Mit Kindern in letzter Minute dringende Einkäufe erledigen, ist nicht immer ein lustiges Erlebnis – jedenfalls nicht für einen selbst.
So waren wir samstags zu einer Hochzeit eingeladen und der Blick in den Kleiderschrank des Kindes um 19.20 Uhr am vorangehenden Freitag eröffnete, dass alle Hosen durchlöchert, zerschlissen oder mit unentfernbaren Flecken dekoriert waren.
Schnell also das Kind unter den Arm geklemmt und ins nächste Einkaufszentrum geeilt.
Das Kind, denkbar lustlos, war nur aufgrund mittelgroßer Bestechungen dazu zu bewegen in einer Umkleidekabine auf die Präsentation verschiedener Hosenmodelle zu warten.
Als ich endlich schwitzend vier Hosen anschleppte, war die Kooperationsbereitschaft vollends verflogen und selbst die Ankündigung einer siebenstöckigen Schokoladentorte zeigte keinerlei positive Wirkung.
Liebe, gegenseitige Akzeptanz und Freiräume bei der Kindererziehung in Ehren, die Hosen mussten anprobiert werden. Das Kind wand sich, es krakeelte, widerstrebte und als das alles nichts half, griff es instinktiv zu der letzten aller grausamen Maßnahmen: es brüllte Sätze, für die man in der Regel verhaftet wird.
– Ich will nicht, die Hose kneift.
– Die kneift nicht, jetzt probiere sie doch wenigstens.
– Nein!
– Doch, Du probierst jetzt die HOSE!
– NEIN!
Mutter zerrt an Kind.
– NEEEEEiiiiiiinnn, ich will nicht!
Mutter zerrt weiter.
– NEEEeeeeeiiIIIIIIIIIIIIIN, bitte nicht, das tut so weh!
Zerrt und zerrt.
– Nein, bitte nicht da unten, das tut so weh. NICHT DA UNTEN!!! AUA!!!! AUAAAAAAAA!
Draußen hört man die Verkäuferin heraneilen. Getuschel in der Nebenkabine.
Ohovenesk gedeiht in mir das dringende Bedürfnis zu einem übereilten Aufbruch. Ich packe drei Hosen, die vierte binde ich um den Mund des schreienden Kindes, eile zur Kasse, lege alle Scheine, die ich besitze auf den Tresen und verflüchtige mich in der untergehenden Sonne.
Her mit den Moneten!
Im Leben kommt man immer wieder in Situationen, in denen man fieberhaft über das Reichwerden nachdenkt. Im Studium habe ich als Alternative zum Abschluss Möglichkeiten recherchiert Safranhändler zu werden. Die Idee kam mir als ich für 10 DM 2 Gramm Safran kaufen musste weil ich leichtfertig einen jungen Mann auf eine selbstgemachte Paella eingeladen hatte. Da ich mein Studium dann doch noch erfolgreich beendete, ersann ich die nächste Möglichkeit um Millionen zu scheffeln als ich im Anschluss an mein Studium sieben Jahre unterbezahlt als Praktikantin arbeitete. Ich lies mir aus Protest für jedes Jahr ein weiteres Ohrloch stechen und errechnete erstaunt dass ein Liter Ohrlochantisept an die 8.000 Euro kostete. Keine Frage also dass ich Antiseptmogul werden wollte.
Dieser Plan wurde durch ein unerwartetes Jobangebot durchquert.
Jetzt da wir vor der Anschaffung eines Fahrradsitzes, eines Helmes, eines Autositzes und diverser Kinderzimmermöbel stehen, ist es wieder Zeit über das Geldscheffeln nachzudenken.
Ich evaluierte die Möglichkeiten eines erfolgreichen Vertriebs von würziger Eukalyptusmilch, die wir von Koalaweibchen gewinnen würden. Eukalyptusmozarella, Eukalyptusbutter, Eukalyptusjogurt … ein unendlich vielfältiger Markt – leider war es zu schwer an trächtige Koalaweibchen zu kommen. Von den Melkversuchen gar nicht zu sprechen…
Als ich unserem Kind 1.0 beim Abendbrot vom Fleckenmusang berichtete, die Kaffeebohnen isst und sie dann fermentiert ausscheidet und dass diese für 1.200 Euro das Kilo verkauft würden, bekam es Eurozeichen in den Augen.
„Ist Dir schon mal aufgefallen, dass unser Baby manchmal unverdautes Gemüse in der Windel hat? Nein? Ist aber so, ich habs genau gesehen. Sollen wir das auch verkaufen? Bei Ebay vielleicht?“
Wir haben es versucht. Vermutlich war die Produktbeschreibung nicht ansprechend genug.
