„Dass ich erkenne, was das Internet im Innersten zusammenhält“

Die Schwarmintelligenz des Internets bringt vor allem eines hervor: Katzencontent. Warum nochmal?

Die Kinder fragen öfter, ob wir uns nicht ein Haustier zulegen könnten. Selten fällt mir eine eindeutige Antwort so leicht: Nur über meine Leiche. Tiere verursachen zusätzliche Arbeit, sie stinken, sie kacken, sie machen unflexibel, sie haaren oder federn, sie kosten Geld und wenn sie sterben, muss man wieder welche kaufen, sonst weinen die Kinder. Ich will definitiv keine Haustiere. Ich brauche sie nicht zum kuscheln und selbst Bilder von Tieren erfreuen mich in den seltensten Fällen. Anscheinend geht es da vielen, die im Internet unterwegs sind, ganz anders. Besonderer Beliebtheit erfreut sich in Online-Kreisen die Katze. Das ist nicht neu.

Die Geschichte der Katzenpostings geht weiter zurück als man zunächst glauben mag. Schon in der frühdynastischen Zeit, die ca. 3020 v. Chr. begann, wurden Katzendarstellungen an Wände gepostet. Kein Wunder, denn die Hauskatze ist seit über 9.500 Jahren ein von Menschen gehaltenes Haustier. Wobei das falsch formuliert ist, denn die Katze hat sich als Abfallvertilger mit beginnender Sesshaftigkeit der Menschen selbst domestiziert. Als die alten Ägypter begannen Katzencontent zu produzieren, waren die Katzen schon ein Paar Tausend Jahre Begleiter der Menschen.

Was das Internet angeht, so wurde es erst 1990 für eine breitere Masse außerhalb der Universitäten zugänglich. Der Software-Entwickler Harry Johnson postete ab da regelmäßig Fotos seiner Katze Ethercat, die er per Handscanner digitalisierte. Im gleichen Jahr war der erste genervte Katzenhasser geboren.

Die allgemeine Datenlage zu Katzencontent ist sehr dünn. Zumindest übertrifft das Keyword „Katzencontent“ bei der Google-Suche mit 92.000 Treffern deutlich das Keyword „Hundecontent“ mit nur 6.300 Treffern (von Elefantenbabycontent gar nicht erst zu sprechen!).

Persönlich habe ich auf Google+ 765 Leute in Circles. Im Durchschnitt postet jeder von ihnen 3,6 Beiträge pro Tag. Ganze 12% beziehen sich davon auf Katzen. Es muss allerdings erwähnt werden, dass ich Peter Glaser gecirclet habe, was die Stichprobe hinsichtlich der tatsächlichen Häufigkeit von Katzencontent sicherlich statistisch relevant verzerrt. Hochgerechnet auf das Jahr fließen allein auf Google+ 120.625,2 Katzenbeiträge an mir unbeachtet vorbei.

Warum aber Katzen? Warum nicht Eichhörnchenbabys? Eichhörnchenbabys sind eindeutig niedlicher als Katzen (Eindeutig auf Intervall-Niveau durch die SERVEIsche Niedlichekeitsskala zu berechnen).

Das hat nach meiner Einschätzung zwei wesentliche Gründe. Für mich sind Katzen das Symbol der postmodernen Gesellschaft, in der sich die klassischen Familienstrukturen auflösen. Lange Ausbildungszeiten, häufige jobbedingte Ortswechsel und das Ideal der Selbstverwirklichung, haben es den Menschen in der jüngeren Vergangenheit schwer gemacht, Familien zu gründen. Ehe man es sich versieht, ist man über 40 und hat es verpasst, eine fröhliche Nachkommenschaft zu zeugen. Der Partner fürs Leben wird in diesem Alter nur noch selten gefunden, da die Checkliste, welche Eigenschaften er doch bitte mitbringen soll, nicht selten hundert Punkte überschreitet. Da sitzt man nun, abends um 22 Uhr nachdem man bis 19 h gearbeitet und sich anschließend im Sportstudio ausgepowert hat und fühlt sich einsam. Die Entscheidung zur Katze fällt dann nicht mehr allzu schwer. In den Stunden der Inaktivität setzt sie sich gerne auf den Schoß und lässt sich streicheln – wohingegen sie den Rest des Tages, wenn man ohnehin nicht zuhause ist, ihrer eigenen Wege geht. Das Wesen der Katze macht es nebenbei leicht möglich Gefühle und andere Eigenarten in fotografische Darstellungen hineinzuinterpretieren. Vögel, Fische oder Schildkröten bieten in dieser Hinsicht zu wenig Projektionsfläche. Eine Lolbird-Welle wäre im Internet nie entstanden (IT NOT TEH SAME WIF BIRDZ, BLEEV ME). Bereits der Erfolg der Comic-Serie Garfield zu Beginn der 80er Jahre zeigt wie wichtig der Faktor Identifikationswert ist. Hätte Garfield nicht v.a. menschliche Probleme, er wäre nicht annähernd so berühmt geworden.

