Der verwunschene Ort

Ein Ausflug in den Spreepark

Bei meinen Spaziergängen im Plänterwald sind mir die Dinosaurier hinter dem Zaun natürlich aufgefallen. Anfang 2004 standen sie in einer größeren Gruppe relativ eng beieinander. Sie schauten über eine verwilderte Wiese. Der Tyrannosaurus Rex kippte irgendwann um. Einer der Plesosaurier verlor im Laufe der Jahre seinen Kopf. Manchmal blickte ich auf das Riesenrad, das sich langsam im Wind drehte und stellte mir vor, wie es wohl aussehen würde, wenn die Glühbirnen leuchteten und das Rad zum Leben erweckt würde.

Ich hörte von Leuten, die unter dem Zaun durchkletterten um Fotos zu machen. Seltsamerweise habe ich mich aber nie gefragt, was das eigentlich war – dort hinter dem Zaun. Dann stolperte ich über den Film Achterbahn auf Arte und endlich wußte ich, um welchen Ort es sich handelte. Letztes Jahr im Rahmen des Luna-Parkprojekts des HAU schaute ich ihn mir das erste Mal an. Die Formulierung „magischer Ort“ klingt leider abgenutzt, aber tatsächlich kann ich den Spreepark nicht anders beschreiben. Ich liebe es, dort umherzulaufen und zu sehen wie die Natur sich den Ort zurückerobert.

Jeden, den der Spreepark ebenfalls interessiert, kann ich wärmstens empfehlen eine der zweistündigen Führungen mitzumachen. Der Führer Christoph ist eigentlich selbst eine Attraktion. Während er unermüdlich und sehr kurzweilig vom Schicksal des Spreeparks berichtete, fragte ich mich, welches Erlebnis ihn wohl so stark mit dem Park verbunden hat, dass er seine kompletten Wochenenden opfert, um Leute wie mich herumzuführen. Die Führung lässt einen vor den Behördenabsurditäten erschaudern, die eine Wiederbelebung des Freizeitparks anscheinend unmöglich machen.

Über zehn Jahre verwildert der Park nun und ich bin gespannt, ob es irgendwann ein funktionierendes Nutzungskonzept geben wird. Ich kann ihn jedenfalls als Ausflugsziel im Sommer sehr empfehlen. Es gibt dort das Café Mythos, das an den Wochenenden geöffnet hat. Man setzt sich mit den Kindern zum Sandkasten im Eingangsbereich, trinkt Kaffee, hört Musik und stellt sich vor wie die Vergangenheit und die Zukunft des Spreeparks aussehen.

 

 

Für die Ohren die Folge Spreepark beim Küchenradio. Vielen Dank an Simon für den Tipp.

Landleben

Für einen kurzen Moment dachte ich darüber nach, ob es schön wäre ein Wochenendhaus zu haben. Dann stach mich eine Mücke.


Mindestens einmal im Jahr zieht es uns aufs Land. Der Kinder wegen. Die armen Stadtkinder sollen auch mal erfahren was Freiheit bedeutet, wie schön es ist, durch ein Roggenfeld zu rennen (möglichst schneller als der Bauer, den man damit verärgert).

Von seinen Geschwistern erfährt Kind 3.0 dass es eine zutrauliche Katze geben soll. Deswegen befüllt es gleich nach unserer Ankunft den Napf, der vor der Haustür steht mit Katzenfutter und legte sich auf die Katzenlauer. Regungslos verharrt es im Halbdunkel des Fliederbaumes und hofft, dass sich irgendwann die Katze der Nachbarin zeigen würde.

Als es dämmert, gibt unser Jüngstes auf und bohrt kleine Löcher in den Boden. In diese legt es die unangetasteten Katzentrockenfutterkroketten und gießt jede einzelne gewissenhaft. Ein Katzenfutterbaum möge dort wachsen, murmelt es, als es die bepflanzten Mulden mit Humus überschüttet.

In der Zwischenzeit betrachtet Kind 1.0 sehr lange ein Poster, das im Inneren des Wochenendhäuschens hängt und stellt fest: „Xsara Picasso ist aber nicht alt geworden. Wahrscheinlich waren die dicken Finger an seinem frühen Tod schuld.“

Am zweiten Tag erscheint an unserem Gartentor überraschenderweise ein Junge im Alter von Kind 1.0. Er ist außer sich vor Freude. Noch nie hat er ein anderes Kind im Dorf gesehen. Seit seiner Geburt fahren seine Eltern mit ihm Sommer wie Winter, Wochenende für Wochenende in das Brandenburger Hinterland. Früher hätte es noch Ziegen gegeben, auf denen er hatte reiten können, aber die seien jetzt tot. Der Zahnfehlstellungen wegen. Die Ziegenzahnspange hätte 6.000 Euro gekostet. Man habe die Ziegen dann lieber eingeschläfert. Ob er denn immer alleine sei? Im Grunde ja, berichtet der Junge. Es gäbe in den Nachbarsdörfern Kinder, er hätte sie alle mindestens einmal gesehen, aber die hießen alle Uwe, so wie ihre Väter und Onkel und irgendwie seien sie komisch. Der Junge führt uns zu seinem Hof. Dort leben drei Wollschweine. Ich schätze, dass sie fünfzig Jahre alt sind. Ihr Fell ist grau. Jedes einzelne wiegt 600 kg. Sie sind unfassbar riesig und ihre fußballgroßen Rüssel beschnüffeln gierig unser Kind 3.0, das ich nicht mehr unbeaufsichtigt lasse. Ich denke, wenn ich mich rumdrehe, fressen sie Kind 3.0 auf. In einem Haps. Ich habe Animal Farm von George Orwell gelesen, lasse ich sie wissen, mir macht ihr nichts vor.