Meine Liebe ist wie eine Giraffe
Eltern sorgen sich ständig um ihren Nachwuchs. Ob der Nachwuchs zwei oder fünfzig Jahre alt ist, spielt dabei keine Rolle. Diese Fürsorge treibt manchmal die seltsamsten Blüten. Man hört von Dreißigjährigen, die ihre Schmutzwäsche zur Mutter schicken und sie sauber und gebügelt zurückgesendet bekommen.
Persönlich habe ich eine Freundin, die arbeitet als Senior Consultant in einer namenhaften Unternehmensberatung und empfängt regelmäßig Pakete mit Grundnahrungsmitteln. Sie kann ihrer Mutter einfach nicht abgewöhnen Zucker, Mehl und Kekse zu schicken.
Auch ich bekomme bis zum heutigen Tag selbstgestrickte Socken und warme Unterwäsche zugeschickt.
All das kann durch kein Bitten und Flehen abgewendet werden. Wenn Mütter sich etwas in den Kopf gesetzt haben, gibt es kein Einhalt.
Stoppen lässt sich dieser Umsorgetrieb nicht – bestenfalls umleiten und zwar durch das in die Weltsetzen von Enkeln. Denn dann sind es die Enkel die Zielscheibe all jener Bemühungen werden. Freilich bleibt man trotzdem nicht völlig unberührt.
So erhielt unser jüngstes Kind kürzlich eine überdimensionierte rosa farbene, sehr fluffige Plüschgiraffe. Genauer gesagt war das Kuscheltier deutlich größer als das Kind. Hätten wir nicht schon mehrere riesenhafte Stofftiere und wäre ich nicht ohnehin schon völlig überladen mit dem Zug unterwegs gewesen, ich hätte mich vielleicht stellvertretend für den Säugling gefreut.
So hatte ich nur eines im Sinn: wie werde ich das Plüschungetüm los?
Am Bahnhof hatte ich die zündende Idee: ich würde sie einfach vergessen. Gedacht getan. Als der Zug einfuhr lies ich die Giraffe neben mit stehen und eilte zum Gleis. Als ich einsteigen wollte, kam mir schwer atmend ein freundlicher Mann hinterher und steckte die Giraffe durch die ICE-Tür. „Die haben Sie vergessen!“.
Im Zug verstaute ich sie gewissenhaft im Gepäckfach, packte möglichst viel Fremdgepäck davor und versuchte sie ebenfalls liegen zu lassen. Sie ahnen, auch von dort wurde sie mir hinterher geschleppt. Zuhause angekommen, suchte ich ihr ein schönes Plätzchen in der S-Bahn. Tatsächlich schloss sich die Tür hintermir ohne dass das Geschöpf mir nachgetragen wurde. Allerdings entdeckte mich ein jugendlicher Gentleman als ich parallel zur S-Bahn nach Hause lief und drückte mir stolz das rosa Vieh in die Hand.
Was ich auch tat, die Giraffe wurde mir zurück gebracht. Und daraus lernt man nur eines:
Manchmal ist elterliche Fürsorge ein pastellfarbiges Schnuffeltier – doch aufhalten lässt sie sich nicht.
Morgenkonversation
Zu gerne würde ich mal live ins Gehirn meines Kindes schalten. Szenen der folgenden Art machen mich neugierig.
Morgens stehe ich mit dem Baby im Bad und fädle mir als Krönung meiner Verschönerungsmaßnahmen Ohrringe an die perforierten Ohrläppchen.
Das Kind ist begeistert und deutet auf selbige.
„Ohrringe“, sage ich.
„EITER“, wiederholt das Kind
„OHRRINGE“, sage ich langsam und deutlich.
„Eiter“, flötet das Kind nickend.
„Ohrringe, mein Kind, OHR-ringe“
„Ei-ter“, wissend schaut es mich an.
Ist das nicht wunderbar? Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Realität und Wahrnehmung so weit voneinander entfernt sind. Wenn Eiter ganz genau wie Ohrringe klingt, wie mag es sich mit dem Rest verhalten?
Alles ist immer so, wie man es möchte. Die Welt voller Wunder und freundlicher Riesen. Man äße nur, was einem schmeckt und es gäbe jemanden, der darauf besteht, dass man mindestens 16 Stunden Schlaf bekommt. Das Paradies!
Eigentlich müsste man überglücklich heranwachsen und doch wird genau jenes Kind mich eines Tages anschreien, ich habe von nichts eine Ahnung, verstünde es nicht, sei böse und gemein, die Tür zuknallen und durch die Wand schreien: Ich hasse Dich!