So wundert es nicht, dass ausgerechnet die Katze Deutschlands beliebtestes Haustier ist. Es wird geschätzt, dass in Deutschland 8,2 Millionen Katzen leben. Und wenn sie schon mal da sind, kann man sie auch fotografieren und die Bilder ins Internet stellen. Somit wären wir beim zweiten – beinahe banalen Grund – der Verfügbarkeit. Wenn 16,5% aller Haushalte in Deutschland eine oder mehrere Katzen haben und sie durchschnittlich 2 Mal pro Woche fotografieren und laut Statistik beinahe 80% Prozent einen Internetzugang haben, dann greifen sie auf einen Pool von äh .. sehr vielen Katzenfotos zurück. Katzenbilder sind also deutlich verfügbarer als Fotos von auch sehr niedlichen Elefantenbabys. Darüberhinaus greift (mal wieder) meine Lieblingstheorie zum Sozialverhalten. Katzenpostings geben ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Ich poste Bilder meiner Katze, ihr schreibt, dass sie voll süß ist und ihr postet Katzenfotos und ich schreibe wie bezaubernd ich sie finde. Schon sind wir eine Gemeinde von Katzenliebhabern und fühlen uns als Teil eines großen Ganzen. Dann kommt noch die Gruppe der Katzenverächter (die quantitativ deutlich in der Minderheit ist) und wir grenzen uns gemeinsam gegen dieses Volk der Unwissenden ab – was unsere schnurrige Katzengemeinschaft noch weiter verstärkt. Es ist eben das Katzengewöll, was das Internet im Innersten zusammenhält.

Tachys Tachys!

Früher haben meine Eltern gesagt, dass die Jan Tenner Hörspiele mich dumm machen. Heute weiß ich, dass sie mich reich machen werden.

Ich schaue nie Fernsehen, denn das macht dumm. Weiß ja jeder. Wenn ich aus gesellschaftlichen Zwängen heraus dennoch müsste, so schaute ich ausschließlich niveauvolle Sendungen. Niemals schaute ich Privatsender. Bestenfalls läse ich in der Zeitung über Sendungen, die im Privatfernsehen ausgestrahlt werden. Neulich zum Beispiel habe ich über eine Sendung gelesen, die Menschen präsentiert, die durch Lottogewinne reich geworden sind und es zeigte sich eine starke Korrelation zwischen den Faktoren Spontanreichheit und Geschmacklosigkeit. (Wenn man sich das Geld als z.B. Hip Hopper hart verdient, gibt es einen solchen Zusammenhang nicht). In einer Stichprobe von zwölfzig Personen dominierten die Merkmale „Lachs“, „Apricot“ sowie „Waschbecken in Muschelform“ und „vergoldete Armaturen“. Siebzehn Personen der Grundgesamtheit äußersten außerdem den Satz: „Zu Marmor passt im Grunde nur Gold.“

Ähnliche Beobachtungen schilderte mir ein Lichtschalterfachverkäufer auf der Light + Building. Besonders gut verkaufen sich dort funkelnde Lichtschalter. Top-Seller in diesem Bereich ist der Swarovski-Lichtschalter Berker Crystal Ball TS Cry 168579, den man mit ein bisschen Internetrecherche schon ab 450 Euro pro Stück bekommt.

Ich schreibe das, weil ich im Grunde permanent nach Möglichkeiten suche selbst reich zu werden, so dass ich meine obige Hypothese bestätigen kann, da ich entsprechende Veränderungen meines ästhetischen Empfindens schließlich an mir selbst nachweisen könnte. Im Dienste der Wissenschaft sozusagen.