Während ich sie betrachte, frage ich mich. Was macht man wenn eines dieser Halbtonner verendet? Wie viel Uwes braucht es, um ein einziges totes Schwein auf den Kompost zu zerren. Wie ist seine biologische Halbwertszeit? Oder muss man es zersägen? Aber was macht man mit den Einzelteilen?

Am Abend sitzen wir vor dem Haus und schauen den Hornissen zu. Einige Spinnen gesellen sich zu uns. Ich schlage im 10-Sekunden-Takt Mücken tot und denke: „Ach so ein Wochenendhaus *klatsch*, das wäre schon was *klatsch*. Unsere Kinder könnten auch auf Ziegen reiten *klatsch* und ich würde Gemüse anbauen *klatsch*. Zucchini zum Beispiel *klatschklatsch* und dann gäbe es jeden Tag Zucchinisuppe, gebratene Zucchini, gedünstete *klatsch* Zucchini, marinierte Zucchini *klatsch* und *klatsch* vielleicht auch Zucchiniauflauf. Hach! Das wäre *klatsch* echt schön.“

Für mich weiterhin unwählbar: Die Piraten

Ein persönliches Update zu den Piraten und warum ich sie nach wie vor für unwählbar halte.

Es gibt wenig Themen über die ich mich aufregen muss. Zu diesen Ausnahmen gehört das Thema „Piraten“. In der Zwischenzeit bin ich aber dermaßen genervt, dass ich alle für mich erkenntlichen Piraten aus meiner Twitter-Timeline rauswerfen musste und nervöses Augenzucken bekomme, wenn deren Tweets von anderen geretweetet werden. Es verwirrt mich zutiefst, dass bestimmte Menschen, die ich privat kenne und für wirklich klug halte, die Piraten gut finden und für wählbar halten.

Bevor ich diesen Artikel anfing zu schreiben, habe ich überlegt, ob es nötig ist mir nochmal das Wahlprogramm für NRW anzuschauen. Ich bin jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht muss, denn anscheinend kann man Piraten auch wählen oder toll finden ohne sich jemals mit dem Wahlprogramm (das sich zudem regional sehr stark unterscheidet [hups, ich hatte ja doch mal was dazu gelesen]) auseinandergesetzt zu haben. Demzufolge kann ich sie auch doof finden, ohne das genaue Wahlprogramm zu kennen.

Im Zusammenhang mit den Piraten begegnen mir in Gesprächen immer wieder die selben Argumente.

1. „Die sind so authentisch! Die sind so erfrischend anders als die anderen Politiker!“

OK, das stimmt. Für mich allerdings in öffentlichen Fernsehauftritten ebenfalls unerträglich – nur auf eine andere Art und Weise. Schalte ich beispielsweise in eine politische Diskussionsrunde, an der Piratenrepräsentanten/Innen teilnehmen, muss ich leider nach spätestens zehn Minuten wegschalten, weil ich es wirklich nicht aushalten kann. Aus meiner subjektiven Warte kann ich aufrichtig sagen: Ich habe noch nie einen fundierten Inhalt aus dem Mund eines öffentlich sprechenden Piratenvertreter gehört. Deren Hauptargument ist meist „Jo, die anderen haben doch dazu auch nix. Sagen se mir doch mal was die <beliebige Partei einsetzen> dazu hat, was Deutschland weiterhilft.“

Ich schätze Authentizität sehr. Allerdings hat sie keinen positiven Effekt wenn sie nicht mit inhaltlicher Kompetenz gepaart auftritt. Für mich hat dieses demonstrative wir-haben-da-noch-keine-Ahnung-machen-uns-aber-schlau (plus seit neusten natürlich-wissen-wir-dass-wir-nicht-endlos-damit kokettieren-können) kirre. Was soll das? Die sollen wieder kommen, wenn sie Ahnung haben oder wenigstens eine eindeutige Meinung.

Ebenfalls erfrischend anders sind die persönlichen Peinlichkeiten und Eklats, die ich in den Medien mitverfolgen kann. Die Skandale sind anders als das was man von „etablierten Politikern“ kennt, aber nicht weniger unsäglich. Beispiele, die mir ohne Recherche einfallen: Julia Schramm oder Susanne Graf. Klar sind die politikunerfahren, aber gesunder Menschenverstand und Umsicht sind prinzipiell jedem zu empfehlen – v.a. dann wenn sie/er als Repräsentant/in für etwas ernst genommen werden will.

