausgibt um eine professionelle, aber seelenlose Unterhaltungsmaschinerie zu beobachten (Robbie Williams, Peter Gabriel…) oder aber ich erkenne die Lieder kaum wieder vor lauter Reminx und Soundteppich (Smashing Pumpkins, Seeed…). Alternativ ist alles nur grausam kakophon (Beasty Boys, Erasure…).

Konzerte und ich: nö

Aber ich will ja nicht immer so viel nein sagen und überkritisch sein. (Man kommt übrigens an sehr interessante Stellen im Leben, wenn man einfach mal freimütig „ja“ sagt – aber das ist ein ganz eigenes Thema).

Jedenfalls: Mein Freund fragte neulich: „Kennst du Amanda Palmer?“. Ich „Nö“. „Willst du mit zum Konzert?“ JETZT! JETZT HÄTTE ICH JA SAGEN MÜSSEN! Ich zögere aber … „Könnte wirklich was für dich sein…“ „Hmmm… na gut.“

Gestern also Amanda Palmer. Nie gehört.

megahasi
Foto Marcus Richter (nicht im Anzug sondern als Fotograf!)

Meine Skepsis, wie gesagt, war beim Anblick des Manbunnys sofort verpufft.

Als nächstes kommt eine Frau mit Ukulele und rosa Haaren auf die Bühne und singt ein Lied in dem sie beschreibt warum und wie sie eine professional time waster ist.

Dann tanzt nochmal der Hase, diesmal mit Paradeklöppeln*, die er durch die Luft wirbelt und dreht.

Dann kommt Amanda FUCKING (das wird geschrien wie in einer Boxarena) Palmer auf die Bühne, auf der sonst nur ein Flügel steht. Frau Palmer wirft eine Art Militärmantel von sich und tritt an den Flügel.

Selbiges bearbeitet sie dann den gesamten Abend über mit einer unglaublichen Kraft und Energie. Ich finde es toll wie ihr ganzer Körper in Aktion ist, ihr Gesicht eine Grimasse wird, man die Anstrengung und Mühe sieht.

Der Abend ist eine Mischung aus durchaus radiotauglichen Musikstücken und gesungenen Anekdoten. Vor allem letzte bereiten mir große Freude. Sie erzählt die Hintergrundgeschichten zu den Songs und dann singt sie. Ich fühle mich ganz nah an einem Gefühl meiner Kindheit. Ich erinnere mich, dass ich oft dasaß und mir vorgesungen habe, was ich mache oder was ich mag oder was den Tag über passiert war.

Amanda Palmer macht das in der Erwachsenenversion. Man begleitet sie durch einzelne Episoden ihres Lebens. Das ist so dicht und teilweise so intensiv, dass man vom Lachen ins Weinen kippt.

War auch ein bisschen klar, dass mich ausgerechnet das Lied „At least the baby didn’t die“ gepackt hat.

Amanda Palmer stellt ihre Show ad hoc zusammen. Sie fragt die Leute im Publikum, was sie singen soll und kritzelt sich die Liedwünsche auf den Unterarm.

Manche Lieder fängt sie an, vergisst den Text, nuschelt sich bis zum Refrain und hört dann auf. Das Publikum johlt und freut sich. Echtheit kann man einfach nur schätzen.

Interessant finde ich, dass Amanda Palmer immer wieder davon berichtet wie frei sie künstlerisch arbeiten kann seit es Patreon gibt. Es ist ihr offenbar gelungen sich von kontrollierenden Rekord-Labeln zu lösen und ganz ihr eigenes Ding zu machen.

Sie fragt auch das Publikum wer schon Unterstützer:in ist und bittet um weiteren Support. Zu meiner Überraschung melden sich gefühlt 3/4 aller Anwesenden. Ich staune. Wer in meinem Umfeld kennt denn bitte Patreon? Und wer ist dort aktiver Supporter? Irre!

Aber Amanda Palmer hat es drauf: Es gibt auch einen TED Talk zum Thema um Hilfe bitten und um die besondere Beziehung die sie als Künstlerin zu ihrem Publikum aufbaut.

