Kurz vor Beauty-Bloggerin

10570139_1477079942530921_60004772_nWie das andere Mütter machen, ich weiß es nicht.
In meinem ersten PEKIP-Kurs z.B. war eine Mutter, die erschien immer perfekt gestylt. Alleine die lackierten Fuß- und Fingernägel. Unfassbar.
Für mich war diese Beautykiste schon immer ein Zeitproblem. Vor den Kindern musste ich immerzu lesen. Und arbeiten. Und mich jede Woche in einen neuen Mann verlieben. Da blieb einfach keine Zeit für den ganzen Schnickschnack. Frisör, Haare färben, aufwändige Frisuren und dann womöglich morgens noch kämmen und so. Den Körper im Fitnessstudio stählen. Finger- und Fußnägel lackieren. Lidstrich ziehen.
Ich hab da einfach den Anschluss verpasst. Wahrscheinlich schon in der Schule. Solange ich zuhause gewohnt habe, durfte ich mich nicht schminken. Ich habe mich dann gelegentlich heimlich morgens auf dem Schulklo geschminkt, aber das war alles so hektisch und der Lidstrich immer schief. Dann haben sich die anderen über mich lustig gemacht und irgendwie hatte ich dann keine Lust mehr.
Ja und wenn man nicht mit 17 anfängt, dann wird das nichts mehr. Dann ist der Lidstrich immer verwackelt. Man schminkt sich ne halbe Stunde und es fehlt nur noch der Lidstrich und am Ende sieht es so scheiße aus, dass man sich wieder komplett abschminkt.
Dieses Schicksal muss man akzeptieren.
(Nachdem die Kinder geboren waren, hatte ich wenigstens einen gesellschaftlich allgemein akzeptierten Grund keine Zeit zu haben.)
Heimlich schaue ich mir auf Youtube Schminktutorials an. Das ist sensationell. Ich weiß nicht, ob Sie sich das schon mal gemacht haben. Da sind junge Frauen, die haben unterschiedliche Pinsel und Schminkutensilien, die mich eher an den Tuschekasten meiner Kinder erinnern. Die plappern wild drauf los und malen sich nebenher die exotischsten Dinge ins Gesicht. Hinterher sehen sie aus wie Porzellanpuppen. Perfekt verspachtelt. Die Schatten an den richtigen Stellen. Alle Unebenheiten unsichtbar. Und es geht wahnsinnig schnell. Pinselpinsel und fertig. Das sieht so leichtgängig aus, dass ich alle drei Monate wieder denke: Das kann ich auch. Dann hole ich mir Billigpinsel und Billigfarbe und schmiere in meinem Gesicht rum und eine Stunde später sehe ich aus wie Ozzy Osbourne und weine vor Wut, so dass ich am Ende aussehe wie Alice Cooper (was auch nicht unbedingt mein Ziel war).
Irgendwann hab ich es aufgegeben. Ich denke, das ist wie mit dem Handwerken. Wenn man am Werkzeug spart, dann funktioniert das nicht. Es muss am Werkzeug liegen. Ich bin künstlerisch durchaus begabt. Naja, an mir jedenfalls, liegt es nicht. Auf keinen Fall.
Also rede ich mir ein: Man kann auch schön sein ohne geschminkt zu sein. Natürlichkeit!
Eine zeitlang klappt das gut. Ich hab z.B. 2005 aufgehört mir die Haare rot zu färben. Ganz erstaunt habe ich festgestellt, dass ich gar nicht dunkelblond bin wie ich all die Jahre vermutete. Richtig schöne dunkelbraune Haare hatte ich. Schick fand ich das. 2006 wuchsen die ersten grauen Haare. Erst einige weniger, dann immer mehr und als ich mich weigerte sie zu beachten, kräuselten sie sich, so dass sie immer abstehen als hätte ich versehentlich in die Steckdose gefasst.
Danke Natur. Sehr witzig.
Anderes Beautythema: Das Nägellackieren.
Die linke Hand – alles schick. Die rechte – so als wäre ich kurz eingeschlafen und in einen Farbtopf gestürzt. Aber da war ich ehrgeizig. Da hab ich so lange probiert, bis das Resultat erträglich war.
Drei Tage später dann: alles ab.
Toll.
Neulich klage ich einer ausgesucht wunderschönen Freundin mein Leid und sie fragt: Benutzt du denn keinen Unterlack?
– Unterlack?
– Ja, dann hält das wochenlang.
– Echt?
– Ja, Unterlack, zwei Schichten Lack, Überlack.
Faszinierend! Also gehe ich mit dem Ziel Ober- und Unterlack zu kaufen in einen Drogeriemarkt. Dabei stelle ich fest: Es gibt duzende von Unter- und Oberlacken. Glänzend, matt, für gerillte Nägel, für müde Nägel, brüchige Nägel…
Ich stehe also vor dem Regal und lese mir eine Stunde Nagellackbeschreibungen durch bis mir schwindelig wird. Rechne dann die Quersumme meines Geburtstags und zähle einfach ab. Danach wähle ich blind einen Rotton, bezahle und gehe nach Hause.
Man muss die Schichten ordentlich austrocknen lassen, hat mir meine Freundin noch auf den Weg gegeben und ich erinnere mich an die Speziallackierungen des Autos meines Vaters. Eine perlmuttweiße Giulietta hatte er damals. Mein Vater hat monatelang nach der richtigen Farbe gesucht und dann darüber referiert wie man richtig lackiert. Was fürs Auto gilt, gilt auch für die Nägel: Unterlack, Lack, Lack, Oberlack.
Und ich schwöre: Das hält vier Wochen. Sogar länger wenn man mit den Zehen nicht gegen Schränke stößt und der Lack absplittert. Toll. Dauert ewig (1 Stunde), aber es lohnt sich. Und das Großartige: wenn man sich vermalt, dann kann man das einfach hinterher abpulen. So dick sind die Lackschichten. Ein bißchen hier zurechtkratzen, ein bißchen da und fertig.
Und weil das so toll ist, muss ich jetzt alle Nagellackfarben der Welt kaufen.
Der erste Mädchenkram, der mir auch gelingt. Das Erfolgserlebnis hat mich so beflügelt, dass ich jetzt am liebsten alles lackieren würde. Ständig.
Ich hab jetzt zwar keine Zeit mehr zum Lesen oder um in Museen zu gehen oder so einen Schnickschnack. Dafür habe ich aber lackierte Fingernägel und das finde ich richtig toll. Noch zehn Jahre Übung und das geht in weniger als sechzig Minuten.