Doch bis dahin sind es gut dreizehn Jahre und solange rufen wir uns noch mit lachenden Gesichtern die Worte Eiter-Ohrringe zu.
Ein Pfui auf den Frühling
Der Frühling ist da und bereitet jeder guten Hausfrau Bauchschmerzen. Blickte man in der dunklen Jahreszeit noch zufrieden auf das strahlende Tagwerk, so zeigen sich nun ab Sonnenaufgang die furchtbarsten Schmierer und Schlieren. Nicht verwunderlich, dass die Sonne der natürliche Feind einer jeden Sauberfrau ist.
Schuld an allem Übel ist jedoch die moderne Zivilisation. Hatte man vor wenigen Jahren noch wunderbar schummrige Berliner Zimmer und dank der engen Hinterhöfe und Erdgeschosswohnungen genügend düstere Orte zum Oberflächenputz, so wichen diese im Laufe der Zeit den gläsernen Loftbauten, die nichts anderes als Bauchschmerzen bereiten.
Hoch lobe ich das düstere Mittelalter. Muffige Burgen, fensterlose Kerker, dunkle Behausungen in Berge geschlagen. Was war das schön! Nicht mal das Fensterglas war erfunden!
Möbel teuer. Fußböden ohnehin unrettbar mit Pferdemist verdreckt.
Was wäre das schön! Was wäre der Frühling dann schön! Was ginge es mir gut!
Doch so? So kann ich nur eifrig bohnernd, polierend und putzend den widerlichen Frühling verfluchen.
Teleshopping einschalten und bestellen
Sobald das erste Kind geboren wird, ändert sich der Freundeskreis. Das hört man oft und es ist wahr. Tatsache ist jedoch, dass es nicht die kinderlosen Freunde sind, die einen irgendwann verlassen, weil sie das Dududdada-Gebrabbel oder die ausführlichen Besprechungen des Windelinhalts nicht mehr ertragen. Vielmehr ist es umgekehrt und die neu gegründete Familie verlässt entnervt die alten Freunde. Die Männer können es nicht aushalten, dass statt der nun nötigen Kombimodelle und Kleintransporter zweisitzige Sportflitzer diskutiert und Probe gefahren werden und die Frauen mögen ihre Freundinnen nicht mehr, weil diese schlichtweg zu leicht sind.
Es ist nämlich so: nach der Geburt sieht man aus wie vor der Geburt – nur schlaffer. Wenn man nun in der Vergangenheit eifrig Modemagazine gewälzt hat und wirklich glaubt, es gäbe Mode, die schlank macht, dann wird man schon beim ersten Einkaufsversuch eines Besseren belehrt.
Denn selbst der derzeitig modisch angesagte Hippie-Schlabberlook hilft nicht. Auch ist es völlig egal in welche Richtung Streifen verlaufen. Man sieht aus wie man ist und das ist nicht wie vorher.
Der einzige Tipp, der wirklich Wunder hilft, fand sich vor Jahren im MAD-Magazin: „Wenn Sie sich dünner fühlen wollen, suchen sie sich ein Umfeld, das deutlich dicker ist, als sie selbst. Sie werden feststellen, sie sehen wieder schlank aus.“ Auch hilft üppiges Mobiliar wie samtene Ohrensessel und riesenhafte Mahagonischreibtische. Noch besser ist es natürlich, sich die alten Möbel neu anfertigen lassen – nur alles zwanzig Prozent größer als vorher. Gleiches gilt für Kleidung. Alles zwei weitere Größen größer zu kaufen, lässt Mitmenschen sogar nachfragen, ob man abgenommen hat.
Alles finanziell wenig erschwinglich und kostet in jedem Fall den vertrauten und alt bewährten Freundeskreis.
Wer schlank aussehen möchte UND die Freundinnen behalten will, der legt sich einen dieser Sofort-zwei-Konfektionsgrößen-schlanker-Ganzkörpersuits zu.
Mit denen nimmt man wahnsinnig schnell ab. Der Versuch sie anzuziehen kostet alleine um die 4.000 Kalorien. Sie sind ungefähr Handteller groß und lassen sich nur unter großen Schmerzen über den Körper stülpen. Hat man es tatsächlich rein geschafft, schwitzt man so stark, dass weitere 500 Kalorien pro Stunde verbrannt werden.
