Bitte beachten Sie diese Regel

Mein Vater findet nicht, dass ich streng erzogen wurde. Man muss ja nicht immer einer Meinung mit den Eltern sein. Jedenfalls in Bayern aufgewachsen, durch die gängigen Schulmodelle gelaufen, war ich vor meiner Zeit in Berlin sehr folgsam und obrigkeitsgläubig. Langjährige Freunde meiner Eltern wurden jahrzehntelang gesiezt. Verkehrsregeln aller Art befolgt. Ich stand mal 20 min mit dem Fahrrad um 3 Uhr Nachts in einer menschenleeren Gegend an einer roten Ampel. Den Müll habe ich so vorschriftsmäßig getrennt, dass ich einzelne Packungen in ihre Grundmüllarten zerkleinert habe.
Allen Obrigkeiten wurde unbedingt Folge geleistet.
Dann kam ich nach Berlin.
Meine neuen Freundinnen waren mittelmäßig belustigt über meine Folgsamkeit und alles wurde mit einem Warum sollte man das denn so machen? hinterfragt. Den ganzen Tag musste ich also nachdenken. Warum leise sein? Warum ordentlich in der Schlange anstellen? Warum erst Bier und dann Wein?
Ich musste entdecken, dass es in 80% der Fälle gar keine echten Argumente gab (oder zumindest, dass sich kaum einer an die ursprüngliche Argumentation erinnerte).
Zu allererst trennte ich mich von den „weil man das eben so macht/nicht macht“-Situationen. Am Spielplatz ließ ich mich kopfüber vom Klettergerüst hängen OBWOHL ich schon erwachsen war. Dann brach ich die kleinen Regeln. Ich setzte mich beispielsweise todesmutig auf einen freien Sitz im leeren Kino – obwohl es nicht der Platz war, der auf meiner Eintrittskarte stand. Dann bog ich mir die „echten“ Regeln bei Bedarf zurecht. Ich fuhr ohne Licht Fahrrad wenn es bei einem Besuch später geworden war, als eigentlich geplant oder aß schon beim Einkaufen das halbe Brötchen, welches ich erst an der Kasse zahlte.
So ging das immer weiter.
Heute habe ich große Probleme überhaupt irgendeine Regel zu befolgen wenn sie mir nicht sinnvoll erscheint.
Neulich z.B. gab es ein Sportfest bei den Kindern. Die Halle war riesengroß, die Aktivität fand in einem großen Kreis statt und gut die Hälfte der Halle war frei. Dennoch wollten die Veranstalter dass die Eltern auf die Zuschauerränge gingen.
Es fiel mir wirklich schwer, diese Vorgabe zu befolgen. Ich wollte unten sein, weil man von hier besser zuschauen und bessere Bilder machen konnte. Das jüngste Kind hätte sich in den engen Reihen nicht mit stillsitzen quälen müssen und überhaupt!
Brav wechselte ich in den Rang.
Situationen wie diese erlebe ich ungefähr zehn Mal am Tag und in den allermeisten Fällen füge ich mich.
Manchmal aber ist es unglaublich schwer. Zum Beispiel dann, wenn meine Kinder sich in einer ähnlichen Situation befinden und jemand anderes etwas von ihnen möchte, das ich für schwachsinnig halte.
Leider halte ich fast alles im Schul- und/oder Hortkontext für äh sagen wir fragwürdig.
Die Essensregeln zum Beispiel. Jedes Kind muss eine ganze Portion mit allen Essenselementen nehmen. Auch wenn das Kind weiß, dass es beispielsweise keinen Fisch mag. Dann muss das Kind ein bißchen probieren und darf dann sagen: Das schmeckt mir nicht. Wenn die Erzieherin das registriert hat, darf das Kind das Essen wegwerfen.
Beim Essen wird nicht gesprochen. Die Hand, die nicht isst, hat auf dem Tisch zu liegen.
Mir fallen aus den unterschiedlichen Schulen noch viele Beispiele ein.
Das mögen Beipsiele sein, wie beschrieben, bei denen ich denke, dass einige sagen werden: Das ist nicht zeitgemäß oder wenigstens Das ist unnötige Verschwendung von wertvollem Essen.
Aber in mir hegt sich auch der Widerstand gegen Themen wie Hausaufgaben. Warum sollte es die überhaupt geben die ersten Jahre. Die Kinder haben fast täglich 6 Stunden Unterricht. Reicht das nicht? Ich habe das Gefühl, dass die Hausaufgaben oft ein Stück Unterrichtsversäumnis der LehrerInnen aufholen sollen.
So berichten meine Kinder mir täglich Dinge, mit denen sie nicht gut zurecht kommen oder die sie unter Druck setzen und ich bin dann in der Zwickmühle. Meinen Kindern gestehen: Ich finde das auch! Du hast völlig Recht! oder schweigend zuhören und einfach nur Beistand geben (Ich verstehe, dass Dir das nicht gefällt).
Meine Lehrer konnten mir hervorragend mit WENN DU XY NICHT MACHST, DANN WERDE ICH DAS DEINEN ELTEN SAGEN drohen.
Ich kenne aber auch (erwachsene) Kinder, die gegen solche Drohungen immun waren, weil sie wussten, dass in so einem Fall der Lehrer am Ende eine lange Diskussion mit den Eltern über sich ergehen lassen musste, die darin endete, dass die Eltern als Hippies oder Laissez Faire Eltern kategorisiert wurden und man sich zwar weiterhin kopfschüttelnd über das Kind ärgerte, aber im Grunde machtlos war.
Im Moment versuche ich einen Mittelweg zu gehen und kommentiere vieles, das ich im Grunde für falsch oder übertrieben halte nicht.
Aber ich merke, wie es immer schwieriger für mich wird.
Und wenn ich mir meine Freunde anschaue, deren Eltern kaum Regeln befolgt haben und das mit mir vergleiche, dann muss ich feststellen, dass sich deren Selbstbewusstsein weitaus besser als meins entwickelt hat. Außerdem ist ihr Verhältnis zu den Eltern deutlich wärmer. Tatsächlich fügen sie sich aber nicht so leicht in fest vorgegebene Strukturen. In einem hierachrischcen Konzern zu arbeiten, wäre für sie undenkbar.
Infwiefern meine Beobachtungen und Rückschlüsse in irgendeiner Form representativ sind, ist natürlich fraglich.
Was mich angeht, ich fühle mich ganz wohl damit, dass ich in der Zwischenzeit die Fähigkeit besitze, um 3 Uhr nachts über eine rote Ampel zu gehen, wenn weit und breit kein Auto kommt.