Drei Stunden singt und spricht sie. Mir tut alles weh. Der Rücken, die Füße, ich bin durstig, es müffelt, es ist heiß. Aber ich würde es immer wieder tun.

Ich werde Amanda Palmer im Auge halten. Sie bloggt und twittert übrigens und wenn ich höre, dass auch sie über ihre Social Media Kanäle ekelige Hasswellen ertragen musste, dann will ich sie mit Liebe überschütten und mich wieder daran erinnern, wie wichtig es generell ist, sich gegenseitig zu supporten, zu sagen, dass man sich gut findet, gerne liest, was andere schreiben und schätzt, was andere tun. Liebe organisieren!

Einen schönen Einblick geben ihre Periscope-Mitschnitte zum Beispiel zum Thema Weltrettung durch Ukulele-Spiel:

Danke Amanda Palmer!

Und P.S. für den Freund: Yoah. Könnte was für mich sein diese Frau.

Und P.P.S. Kann irgendwer bitte Frau Palmer zu John Grant ins Berghain mitnehmen? Sie ist Fan und sie sollten Glacier im Duett singen:

 

*Wie lautet hier der offizielle Fachausdruck?

Genervt III von Kino-Preisen

Kino Eintrittsgeld
Einmal ins Kino – ohne Gelddruckmaschine nicht unbedingt möglich Quelle: Pixabay @geralt

Neulich haben wir uns überlegt mit den Kindern ins Kino zu gehen.

Das sollte für 2 Erwachsene und 2 Kinder 47,00 Euro kosten.

Bildschirmfoto 2016-07-12 um 10.12.24

SIEBENUNDVIERZIG EURO.

Jetzt stelle ich mir vor, die Kinder hätten gerne noch eine Tüte Popcorn und je ein Getränk.

Wer zur Hölle kann (und will) sich das noch leisten?

Also ICH nicht. Was wir mit dem Geld machen werden: In eine Videothek gehen, uns eine DVD leihen, in den Supermarkt laufen – Mikrowellenpopcorn, Pizza und Eis für alle kaufen und das ganze am heimischen Beamer anschauen. Was ich mit den gesparten zwanzig Euro machen werde, weiß ich noch nicht so genau.

Früher™ bin ich als Kind so ungefähr zwei Mal im Jahr ins Kino gegangen. Um die Weihnachtszeit z.B. kamen die Disney-Filme und da man die damals auch gar nicht auf Video leihen konnte, war der Ausflug ins Kino ein Jahreshighlight.

Wahrscheinlich war das damals auch schon so teuer – sonst wären wir vielleicht öfter ins Kino gegangen… an zusätzliches Popcorn und so kann ich mich jedenfalls nicht erinnern.

Ich erinnere mich aber an die Dunkelheit im Kino und an die Vorfreude. Wie sehr ich die Vorfilme geliebt habe und wie ich dann im Hauptfilm völlig in diese andere Welt eingetaucht bin. Ich erinnere mich lebhaft an „Bernard und Bianca“ (von dem ich bis jetzt dachte, er hieße „Bernhard und Bianca“) , an „Cap und Capper“ (und meine Tränen) und an „Susi und Strolch“.

Oft ist es ja so, dass man irgendein lauschiges Gefühl aus der eigenen Kindheit zurückholen und es den Kindern schenken möchte. Deswegen würde ich gerne ab und an mit den Kindern ins Kino gehen.

Zu den Preisen allerdings nicht. Da muss man sich einen Workaround basteln quasi.

Übrigens, weil meine Freundin mich darauf hinwies – einen Ausweg aus dem Preisdilemma gibt es (zumindest für Berlin) – und zwar den Berliner Familienpass:

Im Familienpass sind so viele Ermäßigungen, dass ich ihn für manche Kategorien leider immer wieder aus den Augen verliere. Das ist etwas dumm, denn es gibt eine eigene Kategorie Kino (ab S. 49).

Für bestimmte Kinos (BABYLON, Bali-Kino, Cineplex Kinos, Filmtheater am Friedrichshain, EVA-Lichtspiele) zahlen alle einheitlich den Kinderpreis (oder noch weniger).

