An #aufschrei kann niemand, der auf Twitter aktiv ist, vorbei lesen. Es ist viel geschrieben worden und ich möchte an dieser Stelle auf zwei Artikel verweisen, die das Thema sehr differenziert von unterschiedlichen Perspektiven beleuchten:
Ich kann nur jeden ans Herz legen, auch die in den jeweiligen Artikeln verlinkten Beiträge anderer BloggerInnen zu lesen und sich ein bisschen tiefer mit dem Thema zu beschäftigen.
Für mich fängt diese Art von „Erziehung“ schon bei der Bezeichnung der Geschlechtsteile an. Ich habe mal gemeinsam mit einer Freundin einen Vortrag an der Uni zu den sprachlichen Rahmen bei der Bezeichnung der Geschlechtsteile gehalten (Stichwort „die Scham“ und „das Gemächt“). Es ist erschreckend, wie normal es alle finden „Penis“ zu sagen und gleichzeitig Probleme haben „Scheide“ oder „Vagina“ auszusprechen. Ich höre auch immer wieder, dass Jungs da unten „einen Penis“ haben und Mädchen da unten „keinen Penis“ haben. Das weibliche Geschlecht also als Abwesenheit des Penis. Ich könnte einen eigenen Artikel über die Bezeichnungsproblematik schreiben und was ich glaube, was das alles nach sich zieht.
Das ist aber nur einer von Hunderten Mini-Aspekten, die eine Rolle in der Erziehung spielen. Natürlich ist es elementar zu den Kindern eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, ihnen ein gutes Vorbild zu sein, sie nicht mit „Das macht doch ein Mädchen nicht…“, „Das ist nur für Jungs…“-Sprüchen zuzuballern. Ihnen ihre eigenen Grenzen zu zeigen, diese dann auch zu akzeptieren und und und.
Es gibt so viel zu tun und niemand kennt den richtigen Weg. Wie bei allen Erziehungsthemen. Es gibt so viele, viele Fragen und keine eindeutigen oder richtigen Antworten. Was bleibt ist der Dialog und dass man seine eigenen Haltungen reflektiert, dass erlaubt ist nachzufragen – gerade wenn man sich unsicher fühlt oder keine feste, bis in alle Details durchdachte Haltung hat und dass auch gestattet wird, dass Positionen verändert werden dürfen (als Ergebnis dieses Prozesses).
Deswegen, warum ich das überhaupt schreibe: Es lohnt über #aufschrei nachzudenken.
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Nachtrag, weil Offtopic und irgendwie auch nicht. Ich habe neulich den Film „Paradies: Liebe“ gesehen und festgestellt, dass das einer der schlimmsten Filme war, die ich je gesehen habe. Ähnlich wie mancher Lars von Trier Film hat er mir körperliche Schmerzen bereitet. Es geht in dem Film um Sextouristinnen in Kenia.
Was mich an dem Film nachhaltig schockiert hat, war meine emotionale Reaktion auf die sexuelle Ausbeutung der Männer. Ich war so tief betroffen, dass ich kaum hinsehen konnte und dann plötzlich fiel mir auf wie viele hundert Male ich Frauen in ähnlichen Situationen im Film gesehen hatte. Nackt tanzend, angegrabscht, missbraucht, erniedrigt – und in den allermeisten Fällen hat dieser Anblick gar nichts in mir bewegt. Er war Teil der Handlung. Der Anblick war gewohnt und normal. In „Paradies: Liebe“ Männer in der selben Lage zu sehen, hat mich umgehauen und das wiederum (der Unterschied in meiner Reaktion) hat mich regelrecht verstört. Er hat mir lange vor #aufschrei klar gemacht, wie normal sexuelle Bedrängung und Sexismus für mich im alltäglichen (Fernseh/Film) Leben geworden sind. Bei „Paradies: Liebe“ habe ich mich so furchtbar und auf so vielen Ebenen für die Handlungen der weiblichen Darstellerinnen geschämt.