Und P.S. wenn die Frauenwelt da draußen weitere Geheimnisse parat hat, die mir bislang noch nicht mitgeteilt wurden, ich lasse mich gerne belehren.

Um ehrlich zu sein…

Mitte der Neunziger habe ich Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ gelesen. Hängen geblieben ist eigentlich nichts bis auf eine kleine Anekdote von einem Paar. Die Geschichte beginnt beim Frühstück, die beiden sind schon viele Jahre verheiratet.
Der Mann schüttet die letzten Cornflakes aus der Packung in eine Schüssel. Die Frau holt freudestrahlend eine neue Packung aus dem Schrank, woraufhin der Mann völlig ausflippt und rumschreit, er könne diese ********* Cornflakes nicht mehr sehen.
(So erinnere ich mich jedenfalls ohne die letzten 20 Jahre nochmal nachgelesen zu haben)
Die Frau ist natürlich total verwundert. Das waren doch die Lieblingscornflakes des Mannes. Ganz zum Beginn der Beziehung hatte sie sie mal gekauft und seitdem hatte er sie jeden Tag mit großer Begeisterung gegessen. Um ihn glücklich zu machen, sorgte sie all die Jahre aufopferungsvoll dafür, dass immer Cornflakes im Haus waren.
Als die Frau nachfragt, stellt sich heraus: Der Mann hasst Cornflakes. Schon immer. Er hatte sie nur nicht kränken wollen und deswegen Freude beim ersten Kauf vorgetäuscht und dann der Frau zuliebe immer und immer wieder aufgegessen – stets in der Hoffnung, die Frau würde eines Tages nicht mehr an die Cornflakes denken und sie würden damit für immer aus seinem Leben verschwinden.

An diese Geschichte muss ich sehr oft denken. Ich habe nämlich eine Art Diplomatiesperre wenn es um persönliche Beziehungen geht. Ich kann einfach nicht sozial erwünscht antworten. Überhaupt sind mir wertende Fragen aller Art ein Gräuel.
– Wie war der Film?
– Gefällt dir mein Hemd?
– Findest du das Buch gut?
Natürlich habe ich eine Meinung.
– Doof
– Doof
– Nö
Aber warum sollte ich diese kund tun? Es ist doch meine Meinung? Sie hat nichts mit Wahrheit zu tun. Und noch wichtiger, wenn mein Kind z.B. in einem rosafarbenen Pullover mit glitzerndem Pferdekopf vor mir steht und ich in den glänzenden Augen erkennen kann, dass es total glücklich mit seiner Kleidungswahl ist, WARUM soll ich dazu was sagen?
Also hoffe ich inständig, das Kind fragt mich nicht: Wie findest du meinen Pullover?
Denn was soll ich tun? Meine Meinung sagen: „Ich finde den Pullover grauenhaft“ oder antworten, wie es das Kind glücklich macht: „Er ist wunderschön!“
Ich versuche mich im Fall der Fälle rauszuwinden. Mit Gegenfragen: „Gefällt er denn dir?“ oder ich verweigere die Ich-Botschaft „Ich bin mir sicher, DIR gefällt er sehr, oder?“