Als Urlaub noch einfach war

Wer eines der Bücher gewinnen möchte, hinterlässt bis zum 25.08.2013 einen Kommentar und schreibt dazu in welchem Urlaubsstadium sie oder er sich befindet (beginnend von „Geh mir weg mit Urlaub“ bis „unter 7 Sterne Hotel geht gar nichts mehr“) und welches Buch sie/er gerne hätte oder vermerkt „egal“, falls jedes Buch eine Freude bereiten würde. Die Gewinner werden ausgelost.

Als Studentin habe ich mich hauptsächlich von Dosenmais ernährt. Das hat viele Vorteile. Das Einkaufen geht schnell und auf Reisen ist man sehr flexibel was die Sicherstellung der gewohnten Nahrungsquelle angeht.

Für Dosenmais sprachen damals zwei Gründe. Erstens ist Dosenmais billig und zweitens mochte ich fast nichts anderes. Ich weiß nicht, ob es eine Steigerungsform für das Wort „picky“ gibt – jedenfalls sagten mir zu diesem Zeitpunkt fast keine Lebensmittel geschmacklich zu. Obst pauschal nicht, Gemüse eigentlich auch nicht, für Fleisch und Wurst hatte ich kein Geld und eine richtige Küche, um mir Nudeln oder Reis zu kochen, hatte ich nicht.

Blieb also Dosenmais. Jedenfalls – um auf das Reisen zurück zu kommen – Dosenmais gibt es in den meisten Ländern und so machte mich Mais, was das Reisen angeht, sehr flexibel. Ich arbeitete also die erste Hälfte der Semsterferien und die zweite Hälfte kaufte ich mir ein Interrailticket.*

Das Reisegepäck war leicht. Eine Isomatte, einen Schlafsack und ein Paar Klamotten. Das Zelt ließ ich meine Reisebegleiter tragen. (Immerhin trage ich im Alltag meine Handtasche selbst!) Kocher, Geschirr und anderen unnötigen Ballast konnte man sich sparen. Ein Dosenöffner und ein kleiner Löffel genügten.

Ich kann mich nicht erinnern, dass mir auf Reisen jemals etwas gefehlt hat. Ich hab auf der Isomatte gut geschlafen. Es war trocken im Zelt und drei T-Shirts waren ausreichend für eine Woche. Für die Abende hatte ich drei englische Bücher dabei und wenn ich sie ausgelesen hatte, habe ich sie mit anderen Reisenden getauscht.