 

2. „Die Piraten sind ein deutliches Signal, dass sich politisch etwas ändert in Deutschland.“

Signal für was? Dass es die vielgepriesene Politikverdrossenheit nicht mehr gibt oder dass Menschen politisch teilhaben wollen? In NRW gab es auch dieses Mal wieder 40,4% Nichtwähler und die Piraten werden nicht müde, den Kopf zu schütteln, wenn behauptet wird, dass sie v.a. die Nichtwähler motivieren (Auch wenn die Analysen etwas anderes sagen). Aber zur Frage zurück. Was ändert sich denn gerade? Ich denke schon, dass „das Internet“ als Masse zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das ist vielleicht wirklich neu. Wenigstens kleine Erfolge sind im letzten Jahr zu verbuchen (man denke an Urheberrechtsfragen und Doktortitel) – aber mit den Piraten hat das nichts zu tun. Wird mehr und konstruktiver diskutiert? Gibt es bessere und überzeugendere Lösungsansätze? Ich habe davon noch nichts wahrgenommen.

 

3. „Die Piraten vertreten wichtige Themen, die keine andere Partei (so gut) vertritt.“

Klar sind Netzthemen wichtig. Zumindest mir persönlich. Ich war auch auf den Anti-ACTA-Demos – aber dazu haben mich nicht die Piraten bewogen. Auch keine andere Partei. Es handelt sich einfach um ein persönliches Interessensfeld („das Internet“), für das ich mich einsetzen möchte.

Alle Konzepte, die mir bekannt sind zum Thema politische Teilhabe oder wie kann ich das Internet nutzen, um mich stärker zu beteiligen, überzeugen mich nicht. Ich finde sie absolut realitätsfremd. Allein schon das Konzept Liquid Democracy bringt mich zum Lachen. Es würde auch zu weit führen, mich an dieser Stelle über die Nachteile von rein basisdemokratischen Konzepten auszulassen (z.B. Wahrung Rechte von gesellschaftlichen Minderheiten).

Wenn man sich vor Augen führt wie niedirg die Wahlbeteiligung seit Jahren ist, gibt es in der Bevölkerung offensichtlich keinen erhöhten Bedarf nach Beteiligung. Die Instrumente, die es gibt (wie z.B. der Volksentscheid), scheitern meistens an der geringen Bürgerbeteiligung. Für mich stellt sich die Frage: Warum sollte sich daran was durch andere Instrumente ändern?

 

4. „Die stehen erst am Anfang. Ist doch klar, dass die noch nicht zu allem etwas ausgearbeitet haben. Die Grünen haben auch mal so angefangen.“
(Argument formerly known as „Bist Du immer so streng zu Fünfjährigen?)

Das mag sein. Allerdings finde ich persönlich, dass man eine Partei so lange nicht wählen kann, bis sie im großen und ganzen vernünftige Ideen zu allen relevanten Themen zusammengetragen hat. Wie gesagt, alles, was ich bislang (und das bezieht sich v.a. auf das Berliner Wahlprogramm) gelesen habe, erscheint mir schlecht durchdacht und v.a. lückenhaft.

Als Erweiterungsargument wird meist 4.1 „Aber die anderen haben doch auch nichts besseres zu bieten“ in diesem Zusammenhang genannt. Himmelherrgott, das stimmt vielleicht auch, aber was macht dieser bedauerliche Umstand besser? Was? Weil ich die FDP doof finde, macht das die Piraten wählenswert? Das ist ein Kindergartenargument der folgenden Art: „Muss ich mir abends die Zähne putzen? Ich hab keine Lust darauf.“ „Ja! Du musst.“ „Ja aber Susi muss sich auch nicht die Zähne putzen!!!“

Und selbst da, wo die Piraten richtig hätten punkten können, passierte erstmal … gar nichts (Bsp.: Staatstrojaner).

Zusammenfassend kann ich sagen: Ich bin nach wie vor nicht überzeugt. Im Gegenteil.

Ich schreibe jetzt seit acht Jahren ins Internet und ich denke, ich werde es noch mindestens zehn weitere Jahre tun. Nichts täte ich lieber als in zehn Jahren mit den Worten „wie falsch meine Einschätzung 2012 war“ auf diesen Eintrag hier zu verlinken. Ich wünsche mir auch eine Veränderung der politischen Landschaft und ich würde auch sehr gerne vollen Herzens beim Wählen meine Kreuzchen neben eine Partei setzen, die ich wähle, weil ich mich gut repräsentiert fühle. Ehrlich.

Beziehungen und Issue-Tracker

Wenn man die richtigen Instrumente implementiert hat, dann ist das Stresslevel in einer Beziehung dauerhaft minimierbar.

Als große Anhängerin von Exceltabellen, hätte ich eigentlich schon viel früher darauf kommen können. Issue-Tracker-Systeme lassen sich natürlich hervorragend in modernen Beziehungen einsetzen. Viele Kommunikationen sind ja recht vage: Hol‘ bitte die Kinder ab z.B. und alles was nicht im Detail ausformuliert ist, birgt Konfliktpotential weil jedem Beteiligten ein gewisser Interpretationsfreiraum bleibt. Das erreichte Ergebnis entspricht dann nicht immer dem von dem ursprünglichen Auftraggeber gewünschten.

Ticket td543 Hol‘ bitte die Kinder ab beinhaltet im Grunde eine ganze Reihe unausgesprochener Teilschritte, die abzuarbeiten sind, bevor das Ticket geschlossen werden kann. Natürlich sind diese Unteraufgaben total logisch, aber mein Mann hat trotzdem Probleme sie alle ordnungsgemäß abzuarbeiten. Zu den Unteraufgaben gehören beispielsweise td543a Ausflugkasse zahlen, td543b Wochenkalender checken, td543c ToDos in den gemeinsamen Kalender übertragen, td543d Wechselsachenbeutel auf Vollständigkeit kontrollieren, td543e Kinder mit Sonnenschutz eincremen und td543f Toilettengang veranlassen.