Mit den Kindern geht das ganz gut.
Mit Erwachsenen gestaltet sich das ganze etwas schwieriger. Zum Beispiel wenn man sich neu kennenlernt.
Da steht der neue Schwarm z.B. mit einem Strauß roter Rosen in der Tür und strahlt und ich denke: „Ach Du scheiße, ich hasse Rosen!“
Ich reiße mich dann zusammen und denke intensiv an die romantischen Absichten meines Gegenübers, denke daran dass Rosen als Überbleibsel der Morgenröte gemeinsam mit Aphrodite aus dem Meeresschaum entstanden sind, denke ans Meer, ans blaue Meer, an unendliche Weiten und gerade wenn ich mich beinahe entspannt habe, fragt mein Verehrer: „Und? Gefallen dir die Rosen?“
In mir formt sich dann ein Gefühlsgewitter, gespeist aus dem Wissen, dass ich diplomatisch antworten sollte, um mein Gegenüber nicht zu verletzten plus der Aussicht die nächsten 10 Jahre rote Rosen zu erhalten. Beide Seiten gleichstark aufgeladen, passiert was bei Hühnern beispielsweise geschieht wenn sie gleichzeitig vor einem Objekt flüchten wollen und sich ebenso sehr für selbiges interessieren. Wenn also beide Motive gleichstark aufgeladen sind, keinem der beiden Impulse nachgegangen wird, dann bildet sich eine Übersprungshandlung heraus und das Huhn pickt ein paar Körner auf.
Ich frage in einer solchen Situation mit leicht hysterischer Stimme nach Getränkewünschen.
– Und? Gefallen dir die Rosen?
– Ahhh! Was würdest du denn gerne trinken? Biersektweineinmixgetränk vielleicht?
Dann verschwinde ich in die Küche und öffne ein paar Schranktüren.
Das geht eigentlich ganz gut. Jedenfalls so lange die Beziehung nicht allzu ernst ist. Doch wenn ich spüre, dass ich emotional doch etwas stärker involviert bin, dann wird es für mich sehr schwer.
Ich würde dann so gerne ehrlich sein. „Ich weiß, dass du mir eine Freude machen wolltest, aber ich HASSE Rosen.“ und wenn ich dann schon in Wallung bin, dann würde ich sie gerne zerfleddern, hin- und herschütteln, den ganzen Strauß auf den Boden werfen und darauf rumspringe… (ok, ich neige manchmal etwas zu überzogenen Phantasien). Also ich würde das gerne sehr ruhig sagen, den Strauß gefasst entgegen nehmen, in eine Vase stellen, dem Schenkenden gegenübertreten und ihm leise ins Ohr flüstern: „Bitte bring mir nie wieder Rosen mit.“
Ja, kann man sagen, das ist ja jetzt nicht so ein Problem. Ist es aber doch! IST ES ABER DOCH!
Denn ich mag so vieles nicht.
Die Farbe rot zum Beispiel. Esoterikquatsch. Obst. Musicals, Filme mit Tom Cruise, Klavierkonzerte mit Tori Amos. Pathos.
Wie soll ich bloß damit umgehen?
Ich bin bald vierzig. Ich hab keine Zeit mehr zu verschwenden. Ich kann mir nicht ein halbes Jahr (gar länger!) Zeit nehmen und jemanden kennen lernen und dann stellt sich irgendwann heraus, er will mit mir „Cats“ sehen. Oder er trinkt gerne Rotwein. Oder er mag den Geruch von Vanille.
Ich denke, es ist daher vielleicht sinnvoll eine kleine Liste von wichtigen Punkten zu erarbeiten. Also Dinge, die ich mag und Dinge, die ich nicht mag.
Interessierte dürften dann natürlich weiterhin Rotwein trinken, aber sie dürfen nie verlangen, dass ich Rotwein trinke und mir auch nie Rotwein schenken. Auch nicht diesen Rotwein, den man einfach lieben muss, auch wenn man eigentlich keinen Rotwein mag.
Wahrscheinlich ist dieser Merkzettel eine gute Idee. Ich werde ihn hier im Blog einstellen. Dann kann man sich das in Ruhe anschauen und dann entscheiden, ob man mal mit mir ausgehen will. Ja, ich denke, so mache ich das. Ein Google-Doc. Bitte nicht ausdrucken. Immer nur online anschauen. Ich ändere meine Meinung nämlich durchaus mal. Die Grenzen sind außerdem fließend. Wer mag z.B. keine Pfingstrosen. Pfingstrosen sind im Vergleich zur vulgären Rose wunderschön! Ich liebe Pfingstrosen und Weißwein.

P.S. Aber keine weiße Schokolade. Das ist nämlich keine Schokolade. Das ist Kakaobutter!

Wie bin ich in die Sache mit dem Feminismus bloß reingeraten?

Es ist so. Über die meisten Sachen kann ich nicht eloquent sprechen, weil mir jegliche theoretischen Untergebäude fehlen. Ich kann keine wichtigen Personen zitieren, kenne den genauen gesellschaftlichen Kontext nicht und allem voraus kenne ich die Wahrheit nicht. Ich habe nur eigene, wahrscheinlich sehr naive Gedanken, die sich aus den Fragmenten bilden, die ich tagein, tagaus aufsauge.
Ich weiß nicht genau wie, aber ich bin jetzt ja Feministin. Das merke ich z.B. daran, dass ich in letzter Zeit häufiger mit „Ihr Feministinnen, …“ angepöbelt werde oder dass mir Bekannte sowas sagen wie „Neulich war ich in einem Vortrag, da wurde ausschließlich die weibliche Form in der Ansprache verwendet, da musste ich an dich denken.“ oder dass sie Unterhaltungen beginnen mit „Mir ist Sachverhalt xy begegnet und da habe ich mich gefragt, wie du als Feministin das siehst.“

Wie bin ich bloß in diese Sache reingeraten?