Ich habe abends mit meinem Mann darüber geredet und eine weitere erschreckende Einsicht bekommen: Meinem Mann geht es beim Anblick genau solcher Darstellungen bezogen auf Frauen genauso. Und zwar ständig. Er schämt sich manchmal per Geschlecht zu dieser Gruppe dargestellter Männer zu gehören. Das war mir ganz und gar nicht klar. Auch diese Einsicht hat mir #aufschrei vertieft. Nicht alle Männer sind mehr oder weniger so. Deswegen ist diese Differenzierung wichtig:
Als Tochter eines Sizilianers bin ich natürlich katholisch getauft. Aus der Kirche ausgetreten bin ich erst mit 27 Jahren. Die Kirche hat mich meine komplette Dorfjugend begleitet und war sehr wichtig für mich. Auch als Teenager bin ich regelmäßig in den Gottesdienst gegangen. Was mir an der katholischen Kirche nie gefallen hat, war der Sündengedanke. Ich kann mich sehr lebhaft erinnern, wie die einzelnen Pflichtbeichten nach der Kommunion waren. Ich war ein neunjähriges Mädchen und musste mir Monat für Monat überlegen, was ich Böses getan hatte, um es dann zu beichten. Manchmal fiel mir nichts ein und ich erfand Sachen, einfach damit ich was zu beichten hatte. Je älter ich wurde, desto belastender fand ich das. Denn die Lüge über die Sünden potenzierten die Sünden schließlich.
Was mir außerdem nicht gefiel war der Umstand, dass man als Mädchen nicht gleichwertiges Mitglied in der katholischen Gemeinde war. Ministrantinnen gab es damals nicht und Pfarrerinnen gibt es ja bis heute nicht ( – aber das ist nochmal ein Thema für sich).
Trotz aller Zweifel – und ich könnte Dutzende von Beispielen herauskramen – blieb ich in der Kirche. Erstens weil ich sah, dass sich das was Kirche in der Praxis bedeutete, von Gemeinde zu Gemeinde deutlich unterschied und ich durchaus all das Gute sah, was manche Pfarrer taten – v.a. für diejenigen, für die es in der Gesellschaft sonst keinen Platz gab. Das war für mich zutiefst christlich und zwar ganz banal im Sinne von dem, was ich denke, was Jesus Christus getan oder gewollt hätte.
Ein zweiter Grund war meine eigene Einsamkeit und Traurigkeit. Teil einer Gemeinschaft zu sein, tat mir gut und gab mir Kraft. Ich habe also selbst die positiven Aspekte erlebt und habe deswegen meine Kirchensteuer gerne gezahlt, einfach weil ich das Gefühl hatte, ich unterstütze damit diese positiven Aspekte.
Je mehr ich mich allerdings in einem größeren Rahmen mit dem Thema auseinandergesetzt habe, umso schwerer wurde es für mich Mitglied der Kirche zu bleiben. Irgendwann war es schlichtweg nicht mehr mit meinem Gewissen zu vereinbaren. Es ist natürlich bequem: Man kommt so selten dazu „Gutes“ zu tun und wenn man jeden Monat zwangsweise und ohne sich jemals drum gekümmert haben zu müssen, ein bißchen von seinem Wohlstand abgibt* – warum nicht.
Diese letzte Passage halte ich für essentiell und möchte sie hundert Mal unterstreichen. Diese Nische – die Gemeinschaftsarbeit – darf nicht der Kirche (und auch keinen anderen Glaubensgemeinschaften) überlassen werden. Es müssen Alternativen geschaffen werden. Daran muss gearbeitet werden.
Das sehe ich nämlich völlig anders. Ich finde die Kirche soll ersetzt werden und solange wir uns ausruhen auf dem Argument – aber sie ist doch eine wesentliche Stütze unserer Gesellschaft – was ist dann mit den Kindern, den Armen, den Alten und den Schwachen? – wird sich das nicht ändern. Ich persönlich möchte das aber ändern. Ich möchte ein soziales System ohne Pflichtwertesystem und habe gar kein Problem jeden gleichzeitig an das glauben zu lassen an das er gerne glauben möchte.
Drastischer gesagt: ich kann wirklich nicht verstehen, wieso man weiterhin Mitglied der katholischen Kirche ist, wenn man weiß, was im Namen der katholischen Kirche getan oder nicht getan wird. Gerade dann wenn einem die christlichen Grundwerte wie beispielsweise Barmherzigkeit wichtig sind, sollte man aus der Kirche austreten. Und was den „meine Kirchensteuer tut doch Gutes“ Aspekt angeht, es ist verhältnismäßig einfach einen Dauerauftrag für eine andere wohltätige Einrichtung einzurichten.