Als Issue formuliert kann man die Angelegenheit ordentlich terminieren (HEUTE! bis spätestens 16 Uhr!) und priorisieren (Blocker). Ferner kann man Abhängigkeiten formulieren (Kinder zum Sport bringen kann nur erledigt werden, wenn Kinder abholen erledigt).

Jetzt, da ich das mal differenziert betrachte, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Was könnte es hilfreicheres geben als Issue-Tracker-Einsatz in Beziehungen?

Wurde ein Issue-Tracking-System erstmal erfolgreich implementiert, lassen sich die abgearbeiteten Issues im Rahmen des Qualitätmanagements problemlos statistisch auswerten. Noch besser: da für die einzelnen Issues Verantwortliche hinterlegt sind, können im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Audits Schuldige Optimierungspotentiale gehoben werden. Aufgrund einer validen Datenlage kann konstruktiv über langfristige Verbesserungen gesprochen werden. Streits werden überflüssig.

Man kann sogar gemeinsam Service Level Agreements vereinbaren. Mir ist im Laufe der Jahre klar geworden, dass es ohnehin übertrieben ist, immer Premium-Erfüllung zu erwarten. Da kann man sich schon mal auf Economy-Niveau zufrieden geben. Letztendlich zählt neben der Qualität im Familienalltag auch oft die rein quantitative Abarbeitung („Du hast doch schon wieder nur 265 der 1.936 Issues erledigt! Gemessen an unserer bezahlten Arbeitszeit ist das ein Missverhältnis, das an dieser Stelle angeprangert werden muss!!111!“).

Natürlich kann der Partner da im Gegenzug keine Premium-Incentives erwarten, aber mal ein Freibier am Abend oder einen freien Sportnachmittag, das sollte nach Auswertung der einzelnen Issues möglich sein. Man sollte Qualitätsmanagement ohnehin viel mehr als stetigen Prozess sehen, der Luft nach oben lässt.

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Dieser Blogpost ist @grindcrank gewidmet, der eigentlich die Idee hatte

Über die idealen Verquickungsmöglichkeiten von Wiki und Issue-Trackern berichte ich in einem weiteren Blogpost. Die ISO Zertifizierung von Familiensystemen ist auch nur noch einen Steinwurf entfernt. Seien Sie gespannt!

Tägliches Instant-Karma

Es wäre so schön, wenn ich eines Tages vorlesen dürfte was mir gefällt.

Die Karmatheorie geht davon aus, dass jedes Verhalten eine Folge hat. Jede Übeltat wird umgehend abgestraft. Ich glaube daran und ich bemühe mich wirklich, wirklich ein guter Mensch zu sein.

Leider schaffe ich es nie den ganzen Tag Gutes zu tun und nicht zu lügen. Man kennt das ja. Die Kollegin im neuen Kleid, das aussieht wie Omis eilig übergeworfene Häkeltischdecke. Kaum hat man nach dem Schock des Anblicks wieder Luft, verlassen die Worte: „Oh, wo hast Du das denn her? Das sieht aber … interessant aus“ den eigenen Mund und zack hat man gelogen.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass der ausgleichende Weltengeist am Abend Rache nimmt und Eltern dazu zwingt immer und immer wieder die grauenhaftesten, unrhythmischsten und langweiligsten Bücher vorzulesen. Dem Kinderlosen sei versichert, egal wie sehr man sich um das geistig anspruchsvolle Kinderbuchregal bemüht, am Ende finden doch Conni, traumhafte Prinzessinnengeschichten, Bob der Baumeister und Disneys schönste Märchensammlung den Weg in die eigenen vier Wände. Zum Entzücken der Kinder und zum Leid der Eltern.

Da steht man hoffnungsvoll vor der Leseecke und die kleine Kinderhand greift Abend für Abend nach dem schlimmsten aller Bücher. Gnädige Kinder varieren wenigstens, doch in im Alter zwischen 3 und 5 sind Kinder entwicklungspsychologisch bedingt zwanghaft und wollen bar jeder Rücksicht die immerselbe Geschichte hören. Abend für Abend für Abend für Abend.

Kind 3.0 ist zur Zeit in Aräll (Arielle) verliebt und so habe ich bereits mehrere Duzend Mal Arielle gelesen. Dabei ist Kind 3.0 sehr ungnädig. Es merkt sofort wenn ich eine der 42 Seiten „aus Versehen“ überblättere oder wenn ich einen Satz anders lese, um einen Verleser auszugleichen und mich selbst vom Einschlafen abzuhalten. Sekunden zuvor schläfrig, die Augen auf Halbmast, schreckt es hellwach hoch und ist erst wieder zu beruhigen, wenn ich ordnungsgemäß ablese.

Montag: „Was wollen wir heute lesen?“ „ARRRÄÄÄÄLL!“

Dienstag: „Hey, schau mal wäre es nicht schön, wenn wir …“ „Aräll“

Mittwoch: „Wollen wir heute nicht mal…“ „Arrr-äll!“

Donnerstag: „Lust ein Hörspiel zu hören?“ „Ärähähäll lesen.“

Freitag: „Soll ich Dir mein iPhone zum Spielen geben? Kopfschütteln, wortloses Deuten auf das Arielle-Buch.