Tatsächlich habe ich die üblichen Postionen der folgenden Art vertreten: „Warum sollte es hier um die Ausgeglichenheit der Geschlechter gehen? Es geht doch nur um Qualität und Können?“, „Ich finde das voll übertrieben darauf zu bestehen, dass auch immer die weibliche Form verwendet wird, das ist doch anstrengend.“ oder „Feministinnen meckern immer nur rum, Humor haben die ja keinen.“*
Als Studentin war mir das alles wurscht. Ich hatte es lauschig in meiner kleinen Uni. Ich studierte ein Fach, das Frauenüberschuss hat. Das Thema Arbeitswelt, die Rolle der Frau, die Rolle der Frau als Mutter, die politischen Rahmenbedingungen etc pp – das alles war fern und mir piepegal.
Erst mit dem Eintritt in das Jobleben hatte ich überhaupt Zeit Zeitungen und Internet zu lesen und sah plötzlich die Unterschiede. Noch viel stärker als ich mich als (berufstätige) Mutter mit kinderlosen Frauen oder gar berufstätigen Vätern verglich. Ein Artikel über Familienpolitik da, ein Artikel über Altersarmut bei Frauen hier. Ein paar Zahlen. Yo, erstaunlich. Aber kannste ja nix machen.
Ich habe mir nie die Mühe gemacht, das alles in meinem Kopf zu einem konsistenten Bild zu sortieren.
Allerdings habe ich gemerkt, dass durch bestimmte Sichtweisen und Argumente, die mir begegneten sich meine Art zu denken veränderte. Das Internet hat dazu am meisten beigetragen. Blogs, um es genauer zu sagen. Und um es noch genauer zu sagen, Blogs von Müttern. Ja genau. Diese viel verlachten Mama-Blogs. Die mit Basteln, Kochen und Kinder (gibt ja nüscht anderes!).
Es gibt da die Blogs, die aus der Vogelperspektive über die Themen des Feminismus schreiben, wie z.B. Dr. Mutti – und genauso gerne lese ich z.B. Mama arbeitet, die mehr aus der persönlichen Perspktive schreibt.
Dann gab es Blogs, die ich am Anfang mit großer Skepsis gelesen habe. Teilweise sogar geschockt war, wie anders man das sehen kann. Wie anstrengend! Dazu gehören z.B. Fuckermothers, Mutterseelenalleinerziehend, alsmenschverkleidet, aufZehenspitzen und glücklich scheitern.
Ich las in der Mädchenmannschaft, beim Missy Magazin, bei Pink Stinks und auch bei Antje Schrupp.
(Ok, das sind jetzt keine Mama-Blogs mehr, aber sie gehören in meine Denkquellen.)
Ich kann wirklich sagen, dass einzelne Beiträge meine Denk- und Beurteilungswelt komplett durcheinander gebracht haben. Es trifft natürlich nicht jeder Artikel meine persönliche Meinung, manchmal sogar eher im Gegenteil und es gibt auch die Variante, dass ich den Artikel lese und erstmal denke „So ein Quatsch!“ und dann mein Kopf aber immer und immer weiter arbeitet und ich eines morgens mit einer komplett anderen Haltung aufwache.
Als Beispiel „Wusstest Du schon beim Vorstellungsgespräch, dass Du schwanger bist?“ von fuckermothers und „Beim pinken Überraschungsei geht es nicht um Mädchen, sondern um Jungen“ von Antje Schrupp.
Zu ersterem hatte ich sogar eine Abwehrhaltung. Es geht hier um die Dreistigkeit sich schwanger um einen neuen Job zu bewerben.

“Wusstest Du schon beim Vorstellungsgespräch, dass Du schwanger bist?” “Hast Du das Deinem Chef vorher gesagt?” Oft wird die Frage überrascht gestellt. Manchmal eher beiläufig und in nüchtern-sachlichen Ton. Meistens aber leicht augenzwinkernd oder mit einem verschwörerischen Lächeln auf den Lippen – so, als würden wir beide gerade ein schmutziges Geheimnis teilen.

In dem Artikel von Antje Schrupp geht es um die Frage, warum es eigentlich OK ist, wenn Mädchen Jungssachen tun, wieso es aber nicht OK ist, wenn Jungs Mädchensachen tun.

Eine Ursache dafür ist, dass in unserer Kultur trotz Gleichstellung das “Weibliche” immer noch als untergeordnet, tendenziell defizitär oder aber zumindest partikular als “nur für Frauen” betrachtet wird, während das “Männliche” weiterhin als das Übergeordnete, Normale, Erstrebenswerte gilt. Entsprechend war der Anreiz von Frauen, dieses “Männliche” in ihr Repertoire aufzunehmen, viel größer als der Anreiz für Männer, das “Weibliche” in ihres aufzunehmen.

