Unwissend

Wie bei der Babykacke kenne ich mich mit dem Reifegrad bestimmter Gemüse- und Obstsorten auch nicht aus. Dennoch klopfe und drücke ich darauf rum bevor ich mir z.B. Melonen oder Avokados kaufe. Zuhause stelle ich dann fest, dass ich erneut zielsicher zum total unreifen Produkt gegriffen habe*. Wahrscheinlich habe ich darüber so häufig und laut geweint, dass ein Nachbar unten abgebildetes Produkt „erfand“.

Sowas macht mich glücklich. Lediglich in Anbetracht der Sorte (s.u.) mache ich mir Sorgen.

Avokado

* Unreife Avokados (wieso eigentlich nicht Avokadi) werden übrigens nicht genießbarer wenn man sie für kurze Zeit in die Mikrowelle legt.

Spasseinkaufscenter Alexa

Ix schrieb bereits darüber, unter anderen Aspekten freilich, doch ich möchte meine Erfahrungen ebenfalls zu Bildschirm bringen. Leider war es mir aufgrund der geringen Speicherkapazität meines Handys nicht möglich, dokumentierende Fotos zu ergänzen. Ich kann zusammenfassend nur sagen: Gehen Sie hin, bevor das Alexa in ca. drei Tagen niemanden mehr interessiert. Genießen Sie die Megaeventatmosphäre!

Allein schon reinkommen. Super. Vor dem Haupteingang Zaunabsperrungen wie auf einem Rockkonzert. Willenlos wird man mit den Menschenmassen in eine Richtung gesogen. Überall Sicherheitspersonal. Ich lasse mich treiben, werde aber aufgrund des Kinderwagens von zwei vier Meter großen Ordnern aus dem Mob gezogen, über die Köpfe der anderen hinweg auf Händen nach hinten getragen und darf einen anderen Eingang benutzen. Dafür werde ich um das ganze Alexa getrieben, vorbei am rauchenden Personal, an den Bauarbeitern, hin zur Tür für Behinderte und Menschen mit Kinderwagen.

Drinnen Gedrängel, Körperkontakt pur. Ich sehe nichts, doch ich rieche die anderen, sie sind aufgeregt, sie schwitzen, sie durchströmen die Etagen. Auch ich versuche in die erste Etage zu gelangen, denn wie immer befinden sich Frauen- und Babysachen nicht im Erdgeschoss sondern in den oberen Stockwerken. Ich versuche Aufzüge zu finden, was mir mangels Sicht erst einige Runden später gelingt. An den Aufzügen Schilder die sagen: Bitte lassen Sie Schwangere, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Menschen mit Kinderwagen die Aufzüge benutzen, benutzen Sie selbst die Rolltreppen*.

Doch wen schert das. Sie können wahrscheinlich auch nichts dafür. Der Druck von draußen ist zu groß. Unschuldige Passanten werden bis an die Grenze der maximalen Aufzugsbelastung in die Kabinen gepfercht. Die Aufzüge fahren wild auf und ab. Manchmal öffnen sie sogar die Tür und entlassen ihre Fracht.

Oben sehe ich schließlich so viel wie unten, nämlich nichts. Ich ergattere ein Prospekt, auf dem steht welche Geschäfte es gibt. Zufrieden rolle ich dem Ausgang entgegen. Auch hier die Erinnerung an meine Jugend, an die ganz großen Rockkonzerte. Ich werde zwischen Menschen auf eine grüne Wiese entlassen. Da stehe ich nun und schaue in den großen, blauen Himmel.

Toll! 

 

*Sobald meine hormoninduzierte Harmoniesucht nachlässt, schreibe ich einen Artikel darüber, wie sehr ich Menschen verhauen möchte, die der Faulheit halber Aufzüge verstopfen.