Für die meisten Freiluftkinos zahlt man 5 statt 7 Euro und selbst bei der UCI Kette zahlt man für die Kindervorstellungen im Juli und August den Kindereintrittspreis für alle Familienmitglieder.

Es gibt im Familienpass weitere Kino-Ermäßigungen. Insgesamt 27 Stück.

Ich rege mich also etwas ab.

Ein bißchen zumindest.

GRUNDSÄTZLICH SIND DIE KINOPREISE ABER UNMÖGLICH. FÜFZICH EURO!!11! DAS SIND 5 MONATE NETFLIX-ABO IN HD. ECHTMA.

Genervt II

Teilzeit-Kommentare

Neulich hatte ich diesen Tweet in meiner Timeline

und ich dachte: Ja, ich kann das auch nicht mehr hören. Alle Varianten davon, denn ich habe einen Tag Homeoffice und bin flexibel im Kommen und Gehen. Ein Elterntraum – also ohne Quatsch.

Wären da nicht die Sprüche, die ich mir manchmal anhören muss (die natürlich, wenn man zur Sprache bringt, dass man abgenervt davon ist – immer nur lustig gemeint sind).

„Ach? Heute arbeitest du?“

„Ach? Gehst du schon?“

„Oh. Heute bist du aber spät.“

„Ich sehe im Kalender, du hast morgen Homeoffice, arbeitest du da bzw. kann ich dir dann was schicken?“

„Hm? Heute bist du aber lange da, du gehst doch sonst IMMER schon mittags?“

Vereinbarkeit sind eben nicht immer nur die tatsächlichen Arbeitsbedingungen sondern auch die Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Ideal der Präsenzkultur und der Überstundenkult scheint aus manchen Köpfen nicht rauszubekommen sein.

Teilzeit-Unmöglichkeit

Und als am Donnerstag das Deutschland-Spiel um 18 Uhr lief, war ich doch etwas verwundert wie leer gefegt Büros sein können als ich gegen 19 Uhr nach Hause ging.

Leichtfertig hab ich dann das hier getwittert:

Dooferweise wurde das ziemlich oft gefavt und geretweetet, was bedeutet, dass man Replys und Direktnachrichten von Menschen bekommt, die naja, nennen wir sie impulsiv sind.

Da war alles dabei von „Unzulässige Verallgemeinerung“ über „Denk mal drüber nach, warum du so einen Mann nicht hast, vermutlich bist du es nicht wert“ bis hin zu Menschen, die acht Mal reply klicken, um mir zu erläutern was sie heute alles für ihre Kinder getan haben.

Formal korrekt ist übrigens der Hinweis der Verallgemeinerung – denn natürlich gibt es Männer, bei denen es nicht so ist, die z.B. extrem früh arbeiten gehen um sich nachmittags um die Kinder kümmern zu können und zwar weil sie es wollen und nicht weil sie müssen, weil die Frau es verlangt… und es gibt auch Männer, die in Teilzeit arbeiten [siehe Tweet oben]… nur leider ist Twitter auf 140 Zeichen begrenzt und ich konnte deswegen nicht schreiben:

Ich stelle mir gerade eine Welt vor, in der der überwiegende Teil aller Männer, die Väter sind, es genauso problemlos durchsetzen für ihre Kinder früher zu gehen, wie es offensichtlich klappt, wenn es um Fussball-Spiele geht.

Denn meiner persönlichen Erfahrung nach sind solche Männer immer noch die Ausnahme. Und wenn man Statistiken bemüht, dann scheint es sich nicht ausschließlich um einen Fall anekdotischer Evidenz zu handeln. In der Zwischenzeit arbeiten zwar fast 20% der Männer in Teilzeit wohingegen es bei den Frauen immer noch fast 60% sind [1].

Anderen Studien zufolge, ist die Verteilung bei Müttern und Vätern sogar drastischer:

Unter Müttern beträgt die Teilzeitquote sogar 70 Prozent. Väter sind dagegen nur zu 6 Prozent in Teilzeit beschäftigt.

