Die Hackfleischbesprechungen, Teil 9

hackepeter9

Kaufland, Hackepeter fettreduziert

Der Fooddesigner von Kaufland beschreitet einen gänzlich unkonventionellen Weg und inszeniert das gemischte Hack in zwei Erscheinungsformen. Ein großes Rechteck und ein kleinerer Kreis aus Hackepeter auf einem Schneidebrett mit abgerundeten Ecken.
Das Rechteck ist schmucklos aber formstabil wohingegen der Fleischkreis mit Paprika, Petersilie, Pfefferkörnern, Salat UND Minipaprikaschote verziert ist.
Schnell springt ins Auge dass es sich um ein ganz aktuelles Thema handelt: Eltern und Kinder in der Postmoderne.
Der Nachwuchs rechts ist räumlich getrennt, gar ohne Verbindung zu den Eltern links. Wer hier urteilt die Eltern seien herzlos, urteilt vorschnell. Selbst spartanisch und schmucklos, überlassen sie alle Dekorationen dem Kind und lassen es im Überfluss leben.
Das Kind jedoch wünscht sich nicht Paprika, noch Salatblätter oder Zwiebelstücke. Nein, einzig und allein Liebe, Wärme und Nähe hätte es gern. Doch die Eltern, in seltsam entnaturierten Traditionen erwachsen, halten jeglichen Kontakt für gefahrvoll. Schnell könnte das Kind sich daran gewöhnen und danach fordern, verzogen und gesellschaftsunfähig werden. Das wollen die Eltern um jeden Preis vermeiden.
So hält das Fleischeck starr seine Form und damit im übertragenen Sinn seinen hölzernen Erziehungsansichten – im Glauben dem Kind nur Gutes zu tun.
Traurig stimmt das Bild den Betrachter. Innerlich will man schreien: Fleischrechteck nimm Deinen kleinen Fleischknödel in Dich auf und bilde eine Einheit.
Doch das Foto gibt dem Wunsch nicht nach.

Nasenrettung durch Gefühlsunterdrückung

Bislang konnte ich in heiklen Lebenslagen durch paradoxe Intervention viel erreichen. Bewährt hat sich die Methode v.a. in Situationen, die gerne eskalieren und negative Gefühle hinterlassen wenn man zu erwartenden Konversationspfaden folgt.
Doch was soll ich sagen, auch paradoxe Intervention stößt an Grenzen, selbst wenn das Gesagte aus tiefer und aufrichtig empfundener Besorgnis entspringt.
So stehe ich heute bei dm mit sieben Paketen Windeln an einer Kasse an 657. Stelle an. Hinter mir ein Pulk Jugendlicher. Eine weitere Kasse wird geöffnet und ich balanciere geübt den Windelstapel in Richtung Kassiererin. Einer der Postpubertierenden überholt mich und schreit mich mit den Worten: „Ey Mutti, wenn Du drängelst, gibt’s auf die Fresse!“ an.
Ich war aufrichtig verwundert, denn schließlich stand ich 3 Millisekunden vorher auch schon vor dem jungen Mann. Ich lächle verständnisvoll und bleibe stehen, als der junge Herr meine Einkäufe vom Band schmeißt um sein Haargel an just jener Stelle zu platzieren. „Mach Disch vom Acker, Du hässliche *****!“
Ob dieser Provokation sah ich mich nun doch genötigt etwas zu erwidern, einen leichten Schwall von Ärger herunterwürgend entschied ich mich für ein ruhig ausgesprochenes: „Mein lieber Junge, Du bist wohl als kleiner Junge zu wenig gekuschelt worden?“
Der liebe Junge, puterrot vor Wut, ballt seine Faust und fuchtelt vor meinem Gesicht herum.
„Alter noch son Spruch und Dein Zahnarzt wird reich!“
Ich sammle währenddessen wortlos meine Windeln auf und bin beinahe erstaunt ob der Kleinheit des Selbstbewusstseins des Jugendlichen und nehme mir vor meine Kinder noch mehr zu knuddeln, zu bestärken und für immer im elterlichen Bett schlafen zu lassen.
Zuhause schaue ich zur Seelenhygiene eine Folge Glücksbärchi und rufe in die gßstädtische Nacht LIEBE! ACHTUNG! WÄRME! FREUNDSCHAFT! und ZUNEIGUNG!