Ich könnte noch viele Beispiele nennen. Der Punkt ist: Am erhellendsten sind eigentlich nicht die Artikel selbst sondern sehr oft die Reaktionen und Kommentare darauf (und ich gehe davon aus, dass ein nicht unwesentlicher Teil an angreifenden und beleidigenden Kommentaren gar nicht erst zu lesen ist).
Auch hierzu könnte ich einen Roman schreiben. Bin allerdings so tippfaul. Ich möchte nur eine Anregung geben.
Diese (extreme) Abwehrhaltung gegen bestimmte Themen und Bitten aus dem sog. feministischen Lager, warum ist das alles so ein Problem?
Wenn jemand einen komplizierten Namen hat, den ich nachdem ich ihn erstmal nur lese, falsch ausspreche und die/derjenige bittet mich: Sprich den Namen doch bitte soundso aus – ist es dann wirklich angemessen zu sagen: Nein! Ich mache das nicht, das ist doch lächerlich, da steht „cz“, dazu sage ich nicht „sch“!!1!
Sprich. Wenn mich jemand bittet: Ich fühle mich nicht angesprochen, wenn in deiner Anrede nur „Liebe Mitarbeiter“ steht, kannst du nicht auch „Mitarbeiterinnen“ schreiben? Was könnte mich davon abhalten, dieser winzigen Bitte nachzukommen. Jetzt mal von Ungehobeltheit abgesehen?
Das ist ein winziges Beispiel. Ein Nichts, aber schon da tun sich die Fronten auf und es werden irgendwelche absurd überdimensionierten Waffen aufgefahren. Warum? Was kostet es einen selbst diesem Wunsch nachzukommen?
Das gilt ja nicht nur für die weibliche Form. Das gilt für alle sprachlichen Nuancen. Warum stur „taub“ verwenden, wenn mir jemand gesagt hat, das er/sie sich mit „gehörlos“ (aus Gründen) besser fühlt?
Ich kann das wirklich nicht verstehen.**
So naiv bin ich, das muss man sich mal vorstellen.

 

P.S. Als Ergänzung zu den bereits genannten Blogs Ich mach mir die Welt und das Buch der Autorin „Die Rosa-Hellblau-Falle„, das ich leider noch nicht ganz gelesen habe, es aber auch schon 1/3 gelesen empfehlen kann.


*Ich freue mich jetzt schon über die Treffer der Google-Suche, die auf meiner Seite landen werden

**Ich habe bewusst ein Beispiel gewählt, das klitzeklein ist, das vielleicht unwichtig erscheinen mag, weil genau das zeigt, wie wenig die meisten bereit sind aufeinander zuzugehen, die Bedürfnisse des anderen zu verstehen und sich gemeinsam weiterzuentwickeln.

Neuigkeiten aus dem frisch duftenden Freudental

20130921-163446.jpgNoch vor wenigen hundert Jahren glaubte man, dass die Berührung einer menstruierenden Frau Wein sauer mache, Bier umschlagen und Milch gerinnen lassen könne. Ferner würden Spiegel trübe werden und Metalle rosten, wenn eine menstruierende Frau sie anschaute.

Auch Mitte der 90er war „Die Geschichte der Menstruation [immer noch] eine Geschichte voller Missverständnisse…„. Wenn ich 2013 durch die Hygieneabteilung einer Drogerie laufe, sehe ich noch keine wesentliche Verbesserung. Denn die Frau scheint nicht nur menstruierend eine Zumutung zu sein. Die Frau als solches müffelt offenbar permanent aus dem Schritt. Nicht anders kann ich es deuten, wenn gut ein Drittel aller Produkte zur täglichen Hygiene – Slipeinlagen & Co. – mit Gerüchen versetzt ist, die nicht besser riechen als die kleinen Tannenbäumchen, die man sich ins Auto hängt, weil dort geraucht wird oder man gedenkt regelmässig nasse Hunde zu transportieren.

Produkte dieser Art werfen so viele Fragen auf. Wer benutzt sie und warum? Aber auch: wer entwickelt sie und warum?

Der ganzen Idee muss doch irgendein Irrglaube in altchristlicher Tradition zugrunde liegen (nachzulesen im Alten Testament im 3. Buch Mose), der die Frau als unrein ansieht – v.a. dann wenn sie ihre Tage hat. Aber da diese Gerüche ja nicht nur auf Binden sondern auch auf Slipeinlagen appliziert werden, scheint es da um eine generelle tiefsitzende, dem weiblichen Geschlecht anhaftende, Unreinheit zu gehen.

Ich stelle mir vor, wie solche Produkte entstehen. In meiner Phantasie sehe ich einen Sitzungsraum mit verglasten Wänden. Um einen großen Tisch sitzen mehrere Produktmanager. Eine Sekretärin serviert Kaffee und wünscht sich an einen anderen Ort, während ein Teil der Männer in Krawatten angestrengt auf ein Flipchart schauen. Vorne steht ein weiterer Mann, der über die weibliche Anatomie und den Zyklus referiert. Niemals nennt er die Dinge beim Namen. In dem Raum wurde noch nie das Wort „Vagina“ oder „Blut“ ausgesprochen. Er redet von „da unten“ und von „Monatsfluss“.

Einige der Herren schauen sich die Fußballergebnisse vom Wochenende an. Dann – plötzlich – hat einer eine Erleuchtung. „PARFENG!“ ruft er aus. „Parfum! Frauen lieben Parfum.“ Ein weiterer schreckt hoch. „BLUMEN!“ Ein Dritter wie von der Tarantel gestochen „JA! Blumenduft im Schritt!“

Und so war das parfümierte Hygieneprodukt für Frauen entstanden! Alle zufrieden! So schön!