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Nachtrag: Ich dachte nicht, dass man das explizit erwähnen muss – aber mir ist klar, dass a) das Geld hauptsächlich in die Verwaltung/Personal etc. fließt und b) die sozialen Einrichtungen nicht hauptsächlich durch Kirchengelder (sondern hauptsächlich staatlich) finanziert werden.
Im letzten DRadio Wissen Online Talk zum Thema „Kulturtechniken und Technikkultur“ wurde das Thema Frauen und Blogs angerissen. Es ging u.a. um das Thema warum deutlich mehr Männer als Frauen bloggen und warum Blogs von Frauen schlechter (miteinander) vernetzt seien. Blogs lebten v.a. durch männliche Seilschaften.
Das erinnerte mich an eine Beobachtung, die ich gemacht habe, je mehr „weibliche“ Blogs ich gelesen habe. Extrem wenig (tolle, tolle) Blogs, die sich mit feministischen Themen beschäftigen, haben z.B. eine Suche.
Das ist insofern schade, als dass ich nur unter großen Mühen Artikel wieder finde, die ich mal lesens- und verlinkenswert fand. Auf die Frage, warum es Blogs ohne Suchen gibt, habe ich u.a. diese Antwort bekommen:
Das mag stimmen, aber wenn man vernetzt sein möchte, dann sollte man solche Barrieren vielleicht möglichst abbauen? Mit Systemen wie WordPress ist es wirklich nicht zu schwer eine Suche auf die Seite zu packen. Und selbst wenn man das nicht selbst kann (ich gehöre durchaus bei der ein oder anderen Fragestellung zu den Unwissenden), dann kann man sich Hilfe googeln oder holen. Schließlich sind das Dinge, die man einmal einrichtet und die dann interessierten LeserInnen immer eine Hilfe sind.
Ein anderes Thema sind die RSS Feeds. Wenn sie überhaupt angeboten werden, dann oft nur als angeteaserte Variante, d.h. der Artikel wird nur angerissen. Für Seiten wie ZeitONLINE, die von Besuchern und Werbung leben, mag das sinnvoll sein. Für nichtkommerzielle Blogs erkenne ich keinen Sinn.
Ich kann meinen Feed Reader hauptsächlich auf Wegen lesen. Also wenn ich in die Arbeit oder zum Kindergarten fahre. Das ist meistens in der U-Bahn und dort habe ich kein Netz. Ich fange also an zu lesen und dann hmmm kann ich den Rest des Artikels nicht lesen.
Einen vollständigen RSS Feed anzubieten lohnt also (und fördert die Vereinbarkeit von Familie, Job und Informiertheit). Ich habe die Erfahrung gemacht, dass den meisten das gar nicht klar ist. Also wie ihr RSS eingestellt ist und was das für Auswirkungen auf die Leserschaft hat. Wenn man Betroffene anschreibt, dann erhalte ich oft die Antwort: „Oh das wußte ich nicht“ und die Einstellung wird geändert.
Das sind nur zwei Beispiele warum ich denke, dass Blogs männlicher Autoren tatsächlich mehr gelesen und verlinkt werden. Banal gesagt – nicht hauptsächlich wegen der Qualität sondern einfach weil es geht. Die Artikel können auch unterwegs im RSS Reader gelesen werden und es ist einfach einen einmal gelesenen und für gut befundenen Artikel wiederzufinden und dann wieder zu verlinken.
In WordPress geht man übrigens auf das Dashboard -> dort auf Einstellungen -> da auf Lesen und setzt das Häkchen unter Zeige im Newsfeed auf „ganzen Text“ um. Speichern. Fertig und ihr habt mich als glückliche und regelmäßige Leserin gewonnen.
Wir tragen sehr gerne Holzclogs. Sie sind robust und bequem und die mir einzige bekannte Unisex-Schuh-Variante. Zugegebenermaßen klappert es, wenn wir zu fünft über unseren Dielenboden laufen, ziemlich laut. Wenn man es rhythmisch macht, kann man damit quasi Musik machen. Es war nur eine Frage der Zeit bis wir „Clogging“ entdeckten. Clogging unterscheidet sich vom normalen Stepptanz durch spezielle Platten an den Schuhen. Das besondere an den Cloggingtaps ist, dass schon ein Geräusch entsteht, wenn man den Fuß nur durch die Luft bewegt.