Samstag: Mutter mit Tränen in den Augen. Kind, emotionslos: „Aräll“

Sonntag: „…“ „Aräll, Mama, Du weißt das!“

Wenn die Kinder schlafen, kann man endlich Franziska (1, 2, 3), Ritter BodobertWilli Wiberg-Bücher und Ein Nilpferd kommt selten allein lesen.

Relevanz und Firlefanz

Relevanz, Zugriffszahlen und die Vielfalt der deutschen Blogosphäre

Ich begebe mich auf heikles Terrain. Denn erstens soll man nicht auf jedes Brett springen, das einem hingehalten wird und andererseits war ich gar nicht persönlich anwesend als Sascha Pallenberg was zum Thema „Rockstars und Mimosen – Wie die deutsche Blogosphäre veramerikansiert wird“ erzählt hat. Ich beziehe mich also auf Hörensagen. Es entzieht sich auch meiner Kenntnis welche Blogs auf der Folie zum Thema relevante Blogs in Deutschland standen – es waren aber nur Blogs, die von Männern betrieben geschrieben werden. Allerdings meine ich, die Sache richtig erzählt zu bekommen haben, wenn ich folgenden Tweet lese:

[blackbirdpie url=“https://twitter.com/#!/sascha_p/status/198884611445628928″]

Die breite Öffentlichkeit also. Ich sage jetzt mal, die breite Öffentlichkeit, das ist zum Beispiel mein Vater. Den habe ich gefragt: „Papa, wer ist Sascha Pallenberg?“ Wie zu erwarten war, mein Vater kennt ihn nicht. War auch unfair gefragt. Es ging ja um die Relevanz von Blogs. Also recherchiere ich kurz welchen Blog Sascha Pallenberg betreibt und frage wieder: „Und Netbooknews.de?“ Mein Vater, technisch wirklich sehr interessiert, zuckt erneut mit den Schultern „Aber Netbooknews.com? Neben Walt Mossberg und David Pogue erhielt er den Top 20 Smart Mobile Device Pundits von Freescale und wurde in die Liste der 20 einflussreichsten Mobile Computing-Experten weltweit gewählt!!!111!!ELF!“ Als Reaktion trotzdem nur ein Schulterzucken.

Klar, mein Papa ist nicht die gesamte breite Öffentlichkeit – aber ich spare mir trotzdem eine repräsentative Stichprobe per Befragung x-beliebiger Passanten zu machen und erfinde das Ergebnis einfach. Es lautet nämlich niemand auf der Straße kennt netbooknews.de, niemand kennt dasnuf.de und niemand kennt ankegroener.de. Die Annahme Blogs mit hohen Zugriffszahlen und Blogs, die tatsächlich nennenswerten Umsatz mit Werbung generieren, sei gleichzusetzen mit Bekanntheit in der breiten Öffentlichkeit ist natürlich Unsinn.

Techblogger unter sich mögen natürlich alle SOFORT wissen was netbooknews.de ist und wer dieses Blog betreibt. Oder auch nerdcore oder auch Fefe. Aber sind diese Blogs deswegen relevanter als andere? Im Rahmen meiner phantasierten Studie zum Thema Blogs und Relevanz würde übrigens herauskommen, dass wenn überhaupt jemand bekannt ist, dann Sascha Lobo. Der allerdings nicht als Blogger sondern als Internet-Kenner. Das liegt aber eben nicht an den Zugriffszahlen sondern daran, dass er sich außerhalb des Netzes positioniert und nicht gerade öffentlichkeitsscheu ist und auch eine sehr genau durchdachte Inszenierungsstrategie verfolgt – schließlich ist dieses Ich bin ein Internet People sein Beruf.

Antje Schrupp hat sich einige sehr lesenswerte Gedanken zum Thema Relevanz gemacht:

„Denn Reichweite an Zahlen zu bemessen, das ist irgendwie 20. Jahrhundert. (…) Relevanz ist ja eine relative Angelegenheit. Sie ist keine objektive Eigenschaft einer Information, sondern ergibt sich erst aus der Wechselbeziehung zwischen einer Information und den Interessen und Wünschen anderer: Was für mich relevant ist, muss für jemand anderen nicht auch relevant sein.

Wahre Relevanz bemisst sich also nicht an Zahlen, sondern an der Passgenauigkeit dieses Scharniers: Ein Blogpost, der zwei Leute zum Umdenken anregt, ist objektiv „relevanter“ als einer, der zwanzigtausend in ihrer Meinung bestätigt. (…)

Ich schreibe meinen Blog deshalb nicht für euch. Aber auch nicht nur für mich. Sondern ich schreibe meinen Blog, weil ich der Meinung bin, dass das, was ich hier schreibe, geschrieben werden muss, weil ich glaube, dass die Welt das braucht. Ob das auch noch andere so sehen, ist für mich kein Kriterium.“

Ich stimme allerdings nicht in allen Punkten zu. Denn ich finde, es schwingt diese bescheidene Einstellung mit, die ich oft bei Frauen höre: Ich mache das nicht für Aufmerksamkeit oder Geld sondern weil ich eine Botschaft habe oder weil ich Spaß am schreiben habe und deswegen zählen für mich Zugriffszahlen und Reichweite nicht. Leider bin ich nicht so ein bescheidener Mensch. Mir ist natürlich auch das Schreiben wichtig und mein Herz geht auf, wenn mir Menschen erzählen, dass sie hier gerne lesen und dass ich sie oft zum lachen bringe. Aber Kraft meines schlechten Charakters hätte ich statt 1.000 Kernleser gerne 10.000 Leser oder auch 100.000.

