Nuparu?

Kein Wunder dass „yu gi oh“ zu den meist gesuchten Googlebegriffen gehört. D.h. wenn man erst mal rausbekommen hat, wie man das schreibt. Schließlich kommt das schreib- und buchstabierunfähige Kind eines Tages vom Kindergarten und verlangt jokiko.
Jokiko? denkt der pädagogisch vorgebildete Erwachsene, der das Kind und seine Welt verstehen möchte, eilt an seinen Laptop und sucht vergeblich den Begriff. Erst Wochen später im Kreise seiner anonymen Kinderverstehergruppe erwähnt er das ungelöste Rätsel und wird verständig von den anderen Eltern aufgeklärt.
„Yu-gi-oh!“ eine fiese Erfindung der Konsumgesellschaft. Karten, die man teuer erwirbt, die jedoch regelmäßig ihre Gültigkeit verlieren, so dass man immer neue und wieder neue kaufen muss, damit das Kind auf der Beliebtheitsskala seiner Peer-Group ganz oben bleibt.
Man wehrt sich drei, vier Monate diese Ausgeburt des Bösen zu unterstützen, aber eines Tages kommt der Tag, da erträgt man die rotgeweinten Augen des Kindes nicht mehr, zückt das Portemonnaie und schon wirft man die wöchentlich für die Rente zurückgelegten Euroscheine in den Rachen der Yu-gi-oh-Merchandise-Maschinerie.
Ist das Kartendeck halbwegs komplett und das Kind glücklich, so glaubt man schnell seinen Seelenfrieden wieder gefunden zu haben und redet sich unterstützend ein: Wenigstens nicht Tokio Hotel, wenigstens das nicht!.
Doch es vergeht keine Woche und das Kind will Pikatschu. Dazu macht es die Stimme hell und ruft: Pikatschu, Pikatschu! Es verweigert jede Kommunikation und auf jede Frage oder Aufforderung erhält man nur Pikatschu! zur Antwort.
Aus der ersten Erfahrung schlau geworden, stellt man sich dennoch taub und eines Nachts, als man sich schlaflos durch die Privatsender zappt, bleibt man bei der Zeichentrickserie Pokémon hängen und denkt: Ich schau mir das jetzt an und nach ausführlicher Begutachtung mache ich meinem Kind eine große Freude und kaufe eine Pokémon-DVD, die wir gemeinsam anschauen und anschließend darüber reden.
Doch nach nur drei Minuten ist die Schmerzgrenze erreicht, man kann dem Plot nicht folgen und wacht einen Augenschlag plötzlich schweißgebadet auf und das erste, was man mit heiserer Stimme in das Morgengrauen krächzt ist: PIKACHU!, worauf man schwört: Das Kind wird nie, nie, nie Pokémon sehen!
Doch dann kommt es mit einer Bionicle-Zeitung, die ihm irgendein Bösewicht geschenkt und verlangt – wieder unter Tränen – abends diese und nicht eines dieser langweiligen Märchen vorgelesen zu bekommen.
„They came to Yoya Nui as Matoran villagers. Then six bolts of lightning from a red star transofmed to the Toa Onika. Their goal: Find the powerful Kanohi Mask of Live […]“
– Stiefmutter, was ist Yoya Nui?
30 Minuten Internetrecherche später: Ein Vulkan, liebes Kind.
– Stiefmutter was ist Toa Onika?
[]
– Stiefmutter, was ist Kanohi?
Das sind Masken, die v.a. von den Toa, Turaga, and Matoran getragen werden.
– Was sind Toa?

Und schon fühlt man sich wieder wie in der Vorhölle und fragt sich, was aus den guten alten Glückbärchi geworden ist. Man breitet die Arme aus, drückt den Bauch nach vorne und ruft LIIIIIIIEEEEBEEEEE in die kalte, dunkle Nacht hinaus.