Leider ist dieser Lichtschalter mit Glitzertouchstein schon erfunden. Meine Erfindung ist deswegen anspruchsvoller – funkelt aber auch.

Glücklicherweise haben mich meine paranoiden Recherchen zum Thema „schwarze Löcher“, „CERN“ und „überraschendes Ende unserer aller Existenz“ als Nebenprodukt relativ schnell Expertin für Tachyonen werden lassen (man muss ergänzen, dass ich durch intensiven Konsum von Jan Tenner Audiokasetten und das Studium von Segelraumschiffen der bajoranischen Antike bereits eine gewisse Vorbildung besaß).

Ich habe deswegen einen Tachyonenbündler erfunden, den man in Milch werfen kann. Dazu habe ich jahrelang Glaskristalle unter die Matratzen von frisch geborenen Katzenbabys gelegt und sie anschließend einem starken Tachyonenfeld ausgesetzt. Diese auf energetischer Ebene manipulierten Materialien werden selbst zu Tachyon-Antennen und ziehen kosmische Energie an und geben diese dauerhaft und konzentriert an ihr Umfeld ab.  Im Fall meiner Erfindung an die umliegende Milch. Diese ist dann bis zu 24 Stunden länger haltbar. Der formschöne Tachyonenbündler ist im Anschluss verbraucht und kann mir zu Recycling Zwecken versandkostenfrei zurück geschickt werden. Man kann ihn für nur 742 Euro in meinem neuen Onlineshop für Tachyonenprodukte erwerben. Ich empfehle für jedes Glas Milch aus hygenischen Gründen einen eigenen Tachyonenbündler.

Lieblingstweets 10/11

Der Oktober bei Twitter. Hach.

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Brigitte MOM

Brigitte MOM hat zwar einen dämlichen Untertitel – dementgegen kann man es aber aushalten darin zu lesen. Jedenfalls wenn man einfach ein bisschen Unterhaltung erwartet (und nicht mehr).

Die Brigitte MOM hat 154 Seiten und kostet 3,80 Euro. Das macht knapp 2,5 Cent pro Seite, zieht man die 24 Seiten Werbung ab, bleiben 130 Seiten. Davon sind ungefähr 20 Seiten keine direkte Werbung, enthalten aber Kaufempfehlungen und weitere 20 Seiten bilden alberne Mode ab, die man als durchschnittliche Mutter weder tragen noch kaufen würde. Bleiben 90 reine Inhaltsseiten, für die man 4,2 Cent zahlt. Geizig Sparsam wie ich bin, muss es einen guten Grund geben so viel Geld auszugeben.

Die Verlagsgruppe beschreibt das Magazin wie folgt: „Der neue Titel richtet sich an Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, die Mütter sind oder sich Kinder wünschen. BRIGITTE MOM beschreibt das Lebensgefühl dieser Frauen mit Liebe, Gelassenheit und Witz, ohne problemorientierte Ratgeber.

Seit Tagen denke ich über den Untertitel nach. „Das Magazin mit starken Nerven“. (Abweichend vom Bild oben steht ein ganz anderer Untertitel auf der Printausgabe). Was mir das sagen will, erschließt sich mir einfach nicht. Hat ein Magazin Nerven? Welchen Vorteil bringt es mir, wenn ein Magazin starke Nerven hat? Haben MOMs starke Nerven? Bin ich eine MOM? Habe ich starke Nerven? Bin ich ein Magazin? Ist das Wort Magazin ein Teekesselchen? Aber auf was bezieht es sich dann? Sind Mamas Vorratsvorrichtungen für Munition?  Eine kroatische Musikgruppe? Ein Hamburger Programmkino? Oder ist doch das facheinschlägige Periodikum gemeint?

Gut. Ich muss nicht alles verstehen…

Der Inhalt gliedert sich in die Rubriken: schön sein, schlau werden, haben wollen, weg wünschen und anders machen. Die Kategorien könnte man vermutlich super als Tags verwenden, um den Alltag als Frau/Mutter/Mensch angemessen zu verschlagworten.