Kind 3.0 spielt Schlagzeug und mein Mann und ich jodeln zu dem Paarclogging von Kind 1.0 und 2.0. Das macht wirklich riesig Spaß und ich gehe davon aus, dass wir in naher Zukunft als die „Five Fantastic Clogs“ auftreten und unseren Lebensunterhalt bestreiten können.
Dafür sollten unsere Nachbarn unter uns Verständnis haben. Immerhin werden wir nach unserem künstlerischen Durchbruch in eine freistehende Villa inmitten eines Waldgrundstücks ziehen und dann niemanden mehr stören. Etwas Geduld also und das Problem löst sich von alleine.
So ungefähr ist wohl die Vorstellung unserer Nachbarn von uns.
Tatsächlich ist es so, dass uns klar ist, dass die Wohnung unter uns vermutlich nicht der friedlichste Ort auf dieser Welt ist. Wir tragen deswegen keine Hausschuhe sondern laufen auf Socken durch die Wohnung. Wenn die Kinder etwas spielen, das Geräusche machen könnte, müssen sie auf den Spielteppich. Die drei am häufigsten ausgesprochenen Sätze in unseren vier Wänden lauten: „NICHT RENNEN!“, „HEY! Nicht springen, auf keinen Fall springen.“ und „Nein, das könnt ihr jetzt nicht machen, denkt bitte an die Nachbarn.“
Unter der Woche vor 8 Uhr und am Wochenende vor 10 Uhr zählen zu den erlaubten Beschäftigungen: Puzzeln, Lego, Karten spielen und lesen. Blöderweise ist das Kinderzimmer in der Nähe vom Schlafzimmer der Nachbarn. Meistens geht dann der Elternteil, der mit Aufstehen dran ist mit den Kindern, die bereits wach sind in die Küche oder in unser Wohnzimmer.
Unter der Woche sind wir jeden Tag um spätestens 8 Uhr aus dem Haus und in 90% der Fälle nicht vor 17 Uhr zurück. Um 20 Uhr schlafen die Kinder. Nur am Wochenende sind wir im Winter gelegentlich den ganzen Tag in unserer Wohnung und wenn wir tagsüber Kinderbesuch haben, dann erlauben wir auch „normales“ Spielen.
All diejenigen, die Familien wie uns hassen, weil wir ihnen auf die Nerven gehen – es tut mir leid – aber was soll man tun? Ich kann und will meine Kinder nicht den ganzen Tag zwingen still zu sitzen. Ich habe kein Geld, um eine Schallisolierung auf den Fußboden zu machen und ich werde auch nicht flächendeckend häßlichen Teppich auf die schönen Holzdielen legen.
Der 18. Januar ist der offizielle Reader Appreschi tschiha appeschiha äh LeserInnen Gedenktag. Eine schöne Gelegenheit Euch allen endlich mal zu danken. 6.576 Mal habt ihr, seit ich von blogspot hierher umgezogen bin, kommentiert. Das Wundersame: Ich habe insgesamt genau vier Kommentare aktiv gelöscht. Je zwei weil sie für meinen Geschmack zu viel privates ausplauderten und zwei weil sie inadäquat waren. Über eine an maximal zwei Händen abzählbare Menge an Kommentaren hätte ich mich beinahe aufgeregt. Aber dann habe ich drei Mal durchgeatmet und gut wars. Man muss ja nicht auf jedes Brett springen, nicht wahr.
Über die anderen 6.562 Kommentare habe ich mich aufrichtig gefreut. Manchmal frage ich mich sogar, ob ich zu glatt schreibe und nie Stellung beziehe. Man hört ja so viel von diesen schlimmen KommentatorInnen und es gibt ganze Seiten wie hatr.org, die sich ausschließlich durch solche Monstrositäten befüllen. Ich weiß nicht ob ich mit sowas umgehen könnte.
Umso schöner finde ich, dass sich hier nur Menschen sammeln, die etwas von Diskussionskultur halten.