Spätfolgen

Der Schweinsteiger stammt von den Ferengi ab

Der Schweinsteiger wohnt jetzt bei uns. Nur die nächsten vier Jahre. Bis zur nächsten WM eben. Ich hab ihn gestern vom Kindergarten abgeholt. Das Kind sei weg, der Papa solle nicht weinen, der Schweini käme jetzt mit, der sei auch ganz nett, so teilte man mir mit.
Am Anfang hab ich mich ein bisschen schwer getan. Hab das Kind irgendwie auch lieb gewonnen. Nach dem ersten Tag muss ich aber sagen, der Schweinsteiger ist eigentlich fast so wie das Kind, außer dass er mir immer von den WM-Spielen erzählt. Als er zum Beispiel den Portugiesen soundsoviel Tore reingeballert hat. Das nervt auf Dauer ein bisschen. Der Poldi sei auch schwer in Ordnung und der Kita-Kumpel vom Schweini. Zusammen passen sie auf die Kleineren auf.
Ich wollte die Gelegenheit dann beim Schopfe packen und bat, weil einer meiner Kollegen so großer Fußballfan ist, um ein Autogramm. Was denn ein Autogramm überhaupt sei, wollte der Schweinsteiger wissen. Ja da schreibt man so den Namen irgendwo hin, mit nem Gruß vielleicht.
Schweinsteiger schaut mich fragend an, was er denn auf das Auto-Gramm schreiben solle?
Ja hm so Viele Grüße an Klaus, Dein Schweini.
Da war der Schweinssteiger echt entsetzt und verdreht entnervt die Augen. Schweini würde er nicht schreiben. Schweinsteiger hieße er und nichts anderes komme auf den Zettel.
Jedenfalls heute hab ich den Schweini wieder abgeholt und bei REAL wollte er unbedingt ein Panini-Fußballalbum. Ein Euro kostet das. Ich wies ihn darauf hin, dass das aber leer sei. Egal, er wolle es unbedingt haben, un-behe-dingt! Na gut, sage ich, wenn du das Geld von der Zahnfee nimmst, dann kannst du dir den Quatsch kaufen. UHUNBEDINGT!
Als wir zuhause waren und ich das Geld eintreiben wollte, sagt Schweini, ja sorry, das Geld habe er schon lange ausgegeben. Da war ich sauer. Da wedelt der Schweini vorwurfsvoll mit den Armen. Ich hätte ihm schließlich nur einen Euro zum Bezahlen gegeben! Ich sei doch selbst schuld. Hätte ich ihm zwei gegeben, wäre das gar kein Problem und er hätte mir den Euro vom Wechselgeld wieder geben können!

Um die Gefährlichkeit von Klolektüren

Heute mal dem Spruch gefolgt Ab eins macht jeder seins und pünktlich um 15 Uhr das Büro Richtung Wochenende verlassen. Kind im Kindergarten abgeholt und mit komischen Werkzeug auf dem eine 13 stand, eigenhändig Sattelhöhe des Sattels des Kinderfahrrades nach oben versetzt. Mich dabei gefühlt, als sei ich jetzt bereit, eine vier Wände umspannende Einbauküche auf Rigips-Wänden zu befestigen und alle Elektrogeräte selbst zu bauen.
Im Flow auch noch Wimpelfähnchen von Kinderfahrrad A auf Kinderfahrrad B transferiert.
Nachdem Kind jetzt besseren Hebel hat, hechelnd dem Kind hinterhergefahren. Mehr als drei Mal Auffahrunfall verursacht, da Kind spontan bremste und WM-Fans bestaunen musste. Im Park an Stelle gesprintet, wo die coolen Jungs ihre Skateboard- und Fahhradstunts absolvieren.
Als einer der Kerle mit seinem Superbike mit ca. 200 km/h über den Kunststückhügel gefahren ist, abhebt und zwanzig Sekunden in der Luft rotiert und wieder landet, steckt das Kind den Daumen hoch und sagt aufmunternd: „Das war schon ganz gut!“
Dann hat Kind eigene Stunts versucht, bei denen mir gelegentlich das Herz stehen blieb. Mich zusammen gerissen und gedacht: „Studien belegen, dass Kinder von Frauen fast ausschließlich sprachlich und von Männern motorisch gefördert werden. Kind kann schon ganz gut sprechen, jetzt muss Kind lernen, coole Stunts zu machen und es ist meine heilige Pflicht dazu ein entspanntes Gesicht zu machen.“
Kind kurze Einführung in die wichtigsten Grundkategorien von Skateboardtricks gegeben. Einen der 16 Jährigen hergeordert und einen Ollie vorführen lassen. Dann verschiedene Ollie-Variationen: Nollie, Switch Ollie, 180°, Fakie Ollie, One-Foot-Ollie. Beim 360° hat der kleine Skater schon rumgenölt. Dann beim Boned Ollie fast geheult. Drei Mal hingefallen, blutige Knie, Zahn ausgeschlagen.
Skater 1 gedankt und nächsten rangewunken. Der musste noch einige Flips, Verts und Lip-Tricks vorführen. Dann in die Runde gerufen, wer mir jetzt den Mr. Wilson macht. Alle aufgestanden und weggelaufen.
Dann aber gedacht: „Du wolltest doch selbst immer coole Skaterin sein, jetzt fängst Du an Deinen falschen Ehrgeiz auf das Kind zu übertragen!“ und Kind überredet zur Plantsche weiter zu fahren.
Dort hat sich Kind aller Kleidung entledigt und mich aufgefordert, ihm gleich zu tun. Halbe Stunde verwendet Kind stammelnd zu erklären, wieso Erwachsene sich nicht einfach ausziehen dürfen. Keinen wirklich überzeugenden Grund gefunden.