Als ich das Magazin das erste Mal durchgeblättert habe, fand ich es ziemlich blöd. Vermutlich weil ich an der Stelle „Lust jemanden zu beleidigen“ hängen blieb. Da werden 5,5 Seiten für zehn läppische Beleidigungen verschwendet. Wahrscheinlich hat man sich so in den 60ern beleidigt: „Wenn ich Ihre Mutter wäre, würde ich mich schämen.“ (S. 134, Brigitte MOM 01 2011) Allein schon das Siezen! Wenn mir jemand total auf den Geist geht, dann sieze ich doch nicht. Mein Tipp an die Redaktion, wenn man zeitgemäß beleidigen möchte, einfach mal bei Twitter nach „Deine Mudda“ suchen. Da finde ich innerhalb von fünf Sekunden hundert Mal witzigere Beleidigungen.

Die Mode, die vorgestellt wird, finde ich genauso nichtssagend und überblätterungswert wie in jedem anderen Magazin. Welche (teilzeitarbeitende) Mutter leistet sich schon einen Schrank voll Blusen (wer bügelt die eigentlich?), die das Stück um die 200 Euro kosten? 200 Euro, das sind im Schnitt 1.300 Windeln – damit kann man ein Kind ungefähr ein halbes Jahr mit Windeln versorgen.

Wenn man die Zeitung also nicht gekauft hat, um was darüber zu schreiben, hätte ich sie an dieser Stelle schon aus der Hand gelegt.

Wäre aber schade darum gewesen, denn so doof ist sie auf den zweiten Blick gar nicht. Jedenfalls nicht, wenn man anfängt zu lesen und das sonstige Spektrum an Elternzeitschriften  kennt.

Positiv fiel mir beispielsweise die Bilderserie „iron MOM“ in Auge, die beschreibt wie viel Kalorien man verbraucht, wenn man tägliche Mama-Aufgaben bewältigt. Das Ganze ist mit witzigen Fotos (klobige Medizinbälle im Ergo-Carrier) und ernst gemeinten Haltungsempfehlungen einer Fitnessexpertin (Rücken gerade) versehen.

Auch die Seiten unter dem Titel „Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss- von wegen“, die Mütter früher und heute portraittieren, hat mir sehr gut gefallen. Denn sie greift auf, was sich Frauen mit der angehenden Schwangerschaft vorgestellt haben, wie ihr Leben werden würde und vergleicht mit der tatsächlichen Lebensrealität.

Es gefällt mir zudem außerordentlich, dass auch Männer zu Wort kommen dürfen, denn ich mag es gerne ausgeglichen und dieses künstliche männerfrei halten einiger anderer Frauenzeitschriften, ist in meinen Augen unnötig und auch wenn meine Kinder nie fernsehen dürfen, musste ich über den Beitrag von Till Raether schmunzeln, denn er schreibt: „Meiner Meinung nach darf man Kinder vor den Fernseher setzen, sobald sie, wie die Formulierung sagt: sitzen können. Nie wäre ich auf die Idee gekommen zu sagen: Lass uns die Kinder vor den Fernseher legen […]“ (S. 86, Brigitte MOM 01 2011).

Was wirklich sehr auffällt (und allein deswegen sollte man diese Zeitung mindestens einmal kaufen) sind die Menschen, die abgebildet werden. Klar sind die alle schöner als ich – aber sie sind ja auch geschminkt. Nein, im Ernst. Keine hageren, ausgehungerten Frauen und keine ausschließlich 20jährigen, die für Antiaging-Produkte werben. Das gefällt mir wirklich.

Die erste Ausgabe von Brigitte MOM ist bis Ende des Jahres im Zeitschriftenhandel erhältlich. Je nachdem wie die ersten 180.000 Stück sich verkaufen, wird entschieden, ob es eine weitere Ausgabe geben wird.

Mein Fazit lautet: Ich würde gerne noch eine zweite lesen und dann final für mich entscheiden, ob ich das Magazin mit den starken Nerven (???) in Zukunft regelmäßig konsumiere. Tatsächlich habe ich hier nichts gelesen, was mich irgendwie tief bewegt oder mich an irgendeiner Stelle zusätzlich informiert hat. Aber das muss gar nicht sein. Manchmal genügt es eine Zeitschrift zu haben, die man immer mal wieder in die Hand nimmt und kurz dem Alltag entflieht. Ich schaue schließlich auch nicht nur ARTE und 3SAT-Dokumentationen.