Das Leben war so einfach. Dann kamen die Kinder und wir waren der Meinung, dass Campen immer noch eine wunderbare Idee ist. Allerdings musste aufgrund der Gepäckmengen ein Auto gekauft werden. Ein großes hässliches, in das drei Kindersitze rein passten. Und obwohl wir die Fußräume bis unter das Kinn ausgenutzt hatten, genügte der Stauraum nie. Ich weiß nicht woher dieser ganze Krempel kommt – aber jedes einzelne Stück ist für das Überleben notwendig. Ein Sonnensegel, ein Tisch, natürlich wollten wir auf richtigen Stühlen sitzen, Kochgeschirr, ein Herd mit zwei Flammen, Sandspielzeug, aufblasbare Isomatten, Taschenlampen, eine Spülschüssel, Handbesen, Kopfkissen… Beim nächsten Urlaub ging es schon ohne Dachkoffer nicht mehr.

Der Urlaub selbst eine Qual. Die Kinder mit dem Sonnenlicht wach – also täglich von 5 bis 22.30 Uhr. Der Rücken schmerzt. Überall und immer Sand und Ameisen.

Die nächste Stufe war dann der Urlaub in Ferienwohnungen. Weniger Gepäck, bessere Betten – aber immer noch Alltag. Einkaufen, kochen, spülen, aufräumen, schlimmstenfalls sogar putzen.

Ich glaube, nächstes Jahr versuche ich es mal mit durchorganisierten Pauschalreisen inkl. 24stündigem Kinderanimationsprogramm und Vollpension. Es ist ein bisschen schockierend, sich das zu wünschen – aber hey, ich bin bald 40 und da wünsche ich mir v.a. eines: RUHE! und bestenfalls ein Paar Tage schlimme Langeweile. Und ich wünsche mir sehr, die Zeit zu finden ein Paar Bücher zu lesen und damit Eure Reisen, verehrte Leserinnen und Leser, nicht buchlos sind, verlose ich fünf meiner Lieblingsbücher.

  • Was ich liebte von Siri Hustvedt
  • Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone von Mark Haddon
  • Middlesex von Jeffrey Eugenides
  • Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich von David Foster Wallace
  • Alles ist erleuchtet von Jonathan Safran Foer

Die Bücher sind freundlicherweise von Holidaycheck zur Verfügung gestellt. Wer eines gewinnen möchte, hinterlässt bis zum 25.08.2013 einen Kommentar und schreibt dazu in welchem Urlaubsstadium sie oder er sich befindet (beginnend von „Geh mir weg mit Urlaub“ bis „unter 7 Sterne Hotel geht gar nichts mehr“) und welches Buch sie/er gerne hätte oder vermerkt „egal“, falls jedes Buch eine Freude bereiten würde. Die Gewinner werden ausgelost.
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*Früher liebe Kinder, konnte man mit einem einzigen Ticket drei Monate durch ganz Europa reisen.

 

Die Schulbrotchroniken

Ich schaue auf viele Jahre Erfahrung des Schulbrotschmierens zurück und doch – ich habe die Regeln des Verzehrs oder Verweigerns immer noch nicht erfasst. Am ersten Schultag packte ich zwei Stullen mit Salami in die Brotdose. Beide waren am Nachmittag aufgegessen. Also bekam das Kind am zweiten Tag ebenfalls zwei Salamibrote mit. Als ich am Nachmittag in die Brotdose schaute, hatte das Kind nur einmal abgebissen. Eine Rückfrage ergab, es hätte nicht geschmeckt – was für mich aufgrund der identischen Zubereitung im Vergleich zum Vortrag relativ unlogisch erschien. Was es denn in die Brotdose hinein haben wolle? Serenity-Piper, die neue Mitschülerin, die hätte Sushi bekommen. Eine kleine Variation freilich nur, aber das könnte ich doch auch mal machen? Das könne nicht sein! Sushi müsse gekühlt sein, das würde doch schlecht werden, hatte ich einzuwenden. Das würde wohl stimmen, aber die Brotdose von Serenity-Piper besäße eine Kühlautomatik. Batteriebetrieben.

Da wir eine solche Dose nicht hatten, gab es am dritten Tag Salami-Sticks, ein Paar Mozzarellabällchen am Spieß und ein gebuttertes Vollkornbrötchen. Das Kind aß das Vollkornbrötchen. Salami würde es nicht mögen und den Mozzarella hätte ich nunmal nicht gewürzt – auch hätte ich vergessen die Garnitur mit Basilikumblättern hinzuzufügen.