Wenige Millisekunden später hat mich Kind aufgefordert, es auf einen der riesigen Steinelefanten zu heben, die das Wasser verspritzen. Abgelehnt. Kind hat wütend darauf hingewiesen, dass der Vater so was durchaus mache und Frauen Kinder ausschließlich sprachlich fördern würden. Mich geärgert und Kind auf drei Meter hohen Elefanten geworfen, Kind aber angewiesen den Weg zum geringelten Rüssel selbst zu bestreiten. Da hat Kind von oben runter gerufen: „Das wolltest du wohl als Kind alleine schaffen? Das jetzt von mir zu fordern, ist eine inadäquate Projektion deines damaligen Unvermögens!“

Mir vorgenommen, alle Psychologiebücher vom Klo zu entfernen, da ich schon mehrere Mal beobachtet hatte, wie Kind beim Klogang interessiert in Lektüre geschaut hat. Ohnehin nie geglaubt, dass der Bengel nicht lesen kann.

Image Hosted by ImageShack.us

Mein erstes Kindergartenfest

Kindergartenfest das geht so: Man nimmt den Garten des Kindergartens und macht daraus einen Essen- und Trinkenparcours. Zwischen drin stellt man einen Stand zur musikalischen Früherziehung auf. Für ein Kind, das gerne isst (ca. 1 auf 1.000) ein Spießrutenlauf.
Kind: Kann ich Würstchen haben?
Nuf: Nein
Kind: Kann ich Schokolade haben?
Nuf: Nein
Kind: Kann ich Eis haben?
Nuf: Nein
[…]
Nuf: Gibt es denn nichts anderes als Essen hier? Lass uns doch was zusammen spielen!
Kind: Kann ich was trinken?
Nuf: Hmpf. Na gut.
Wir kommen an einen Stand mit mehreren Gefäßen auf denen steht süß, sauer, bitter. Daneben stehen Plastikbecher, Fassungsvermögen 0,5 Liter.
Kind: Welche darf ich denn?
Nuf: Sauer.
Kind nimmt Plastikkübel, schüttet ihn fast voll und trinkt in großen Zügen aus. Anschließend die Kindergärtnerin: „Das is aber nich, wenn man Durst hat, nä? Das is nur zum pro-bieren! Das hier ist doch der Stand Geschmacksgrundrichtungen, nich?!“
Nuf: Was ist denn da drin?
Kindergärnternin: Zitronensaftkonzentrat.
Kind leckt sich die Lippen: Lecka!
Ich grüble, ob das Kind jetzt sterben wird und entscheide, das ganze muss a) verdünnt und b) neutralisiert werden. Wir halten Ausschau nach dem echten Trinkstand, der schnell gefunden ist. Vor uns stehen mehrere Eimer mit Flüssigkeiten in den Grundfarben des Regenbogens. Am Grund schwabbelt Zucker. Wie gesund! Gut dass hier auf Ernährung geachtet wird, denke ich, als das Kind bereits den 0,5 Liter Becher durch die Waldmeisterbrause gezogen hat und diese ebenfalls auf Ex wegkippt. Wenigstens wird es jetzt nicht sterben.
Wir gehen weiter. Kind greift unvermittelt meine Hand, reißt blinzelnd die Augen auf und sagt liebevoll: Alles Gute zum Muttertag!
Nuf: Heute ist nicht Muttertag und Deine Mama bin ich doch auch nicht.
Kind: Egal. Alles Gute! Ichhabdichebenliebkannicheinstückkuchenhaben?
Nuf: Nein.
Das eben noch strahlende Kindergesicht versteinert sich und verzerrt sich zu einer Grimasse. Das Kind heult auf, die Tränen spritzen regelrecht aus den Augen.
