Kein Wunder dass „yu gi oh“ zu den meist gesuchten Googlebegriffen gehört. D.h. wenn man erst mal rausbekommen hat, wie man das schreibt. Schließlich kommt das schreib- und buchstabierunfähige Kind eines Tages vom Kindergarten und verlangt jokiko.
Jokiko? denkt der pädagogisch vorgebildete Erwachsene, der das Kind und seine Welt verstehen möchte, eilt an seinen Laptop und sucht vergeblich den Begriff. Erst Wochen später im Kreise seiner anonymen Kinderverstehergruppe erwähnt er das ungelöste Rätsel und wird verständig von den anderen Eltern aufgeklärt.
„Yu-gi-oh!“ eine fiese Erfindung der Konsumgesellschaft. Karten, die man teuer erwirbt, die jedoch regelmäßig ihre Gültigkeit verlieren, so dass man immer neue und wieder neue kaufen muss, damit das Kind auf der Beliebtheitsskala seiner Peer-Group ganz oben bleibt.
Man wehrt sich drei, vier Monate diese Ausgeburt des Bösen zu unterstützen, aber eines Tages kommt der Tag, da erträgt man die rotgeweinten Augen des Kindes nicht mehr, zückt das Portemonnaie und schon wirft man die wöchentlich für die Rente zurückgelegten Euroscheine in den Rachen der Yu-gi-oh-Merchandise-Maschinerie.
Ist das Kartendeck halbwegs komplett und das Kind glücklich, so glaubt man schnell seinen Seelenfrieden wieder gefunden zu haben und redet sich unterstützend ein: Wenigstens nicht Tokio Hotel, wenigstens das nicht!.
Doch es vergeht keine Woche und das Kind will Pikatschu. Dazu macht es die Stimme hell und ruft: Pikatschu, Pikatschu! Es verweigert jede Kommunikation und auf jede Frage oder Aufforderung erhält man nur Pikatschu! zur Antwort.
Aus der ersten Erfahrung schlau geworden, stellt man sich dennoch taub und eines Nachts, als man sich schlaflos durch die Privatsender zappt, bleibt man bei der Zeichentrickserie Pokémon hängen und denkt: Ich schau mir das jetzt an und nach ausführlicher Begutachtung mache ich meinem Kind eine große Freude und kaufe eine Pokémon-DVD, die wir gemeinsam anschauen und anschließend darüber reden.
Doch nach nur drei Minuten ist die Schmerzgrenze erreicht, man kann dem Plot nicht folgen und wacht einen Augenschlag plötzlich schweißgebadet auf und das erste, was man mit heiserer Stimme in das Morgengrauen krächzt ist: PIKACHU!, worauf man schwört: Das Kind wird nie, nie, nie Pokémon sehen!
Doch dann kommt es mit einer Bionicle-Zeitung, die ihm irgendein Bösewicht geschenkt und verlangt – wieder unter Tränen – abends diese und nicht eines dieser langweiligen Märchen vorgelesen zu bekommen.
„They came to Yoya Nui as Matoran villagers. Then six bolts of lightning from a red star transofmed to the Toa Onika. Their goal: Find the powerful Kanohi Mask of Live […]“
– Stiefmutter, was ist Yoya Nui?
30 Minuten Internetrecherche später: Ein Vulkan, liebes Kind.
– Stiefmutter was ist Toa Onika?
[…]
– Stiefmutter, was ist Kanohi?
Das sind Masken, die v.a. von den Toa, Turaga, and Matoran getragen werden.
– Was sind Toa?
Und schon fühlt man sich wieder wie in der Vorhölle und fragt sich, was aus den guten alten Glückbärchi geworden ist. Man breitet die Arme aus, drückt den Bauch nach vorne und ruft LIIIIIIIEEEEBEEEEE in die kalte, dunkle Nacht hinaus.