Für meinen Teil finde ich diese Produkte absolut grauenhaft. Ich meine, da steht ja nicht mal: Duftet nach Blümchen. Nein! Die Gerüche heißen Freshness und versprechen Gerüche zu neutralisieren und Wäsche zu schonen! Odor Control! Und ich rede hier nicht von Produkten, die man nach einer Geburt im Wochenbett verwendet. Nein. Das sind Produkte, die man sich täglich in die Hose kleben soll, um die zarte Wäsche zu schonen. Vermutlich weil man jederzeit alles volltriefen kann.

Wie stellen die Werbenden sich eigentlich den Einstieg in solche Produkte vor? Eine Mutter, die sich ihre Tochter mal zur Seite nimmt und ihr zuraunt: „Schatz, ich muss Dir was sagen. Du bist jetzt in diesem Alter, wo du untenrum riechst und deine Spitzenhöschen naja sagen wir strapazierst. Ich hab dir deswegen diese wohlduftenden Slipeinlagen besorgt. Von nun an bis in alle Ewigkeit sollst du dir täglich ein bis drei Dinger in den Schlüpfer kleben.“

Als Mann hat man es, was Hygiene angeht, leicht. Duschen genügt offensichtlich. Als Frau kann man wohl froh sein, wenn nicht Produkte erfunden werden, die Wurzelbürsten und aggressive Kernseife zu einem einzigartigen Hygieneerlebnis verschmelzen. Für Frauen gibt es Duschgel und dann natürlich Produkte, die speziell für den Intimbereich sind. Doch – selbst wenn man sich täglich duscht, die Unreinheit ist unabschüttelbar und deswegen müssen wir uns mit chemisch duftenden Slipeinlagen weiter vor unseren offenbar ekelerregenden Gerüchen schützen.

Dass das nicht nur frauen- sondern menschenverachtend ist, wird schnell sichtbar, wenn man mal seine Phantasie spielen lässt und entsprechende Produkte für Männer erfindet. Das Duschgel Eichelfresh. Penis-Anti-Odor! Eine Hoden-Peeling-Creme, die makellose Reinheit verspricht? Ein Freshness-Spray, das man nach jedem Toilettengang aufsprühen kann?

Die Welt braucht solche Produkte nicht und v.a. braucht die Welt aufwachsender Mädchen und Frauen nicht den Glauben, dass der Genitalbereich grundsätzlich stinkt.

Eine Website eines Anbieters von Produkten, wie oben beschrieben, wirbt mit den Worten:

„[Jetzt] können Frauen sich täglich immer frisch fühlen. <HERSTELLERNAME> glaubt, dass Frauen, die sich rundum frisch fühlen, den Moment leben und das Leben mehr genießen können. Deshalb liefert <HERSTELLERNAME> das ultimative Frischegefühl. Damit Frauen täglich jeden Moment genießen können. […]“

Es wäre wirklich zum Lachen wenn es nicht zum Weinen wäre.

Halten Sie Ihre Beziehung durch unbequeme Hosen am Leben

So eine Schlabberhose, das muss die Liebe abkönnen. Ja, ich verlange, dass das die Liebe sogar wachsen lässt.

Am Wochenende waren wir bei einer Hochzeit eingeladen. Die Standesbeamtin war von ihrer eigenen Rede so ergriffen, dass sie selbst Tränen in den Augen hatte. Genau genommen war sie so gerührt, dass nur der Tisch sie davon abhielt, dem Brautpaar in die Arme zu fallen und das aufwändig bestickte Seidenkleid der Braut mit Tränenflüssigkeit zu durchtränken.

Als ich hinterher die Brautmutter irritiert fragte, ob die Standesbeamtin vielleicht irgendwie mit Teilen der Hochzeitsgesellschaft verwandt sei, wurde das verneint.

Ihre Rede beinhaltete allerlei Weisheiten über die Korrelation von Lebensglück und schlechtem Wetter zum Hochzeitstag (es regnete, das Verhältnis ist indirekt proportional, mein Beileid allen Paaren, die bei Sonnenschein geheiratet haben) und dann wußte sie natürlich noch viel über die Liebe als solches zu berichten.

Das Kribbeln solle man sich z.B. erhalten. Zum Glück bin ich ja ein sehr beherrschter Mensch und deswegen konnte ich mich gut zurückhalten und habe gar nicht zum Thema „Über die Unmöglichkeit und evolutionsbiologische Unnötigkeit das Verliebtheitsgefühl der ersten Phase über Jahre zu erhalten“ referiert. Das geht nämlich gar nicht. Physiologisch ist das nicht möglich. Da es sich bei dem Kribbeln lediglich um die Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter handelt, bei denen die Rezeptoren jedoch unglücklicherweise irgendwann zwangsläufig adaptieren, was zur Folge hat, dass dieses Limerenz-Gefühl sich irgendwann durch schlichte Gewöhnung erledigt.

Nun gut. Ich kann den Vorsatz diese unsägliche Verliebtheitsphase möglichst lange zu erhalten nicht verstehen, aber tolerieren. Ich für meinen Teil kann auf Gedankenbesessenheit, Schlaflosigkeit, physiologischer Übererregtheit, Appetitlosigkeit und verzerrte Wahrnehmung bestens verzichten.