Quelle: WSI Report März 2015

Das ist stimmig zu der Aussage:

Kaum kommen die Kinder, entscheidet sich ein Großteil der Paare für das „Zuverdienermodell“ mit vollzeitbeschäftigtem
Mann und teilzeitbeschäftigter Frau.

Quelle: IAB Kurzbericht April 2015

Immer wieder höre ich, das sei eben nicht so einfach, man könne als Mann nicht einfach in Teilzeit gehen… und dann frage ich mich, warum Frauen das aber können (Siehe Szenen mit dem Chef).

Aber gut.

Für Fußball ist es möglich, die meisten Replys haben mich belehrt, das sei ja nur in Ausnahmefällen während der EM. Naja und vielleicht bei der WM. Aber sonst eben nicht und das wäre dann ja auch ziemlich wenig wenn man das auf die Kindersituation überträgt.

Da zucke ich echt nur mit den Schultern. Denn das wäre wenigstens mehr als nichts.

Teresa Bücker hatte interessanterweise einen ähnlichen Gedanken:

Und sehr schön schließt der letzte Tweet den Bogen zum ersten Thema im Blogpost


[1] Und wer mir mit „persönliche Entscheidung“ kommt, der bekommt von mir den sizilianischen Todesblick.

Apropos kinderfreie Zonen…

Gerne echauffiere ich mich über kinderfreie Zonen und Kinderfeindlichkeit im Allgemeinen, da muss man die löblichen Ausnahmen auch mal explizit erwähnen.

Deswegen heute meine Burger-Empfehlung – das Lily Burger in Neukölln. Ganz ehrlich, geht dahin.

Ich hab im Moment offenbar Hormone, aber ich war wirklich kurz davor, mich an die Hälse der Bedienungen zu hängen und theatralisch zu schreien: „OH MANN, IHR SEID SEIT LANGEM MAL DER KINDERFREUNDLICHSTE LADEN DIESER ERDE. DES UNIVERSUMS! ECHT JETZT!“

Und ich spreche hier nicht von gutmütigen, älteren Herrschaften sondern coolen Hipstertypen mit Basecap, Baggyjeans und Sidecut.

Kind 3.0 stößt eine Limo-Flasche um, schneller als ich denken kann „upsi“, steht die Bedienung mit Servietten bereits am Tisch und wischt fröhlich das Zuckerwasser vom Tisch. „Kein Ding“, sagt er und stellt fest: „Eure Rechnung klebt jetzt auch viel besser am Tisch, die fliegt nicht mehr weg, gut oder?“

Waaahhhh!

Kleiner Burger im Lily Burger
Bild von @monoxyd
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Low Carb Burger (ohne Bun und dochdoch, da ist ein Fleischpatty)

Die Bedienungen waren außerdem schnell, zuvorkommend und superfreundlich. So freundlich, dass die Kinder ganz irritiert waren.

Die Burger sind supergut. Bio Angus, zart, nicht zerbraten (nicht nur ich finde das). Wie man auf dem Bild sieht, kann eine Kleinfamilie sich von einem einzigen Burger ernähren.

Die Pommes (nicht im Bild) ebenfalls köstlich.

Bald macht direkt am Park in Friedrichshain ein weiterer Laden auf (ungefähr Ecke Friedensstraße), sagte uns eine der Bedienungen. Der neue Laden sei dann kinderfreundlich mit Spielecke und Co. Da musste ich lachen. Kann mir nicht vorstellen, dass die tiefenentspannte Kinderfreundlichkeit, die ich dort erlebt habe, noch steigerbar ist.

Ja, Kinderfreundlichkeit sei ihnen wichtig, erzählte uns die eine Bedienung. Er sei neulich mit seinem zweijährigen Kind asiatisch essen gewesen. Als diesem der Löffel runter gefallen sei und es sich darüber aufgeregt habe, sei gleich die Bedienung an den Tisch gekommen und hätte um Ruhe gebeten. „Bei einem Kind in diesem Alter sofort so überzogen zu reagieren, ist doch bescheuert…“.

Ja, das ist es.

Esst Burger bei Lily Burger und lasst euer Geld nicht mehr in Läden, in denen Kinder keine Geräusche machen dürfen.