(Kennt jemand die Simpsonsfolge mit den Androiden, die weinen lernen und deren Köpfe dann leider explodieren, weil das Wasser Kurzschlüsse verursacht? Genauso!)
Das Kind reißt sich von der Hand und will weglaufen. Ich greife nach dem Arm. Es brüllt, kreischt und heult, schüttelt sich, verliert das Gleichgewicht, stürzt zu Boden. Entgeistert blicke ich das Kind an, gehe in die Hocke, lächle und strecke meine Hand aus.
Das Kind rollt sich auf den Rücken und kriecht wie ein hysterischer Krebs vor mir weg. Im rückwärts robben schreit es hysterisch: „Nein, Naaaain, naaaaaaAAAAAAAAAAiiiiin, lass mich!“
Die Szene erinnert mich an irgendeinen Horrorfilm. Das Opfer ist nach verzweifelter Flucht bereits umgefallen und nun versucht es sich rückwärts kriechend vor dem nahenden Monster zu retten. Das Monster ist jedoch gnadenlos und verschlingt das unschuldige Opfer.
Ich lache und blicke auf. Mich starren ca. sieben total entsetzte Elternpaare an: „Was machen sie denn da mit dem ARMEN Kind?“
Ich fühle mich schlecht, bin kurz davor an den Stand zu laufen und über den Lärm hinweg zu schreien: „Hier haben sie einen hundert Euroschein, geben Sie dem Kind was es will! Packen sie die Kuchen ein, wir nehmen die eine Hälfte mit nach Hause, die andere Hälfte soll es von nun an in alle Ewigkeit zum Frühstückmittagabendessen geben!“
Ich bin kalt und herzlos wie die Schneekönigin. Wenn das Kind als Erwachsener gaga ist, werde ich mich beim Psychoanalytiker persönlich entschuldigen gehen.

Erklärungsnot

Konversation am Spielplatz.
Kind zu Nuf: „Schau mal, da habe ich eine schöne Worscht gemacht“, hält Nuf zusammengedrückten, feuchten Sand entgegen.
Nuf zu Kind: „Das ist ja toll, darf ich denn ein bißchen Senf zu der Wurst haben?“
Kind zu Nuf mit entsetztem Gesichtsausdruck: „Aber die kann man doch nicht essen!“
Nuf zu Kind: „Ja, ja, ich weiß, wir spielen auch nur…“
Kind zu Nuf: „Aber die Worscht kommt doch aus dem Poloch!“
Nuf peinlich berührt: „Oh, ich dachte, Du meinst eine Bratwurst!“
Kind zu Nuf: „Ne, das ist ja ne Wurst. Ich hab doch gesagt eine WORSCHT!“
Nuf: „Ähm, ja, ich …“
Kind: „Das ist voll ekelig, die Worscht die stinkt und kommt aus dem Po!!!“
Nuf: „Hmpf!“
Kind schreiend: „Maaaaaamaaaaaa! Da ist eine Frau, die will Kacka essen!“
Nuf mit rotem Kopf: „Neinneinnein, ich wollte doch nur…“
Mama: „Was ist denn mein liebes Kind?“
Kind zu Mama: „Die Frau da hat gefragt, ob sie meine Kackworscht essen kann…“
Mama, sehr entsetzt zu Nuf: „Wie bitte?“
Nuf zu Mama: „Äh, das ist ein Mißverständnis, ihr Kind hat mir eine Wurst angeboten…“
Mama: „Ja aber sie können doch keine Fäkalien essen!“
Nuf zu Sohn von Freund: „Komm, wir müssen jetzt gehen.“
Mama: „Also wirklich!“

114355598844204959

War das eigentlich der längste und kälteste Winter meines Lebens?