Auch habe ich keine Diskussion zu Geschlechtssterotypen oder Alltagssexismus gestartet, nur weil die Standesbeamtin sehr lange ausholte, welche Pflichten die EheFRAU alle zur erfüllen hätte, um den Mann glücklich zu machen. Man müsse beispielsweise wenigstens die Abseitsregel verstehen, um dem Manne das unbedingte Interesse an seinen Hobbys zu demonstrieren (Augenverdrehen!).

Schluss mit lustig war aber bei der Bemerkung, die Frau solle zuhause (natürlich ist die Frau immer zuhause und erwartet den Mann, der gestresst von der Arbeit zurück kommt) keine Schlabberhosen tragen. Das zerstöre die Liebe.

DAS TRAGEN VON SCHLABBERHOSEN ZERSTÖRT DIE LIEBE!

Ich musste an die Gute-Hausfrau-Ratgeber der 50er Jahre denken, als ich das hörte. Wenn die Liebe vergeht, ist das natürlich das Verschulden der Frau. Notfalls eben weil sie die falsche Kleidung getragen hat. Es gehört zum modernen Leben offensichtlich nach wie vor dazu, dass die Frau arbeitet, sich um den Haushalt kümmert und dann aufgebrezelt den gestressten Mann mit einem Glas Martini an der Haustür erwartet.

Wie furchtbar!

Mein Mann genießt viele Privilegien. Zum Beispiel schreie ich im normalen Leben nie andere Menschen an. Nur meinen Mann. Eine außerordentliche Ehre, dass er mein wahres Ich sehen und kennen darf. Mein nacktes und lautes Innenleben. MEINE GEFÜHLE EBEN! Nicht meine magengeschwüriduzierende Kontrolliertheit.

Genauso darf er mich in den schlampigsten, ausgedelltesten Schlumpihosen der Welt sehen. Ungeschminkt! Manchmal kämme ich mir sonntags nicht mal die Haare. Dieser intime Anblick ist nur für meinen Lebenspartner bestimmt und das nicht von Anfang an. Das Vertrauen muss erstmal entstehen. Alle Beziehungen, die weniger als drei Jahre andauerten, kamen nie in diesen Genuss. Naja gut, der Postbote vielleicht noch. Ja, oder der Bäcker – ok, ok, manchmal auch die Kindergärtnerinnen und gelegentlich auch einige FreundInnen. Aber sonst niemand! Sonst bin ich immer adrett angezogen und geschminkt. IMMER.

So eine Schlabberhose, das muss die Liebe abkönnen. Ja, ich verlange, dass das die Liebe sogar wachsen lässt.

Sonst schreien doch immer alle nach Authentizität – aber wenn es um Hosenauthentizität geht, da scheiden sich die Geister.

Die Kinder sind komplett durchgeimpft und spielen mit Barbie

201981_1972164270092_5696105_oDieses Wochenende eröffnet das Barbie Dreamhouse. Ich hatte ein wenig Angst, dass man in die Hölle kommt, wenn man dort hin geht, aber da ich a) aus der katholischen Kirche ausgetreten bin und somit das Fegefeuer nicht mehr fürchten muss und b) das Barbie Dreamhouse offensichtlich schon die Hölle ist, äh ist es auch egal. Jedenfalls, was ich sagen wollte: ICH HABE SCHON EINTRITTSKARTEN!!!111!

Und noch schlimmer: In unserem Haushalt gibt es schon Barbies seit die Kinder Babys ca. ein Jahr alt sind. Ich weiß, dass es viele, viele Gründe gibt, Barbie böse zu finden. Aber irgendwie habe ich ein Problem mit Tabus und Verboten.

Ich oute mich mal komplett. Ich bin totale Spätzünderin und habe erst mit ca. zehn Jahren angefangen Barbie zu spielen. Ich hatte eine dunkelhaarige Barbie mit einem roten Herzchenkleid. Ich meine mich zu erinnern, dass die weißen Herzchen im Dunkeln leuchteten. Sie erinnerte mich an die Herzkönigin aus Alice im Wunderland. Foto 1Ich nannte die Barbie Jessica und Jessica war sehr streng. Sie hat z.B. den ganzen Tag Ken rumkommandiert. Der arme Ken musste das rosafarbene Haus in Orndung halten. Er musste putzen, aufräumen und die Kissen aufschütteln. Jessica hat sich in der Zwischenzeit zweihundert Mal umgezogen. Sie war sehr eitel. Oft musste ich ihr stundenlang die Haare kämmen und mit meinen kleinen, ungeschickten Kinderhänden aufwändige Flechtfrisuren machen. Einmal habe ich sogar mein ganzes Taschengeld ausgegeben, um eine Flechtzwirbelmaschine zu kaufen. Wenn Ken fertig mit der Hausarbeit war, musste er für Jessica kochen. Meistens mochte sie das Essen nicht und brüllte Ken an.

Als ich ca. 13 Jahre alt war, spielte ich immer noch mit Barbie. In der Zwischenzeit ging es Ken noch schlimmer, denn er musste Jessica und ihren Freundinnen immer Komplimente machen, Geschenke ranschaffen und mit dem Hund Gassi gehen. Abends musste er bereit sein, verführt zu werden. Es war furchtbar. Der arme Ken. Eine sehr traurige Geschichte.