Für den nächsten Tag war ich relativ ratlos. Kind 1.0, der Internetrecherche schon lange mächtig, zog sich mit Kind 2.0 zurück und mir wurde dann folgender Link präsentiert (Bitte nicht klicken, wenn die Kinder mit dabei sind). Mit dem Totoro and Bear Calzone Bento könne ich ja mal einsteigen.

Totoro Calzone Bento, a photo by sherimiya on Flickr.
Totoro Calzone Bento, a photo by sherimiya on Flickr.

Nur den Brokkoli könne ich weglassen. Die Äpfel natürlich auch und naja so richtig lecker seien die Zuckererbsenschoten und der Mais auch nicht.

Ich bastelte also einen Hasen aus Brot.

Am Nachmittag saß der Hase immer noch in der Brotdose. „Ich kann nichts mit Augen essen, Mama“, lautete die Erklärung.

Ich setze mich in der Nacht dann nach getaner Hausarbeit an meinen Computer und absolvierte den Online-Kurs Brote ausstanzen für Anfänger, um perspektivisch gegen Ende des Jahres das große Bento-Box-Vordiplom zu machen und erzeugte* ich ein Mini-Bierschinken-Sandwich, welches ich aufwändig dekorierte**.

 

Bierschinken-Sternchen garniert mit pflückfrischen Basilikum auf Senfcreme
Bierschinken-Sternchen garniert mit pflückfrischen Basilikum auf Senfcreme

*Die Herstellung dieses ca. 1,5 x 1,5 cm großen Sandwiches hat ca. 120 Minuten in Anspruch genommen.

**Ein bisschen schade ist, dass das Schirmchen nicht in die Brotdose passt. Ich musste es für die Schule dann weglassen.

 

 

 

 

Bleibt am Ende nur eine Frage: Was macht man mit den „Resten“?

Bento2
Mutti-Bento

 

 

 

 

 

 

 

 

Mein außerordentlicher Dank für die Inspirationen gilt der Schulbrotselbsthilfegruppe auf Facebook.

Ich habe fertig

Das zweite Kind ist eingeschult und somit treten wir ein in eine neue Ära der Informationslosigkeit.
Kind 2.0 war tatsächlich schon immer relativ selbständig und auch ziemlich mutig und so führten wir bereits vor der Einschulung intensive Diskussionen, ob es wirklich nötig sei, Kind 2.0 zur Einschulung zu begleiten. Da unsere Argumente nicht zählten, blieb es am Ende bei einem freundlichen „WIR KOMMEN MIT UND BASTA!“
Am ersten echten Schultag dann, war Kind 2.0 ziemlich genervt, als wir es erneut begleiten wollten. Es wimmelte uns am Schultor ab. „Bitte, das ist doch voll peinlich, geht bitte einfach weiter!“
Mit zitternder Unterlippe und einem schüchternen Winken ließen wir das Kind ziehen. Es drehte sich kein einziges Mal um.
Am Nachmittag dann strömten die anderen Mütter an mir vorbei in die Schule. Ich stand hinterm Baum versteckt am Eingang als das Kind zur verabredeten Uhrzeit erschien.
„Hallo Mama“
„Hallo Kind, na wie wars?“ Ich hatte den ganzen Tag während der Arbeit Probleme mich zu konzentrieren. Mein Kind! Mein Baby! Mein Schnuffelchen! In der Schule! So groß! Die Zeit etc.
„Gut.“
Wir liefen ein Stück weiter. Ich wollte abwarten, ob es von selbst was erzählen würde. Ich räusperte mich.
„Erzähl doch mal!“
„Was denn, Mama?“
„Na wie wars? Wie ist die Lehrerin? Die Erzieherin? Wie läuft das mit dem Essen? Hast Du Dein Essen gegessen, Kind?“
Genervter Blick. „Hab ich Mama. Sollte ich doch auch.“
„Ja, hm schön! Und die anderen Kinder?“
„Die waren auch da.“
„Sind die denn nett?“
„Ja.“
„Hast Du schon eine Freundin oder einen Freund?“
„MAMA, ich bin erst einen Tag in der Schule, so schnell befreundet man sich nicht.“
„Verstehe. Und das Essen?“
Das Kind geht ein Paar Schritte schneller. Ich laufe hinterher. Auf einer Bank sitzen zwei Mädchen. Sie rufen „Hallo Kind 2.0!“
Meine Chance auf mehr Informationen! „Na? Seid ihr in einer Klasse?“
Drei entsetze Augenpaare starren mich an.
„MAMA, die sind in der VIERTEN!“
„Oh, ich äh ja, ich ähm wollte schon fragen, warum ihr so groß seid“ Ich laufe weiter. Hinter mir entschuldigt sich Kind 2.0 für mein Verhalten.
Zuhause legt es die Brotdose und die Trinkflasche auf die Spüle und packt für den nächsten Tag Hausschuhe, die es für den Hort braucht in den Schulranzen.
Die Erziehung ist hiermit abgeschlossen, würde ich sagen.