Als gestern die Sonne schien, entschloss ich mich, meine Überstunden zu nutzen und das Kind früher aus dem Kindergarten abzuholen. Als ich ihm sagte, es müsse seine Presswurstjacke nicht anziehen, erstrahlte das Gesicht und es fragte: Ist jetzt Frühling?

Ja, jetzt ist Frühling. Wir liefen den Weg nach Hause und sangen Abwandlungen bestimmter Volkslieder. Ganz so wie Axels Hackes Der weiße Neger Wumbaba

# Kommt ein Vogel geflogen, setzt sich auf einen Schooooß,

hat nen Zeppel im Schnapel von Dimutti nen Gruuuuuß!

Am Spielplatz fühlte ich mich dann wie die Fleisch gewordene Verantwortungslosigkeit, denn die anderen Frauen hatten entschieden, die Kinder weiterhin in einer sich an einen Ball angleichende Form in Winterjacken mit Mützen und Schals umherlaufen zu lassen. Außerdem sprangen sie alle zehn Minuten panisch auf und betasteten die Köpfe und Hände der Kinder, um sicher zu gehen, dass sie nicht vielleicht doch fürchterlich froren.

Die Kinder schubsten sich gegenseitig um und panierten sich im noch feuchten Sand, worauf die aufgescheuchten Mütter wieder los rannten und einer Unterkühlung durch Rubbeln der Kinderkleidungsbälle entegegenwirken wollten.

Ich setzte mich derweil in das Kinderspielplatzsegelboot und ließ mich vom Kind um die Welt segeln. Die Sonne schien auf meine Nase und der Wellengang machte mich angenehm schläfrig.
Das war alles wunderbar. Bis das Kind mich mit Fragen löcherte, die ich nicht beantworten konnte.

– Warum verhalten sich Salz und Pfeffer unterschiedlich, wenn man einen statisch aufgeladenen Plexiglasstab (O-Ton „ein gerubbeltes Röhrchen“) in ein Gemisch der beiden Gewürze hält?

oder

– Wie baut man nochmal ein Periskop?

Stirnrunzelnd starre ich in die milde Frühlingssonne. Da gab es eine Aufgabe, die hat mir und meinem damaligen Freund mal ein Gast auf einer Party gestellt. Wir haben die ganze Nacht daran gerätselt, keine Lösung gefunden, gerieten in Streit, redeten die ganze Fahrt von Köln nach Bamberg nicht miteinander und trennten uns schließlich. Ich war der Meinung, dass es im n-dimensionalen Raum eine Lösung gäbe und er nicht.

Ich fand, wenn das Kind mir den Tag mit Fragen verdirbt, dann sollte es sich ebenfalls ein Paar Gedanken machen:

„Zeichne in die obere Hälfte eines Blattes drei freistehende Quadrate. Zeichne dann darunter drei weitere Quadrate. Die oberen Quadrate bezeichnest du mit „E“, „W“ und „G“ (E-Werk, Wasserwerk und Gaswerk). Die unteren Quadrate sind drei Häuser. Nun braucht jedes Haus eine direkte Leitung von jedem Versorgungsunternehmen. Wichtig ist nur eines: Keine der Leitungen darf sich irgendwo überschneiden.“

Image Hosted by ImageShack.us

114242222491414902

Das man als Erwachsener den Kindern ein Vorbild ist, merkt man v.a. dann wenn man Erwachsener und Kind in vertauschten Rollen spielt. Wenn ich den Kleinen von der Kita abhole, spielt er das mit Vorliebe. Er ist Papa und ich bin Kind. Dafür erhalte ich genaue Verhaltensanweisungen: „Du musst jetzt lamsam hinter mir her laufen und dabei heulen!“

Ich trippel folglich jaulend und schniefend hinter ihm her und er geht in großen Schritten voraus und ruft dabei Dinge, wie: „Komm jetzt endlich! Ich werde lamsam ungeduldig!“ oder „Muss ich erst die nervige Stimme machen?“

Spätestens da wird einem diese Vorbildsache bewußt. Wenigstens bekomme ich am Ende unserer Ausflüge eine halbe Bratwurst, wenn ich im Einkaufszentrum lieb war.