Selbst wenn man den ganzen Tag ausschließlich Buttertorten isst – mehr als 5.000 Kalorien schafft man nicht. Wenn man den Fettweganzug also einmal täglich anzieht und für nur acht Stunden anbehält, nimmt man zwangsläufig ab. Das macht unter den beschriebenen Bedingungen 3.000 Minuskalorien am Tag. Macht 42.000 Kalorien in 14 Tagen, sind umgerechnet sieben Kilo. Das sollte genügen und wenn man fix das Teil zurücksendet, bekommt man auch noch das Geld zurück, da man sich an die Rückgabefrist gehalten hat.
Schimpfwortfreie Erziehung
Vor einem Vierteljahrhundert waren zwischenkindliche Beschimpfungen noch völlig harmlos. Wenn man sich beispielsweise auf dem Schulweg gegenseitig schupste und einer der beiden Kontrahenten zu Boden ging und sich die Hose dreckig machte, war das schlimmste, was man sich zuschrie: DAS KANN DEINE MAMA SAUBER MACHEN!.
Wenn man im Vergleich dazu hört, was sich rauchende Achtjährige an Bushaltestellen heutzutage an den Kopf werfen, möchte man am liebsten Hände, Augen und Ohren mit Kernseife auswaschen. Notfalls die eigenen.
Was ist man dann glücklich, wenn die eigenen Kinder schlimmstenfalls zuhause fragen, was wohl eine hässliche Bumspalme sei, das hätten sie heute unter Fünftklässlern in der Schule aufgeschnappt.
Abküssen möchte man das Kind spätestens wenn im Park mitbekommt, wie es ob seiner sand- und schlammbesudelt von einer Rentnerin angesprochen wird: „Ei da wird die Mama aber schimpfen! So pfui schmutzig wie Du bist.“ und es selenruhig, milde lächelnd antwortet: „Nö, meine Mama schimpft gar nicht, die wäscht das einfach!“.
Nutzen Sie ihre Potentiale!
Der volkspsychologische Mund behauptet unverwüstlich, dass nur 15% des Gehirns aktiv genutzt werden.
Als Fachstudierte glaubte ich natürlich, dass diese Aussage völliger Humbug ist. Dann bekam ich ein Kind und jetzt bin ich vom Wahrheitsgehalt dieser Aussage absolut überzeugt.
Die nicht aktiv genutzen 85% benötigt man nämlich gar nicht für vegetative Zwecke wie atmen, Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur oder zum Verdauen. Nein, sie liegen tatsächlich total nutzlos brach bis man ein Kind bekommt. Erst dann werden sie eingesetzt.
Der nur 24 Stunden andauernde Tag eines Erdenmenschens ist nämlich sonst völlig ungeeignet all das zu tun, was man tun muss, wenn man Kinder hat.
Als kinderloser Single musste man ja nicht viel tun. Schlafen 10 Stunden, arbeiten 10 Stunden, 4 Stunden Freizeit gestalten, fertig.
Mit Kind ist an eine solche Aufteilung nicht mehr zu denken. Allein schon die Nahrungsaufnahme, die früher maximal 30 Minuten beim Italiener in Anspruch nahm, erstreckt sich samt Vorbereitung auf ca. 7 Stunden.
Gedanken über die Art des Essens machen: 1 Stunde
Einkaufen fahren und geplante Besorgungen (mit Kind!) machen: 2 Stunden; auch wenn man sich entschieden hat eine Scheibe Brot mit Wurst zu essen.
Einkäufe mit kleineren Unterbrechungen einräumen: 1 Stunde
Kochen: 1 Stunde
Essen mit Baby: 1 Stunde
Hinterher Putzen: 1 Stunde
Körperhygiene, Wohnung in Schuss halten, Spielplatzausflüge etc. Da kommt man auf gut 75,3 Stunden. Deswegen muss man die meisten Dinge parallel erledigen. Z.B. kann man super gleichzeitig kochen, telefonieren, putzen, ToDo-Listen erstellen, Hobbys wie lesen nachgehen und ein rückenstärkendes Workout durchführen.
Jedenfalls wenn man weiblichen Geschlechts ist. Als Mann geht das evolutionsbedingt nicht. Ein Mann, der Jahrtausende lang mit Lauern auf das Abendessen im Gebüsch verbracht hat, der steht z.B. am Herd und muss den Reis bewachen und rühren, als würde der jede Sekunde aus dem Topf springen und sich samt der Fleischeinlage auf die Seychellen verdrücken
Folglich können nur knapp 20% des geplanten Tagespensums abgearbeitet werden, was nach spätestens einer Woche dazu führt, dass der Vater mit dem vier Monate alten Kind wieder wie früher beim Italiener sitzt und versucht dem Zögling Pizza zuzufüttern.