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 8

hackepeter8

REAL, Schweine-Gehacktes

Die heutige Hackfleischdarstellung geht das dargestellte Thema erstaunlich offensiv an. Ein ganzes Kilo ungeordnetes Schweinemuskelfleisch auf einem modernen, eckigen Keramikteller. Garniert mit deutscher und japanischer Riesenkresse sowie einem einzelnen Schnittlauchhalm.
Traditionelles Haschee mit exotischen Kräutern als leise Mahnung an die westliche Industriegesellschaft nicht weiter den hanebüchenen Weg der kapitalistischen Marktwirtschaft zu gehen, sondern sich trotz aller Modernisierungsmaßnahmen auf die eignen Traditionen und Kernkompetenzen zu besinnen.
Der Fleischberg als beinahe schmerzhafte Spiegelung der amerikanischen Finanzkrise. Als Zusammenbruch aller abendländischen Prinzipien der Volkswirtschaft.
Hätte man den Hackhaufen von links vorne betrachtet, so wäre die Zerrüttetheit des Fleisches gar nicht aufgefallen. Erst wenn man hinter die Kulissen schaut, wird offenbar auf welch wackelig, zerbröselnden Mechanismen Kreditwesen und Immobilienmärkte stehen.
Erkennt die Wahrheit, schaut hinter die Offensichtlichkeiten!, so scheint es, will der Hackfleischfotograf und Inszenierer den Werbungsrezipienten beschwören.

Brief an die Pateneltern

Liebe Pateneltern,

ihr wißt, ihr sollt nur Sachen schenken, welche die Kinder auch WIRKLICH haben wollen. Kota, der kleine Triceratops wäre ein gern gesehener Freund in unserer Familie und billiger als 12 Jahre Katze samt Unterhalt und Arztkosten ist er allemal. Einziger Haken: Er müßte in Großbritannien abgeholt werden … aber ihr reist ja gerne. Dürfte von daher kein Problem sein.

Danke und liebe Grüße

Mama Pizza

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 7

hackepeter7

PLUS, First Fresh Hackepeter

Fünfhundert Gramm ungewürztes Schweinefleisch vom Fleischwolf direkt auf das weiße Tablett serviert. Schmucklos der Gesamtrahmen. Demgegenüber besonders liebevoll garniert das Hack: drei gelbe Paprikastreifen, drei unterschiedlich große Zwiebelringe und sechs Blätter Zitronenmelisse schmücken den oberen rechten Rand.
Damit begnügt sich PLUS jedoch nicht.
Als Ausblick auf die reale Kaufsituation ein weiteres Pfund Schweinehack, frisch abgepackt und abholbereit im oberen Bildviertel.
Wie in den vorangehenden Bildbesprechungen liegt der Schlüssel zum Verständnis der heutigen Hackfleischinszenierung im Detail – im Paprikastreifen nämlich. Etymologisch kommt der Begriff Paprika aus dem Kroatischen und bedeutet ‚die, die scharf ist’.
Hat der Bildbetrachter diesen Hinweis erst einmal verstanden, so ist es nicht weit zum Schluss dass PLUS hier ein Vorher-Nachher-Szenario darstellt und somit leicht verschmitzt auf das westliche Frauenideal anspielt.
‚Die, die scharf ist’ – die Frau also – ist in der heimischen Styroporschale wild verwurstelt und emotional bewegt. Doch kaum tritt die Frau ans Tageslicht, nimmt sie eine geordnete, angepasste Form an und passt in jede sinnbildliche EU-Verpackungsnorm.
Die Gesellschaft verlangt ein nach außen hin gebändigtes Weibchen, welches nur in den eigenen vier Wänden das wahre Gesicht zeigen darf. Ein weiterer schlangenzüngiger Dualismus der durch eine schnöde Hackfleischwerbung zur Schau gestellt wird.