Alle Rentner doof, außer Omi und Opi natürlich

Damit ein Kind in der Pubertät nicht zum uncoolen Kunstliebhaber wird, empfiehlt es sich bereits ab der Geburt regelmäßig Museen aufzusuchen. Eine Jahreskarte Plus der SMB hilft die Ausgaben hierfür im Rahmen zu halten.
Da Berlin nach den unsäglichen MoMA-Wartezeiten dazu gelernt hat, kann man sich mit Baby sogar in angesagte Impressionistenausstellungen wagen. Theoretisch jedenfalls.
Theoretisch läuft das nämlich so. Irgendwann, wenn man Lust hat in die Neue Nationalgalerie zu gehen, holt man sich eine Eintrittskarte. Auf der Eintritteskarte steht eine Nummer. Anhand der Nummer ermittelt man die Eintrittszeit. Nehmen wir an, man kauft die Karte um neun Uhr und entnimmt der Wartetafel, dass man voraussichtlich eine Stunde später das Museum betreten kann. Daist es naheliegend in der Zwischenzeit einen Latte Macchiato zu sich zu nehmen und dann um zehn gutgelaunt zum Eingang zu gehen.
So, wie gesagt, lautet die Theorie. Doch womit man nicht gerechnet hat, ist die Aggressivität von verzweifelten Rentnern, die offensichtlich kurz vor ihrem Ableben stehen und unbedingt vorher noch in die Ausstellung müssen.
Erste Konfrontationen gibt es, wenn man sich an der Ticketkasse anstellen muss.
„Sie müssen die Reihe schnurgerade fortsetzen, so ist es vorgesehen!“, schreit mich einer an und schubst mich samt Kinderwagen gebissklappernd in die Anstellreihe zurück, denn ich habe versehentlich beim Anstellen einen Winkel von zwei Grad erzeugt.
Vier Kassen sind geöffnet, doch leider muss ich wegen meiner Jahreskarte an die erste. Vor mir ein großes Schild Bitte benutzen sie alle Kassen. Noch bevor ich meinen Hintermann bitten kann, dass er mich überhole und zu Kasse II vorrücke, erhalte ich einen Bodycheck, kippe auf den Kinderwagen und werde an die nächste Kasse gerollt. Als ich von dort zurück möchte, schreit mich der Hinterhintermann an, ich solle mich ganz hinten anstellen, er sei nun an der Reihe. „Ekelhafte Jugend. Kinderwagenwegversperrer. Zumutung, dreiste Vordränglerin!“ So werde ich wieder ans Ende der Schlange bugsiert.
Drei Runden muss ich machen bis ich endlich an der Zielkasse bin. Hundert Wartenummern hat es mich gekostet, doch einen Säugling habend, habe ich einiges an Geduld und Güte dazu gewonnen.
Ich erhalte eine Nummer, die mir sagt, dass ich noch eine halbe Stunde Zeit habe einen Kaffee trinken zu gehen.
Als ich wiederkomme, säumt eine Warteschlange die Neue Nationalgalerie.
Wohlerzogen frage ich den letzten Wartenden, welche Nummer er hat. Meine plus 150. Ich entschließe mich nach vorne zu gehen.
Ich fühle mich dabei wie Steve Jobs, der 1997 unter Buhrufen seine Kooperation mit Microsoft bekannt gibt. Glücklicherweise hat niemand faule Eier oder alte Tomaten dabei.
Einige Rentner versuchen mir den Weg zu versperren, doch ich bin schneller und umrunde sie mit meinem wendigen Kinderwagen.
Vorne angekommen, teilt mir der Museumswärter mit, dass ich prinzipiell rein könne, man aber vermute, dass es noch andere mit noch niedrigeren Nummern in der Schlange gäbe und man deswegen jetzt doch lieber der Reihe nach einlasse.
Hinter mir wird geklatscht. Eine stark geschminkte Buckelige zerrt mich mit knochigen Fingern nach hinten. Welch Triumph! Rein kommt, wer ansteht. So ist es seit jeher gewesen. So wird es immer sein. Das ist das Gesetz. Wartenummern! SMS-Service! Anstellen lautet die Devise.
„Nicht mit mir meine Damen und Herren!“, kreische ich. Der Geduldsfaden ist gerissen, „Projektmanagerin war ich in meinem Leben vor der Mutterschaft!“.
„ALLE DAMEN UND HERREN MIT DER NUMMER 290 bis 340 VORTRETEN, ALLE ANDEREN ZURÜCK!“
Ich rolle meine Infobroschüre zum Wartesystem zum Sprechrohr.
Fünfzig Falschwarter sind ob der Aussicht auf baldigen Einlass plötzlich meine Verbündeten. Es gibt eine kurze Revolte. Ein Paar Brillen gehen zu Bruch und am Ende liegt eine einsame Perücke am Asphalt, doch was soll ich sagen. Nummer 290 bis 340 und ich, wir sind drinnen!
Nur das Kind, das findet Impressionisten doof. Die Farben zu blass, die Landschaftsmotive der plein air zu öde. Rodinskulpturen zu düster.
Wir gehen.