Foto 3Mit ca. 15 verlor ich das Interesse an Barbie und alle Sachen gingen an meine jüngere Schwester über. Meine Schwester hat mir dann vor einigen Jahren alle Sachen wieder mitgebracht und an meine Kinder weiter vererbt. Über die Jahre hat sich ein ganzes Barbie-Universum angesammelt, das eifrig bespielt wird. Interessanterweise von allen Kindern im Haushalt – völlig unabhängig vom Geschlecht. Die Puppen werden dabei geliebt und zwar VÖLLIG unabhängig von ihrem Aussehen. Die Kinder sehen in den Puppen offensichtlich was anderes als ich und sie scheinen ganz anders zu bewerten. Die Puppen werden in ihr Spiel integriert so wie alle ihre Spielsachen. Sie haben keinen besonderen Stellenwert und so wie ich es wahrnehme – sie beeinflussen nichts. Das was meine Kinder schön finden, hat nichts mit dem schön zu tun, das ich kenne und nichts mit dem schön, das mir Medien zeigen.

pferdWeil sie verfügbar sind, sind sie nichts besonderes. Sie liegen rum, ihnen brechen Teile ab, die Hände werden zerbissen, die Haare werden filzig, weil sie in die Badewanne und in den Sandkasten dürfen. Manche Barbie-Accessoires und anderes Beiwerk sterben einen grausamen Tod und werden dann beweint.

Jedenfalls sind die Barbies so alltäglich wie z.B. Bücher in unserem Haushalt und deswegen lösen sie weder Verzücken noch Hysterie bei den Kindern aus. Sie sind kein heiß begehrtes Gut – nichts nach dem sie streben.

Der Ken meiner Kindheit und mein Mann.
Der Ken meiner Kindheit und mein Mann.

Ich denke, das wäre anders, wenn wir einen barbiefreien Haushalt hätten. Und weil ich gerne Dinge mache, die total verpönt sind, habe ich mir vergünstigte Tickets für das Barbiehaus gekauft und gehe rosa gekleidet mit glitzernden Ohrringen auf hohen Schuhen dahin. Meine Söhne dürfen das auch. Und ganz ehrlich, Barbie hat mich Null beeinflusst.

Meine Töchter und Söhne sind Schneewittchen

Kaum hat man die Jugend überstanden, befindet man sich in der Postadoleszenz. Nur einmal den Lebenswecker gesnoozt und schon ist alles dahin. Zumindest die Schönheit. Die Haare grau, die Haut schlaff, die Aura schwächlich, man schrupft ein und gleichzeitig erhöht sich das Gesamtvolumen. Älterwerden ist kein Spaß.
Es kommt das Alter der Zipperlein. Der nie endende Schnupfen, die große Erschöpfung. Alles siecht dahin.
Da stehe ich morgens an meinem Spiegel, habe aufgegeben mir die ergrauten Haare aus dem Schopfe zu zupfen, weil es einfach zu viele sind. Wochenlang habe ich recherchiert welche Augencreme die beste sein könnte, doch meine Falten lässt sie nicht verschwinden. So stehe ich da und betrachte mein Gegenüber.
Das Kinnläppchen wächst. Die Ohren ebenfalls und auch die Nasenspitze scheint sich zu vergrößern. Vielleicht ist auch beides gleich groß geblieben und der Rest ist eingefallen – wer weiß das schon?
Während ich so dastehe und mich mitleidig begutachte, hüpft eines meiner Kinder ins Badezimmer. Es wirft sich mir an den Hals und ich spüre die blütenzarte Haut. Wie Rosenblätter, weiß und makellos. Das Kind küsst mich überschwänglich und sein seidenes Haar streift mein Gesicht. Es riecht so frisch und jung, so kraftstrotzend und wach.
Kein Gramm Fett, der Körper so muskulös wie der einer Gazelle. Straff und wunder-, wunderschön.
Ich halte meinen Kopf unter kaltes Wasser und fühle mich wieder normal.
Am Frühstückstisch habe ich mich wieder gefangen. So ist das Leben. Es vergeht und wir werden alle älter. Sicherlich gibt es irgendwelche Vorzüge am Älterwerden – auch wenn sie mir gerade nicht einfallen wollen – muntere ich mich auf.
Zum Glück war ich auch zu Jugendzeiten nie eine von denen, die durch ihre strahlende Schönheit ins Auge fielen. Das macht vieles leichter. Immerhin habe ich noch mein Wissen und oft hat man mir bescheinigt, ich sei witzig.
Wenigstens das! Wenigstens das kann mir keiner nehmen. Meinen Humor. Der wird eher noch besser, tiefgründiger, more sophisticated , feiner eben.

Doch dann kommt der Tag, an dem die Kinder eigene Witze machen. Erst unbeholfen absurde („Ein grünes Auge springt über ein Haus!“), dann nacherzählte – doch dann oh weh – eigene – eigene – eigene – bei denen es auch nicht hilft die Lippen aufeinander zu pressen und die Ohren zuzuhalten. Sie kommen erst selten, dann immer öfter und schließlich täglich. Mehrere Male am Tag gar und dann ist es aus.

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