Zum Vorbildsein gehört auch Disziplin und Selbstkontrolle. Viele Dinge, die ich mit Vorliebe mache, darf ich nicht machen, wenn das Kind da ist. Dazu gehören:

a) mehr als 10 Stunden vor dem Rechner sitzen

b) mich von Pizza, Eis und Schokolade ernähren

c) nicht raus gehen wollen

und

d) alle Klamotten und das gebrauchte Geschirr rumliegen und -stehen lassen

Das ist echt hart!

Das Schlimme ist, das Kind kommt einem immer wieder auf die Schliche. Wir haben dem Kind, um endlose Diskussionen zu vermeiden, beispielsweise verschwiegen, dass wir mittlerweile Internet haben. Ich habe also immer ein Worddokument auf, wenn ich surfe, denn wenn das Kind kommt, tippe ich da Buchstaben rein.

Einmal schlich es sich von hinten an und ich konnte nicht rechtzeitig umstellen. Es schaute mich sehr ernst an und sagte: „Aha! Ihr habt also doch Internet.“ Ich schüttelte den Kopf, blickte dabei aber zu Boden. Es hieß mich, ihm das Worddokument zu zeigen. Da standen nur sinnlos aneinander gereihte Buchstaben. Es las vom Bildschirm „R F T T S T? Rfftst?“, schaute mich an, schüttelte den Kopf und ging wortlos aus dem Zimmer. Ich habe mich hinterher sehr geschämt.

Ein anderes Mal habe ich in unserer Speisekammer heimlich Schokolade gegessen. (Ich muss täglich mindestens 200 Gramm Schokolade zu mir nehmen, sonst sterbe ich. Ich esse sie aber heimlich, weil das Kind soll das nicht sehen.)

Genau 15 Minuten nachdem ich aus der Vorratskammer gekommen war, las ich dem Kind ein Märchen vor, als es sich über meine Beine zu meinem Gesicht lehnte, an meinem Gesicht schnüffelte und sagte: „AHA! Du hast schon wieder Schokolade gegessen.“

Apropos Kind und Erwachsenenleiden. Ich habe schon mal über eine Hörspielsucht-Selbsthilfegruppe nachgedacht. Eine andere, dringend notwendige Austauschmöglchkeit mit anderen Erwachsenen würde ich gerne zum Thema Brunnengucken schaffen.

Es ist mir psychologisch völlig unklar, aber Kinder lieben Brunnen.

Brunnen aller Art, vom leise plätschernden Zimmerbrunnen über den Gartenzierbrunnen bis hin zum ausgewachsenen Freiluft- oder Einkauszenterbrunnen.

Immer – wirklich IMMER wenn wir beispielsweise im Ringcenter sind, müssen wir bei dem stinkenden, hässlichen Brunnen im Eingangsbereich stoppen und ihn bestaunen. Meistens mit Hinsetzen. Dort schaue ich in eine Runde verzweifelter Erwachsener, die Begeisterung für diese wasserzirkulierenden Pissoirs vorgaukeln müssen. Das ist so langweilig! Grauenhaft!

Wenn die Brunnen unterschiedliche Möglichkeiten haben, das Wasser rhythmisch zu verspritzen, muss man zusätzlich Fragen beantworten.

– Warum spritzt das Wasser nach oooben?

– Warum macht das Wasser Booogen?

– Warum gibt es eine Pumpe?

– Warum ist jetzt in der Mitte Wasser aber am Rand nihich?

– Wie funksioniert eine Pumpe?

Hmpf. Und wenn man antwortet, dann hören sie gar nicht hin.

„Es gibt verschiedene Arten von Pumpen. Membranpumpen arbeiten ähnlich wie Kolbenpumpen, nur dass statt des Kolbens eine Gummimembran hin und herbewegt wird und somit ein Volumen alternierend größer und kleiner wird. Die Membran wird üblicherweise mit einem Exenter bewegt, der wiederum auf einer Motorwelle sitzt. Das trifft aber nicht bei kleinen Brunnen zu. Da kommen eher Kreiselpumpen zum Einsatz.