Wohlschmeckende Kochrezepte

Wie bereits berichtet, gibt es Dinge, die im alltäglichen Leben niemals Thema werden, es sei denn, man besucht einen Geburtsvorbereitungskurs.
Die Kursteilnehmer sitzen mit schreckgeweiteten Augen im Lehrkreis und verarbeiten gerade die Grauenhaftigkeiten der letzen Geburtsphase. Man fächert sich um Sauerstoff ringend gegenseitig Luft zu und denkt, jetzt ist das schlimmste überwunden, als die Hebamme das Thema Nachgeburt anschneidet.
Persönlich bin mich mir plötzlich sicher, dass ich gleich etwas erfahren werde, was schlimmer als jeder Darmspiegelungsbericht oder jede Ekeljugendeskapade von MC Winkel sein wird.
Ich überlege, ob ich auf die kindheitsbewährte Methode des Finger-in-die-Ohren-steckens-und-dabei-laut-singend zurückgreifen sollte, doch da ist es zu spät.
„Was wollt ihr eigentlich mit Eurer Plazenta nach der Geburt machen?“
Kann man denn und v.a. muss man denn irgendwas damit machen? Kann man sie nicht einfach ekelerfüllt ignorieren? Stille im Raum.
„Nun“, fährt die Geburtshelferin fort „den Mutterkuchen könnt ihr z.B. zu Energieglobuli verarbeiten lassen. Das hilft Euch v.a. im Wochenbett aber auch im späteren Leben über Enegrietiefs hinweg. Auch gibt es den Brauch, ihn einfach zu verspeisen…“
Plötzlich erinnere ich mich an Tom Cruise, der jüngst verlauten ließ, „Ich werde die Plazenta essen. Ich dachte, das wäre gut. Sehr nahrhaft. Ich werde die Nabelschnur und die Plazenta essen…

Lecker! (Zwischenanmerkung: Wem es an Rezepten fehlt, der schaue doch einfach hier nach)
Weiter verbreitet sei es jedoch die Plazenta mitzunehmen und im Garten zu vergraben bzw. ein Bäumchen auf ihr zu pflanzen.
„Ha, ha, Pech für die Wintergebärenden“, entfährt es mir. Nein, nein, versichert die Hebamme, Plazenta ließe sich hervorragend einfrieren. Wenn Baumpflanzsaison ist, holt man sie einfach wieder aus dem Gefrierfach und tata pflanze, wie geplant, das Bäumchen darauf.
In mir steigt eine schreckliche Vision auf. Wir frieren die Plazenta ein, kurz vor Ausbruchs des Frühlings haben wir Besuch. Weil wir beide berufstätig sind, müssen die Gäste sich tagsüber selbst beschäftigen. Man entlässt sie morgens mit den Worten: „Fühlt Euch wie zuhause. Ihr könnt alles benutzen und essen, was ihr findet.“ und denkt sich nichts Böses.
Am Abend, als man bei einem Gläschen Rotwein den Tag resümiert, fragt man höflich „Na was habt ihr so gemacht“ und erstarrt ob der Antwort.
„Ach nichts besonderes. Ausgeschlafen und Mittags dann die Leber gekocht, die wir bei Euch im Gefrierfach gefunden haben. Ein bisschen seltsam hat die geschmeckt, aber mit gerösteten Zwiebeln im Grunde ganz in Ordnung.“
Für Plazentainteressierte eine Leseempfehlung zur Fortführung des hochinteressanten Themas.