Wenn es meine Zeit zulässt, schaue ich gerne in meine Statistik, ich freue mich einen Keks wenn ich vom Bildblog „6 vor 9“ verlinkt werde und von jeder Rivva-Erwähnung würde ich gern ein Screenshot für mein Ego-Bilderbuch machen. Ich fahre total auf die Bestätigung ab, die ich durch +1, facebook-Shares und Tweets bekomme. Ich habe eine ungefähre Ahnung welche Blogs und Blogger eine größere Reichweite als ich haben und somit als Multiplikatoren wirken und wenn sie mich verlinken, freue ich mich auch. Das zu meinem Ego, das offensichtlich sehr durch Bestätigung durch andere gestreichelt wird.

Es gibt aber noch einen anderen Grund warum ich es schön finde, wenn ich viele Leser habe. Ich mag Vielfalt. Ich mag eine bunte Blogosphäre und dazu gehört, dass Frauen wie Männer wahrgenommen werden. Dass sowohl Technikthemen als auch Gesellschaftsthemen Platz finden, dass es nicht nur um die neusten Gadgets, Urheberrecht und Netzpolitik im Web geht, sondern dass auch z.B. Kinder, Katzen, Kunst und Essen.

Und das hängt leider an der Thematik Zugriffszahlen und die Wahrnehmung anderer Themen (und Frauen in der Blogosphäre) wiederrum spiegelt sich in der Art und Weise wieder, wie dann auch z.B. das Fernsehen über Events wie die re:publica berichtet, wie z.B. N24, die in 40 Minuten Beitrag eine einzige Frau befragen und diese im Gegensatz zu den befragten Männern nicht mal mit Namen nennen.

In der Vorbereitunsgmail der Organsisatoren der re:publica war erfreulicherweise zu lesen: „Bitte beachte: Wenn du eine Session mit mehreren Leuten eingereicht hast, dürfen dies inklusive Moderation nicht mehr als 5 Teilnehmende sein und mindestens 2 davon müssen weibliche Speaker sein.“ das gefiel mir sehr. Wenn ich allerdings die instagram-Bilder durchschaue, fallen mir solche auf und ich frage mich: Was ist da mit dieser Regel passiert, z.B. hier:

Foto von labuero auf instagram

Was ich sagen will: Wahrnehmung von Frauen in der breiten Öffentlichkeit wenn es um solche Themen geht, ist von vielen Dingen abhängig und ich wünsche mir tatsächlich ein Gegengewicht. Alleine schon der Abwechslung wegen. Man kann doch nicht immer und immer wieder den  gleichen Sud aufkochen und sich dann wundern, dass es die breite Öffentlichkeit niemanden interessiert.

Deswegen hätte ich gerne, dass auch Frauen selbstbewußt nach vorne treten und sich selbst für relevant halten und auch gerne mal, so wie Mama Miez das gemacht hat, nebenher erwähnen, dass sie locker 68.000 Besucher im Monat haben. Jahhaaaa kann man da jetzt auch wieder schreien, 68.000 gääähn ich hab eine Schrillionen! Allerdings muss man da die Motivation hinter dem Bloggen und Schreiben sehen. Es mag Menschen geben, die ihren Lebensunterhalt damit beschreiten und das tun sie wahrscheinlich hauptsächlich über Werbeeinnahmen und dann sind 68.000 eine müde Zahl. Aber erstaunlicherweise gibt es auch die Blogs, die es auf ansehliche Zugriffszahlen kommen und denen das im Grunde völlig egal ist, weil sie das Bloggen als Hobby ansehen und einfach eine Plattform haben möchten, um ihre Gedanken zu teilen und dann ist die Zahl doch recht ansehlich.

Dennoch. Ich bin immer interessiert an neuen Blogs und an Themen, zu denen ich im Alltag wenig Schnittmengen habe, einfach weil ich persönlich das Gefühl habe mich nur weiter entwickeln zu können, wenn ich immer wieder Neues aufnehme und deswegen mag ich die einseitige Darstellung der Blogosphäre oder des Internets nicht. Das Internet ist eben nicht nur iPhone, ACTA und Urheberrecht.

Wir sollten uns wohl öfter gegenseitig erwähnen und Blogrolls wieder auferstehen lassen und so andere daran teilhaben lassen, was sie gerne lesen (deswegen ein Hoch auf Quote.fm!). Und damit bin ich sogar einer Meinung mit Herrn Pallenberg, der zur Beschreibung seiner re:publica Session geschrieben hat: „Anstatt sich staerker zu vernetzen und miteinander zu kooperieren, ist sie (die deutsche Blogosphäre) staerker denn je fragmentiert, kreist aber immer noch wunderbar um sich selbst.