Lieblingstweets so ca. 07/13


https://twitter.com/percanta/status/362923113719136258
https://twitter.com/maltewelding/status/362817235716288512


https://twitter.com/thehappywhore/status/362520510719995904


https://twitter.com/KStreetHipster/status/361637732256202752


https://twitter.com/zynaesthesie/status/355634402191089668

brand eins

Liebe brand eins-Leserinnen und Leser, liebe t3n-Leserinnen und Leser,
ich freue mich, dass ihr in mein Blog gefunden habt.

Ich habe mal ein Paar Geschichten zusammen gestellt, die ich für ganz lesbar halte

2013
Schau mir in die gelben Augen, Kleines
Die menschliche Blase kann je nach Körpergröße des Menschen zwischen 600 und 1.500 ml Flüssigkeit halten bevor ein starkes Bedürfnis entsteht, diese zu leeren. Sollte man diesem Drang nicht nachgehen, riskiert man einen Riss der Harnblase. Ich muss jeden Morgen … Weiterlesen

Familientrendsportart Clogging
Wir tragen sehr gerne Holzclogs. Sie sind robust und bequem und die mir einzige bekannte Unisex-Schuh-Variante. Zugegebenermaßen klappert es, wenn wir zu fünft über unseren Dielenboden laufen, ziemlich laut. Wenn man es rhythmisch macht, kann man damit quasi Musik machen. Es war … Weiterlesen

2012
Experiment Aufwachteller
Als ich klein war, konnten meine Eltern immer ausschlafen. Ich bin einfach um 5 Uhr wach geworden und habe fern gesehen bis sie aufstanden. Das war manchmal so lange, dass ich freiwillig den Frühstückstisch gedeckt habe, weil mir beim Fernsehen langweilig wurde. Weiterlesen

Husband Beeping
Wenn der Mann plötzlich beim falschen Mobilfunkanbieter ist, lässt sich per Husband Beeping eine Menge Geld sparen, das man lieber in den Familiensommerurlaub investiert statt in unnütze Telefonanrufe. Weiterlesen

2011
Erlebnis-Kosmetik
Gibt man bei mir in die Suche “Geiz” ein, bekommt man bestimmt 200 Beiträge zu dem Thema. Deswegen nutze ich verschiedene Gutscheinportale, um mir den ein oder anderen Luxus zum günstigen Preis zu gönnen – wohlwissend dass die Unternehmen, die … Weiterlesen

Levelboss Baby LeChuck
Recherchen zufolge habe ich 1993 mein letztes Computerspiel gespielt. Es war ein Picture Adventure und hieß Day of the Tentacle. Davor hatte mich für den Vorgänger Maniac Mansion und für Monkey Island begeistert und ich kann mich noch gut daran … Weiterlesen

2010
PEKIP right from hell
Es ist ja so: Als kinderloser Mensch verpasst man im Leben nicht nur das Kinder-haben sondern auch das ganze Drumherum. PEKIP-Kurse zum Beispiel. Die machen im Sommer sogar noch mehr Spaß als im Winter. Da kommt man von angenehmen 27 … Weiterlesen

Mein Beitrag zum Weltfrauentag
Emanzipation heißt im 21. Jahrhundert bekannterweise, dass man als Frau arbeiten geht und sich parallel um Haushalt und Kinder kümmert. Wenn es irgendwie geht, repariert man auch das Auto und ist kompetenter Ansprechpartner wenn es um den Hausbau geht. Persönlich … Weiterlesen

(Wer dann immer noch mehr lesen möchte, schaut sich die Geschichten an, die unter „auswahl“ verschlagwortet sind.)