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Andere über Brigitte MOM

TAZ „Was Frauen wollen“
Sparbaby
Menschenskind Blog
Unsichtbares Blog

Damals, der Weltspartag

Damals am Dorf, als der Weltspartag noch ein Ereignis war.

Ich bin ein recht sparsamer Mensch. Mir fällt es sehr schwer, Dinge, die man generell noch benutzen kann einfach wegzuwerfen und durch neuere, schönere Modelle zu ersetzen. Selbst Dinge, die andere wegwerfen wollen, brauche ich gerne noch auf. Mamas Handy z.B.

Etwas auf Kredit zu kaufen entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Erst wird gespart, dann wird gekauft und bei den meisten Gegenständen entscheide ich: unnützer Tand – das benötige ich nicht.

Diese Einstellung kann ich nicht von meinen Eltern übernommen haben. Meine Mutter ist eine Wegwerferin, die ihresgleichen sucht. Kommen wir zu Besuch und lässt man während einer Mahlzeit nur eine Minute zu lange das Besteck liegen, beginnt sie den Tisch abzuräumen und statt alles fein säuberlich einzufrieren, landen die Reste im Müll.

Mein Vater hat dafür andere Vorlieben. Er liebt schicke Klamotten und Autos. Früher war sein Kleiderschrank ungefähr so groß wie mein Kinderzimmer und ich kann mich gut erinnern, wie ich als Kind mit Autofarblacktäfelchen gespielt habe, weil die immer bei uns herumlagen, da im Grunde kontinuierlich neue Autos gekauft wurde, deren Farben ausgewählt werden mussten. Hätten wir ein Haus gehabt, die Hälfte der Wohnfläche wäre eine Garage gewesen (- aber ich schätze, wir hatten kein Haus, weil wir ja immer die neusten Autos hatten).

Wahrscheinlich hängt mein bedachtsamer Umgang mit Geld an einem ganz anderen Faktor. Denn ich bin in einer Wohnung über einer Sparkasse aufgewachsen.

Nach Weihnachten und Geburtstag, war der Weltspartag das absolute Großereignis meiner Kindheit. Ich erinnere mich genau mit welcher Vorfreude ich mein Sparschwein in die Filiale schleppte. Ich bekam ab der ersten Klasse eine Mark Taschengeld pro Woche und fürs Treppe putzen drei Mark. Ich habe mir nie etwas davon gekauft, sondern immer alles gespart. Nur wenn ich Geld auf der Straße fand, kaufte ich mir manchmal Brausebonbons, die damals zwei Pfennig das Stück kosteten.

Wenn der Weltspartag kam, rannte ich nach der Schule nach Hause, holte meine Ersparnisse und trug sie in die Filiale unter unserer Wohnung. Dort wurde ich am Sonderschalter WELTSPARTAG freundlich mit: „Guten Mittag, Fräulein Nuf!“ begrüßt. Die zuständige Bankkauffrau zählte meine Münzen und schrieb sie dann handschriftlich in meinem Sparbuch gut, stempelte das neue Ergebnis und überreichte mir das Büchlein samt Motivationsgadget. Sie versicherte mir jedes Jahr, dass es kein Kind im ganzen Dorf gab, das annähernd so viel gespart hatte wie ich.

Da soll noch mal ein Psychologe behaupten, es gäbe keine extrinsische Motivation! Denn jedes Mal, wenn ich einen Betrag auf mein heutiges Konto überweise, überkommt mich das gleiche Gefühl von Stolz wie damals. Reduziert sich die Summe, setze ich alles daran sie wieder auf den Stand zu bringen, den sie davor hatte. Das ist mir bis zum heutigen Tag geblieben.

Kind 2.0 bekommt zwar noch kein Taschengeld, dafür sammelt es Geld auf der Straße. Nach zwei Jahren ist die Sparbüchse so voll gewesen, dass wir vergangenes Wochenende Geldrollen gerollt haben.

Ob die Sparerziehung hier final sagt: „Sparen lohnt sich „oder „Das Geld liegt auf der Straße“, bleibt abzuwarten.

(Kinder mit Hilfe des Weltspartags ein bißchen zu motivieren, kann in meinen Augen nicht schaden. Es bleibt die Hoffnung, dass sich auf lange Sicht ein Bewusstsein bildet, an welchen Stellen ein bestehendes Finanzsystem seltsame Blüten treibt. Sich Chin Meyer zu Gemüte zu führen kann ebenfalls weiter helfen:

 

Glück – manchmal ziemlich einfach (auf Holz klopfen)

Glück ist gelegentlich Einstellungssache (oder hormonelle Verstrahlung?)