Deswegen -> Ich z.B. lese für mein Leben gerne:

Journelle
Antje Schrupp
Anke Gröner
Kaltmamsell
Pia Ziefle
ruhepuls
Julia Probst
Anders Anziehen
Anne Schüssler
Franziskript
Katia Kelm
Frau Julie
Modeste

Und ihr so?


!!! Nachtrag: Nochmal, da ganz wichtig: Ich beziehe mich nicht auf den gesamten Vortrag. Da ging es um etwas völlig anderes. Ich beziehe mich nur auf eine einzige Aufzählung (relevante Blogs) und die Publikumsnachfrage „Warum ist kein Blog aufgeführt, der von einer Frau geschrieben wird?“ und die sinngemäße Antwort, es gäbe eben keine (Siehe Kommentar). !!!

re:publica, Tag 3 und wie waren eigentlich die Sessions?

12875 Eindrücke von der re:publica 2012

Ich habe noch nie so wenige Sessions gesehen wie diese re:publica. Das lag natürlich weder an einem mangelnden Angebot noch an fehlender Qualität. Im Gegenteil, denn die Sessions, die ich mir angeschaut habe, waren wirklich absolute spitze. Sowohl vom Inhalt als auch in der Art und Weise, wie sie präsentiert wurden. Dass ich so wenige Sessions gesehen habe, ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass ich diesmal wirklich mit Menschen geredet habe und zwar nicht nur mit den drei, die ich ohnehin schon kannte, sondern mit vielen, vielen neuen. Ich bin unglaublich schlecht im Small-Talk und meistens überfordert mich schon folgende Konversation: „Ah, Hallo Nuf! Und?“, weil ich auf das „Und?“ schon nichts mehr zu sagen habe oder so viel, dass ich so lange nachdenke, dass es deswegen eine peinliche Pause gibt. Nach intensivem Nachdenken, wie ich diese Situation verbessern könnte, bin ich selbst rumgelaufen und habe es mit „Hallo <Name>, und?“ versucht. Das hat hervorragend geklappt, denn die meisten sind offensichtlich deutlich besser in Sachen Real Life Kommunikation als ich.

Ich danke jedenfalls allen für die schönen Gespräche, die wir hatten und all die Ideen, die sich dadurch in meinem Kopf angesammelt haben. Sowohl das persönliche Gespräch als auch das reine zuschauen und -hören, haben mich sehr beeindruckt.

Zum Beispiel bin ich wirklich voller Bewunderung für Raul Krauthausen, dessen Humor, Sichtweise und Ideenreichtum wirklich einzigartig ist. Ich kannte bereits die Wheelmap und habe das Projekt Brokenlifts.org neu kennen gelernt und ich hoffe, dass er viele Unterstützer für diese Projekte findet. Menschen, die Orte makieren und melden, Menschen, die bereit sind ihre Arbeitskraft reinzustecken und Menschen, die bereit sind zu spenden. Denn das Besondere an diesen Projekten ist ja, dass sie uns alle angehen und nicht nur Menschen im Rollstuhl. Wirklich beispiellos ist seine Herangehensweise an viele Probleme und so hat mir ähnlich wie Felix Schwenzel die Idee gefallen, dass es nicht Nicht-Behinderte und Behinderte gibt, sondern dass es Behinderte und Noch-Nicht-Behinderte gibt. Denn diese Sichtweise lässt sich in viele andere Bereiche übertragen und hilft so manchen Groll beiseite zu schieben und Probleme konstruktiv zu lösen.

Felix Schwenzel, von der Moderatorin, der Humanist des Internets genannt, hat diese Sichtweise direkt in die Real Life vs. Virtualitäts Debatte übertragen und forderte auf, dass wir Internet People (ich glaube, das ist der aktuelle Jargon) mehr Verständnis für die Noch-Nicht-Internet People haben sollten. Recht hat er, denn Fronten schaffen nie Verständnis und es werden zum Befeuern dieser Fronten wichtige Energien verschwendet, die an anderen Stellen viel besser eingesetzt werden könnten.

Zum Beispiel bei der Frage, wie man den Neuerungen des Internets gerecht werden könnte in Sachen Kopien und Urheberrecht. Hier hat der Vortrag von Dirk von Gehlen mein Halbwissen sehr gut zusammengeführt und auch gezeigt, wo die neuen Herausforderungen liegen.

Sascha Lobos Internet-Bratwurst-Vortrag konnte ich leider nicht sehen, allerdings wurde ich von einem Kamera-Team u.a. zu ihm befragt und hatte so die Möglichkeit mein Groupietum maximal peinlich in eine Kamera zu sprechen. Offensichtlich war das Team aber auf der verzweifelten Suche nach irgendeinem Lobo-Gegner und konnte selbst nach zehn Befragungen nicht fündig werden. (Liebe Minderheit Sascha Lobo Hater, melde Dich doch einfach beim BR, man sucht Dich und möchte Dich ernst nehmen!)

Sein Vortrag letztes Jahr – vor allem seine Beschimpfung in punkto „Was ist denn los mit Euch? Warum werdet ihr eigentlich nie vom Fernsehen/Radio zum Internet befragt, ihr seid doch alle Auskenner … habt ihr Euch darüber schon mal Gedanken gemacht? Warum rufen die immer nur MICH an?“ haben mich – in Kombination mit meinen Beobachtungen zu Julia Probst – sehr insipiert.

