Vor vielen tausend Jahren, als die Menschen noch hochgeschlossene Kleidung trugen und der Anblick von Unterwäscheseiten im Otto-Katalog etwas verruchtes hatte, sah man sie so gut wie nie: die Poritze.
Seit Anfang des neuen Jahrtausend die Hüfthose in Mode kam und einem Hüftspeck und darunter liegende Intimbereiche optisch hinterher geworfen werden, kommt man auch an der Poritze nicht mehr vorbei.
Sollte ihr jemals ein erotischer Reiz innegewohnt haben, so erlosch dieser direkt proportional zum modeabhängigen Quetschungsgrad der Pobacken.
Bislang war die ganze Angelegenheit ein reines Frauenproblem – welches, ich bedauere es sehr, nun auch in die Männerwelt überschwappt.
Dort wurden die Hosen zwar ebenfalls scham- und knietief getragen, jedoch kaschierten bislang Boxershorts alle unappetitlichen Details.
Jetzt feiert die unterwäschefreigetragene Röhrenhüfthose bei den Männern modisch Einzug.
Als bekennende Trichophobikerin können Sie sich vielleicht die Höllenqualen vorstellen, die ich nun, da auch noch der Frühling kommt und die Jacken kürzer werden, erleide.
Da sitzt man verträumt in der U-Bahn als sich die Türen öffnen und genau auf Augenhöhe behaarte Poritzen an einem vorbei spazieren. Und noch schlimmer: Sie setzen sich. Die unbedeckten Poritzen mit Gestrüppfontäne setzen sich ungeschützt auf öffentliche Sitzplätze. Im Takt der ruckelnden U-Bahn reiben sie sich auf den Anti-Graffiti-Mustern der BVG.
Ich stelle mir dann leise atmend vor, wie die Pohaare sich an ihnen abraspeln und jedes Mal ein bisschen kürzer werden und schließlich so wie die Haare an den Hinterhäuptern von krabbelunfähigen Babys ganz verschwinden.
Kosmetikinstitute werben in der U-Bahn vermehrt für kostengünstige Haarentfernung. Wahrscheinlich sind diese Leute alle Kunden. Für nur 200 Euro bekommt man eine dieser Hosen und ein BVG-Monatsticket und dann muss man fahren bis die Haare verschwunden sind.
Der Gedanke von beinah pulverisierten Pohaaren weckt allerdings Phantasien in mir, in denen ich mich wie eine Mumie in Sagrotaneinmaltücher einhülle und meine Armenden in doppelseitiges Klebeband einrolle. Damit sammle ich all die kleinen widerwärtigen schwarzen Härchen und stecke sie in einen Umschlag und sende ihn an Charlotte Roche, die schließlich erklärte Freundin von Bein- und Achselhaaren ist. Da sollen die kleinen, einsamen und abgestoßenen Pohaare ihr neues zuhause finden.
Träume sind sowas von Schäume
Viele Menschen führen ein Doppelleben. Wie man in so etwas reinrutscht, das konnte ich mir bislang nicht vorstellen.
Seit einigen Wochen jedoch, wächst v.a. samstags- und sonntagmorgens gegen 6 Uhr in mir der Wunsch ein völlig anderer Mensch zu sein.
Ich wäre gerne William MacMoran, der Hausmeister aus den Simpsons oder wahlweise ein mindestens 1,90 Meter großer Kerl mit ein bisschen zu viel Muskeln. Intelligenz wäre mir nicht so wichtig – Hauptsache meine Muskelberge quöllen aus meiner zerschlissenen Kleidung. Ich hätte nur eine durchgehende Augenbraue und vielleicht fehlte mir ein Zahn als Resultat der letzten Schlägerei.
Ich stampfte durch unser Treppenhaus zu meinen bekifften Partynachbarn und schlüge etwas zu temperamentvoll gegen deren Tür, die holzteilespuckend aus den Angeln kippte.
Die Nachbarjungs eilten verschreckt zum Ort des Geschehens und bekämen so eine ordentliche Portion Speichel ab, die mir beim Herumbrüllen aus dem Mund spritze.
Dann schwören sie, nie, nie, nie mehr um diese unmenschliche Uhrzeit diese unsägliche Musik in dieser vermessenen Lautstärke zu hören und hielten sich fortan dran. Als Bekräftigung büken sie mir wöchentlich eine Sachertorte.
Doch – was soll ich sagen – in der Realität schaue ich nur mit traurigen Beagleaugen aus dem Fenster in den Hinterhof und schimpfe leise gegen die Fensterscheibe, während ich peinlichst darauf achte, das bei uns kein Licht brennt, damit die anderen verzweifelten Nachbarn nicht denken, dass der Krach aus unserer Wohnung kommt.
Haben Sie auch noch Müll zu versteigern?
Schauen Sie sich unbedingt die Bilder meiner derzeitigen Lieblingsauktion an.