Der Mond, die Gänseblümchen und ein Gefühlsanfall

Die meisten Dinge sind schnell vergessen. Zumindest bei Männern. Wenn man sie z.B. bittet irgendwas zu erledigen, so dauert es einen Wimperschlag bis die Bitte im Hirn verhallt ist.
Andere Dinge bekommt man ein Leben lang vorgehalten. Z.B. dass man beim ersten Date nicht angemessen den Mond bewundert hat. Als mich nämlich mein Freund nach einem Ausflug zu hause abgesetzt hat, rief er mich noch mal an, um mich aufzufordern auf die Straße zu treten und den unglaublich großen Mond zu bewundern.
Ich entgegnete ihm, es handle sich um eine mir bereits bekannte optische Täuschung und ich würde nun nicht den langen Weg die Treppe hinunter auf die Straße gehen, um mir den Mond anzuschauen.
Unromantisch fand er das und hält es mir durchschnittlich 234 im Jahr vor.
Im Nachhinein denke ich, dass er wahrscheinlich eine Gruppe Geigenspieler engagiert hatte, die auf einem Rosenbett eine Ode auf meinen Namen trällern wollten.
Doch ich kam nicht.
Ich muss zugeben, dass ich romantisch wie ein Stück Holz bin und wenn überhaupt empfinde ich Metaromantik. Also im Grunde sehne ich mich manchmal danach auch so butterweich, verblendet und tralala zu sein, wie andere Frauen, die sich über rote Rosen, Parfüms und goldene Herzchenanhänger freuen können.
Eine lange Einleitung für folgenden Sachverhalt: Am Mittwoch, den 22.10.2008 um 21:57 Uhr verspürte ich echte, wahrhafte Romantik. Da habe ich die neue Pro Sieben Serie „Pushing Daisies“ gesehen und der Erzähler sagte „… und dann legte Ned hinter seinem Rücken seine rechte in seine linke Hand und stellte sichvor es sei Charlottes Hand. Genau in diesem Moment tat Charlotte das gleiche und einen kurzen Augenblick hatten sie beide das Gefühl, sie würden einander die Hand geben.
Ich glaub‘ ich muss weinen vor Rührung. Eine Serie für Menschen, die Berührungen hassen. Wunderbar!

Schöner Bluten

Ich zitiere mal die aus der Always Ultra Website:

„Ob für die Monatsblutung, bei  Schmierblutungen oder leichtem Harnverlust – Always hat für jedes Frauenhygiene-Problem die passende Lösung.“

Für Frauen, die besonders stark müffeln gibt es z.B. die Always Ultra Freshelle, die – man mag es vor Begeisterung kaum erwähnen – ein INTEGRIERTES Intimpflegetuch hat, mit dem man sich in der Mittagspause ordentlich abrubbeln kann.
Für Frauen, die seltamerweise nur wenig aus dem Intimbereich miefen, gibt es Always Ultra Freshness mit dem SECUREGUARD, der das Stinken mindert und gleichzeitig Selbstbewußtsein verleiht.
Ich bin absolut entzückt, um nicht zu sagen: allein diese Produkte hätten mein Leben als Frau ausreichend verbessert. Wer stinkt schon gern von unten?
Jetzt gibt es aber endlich noch was viel tolleres: Kellerasseln die über eine Binde wimmeln, hin und her fahren und lustige Paraden fahren, um dann in einer stilisierten Scheidenöffnung zu verschwinden. Toll! Ach? Sind das keine Kellerasseln? Es sind Autoscoouter? D.h. also vaginale Ausscheidungen sind wie Autoscooter?
Darf ich bitte den Werbefachmann persönlich auspeitschen?

Endlich Gleichberechtigung

Darauf haben Nacktmulle schon lange gewartet. Endlich dem Menschen gleichgestellt sein: Es wird erwogen in Deutschland zur Erhöhung der Flugsicherheit Nacktscanner einzusetzen.

Mein Tipp: Wenn man über Nacktscanner schreibt, sollte man nicht gleichzeitig schreiben „Kritiker fürchten einen Dammbruch.“
Ansonsten kann ich das nur sehr begrüßen und fordern noch viel weiter zu gehen. Denn wie unangenehm es sein kann, wenn sich jemand eine Bombe in den Popo steckt, kann man sich leicht vorstellen, wenn man sich vor Augen führt, dass der menschliche Darm 7 bis 9 Meter lang ist.