Vor einigen Tagen saß ich nach der Arbeit mit Kind 3.0 beim Araberimbiss in der Sonne. Wir aßen gemeinsam Makale, Schwarwama und Falafel. Kind 2.0 war für mich (weil ich arbeiten musste) von einer Freundin abgeholt und zum Kindertanz gebracht worden. Kind 1.0 baute auf einem Abenteuerspielplatz mit seinen Freunden ein Baumhaus. Da wurde mir plötzlich gewahr, dass ich zur Zeit wirklich sehr glücklich bin.

Abends lief auf 3sat passenderweise eine Sendung mit dem Titel „Die Glücks-Invasion„. (Eine schöne Ausstellung gab es in Dresden auch schon dazu „Glück – welches Glück?“)

Ich kann mich erinnern, dass ich mich in der Zeit zwischen 13 und ca. 26 eigentlich permanent unglücklich fühlte. Nicht immer gleich stark, aber das Grundgefühl war negativ.

Das hat sich komplett umgedreht. Die meiste Zeit fühle ich mich gut und zufrieden. Selbst in der Phase, in der ich mich 20 mal übergeben und gelegentlich ins Krankehaus musste.

Warum das so ist, ist mir nicht bis ins letzte Detail klar. Ich vermute aber es ist im Wesentlichen eine Frage der Einstellung. Im Thema „Liebe“ merke ich das ganz deutlich. Noch vor wenigen Jahren hatte ich eine Art Hollywoodeinstellung. Liebe bedeute andauerndes Glück. Eine gerade Linie ohne jede Ausschläge auf hohem Niveau. Zusätzlich hatte ich ungefähr 2.538 unscharfe Regeln im Kopf, wie sich jemand zu verhalten hätte, wenn er mich WIRKLICH liebt. Oder wie jemand zu sein hätte, den ich WIRKLICH lieben könnte.

Ein Lehrer hatte mit ins Abiheft geschrieben: „Life is like a sea saw, up – down. Thanks for the ups, sorry for the downs. The pre-reqisities that make you sociable are most difficult to calculate. Having gained a faint feeling for (or even an understanding of) what’s going on, the rules are suddenly changed without prior notice and one is left in a foggy nothingness.“

Fünfzehn Jahre später finde ich, dass es das ziemlich gut trifft (und frage mich gleichzeitig wie es all meine langjährigen Freundinnen und Freunde mit mir aushalten konnten).

Natürlich ist das Leben zu mir zusätzlich sehr freundlich. Das spielt sicherlich eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wir sind alle gesund – uns fehlt es an nichts. Wir haben gute Freunde, tolle Jobs, eine schöne Wohnung. Weil es uns so gut geht, versuchen wir auch Gutes an das Leben zurück zu geben. Genug Möglichkeiten gibt es immer wieder. Sei es durch Spenden und dass man einfach mal irgendwo mitanpackt oder dass man mal nachfragt oder sich einmischt, wenn es nötig ist. Oder die Klappe hält, wenn man es aushalten kann. Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass man so einen Kreislauf beschreitet, der Gutes sät und Gutes erntet.

Warum ich das alles schreibe? Ich wollte auch mal flauschig sein und kann nur empfehlen: Haltet gelegentlich einen Moment inne und fragt Euch, ob es gerade jetzt nicht mindestens einen Grund gibt, sich gut zu fühlen und Glück zu empfinden.

Wer braucht schon fünf Finger?

Vier Finger genügen für Amateurtipper.

Immerhin 327 Zeichen pro Minute schaffe ich. Ich glaube, ich gehöre zu einer aussterbenden Existenzform. Ich habe in der Schule das 10-Finger-Tippsystem nicht gelernt und benutze deswegen nie die kleinen Finger. Sie stehen beim Tippen nur ab und werden kalt weil sie so schlecht durchblutet sind. Sollte sich meine Art zu tippen per Selektion evolutionstechnisch wider Erwarten doch durchsetzen, werden meine Nachfahren nur vier Finger haben.

Jetzt weiß ich also wenigstens wie die Simpsons entstanden sind.