Liebe pur
Ich: Ich hab so einen verspannten Nacken…
Freund beugt sich zärtlich nach vorne und legt mir lächelnd das Netzteil in den Nacken.
Praktische Anwendungen zur Theorie des subjektiven Zeiterlebens
In einer halben Stunde wird der Übernachtungsbesuch von Kind 1.0 abgeholt. Wir sitzen beim Frühstück:
Kind 1.0: Wann wird Klausi abgeholt?
Nuf: In 30 Minuten…
Kind 1.0: Waaaaaaaas? Schooon?
[Denkpause]
Kind 1.0: Klausi, dann lass uns nichts spielen, so vergeht die Zeit langsamer.
Keine Käsefüße, kein Mundgeruch
Babys, so sagt man gerne, duften wunderbar. Nun war ich bis zum Geburtstag meines eigenen Kindes noch nicht zum Babybeschnüffeln gekommen und musste bald feststellen, dass ich an olfaktorischer Taubheit leide. Mein Baby nämlich, roch am Anfang nach gar nichts. Bestenfalls roch es rein und unverdorben.
Kurz darauf roch es und alles was mit ihm in Berührung kam nach Kotze. Freilich nur Milchkotze, doch glauben Sie mir, erbrochene Muttermilch hat nichts entzückenerweckendes.
Gegorene Milch auf der Haut, im eigenen Haar, auf der Kleidung, am Baby, am Mann, im Bett – vielleicht für den Chinesen, der auch dem Verzehr von verdorbenen Eiern nicht abgeneigt ist und gerne Schwalbenspucke trinkt, ein Fest für die Nase – für mich eher ein Grund jeden Tag eine Ladung Wäsche zu waschen.
Im Nachhinein denke ich, dass die Mütter, die Babygerüche so unwiderstehlich finden von den Duftnoten gewisser Babypflegeprodukthersteller sprechen. Denn so hoch wie die Durchschnittsfrau den meilenweit zu identifizierenden Persilgeruch schätzt, mag sie es toll finden, wenn der Nachwuchs nach erdölbasierten Pflegesubstanzen müffelt.
Das einzige, was selbst mich fasziniert, ist der tadellose Mundgeruch bzw. dessen absolut nicht Vorhandensein. So halte ich liebend gerne meine Nase in den Atemkanal meines Babys. Bis zu dem Tag als das Baby entdeckte, dass es nicht nur Fahrkarten sondern auch Nasen durch fröhliches Hineinbeißen entwerten kann.
So ist nun wenigstens die Sorge, um die schiefe Bahn erledigt. Piercingstudiobesitzer ist schließlich eine handfeste Sache.
Valentinstagsüberraschung
Freund, 2004: Hach, ich bin so romantisch!
Freund, 14. Februar 2008, 22.20 Uhr (kommt von der Arbeit, wirft kleines Päckchen auf das Sofa): Hier, zum Valentinstag. Ihr Frauen malt Euch doch gerne an.
Hör‘ auf die Eltern, sei kein Pferd
Manchmal durchleben Kinder das selbe, auch wenn der Altersunterschied ungefähr sechs Jahre beträgt. Während dem einen lustig die Zähne ausfallen, warten wir beim anderen, dass dort Beißerchen erscheinen.
Gemeinsam sind sie leidenschaftliche Teilhaber am täglichen Elternquälritual Zähne putzen.
Während das Großkind am Becken mit der Zahnbürste jongliert, dabei Fliegen erschlägt und Zahnpasta ißt, steht das Kleinkind mit zugekniffenem Mund und geschlossenen Augen in einer Ecke gekauert und tut so, als sei es allen elterlichen Aufforderungen gegenüber taub.
Ab und zu blinzelt es, um zu sehen, welchen Blödsinn das Geschwister veranstaltet und fällt dann nach kurzem, hysterischem Lachen wieder in Stasis.
Beim großen Kind hilft es meist nur mit elterlichem Kopfstimmengesang im falschen Moment zu drohen. Wenn es hört, dass wir in Anwesenheit von Ritschi oder Tärränz, den Coolen der Schule, peinliche Verhaltensweisen an den Tag legen werden, putzt es meist die sieben verbliebenen Milchzähne blitzeblank.
Da das kleine Kind noch nicht unter präpubertäten Gruppenzwängen leidet, nützt Drohen nichts. Wir putzen also lieber dessen Stofffreunden die Stoffzähne und hoffen, dass es haben will, was Schnüffi der Hase hat: strahlend weiße Schneidezähne.
Das Baby, durchaus interessiert an den Vorgängen des Stofftiermaulschrubbens, öffnet den Mund natürlich nicht.
Das einzige was wir erreichen, ist, dass das Baby am nächsten Morgen beim Wort Zähneputzen den Hasen holt und uns stolz überreicht.
Abends schauen wir uns dann Kariesbilder im Internet an und hoffen, dass sich endlich das freiwillige und verständige Zähneputzen einstellt.