Wie dem auch sei, ich möchte Euch allen von Herzen danken. Fürs stille Lesen, für das Kommentieren, für das Verlinken. Ohne LeserInnen und Feedback hätte ich bestimmt keine 8,5 Jahre durchgehalten.
Es ist schon erstaunlich wie aus zwei Lesern (der Nachbar und der N.) so eine stattliche Zahl zusammen kommen kann.
Ich gestehe, mich an Quantität durchaus erfreuen zu können. Aber natürlich sind das nicht die Dinge, die mein Herz erwärmen. Es sind vielmehr die einzelnen Kommentare. Ich kann das gar nicht in Worte fassen, aber es macht mich regelrecht glücklich, wenn ich höre, wie lange manche schon mitlesen oder dass sie „nufsche“ Formulierungen in ihrer Familie eingeführt haben.
Auch all die mitfühlenden Worte und das aktive Nachfragen, wenn ich mal eine längere Zeit nicht bloggte. All das macht das Internet so wunderbar für mich. Das Internet ist eben nicht dieser kalte, entmenschlichte Ort, vor dem gerne gewarnt wird, sondern es ist der Ort, wo man sich für Menschen interessiert, sich sorgt und sie wertschätzt und sogar beschenkt – ganz ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Jedenfalls mein Internet ist so und mein Internet, das seid ihr.
Danke. <3
Der Reader Appreciation Day ist übrigens eine Idee von Floyd und daMax.
Die Lego-Ausstellung in Hamburg ist für Playmobilfans unbedingt zu empfehlen.
Erwähnde ich an irgendeiner Stelle schon mal, dass ich in Bayern [Aufschrei] in Franken groß geworden bin? Bis 1999 war ich dort und habe mich, so wie es die CSU auch gerne möchte, ordentdich indegrierd. Zum Integrieren gehören einige Verhaltensweisen wie das ewige Siezen. Unsere Nachbarn z.B., neben denen wir ein gutes Jahrzehnt lebten und auch regen Kontakt hatten, die sieze ich bis heute. LehrerInnen natürlich, die Eltern der FreundInnen, VerkäuferInnen. Sogar Gleichalte und schlimmstenfall Jugendliche.
Dann kam ich nach Berlin. Mein damaliger Freund duzte alle. ALLE. Er hat auch mal den Berliner Bürgermeister gesehen und geduzt. Mir war das unglaublich peinlich.
Mehr als 10 Jahre später kann ich bestimmte Menschen nur unter großen Qualen siezen.
In Bayern war es neben dem Siezen sehr wichtig allerlei andere Regeln einzuhalten. Egal wie schwachsinnig die Regel auch sein mag. In Berlin fällt es mir immer schwerer mich an Regeln zu halten, v.a. wenn ich sie unsinnig finde. Glücklicherweise gibt es allgemein weniger Regeln an die man sich halten muss. Sobald ich jedoch Berlin verlasse, sind sie wieder da: die Quatsch-Regeln nach denen ich mich richten soll.
Vor einiger Zeit waren wir beispielsweise im Hamburger Helms Museum in der Lego-Ausstellung „Zeitreise“. Da trug ich einen Rucksack. Kaum hatte ich einen Fuß in die Ausstellung gesetzt, kam eine der Aufseherinnen und wies mich darauf hin, dass Rücksäcke verboten seien. Ich deutete fragend auf die Handtasche einer anderen Besucherin, in der man ohne Probleme ein kleines Pony hätte verstecken können. Mir wurde erläutert Handtaschen seien OK Rücksäcke hingegen nicht. 1995 in Bayern hätte ich meinen Rücksack mit den Taschentüchern, Kinderwechselsachen, Geldbeutel etc. sofort weg gebracht. 14 Jahre Berlin hingegen führten zu einer längeren Diskussion über den Hintergrund des Verbots. Nachdem Argumente wie „man könne etwas einstecken“ oder „Sicherheitsbedenken“ für mich unsinnig erschienen, einigten wir uns darauf, dass ich den Rücksack an einem Gurt unter dem Arm tragen dürfe.