Ferengiartiges Verhalten

Wenn man ein eigenes Baby hat, weiß man: das freundlichste Lächeln bedeutet nicht Freude sondern kündigt an, dass es bald den Darm entleeren wird. Jedenfalls lächelt unser Nachwuchs kurz vor der Ausscheidung von einem Ohr bis zum anderen. Obwohl ich das weiß, falle ich Mal um Mal wieder darauf herein.
Kaum grinst das Baby beim Wickeln, beuge ich mich lächelnd vor, um es zu knuddeln und werde regelmäßig angekackt.
Doch was soll’s. Ebenso oft nehme ich mein Baby hoch, wirble es umher bis es quiekt, drücke es wieder an mich und werde vollgekotzt.
Meistens genau in den Ausschnitt, wo sich zwischen den Brüsten kleine anverdaute Milchbrocken sammeln. So kommt es, dass mein Baby und ich meistens ein wenig streng riechen.
Ekel kennt man als Elter nicht mehr.
So beobachte ich regelmäßig befreundete Elternpaare, die beim bereits fleischessenden Nachwuchs abwechselnd an der Windel schnuppern. Ob ich da noch hinkomme, ist fraglich. Denn immer wenn wir Großbabybesuch haben und dieser ein Kackiwindelchen im Windeleimer als Souvenir hinterlässt, frage ich mich, wie man bei einer vollen Windel zweifelnd direkt am Gesäß schnüffeln kann. Doch über vieles dachte ich vor der Geburt: das mache ich nie, niemals. Ich doch nicht!
So gerate ich langsam in Zweifel darüber, ob ich vielleicht eines Tages etwas tun werde, das ich bis heute schauderhaft finde: Angekaute Essenreste, die dem Kleinstkind aus dem Mund fallen, eifrig auflesen und verspeisen. Dieses Verhalten ist bei Müttern nicht selten zu beobachten. Wäre es umgekehrt, würde die Mutter vorkauen und die anverdaute Speise wieder hochwürgen und dem Nachwuchs in den Hals erbrechen – ich würde es verstehen – aber so?
Doch wie gesagt, kaum war das Kind auf der Welt habe ich gelernt: Alles ist anders als Du denkst und so kann ich mir heute vorstellen, eines Tages meinen Nährstoffhaushalt durch weichgespeichelte Essensreste meines Kindes zu ergänzen.
Konsequenterweise sollte ich dann allerdings darüber nachdenken, mein Baby täglich sauberzulecken, wie die Kätzchen es tun. Konsequent muss man sein – denn so spart man nicht nur beim Lebensmitteleinkauf sondern auch bei den Babypflegeprodukten und kann das Kindergeld einer wohltätigen Organisation spenden.

Hauptsache es stinkt nicht

Wenn die letzten Wochen begonnen haben und man eigentlich noch viel Wichtiges zu erledigen hätte, hält man sich gerne mit Nebensächlichkeiten auf, die sich, erst mal angefangen, als unbewältigbare Aufgaben entpuppen.
Folgerichtig lasse ich lasse die Steuererklärungen der letzten fünf Jahre liegen und begebe mich zum örtlichen Drogeriemarkt. Dort werde ich Windeln und Reinigungszubehör erstehen. So der leichtsinnig gefasste Plan.
Kaum angekommen, verstehe ich was im Biologieunterricht mit Übersprungshandlung gemeint war und mir ist wie jedem anderen vernünftigen handlungsunfähigem Huhn nach Körnerpicken zumute.
Das dargebotene Portfolio an Pflegemitteln für das Kleinstbalg ist nahezu unendlich. Ich scharre also ein wenig auf dem Linoleumboden und erwäge Handlungsalternativen. Kurzerhand entschließe ich mich einfach alles zu kaufen, was die Frau mit dem Kinderwagen neben mir kauft.
Nur den Puder lasse ich stehen. Puder ist nämlich ein ganz erstaunliches Produkt.
Zwar erinnere ich mich deutlich daran, dass vor einem Vierteljahrhundert Babys noch eifrig der rote Windelpopo gepudert wurde, jedoch verursacht allein das Erwähnen eines ähnlichen Vorgehens in der heutigen Zeit bei allen erfahrenen Eltern ein panikartiges „Ahhh ahhhh Puder! Puder! Puder!“-Geschrei, dessen Intonation leicht zu entnehmen ist, dass es sich beim Einpudern eines Babys um eine ähnlich schändliche Handlung wie das Abreiben mit mexikanischen Jalapenos handeln muss.
Beim nächsten Hebammenbesuch versuche ich die Pflegeproduktthematik auf rationale Weise zu lösen und erfrage einfach, was man haben sollte. Die Antwort ist ganz und gar erstaunlich: Nichts.
Bei genauerem Nachbohren erweist sich dieses Nichts als völlig abwegig. Nichts bedeutet dass man das Kind mit teurem Quellwasser und Seidentüchern abrubbeln soll bevor man das teuerste Premiumolivenöl auf dem rosafarbenen Körper verteilt. Im Falle einer leichten Rötung könnte man zu den harten Sachen greifen und z.B. Muttermilch direkt von der Brust auf das Kindlein spritzen.
Ich lächle verkrampft und bin froh, dass ich von jedem Babypflegeprodukt, dass es im Drogeriemarkt gab, ein Exemplar gekauft habe und bin fest entschlossen mein Kind täglich in der Badewanne mit Kernseife abzuschrubben, um es dann einmal vollständig in Paraffinöl zu tauchen bevor ich es rundum in Babypuder paniere.