Und hier noch einige Artikel, die ziemlich oft abgerufen worden sind:

Trotzyoga
Eltern zwei- bis dreijähriger Kinder wird Trotzyoga ein Begriff sein. Für alle Eltern mit jüngeren Kindern beschreibe ich als Vorbereitung die vier gängigsten Positionen. Achten Sie beim Üben bitte auf eine saubere Ausführung und dass das Kind dabei schallintensiv ausatmet. Weiterlesen

Geht euch doch selbstverwirklichen, ich geh arbeiten
Es gibt so Sachen, die bringen mich in fünf Sekunden auf 180. Das Video gehört dazu. Mit hübschen Bildern untermalt fordert die Stimme von Alan Watts dazu auf, im Leben das zu tun, was man machen möchte und seine Zeit nicht mit dem zu verschwenden, auf das man keine Lust hat und dass man vor allem nie etwas tut nur um Geld zu verdienen.
“What would you like to do if money were no object?” Weiterlesen

Macht Berlin zum Gentrifizierungsfreilandmuseum
Meine ausgeglichene, milde Phase scheint vorbei. Leider muss ich mich ständig über Dinge aufregen. Zuletzt über Anwohner eines Gebäudekomplexes, der einen Sportverein beherbergt, in dem meine Kinder Sport machen.
Weiterlesen

Berlin, mein schmuddeliger Freund
Aufgewachsen bin ich in einer Kleinstadt (eigentlich einer “großen Kreisstadt”), in der jeder jeden kennt – zumindest entfernt genug, um über ihn zu sprechen. Ich war die Tochter des Italieners und noch heute kennt jeder meinen Namen. Mein Vater, der Italiener mit dem roten Sportauto,
Weiterlesen

Unmenschliche Überwachung

Der Hauptteil meiner Diplomprüfungen war mündlich. Eher so etwas wie ein Gespräch. Der Professor stellte ein Paar Fragen, ich antwortete und im Anschluss wurde beraten welche Note zu vergeben wäre.

Wäre ich Professor und hätte heute einen Studenten bei mir sitzen, ich würde fragen: Die DDR hatte 1988 um die 16,5 Millionen Einwohner. Die genaue Altersverteilung kenne ich nicht, jedoch nehmen wir an, dass ca. ein Drittel von den massiven staatlichen Überwachungsmaßnahmen wußte und sie missbilligte. Nehmen wir weiter an, dass ein Großteil der Menschen heute noch lebt. Wie kann es sein, dass die Straßen im Angesicht von Programmen wie Prism und Tempora nicht voller protestierender Menschen sind?

Gerne hätte ich 20-30 Antworten dazu gehört. Mein Studium ist leider zu lange her, um differenzierte Antworten auf diese Frage zu geben. Wie immer gibt es wahrscheinlich mehrere Erklärungen. Vielleicht spielt mit rein, dass Menschen sehr schlecht mit Wahrscheinlichkeiten umgehen können. Nicht wenige spielen regelmäßig Lotto und das obwohl die Chance beim 6 aus 49 bei 1 : 13.983.816 steht. Hätte man eine tatsächliche Vorstellung von 13.983.816, dann würde kein Mensch Woche für Woche Geld in eine Lotterie einzahlen. Wenn also die Worte „Vereitelung von Terror“ oder „Vorsichtsmaßnahme“ fallen, dann liegen vermutlich ähnliche Wahrscheinlichkeiten dahinter. Vielleicht sogar noch niedrigere. Wahrscheinlich müssen weit mehr als schlappe 13.983.816 E-Mails abgehört werden, damit sich ein Hinweis ergibt, der zur Aufdeckung irgendeiner staatsfeindlichen Handlung führt. Aber weil diese Zahlen unbegreifbar sind, lassen sie sich vielleicht besser ausblenden?

Ein anderer Faktor mag die (mangelnde) Vorstellung automatisierter – computergesteuerter – menschenunabhängiger Überwachung sein. Ein Computer hat schließlich keine Motive, keine Moral, er (korrekter wäre „es“) bewertet nicht. Die Überwachung in der DDR – so wie sie mir bekannt ist (ich bin im Westen zu keinerlei Bezug zum Osten aufgewachsen) hatte dementgegen einen eher menschlichen Schwerpunkt. Technikgestützt, aber es scheint mir so, als hätte hinter der Überwachung ein größerer Aufwand gesteckt. Menschen mussten unter Druck gesetzt werden, Menschen mussten „rumgedreht“, überzeugt werden. ÜberwacherIn für ÜberwacherIn musste rekrutiert werden und wenn am Ende die Überwachung ans Tageslicht kam, dann war damit sicherlich oft ein Gefühl der Enttäuschung verbunden. Der menschlichen Enttäuschung. Ein Schock, ein tiefsitzender Vertrauensbruch. Die Überwachung spielte sich also auf menschlicher Ebene ab. In Interaktionen, in der eigenen Erfahungs- und Erlebenswelt war sie nachvollziehbar. Die gesamte Überwachungsinfrastruktur musste mühsam aufgebaut werden.*

Heute ist sie einfach da und kann genutzt werden. Die Infrastruktur, die zur Überwachung genutzt werden kann ist so eng mit unserem persönlichen Leben, mit unserem wirtschaftlichem Leben verbunden. Es gibt fast keine Möglichkeit vollständig auf sie zu verzichten und so möglichst wenig Optionen zur Überwachung zu bieten.