Schwingkolbenpumpen werden aufgrund des Krachs, den sie machen eher selten für Brunnen eingesetzt.“

Däumelinchen, looped

Ich spiele im Moment mit dem Gedanken eine Selbsthilfegruppe für Erwachsene mit Kindern, die Kassetten- und CD-Spieler besitzen, zu gründen.
Erste Schäden nahm ich als Teenager durch meine acht Jahre jüngere Schwester, die 16 Stunden am Tag „Bibi Blocksberg“ anhörte. Jedoch hörte sie verschiedene Folgen, was das Ganze einigermaßen erträglich machte.
Der Sohn meines Freundes hat hingegen ein erhöhtes Interesse einzelne Hörspiel-CDs erst auswendig zu lernen, bevor er dazu übergeht eine neue anzuhören.
So kommt es, dass ich bereits 765 Mal Däumelinchen gehört habe. Wenn mein Gehirn zu Erholungszwecken auf Stand By geht, sagt es in einer immer währenden Schleife: „Quarks, quarks kekekeck!“ (So wie der garstige Sohn der Unke, die Däumelinchen schlafend aus ihrem Zuhause entführt, um sie zwangszuehelichen).
All das wäre auch noch zu ertragen, wenn das arme Kind nicht völlig abhängig von dieser CD wäre.
Er kriecht morgens mit schlafverkrusteten Augen aus dem Bett und stellt zuerst den CD-Player an. Wenn er zum frühstücken kommen soll, dreht er die Lautstärke auf. Wenn wir uns darüber beschweren, schiebt er sein Essen weg und sagt: „Ich habe keinen Hunger mehr!“ und geht wie ein kleiner Automat in sein Zimmer zurück.
Anziehen kann er sich nicht, weil er dann wenige Millisekunden einen Pullover über den Ohren hätte. Zähne putzen kann er nicht, weil er dafür das Zimmer verlassen müsste. In den Kindergarten will er nicht, weil er dort kein CD-Abspielgerät hat. Wenn wir mit ihm sprechen wollen, schlägt er die Tür zu oder stellt den Ton lauter.
Wir sind jetzt dazu übergegangen ihn schweigend in Tücher zu wickeln. Irgendwas muss der arme Junge ja anziehen.
Wir bringen ihm sein Essen an die Türschwelle und klopfen artig. Dann öffnet sich die Tür einen Spalt, eine Kinderhand kommt raus und holt den Teller rein.
Die Kommunikation wird zunehmend schwerer, denn er kann noch nicht lesen oder schreiben. Er schiebt uns deswegen manchmal kleine Memorykarten raus, die uns, richtig gedeutet, anzeigen, was er braucht. Limonade zum Beispiel.
Er trinkt aber sehr wenig, denn dann müsste er zu oft pullern und pullern bedeutet, das Zimmer verlassen.
Mein Freund vermisst seinen Sohn sehr. Er hat ihn schon seit zehn Tagen nicht gesehen.
Ich habe hin und her überlegt, um eine Lösung zu finden. Wir haben uns nun entschieden eine CD aufzunehmen, die wir ihm dann rein legen. Irgendwann wechselt er die CD. Das haben wir schon beobachtet. Es fing ja alles mit dem tapferen Schneiderlein an.
Wir haben ihm eine Botschaft auf die CD gesprochen.
„Hallo Kind, hier sind die Erwachsenen, mit denen du zusammenlebst. Wir vermissen dich sehr und wenn du raus kommst, gibt es jeden Tag Pfannkuchen und Schokolade. Du darfst Kindercola trinken und vier Stunden am Tag fernsehen. Aufräumen musst du bis 14 nicht mehr und Papa macht die ersten sechs Jahre deine Hausaufgaben.
Du darfst täglich mit Taucherbrille baden gehen und dich vom Beckenrand in die Fluten werfen, so dass das Wasser über den Rand schwappt und das Bad flutet. Wenn du weitere Forderungen hast, schiebe die entsprechenden Memorykärtchen unter der Türschwelle durch. Wir warten dort und sind verhandlungsbereit. In Liebe, Dein Papa und Nuf.“