Die Kinder hatten in der Zwischenzeit angefangen sich durch den bespielbaren Legoberg abseits der Ausstellung zu bauen. Ich zückte die Kamera und wollte ein Paar Bilder von den aufgebauten Szenarien machen. Zehn Sekunden später stand eine zweite Aufseherin neben mir und wies mich darauf hin, dass es verboten sei, die Ausstellungsstücke jenseits der Absperrung zu fotografieren. Die Absperrungen waren ca. 40 cm hohe Glaswände, die um die Szenarien gestellt waren. Sie ragten mir ungefähr bis zur Hüfte und ich nahm an, dass sie v.a. Kinder davon abhalten sollten kreativ in die Aufbauten einzugreifen. Ich hatte meinen Arm mit der Kamera in den Luftraum über den Ausstellungsobjekten gehalten… (über nicht dahinter!) um Bilder ohne fingerverschmierte Glasscheiben zu machen. Wir diskutierten eine Zeit lang, aber aus Diskutierunlust gab ich nach und fotografierte brav durch die Scheiben.
Meine Begleiterin, lobpreiste währenddessen die Spielmöglichkeiten für die Kinder und um nicht vollends als ekelige Spaßbremse abgestempelt zu werden, schwieg ich. Die Kinder hatten ja wirklich Spaß beim Bespielen der Duplo- und Legosteine. Ich ertappte mich jedoch bei dem Gedanken, dass in Berlin jedes noch so poplige Eltern-Kind-Café im Vergleich zur Hamburger Ausstellung besser ausgestattet und kinderfreundlicher sei.
Die Ausstellung selbst, fand ich „nett“. Also angelehnt an das Schimpfwort „nett“. Für Erwachsene nett anzusehen. Jedoch habe ich kein Konzept bei der Auswahl der dargestellten Objekte erkannt. Die chinesische Mauer, das Colosseum von Rom, ein Paar Wikinger, hmmm. Die Beschreibungen der Objekte tja für welche Altersgruppe sollten die sein? Ich glaube kaum, dass ein Kind unter 12 auch nur zwei Sätze freiwillig gelesen – geschweige denn verstanden hätte. Für mich war die Ausstellung kein Stück auf Kinder sondern ausschließlich auf deren Eltern ausgerichtet. Meine Kinder sind pflichtbewusst einmal durchgestapft, haben aber rein gar nichts mitgenommen (gedanklich).
Ich bin einfach zu verwöhnt was kindgerechte Ausstellungen angeht. An Konzepte wie ArtPod oder das Kindermuseum im Dresdner Hygienemuseum kann die Hamburger Ausstellung nicht mal im unteren 10% Bereich heranreichen.
Im Gegensatz zu Playmobil liebe ich Lego weil es so offen ist. D.h. wenn erst mal die Aufbauanleitungen verloren gegangen sind, dann lassen sich aus ein Paar Steinen die großartigsten Fantasien nachbauen. Immer und immer wieder anders. Zuhause hängen wir noch ein bißchen auf Duplosteinen. Sehr passend hat Grindcrank Duplo als als hervorragende Möglichekit des Rapid Prototypings bezeichnet. Mit ein Paar Steinen erreicht man schnell ansehliche Ergebnisse und wenn man geduldiger ist, baut man die Modelle in Lego mit vielen weiteren Feinheiten nach.
Playmobil hingegen ist eher ein Inszenierungsspiel. Da gibt es vorgegebene Sets und die werden immer wieder aufgebaut mit wenig Freiraum für Variationen. Man kann mal die Kühe unterschiedlich hinstellen, aber im Grunde gibt das Set vor, was am Ende dort steht. Mit einem Lego City Set, ist man viel flexibler. Da kann aus einer Feuerwehr am Ende trotzdem ein Bauernhof gebaut werden.
Jedenfalls – wer eigentlich ein Playmobil-Herz hat und versehentlich in der Kindheit Lego-sozialisiert wurde, dem sei die Ausstellung empfohlen. Die historischen Szenen sind in der Tat detailreich und liebevoll inszeniert. Mehr aber auch nicht.
Seit Wochen mischen sich alle Möglichen Gedanken zum Thema Sprache, Feminismus, Poltical Correctness und ich hätte gerne einen Artikel verfasst, der alles ordnet und vielleicht sogar noch mit einer Prise Humor abrundet – leider bin ich an diesem Wunsch gescheitert und schreibe deswegen alles verhältnismäßig ungeordnet zusammen.