Vielleicht begünstigt das zum einen den Umstand, dass es quasi unvorstellbar ist, was da passiert und vielleicht setzen da Verdrängungsmechanismen ein, weil es so wenige Handlungsmöglichkeiten gibt dem ganzen zu „entkommen“. Und daraus entsteht vielleicht eher ein Gefühl der Ohnmacht als irgendein Handlungsimpuls, der zur Beendung dieser Überwachung führt.

Es scheint also bequemer zu sagen „ich habe nichts zu verbergen“ und wieder seinem Alltag nachzugehen. Zumal das Argument der Terrorabwendung ein schwerwiegendes ist. Terror ist in meinen Augen gar nicht so sehr ein einzelnen gewalttätiger Akt sondern vielmehr die damit geschürte Angst, der Kontrollverlust. Niemand weiß was als nächstes passiert, niemand weiß wo etwas passiert, es gibt keinen Ausweg – vielleicht nur den Rückzug, die Komplexitätsreduktion der eigenen Welt, das Einschränken alles in der Hoffnung die Welt wieder kontrollierbarer zu machen.

Es ließe sich noch viel zu den Mechanismen mutmaßen. Jedenfalls bin ich wirklich erstaunt und entsetzt wie wenig die breite Öffentlichkeit sich für die Sache interessiert. Ich frage mich, warum die Straßen nicht voll sind von Demonstranten und warum es so wenig hörbare Stimmen gibt, die die Einhaltung der Grundrechte, die die Freiheit der deutschen BürgerInnen verlangen.

Es ist seltsam.

 

*Christoph Kappes greift diesen Aspekt ebenfalls in seinem sehr lesenswerten Artikel „VERTRAUEN, VERRAT UND SCHATTEN – A LETTER FROM HAMBURG“ auf:

„Wenn Computer Daten aufzeichnen, geschieht es äußerlich ruhig und ohne irgendein Bewusstsein. Vielleicht ist es deswegen für viele Bürger nicht ganz leicht, diesen Vorgang zu bewerten. Es ist aber richtig, darin ein „Abhören“ zu sehen, weil das Aufzeichnen auf einer menschlichen Entscheidung beruht, fortwährende Tätigkeiten erfordert und auch Teil eines komplexen Vorgehens ist, an dessen Ende wieder Menschen stehen, die Zwecke verfolgen. Die stillen und unbeweglichen Maschinen offenbaren also nicht, dass sie Teil einer Handlung sind. Unsere Bilder von menschenleeren Rechenzentren oder Unterwasserkabeln zeigen uns nicht die Heimtücke, die wir im Alltag sonst gut erkennen können, etwa wenn ein Mensch den anderen von hinten bedroht. Dass digitale Angriffe so heimtückisch sind wie biologische Waffen, das müssen wir erst noch emotional erfassen lernen.“

Fassaden

Das hier ist ein älterer, unveröffentlichter Beitrag aus dem Archiv. Er passte so schön auf die Nido-Debatte „Aggro oder normal?“

Manchmal vermischen sich die Gedanken. Zum Beispiel habe ich im Nachgang zur re:publica nochmal den Netzgemüse-Rant der Haeuslers  gelesen und besonders ist mir die Passage gleich zu Beginn hängen geblieben, die lautet:

„In einem Land, das Klopapier mit Blüten bedruckt,
es “Danke” und “Happy End” nennt,
schließen wir Jugendheime,
bauen eingezäunte und Kamera-überwachte Spielplätze,
Kamera-überwachte Schulen
kümmern uns um gerade Zähne, damit alle gleich aussehen.“

Quelle: Internet

An diese Zeilen musste ich denken, als ich im Kindergarten beim Entwicklungsgespräch saß. Unser Kindergarten ist nämlich das Gegenteil von all dem, was im Rant rund um Kinder und Gesellschaft (zu Recht!) beklagt wird. Als die Kindergärtnerin mich zum Anschluss des Gesprächs fragte, ob mir was auf dem Herzen läge, antwortete ich mit: „Nein, mir eigentlich nicht, aber mir wird öfter die Frage gestellt, ob das Kind vielleicht nicht unter ADHS leide…“

Mich macht diese Frage – nein allein schon die Andeutung der Frage – rasend. Kind 3.0 ist laut und temperamentvoll. Kind 3.0 ist aber v.a. eins: ein Kind! Ein dreijähriges Kind.

Das erste Mal wurde mir die Frage gestellt, als Kind 3.0 18 Monate alt war. Da konnte Kind 3.0 nämlich noch nicht still am Tisch sitzen. Jetzt ist es doppelt so alt und es kann immer noch nicht still am Tisch sitzen. Es kann aber laut schreien. Es kann sich auf den Boden werfen. Es kann weinen, dass die Tränen spritzen.

Wenn Kind 3.0 schon kein ADHS habe, vielleicht sei es dann schwerhörig? Es sei ja immer so wahnsinnig laut. Auch diese Frage wurde mir so lange gestellt, bis ich mal bei einer Beratungsstelle für schwerhörige Kinder angerufen habe. Widerstrebend.

Der Punkt ist, ICH halte das alles für Unsinn. Ich kenne mein Kind und ich kenne Kinder im Allgemeinen. Ich würde nie auf die Idee kommen, mein Kind als nicht normal einzuschätzen. Dennoch werde ich von meiner Umgebung immer wieder sanft gefragt, ob es vielleicht nicht doch Handlungsbedarf gäbe. Ob bei einer U-Untersuchung der Arzt nicht mal was gesagt hätte?

Am Ende frage ich also sicherheitshalber nach: „Gibt es irgendwelche Anzeichen?“ Die Erzieherin schaut mich erstaunt an. Nein, gar keine. Überhaupt nicht. Ein prächtig entwickeltes Kind, kreativ und phantasiebegabt.

Als Eltern ist man immer wieder diesem Druck ausgesetzt, zu prüfen, ob am Ende nicht doch was nicht in Ordnung ist. Kind 1.0 hat zur Einschulungsuntersuchung vor Aufregung gestottert. Besser, man ginge mal zum Logopäden. Das Kind habe offensichtlich Dyslalie. Wir sind nicht hingegangen. Anstattdessen hat Kind 1.0 brav in der Followup-Untersuchung auf die Frage, wie es ihm ginge mit „Vielen Dank, meine Dyslalie ist schon viel besser geworden“ geantwortet.

Völlig anderes Thema – aber irgendwie auch wieder nicht: Gerade habe ich einen sehr schönen Artikel mit dem Titel „Revolution der Dicken“ gelesen. Darin schreibt Hannah Wolf:

„Tatsächlich haben wir meistens das wohlige Gefühl, dass unsere Welt heute sehr liberal und offen ist. Unsere Freunde kommen aus allen Teilen dieser Erde, unsere Kanzlerin ist eine Frau, der Präsident von Amerika ein Schwarzer und unser Bürgermeister schwul. Die alten Diskriminierungen scheinen überwunden, wir haben aus Fehlern vorangegangener Generationen gelernt und sind stolz darauf, in einer immer individueller werdenden Gesellschaft zu leben. Irgendwo in diesem Prozess ist jedoch eine Gruppe Menschen unter den Tisch gefallen – nicht zuletzt, weil man sie selbst für ihre „Fehler“, ihr „Unglück“, verantwortlich macht: die Dicken.“

Auch hier geht es um „die Norm“ und die Abweichung davon und es geht darum, dass die ach so tolerante Gesellschaft genau diese Abweichungen offenbar nicht aushalten kann und dass deswegen dicke Menschen ausgeschlossen werden.

Es ist schon sehr seltsam. Da wollen alle individuell sein und am Ende ist in Wahrheit kein Platz für Abweichungen. Kein Platz für (laute) Kinder, kein Platz für dicke Menschen, nicht mal Platz für krumme Zähne gibt es. Alle sollen gleich sein. Am besten weiß, heterosexuell, schlank, angepasst. Bloß nicht auffallen.

Warum wird alle Energie in die Abweichler gesteckt? Lieber jahrelang jemanden therapieren, der stottert als den Menschen einfach beibringen mit Andersartigkeit umzugehen. Lieber alle ausschließen und gesondert behandeln als die Arme zu öffnen und zu sagen: Ja! Hallo! Hier! Wir haben Platz für Kinder, wir haben Platz für Stotterer, wir haben Platz für Mobilitätseingeschränkte, für Dicke, für Dünne, für Große, für Kleine, für wasauchimmer!

Ich verstehe es einfach nicht.