Seit Wochen mischen sich unterschiedliche Gedanken zum Thema Sprache, Feminismus und Poltical Correctness und ich hätte gerne einen Artikel verfasst, der alles ordnet, vielleicht mit einer Prise Humor abrundet – leider bin ich an diesem Wunsch gescheitert und schreibe deswegen alles verhältnismäßig ungeordnet zusammen.
Während in der Sprache gerne mal mit der männlichen Form auch die Frauen gemeint sind, entfaltet die Werbeindustrie eine andere Macke und gendert nach und nach ALLE Produkte. Egal wie absurd das ist, wie am Beispiel von Capri Sonne zu sehen ist.
Völlig bekloppt ist das. Zum Beispiel wollte mein Sohn neulich eine Spardose haben und wir liefen von Laden zu Laden. Wenn ich nach einer Spardose fragte, lautete die Gegenfrage zu 80%: „Für einen Jungen oder ein Mädchen?“ „Für Geld Himmelherrgott!“
Was soll der Scheiß? Warum müssen Spardosen und Getränke für Jungs oder Mädchen sein. Warum müssen die Kinder von Geburt an diese (disjunkte) Zuordnung eingehämmert bekommen?
Wir haben das Glück, dass es in unserem Haushalt Jungen und Mädchen gibt. Deswegen haben wir vom Einhorn bis zum Bagger alles und siehe da, die Kinder bespielen alles gleichermaßen und selbst wenn sie in das Alter kommen, in dem ihnen die Peergroup suggeriert, dass rosa/blau Autos/Puppen doof sind, haben sie zuhause immer noch den sicheren Hafen, in dem sie sorglos mal ausprobieren können, wie es ist mit Elfenflügeln rumzulaufen oder ob es Spaß macht, sich als Pirat vom Hochbett abzuseilen.
Ich habe versucht zu verstehen woher diese Zuordnungen überhaupt kommen. Junge = Blau und Mädchen = Rosa und bin auf interessante Aspekte gestoßen wie z.B. dass Rot/Rosa ursprünglich die Farbe der Männer/Jungen und Blau/Hellblau die Farbe der Mädchen gewesen sein soll. Demgegenüber gibt es auch seltsame Hypothesen, die sagen Blau sei schon immer die Farbe der Männer gewesen, denn als Jäger sei man an die Farbe des Himmels gebunden wohingegen die Frauen eher Sammlerinnen gewesen seien und deswegen mit der Beerenfarbe Rot verbunden seien.
Komplizierter wird es, wenn man recherchiert, warum Pferde/Einhörner/Elfen/Puppen Mädchenspielzeug sein sollen und warum Piraten/Dinosaurier/Autos eher was für Jungs sein soll (Eine Antwort habe ich nicht gefunden).
Tatsächlich ist das Ganze ohnehin wurscht. Was mich stört sind die Eigenschaften, die mit den beiden Themenfeldern verbunden sind. Rosa das ist immer lieblich, wehrlos, leicht naiv-dümmlich, hilfsbedürftig, unselbständig – wohingegen die Jungsfarben (und Produkte) etwas mit Energie, Durchsetzungsvermögen, Kraft etc. zu tun haben.
Wir haben tatsächlich am Anfang versucht, die reinen Rosa- und Blauwelten von den Kindern fern zu halten, sind jedoch kläglich gescheitert. Eine extreme Position zu verteidigen ist ohnehin Schwachsinn. Dennoch heißt das für mich nicht, dass ich alles hinnehme. Vielleicht schaffe ich es nicht im Alltag (Achtung Schleife zurück zum Anfang des Artikels) bestimmte Gewohnheiten ohne weiteres abzulegen. So wird es mir vermutlich nicht gelingen, statt „Herr xy“ „Mann xy“ in der Anrede zu benutzen, aber es gibt eben immer Wege. Statt „Hallo Herr Müller“ kann ich neutraler schreiben „Hallo Rolf Müller“ (das nur als Beispiel).
Ich kann außerdem darauf verzichten diesen Genderquatsch selbst zu kaufen – die Kinder bekommen das ohnehin von Freunden und Verwandten geschenkt – und WENN ich schon mal bewußt sowas kaufe, dann will ich verdammt nochmal was ordentlich gegendertes!