Julia Probst, die ich auch kennen lernen durfte, hat nämlich genau das letztes Jahr ganz grandios gemacht. Sie hat sich für ein Thema eingesetzt und hat gar nicht erst gewartet, dass Menschen auf sie zukommen sondern ist einfach vorgestürmt und hat das Thema Gehörlosigkeit (aus meiner persönlichen Internetperspektive) richtig stark positioniert.

Von Julia inspiriert, habe ich dieses Jahr auch die Erfahrung machen dürfen, dass man bei freundlicher Anfrage zu bestimmten Themen in der Regel auf offene Ohren stößt und dass ein solcher Prozess erstmal angestoßen, eine Eigendynamik entwickelt und man im Nachgang plötzlich auch Anfragen erhält*. Konkret war das bei mir das Thema BOBs. So durfte ich freundlicherweise einen Gastbeitrag auf netzpolitik.org schreiben, wurde vom Jetzt-Magazin interviewt, hab bei Trackback und im WDR was dazu erzählt.

Gewonnen als Best Blog German hat übrigens Jules Blog mit 42 Prozent. Nominiert waren außerdem für den deutschen Sprachraum:

Gestern Nacht im Taxi
Fünf Bücher
Anders Anziehen
Not Quite Like Beethoven
Fuckermorthers
Vegan Sein
Bestatterweblog
Zwischen Tradition und Moderne
Bildblog
Das unbekannte Königreich

Ein Blick in diese Blogs lohnt sich unbedingt!

Zu den Gewinnern der Hauptkategorien (und auch zu den Nominierungen, die nicht gewonnen haben, die aber einen nachhaltigen EIndruck bei mir hinterlassen haben), möchte ich an anderer Stelle gesondert etwas schreiben.

Eine wichtige Session habe ich anscheinend verpasst: Die mit dem Regierungssprecher Steffen Seibert. Ich habe den Twitterstream dazu verfolgt und hätte meiner Verwunderung nicht besser Ausdruck verleihen können als grindcrank (der auch nicht da war):

[blackbirdpie url=“https://twitter.com/#!/grindcrank/status/198412632477282306″]

Also – wer erklärts mir?

Ganz groß fand ich auch Kixka Nebraskas Vortrag „About me – die digitale Fassade„, den Journelle wunderbar zusammenfasst:

„Kixka Nebraska war sehr aufgeregt, gleichwohl war der Vortrag so gut, dass die Bilder ihrer Präsentation, die sie klar und angenehm schnörkellos erklärte, fest bei mir verankert sind.

Mit nach Hause nehme ich auf jeden Fall, dass die Identität im Internet eben doch ganz oft mit der in der analogen Welt übereinstimmt. Dieses Gefasel von ‘die Leute denken sich im Internet doch was aus und sind nicht sie selbst’ habe ich immer für Blödsinn gehalten.

Dank Kixka habe ich nun auch argumentative Grundlagen, um diesen Blödsinn vor Noch-Nicht-Onlinern zu wiederlegen.“

Übrigens sind sowohl Kixka als auch Felix Schwenzel leuchtende Beispiele dafür, dass Perfektion nicht gleichzusetzen ist mit Qualität, sondern dass es v.a. Authentizität ist, die die Menschen erreicht und Vorträge so besonders macht (nun – kombiniert mit Kompetenz im eigenen Gebiet natürlich).

Außerdem gesehen:

Udo Vetter und „Spielregeln für das Netz

Kathrin Passig und „Standardsituationen der Technologiebegeisterung

Und last but not least natürlich die vier Damen HappySchnitzel, Kaltmamsel, ruhepuls und Carolin Buchheim und ihr grandios inszeniertes Poetry Spam.

Einzig wirklich öde Veranstaltung war Falk Lüke und Stephan Noller angekündigtes „Let’s streit. Wer darf mich tracken?„.

In Andenken an Sascha Pallenbergs Aussage, es gäbe in Deutschland keine relevanten Blogs, die von Frauen geschrieben würden und dem Gestöhne im Publikum „Oh Mann, die Emanzen wieder“ (weil eine Frau nachfragte, wieso er in seiner Aufzählung denn keine Frauen genannt hätte), spiele ich mit dem Gedanken nächstes Jahr mal ein Bashing-Panel mit anderen Frauen anzubieten, bei dem wir uns die gängigen Definitionsansätze zum Thema Relevanz und Reichweite von Blogs um die Ohren hauen und uns dabei parallel die Nägel und Haare schön machen lassen.

Ah, fast vergessen: Wie Felix Schwenzel bin ich Philip Banse Fan geworden:

„von mir aus kann philip banse jeden tag 2 stunden programm auf der republica machen, seine blogger-gespräche sind extraordinär. er sucht sich die richtigen und interessanten leute raus und stellt unprätentiös genau die fragen die man auch stellen würde, wenn sie einem einfallen würden. letztes jahr war sein gespräch mit julia probst ein totales highlight, dieses jahr das mit raul krauthausen. raul krauthausen stahl allen die show, so wie julia probst das letztes jahr schaffte und philip banse sorgt für die bühne. (raul krauthausens neue kategoriesierung von menschen in behinderte und noch nicht behinderte: unbezahlbar, seine menschenfreundlichkeit, pragmatische weltsicht und sein humor: herzwärmend.)“

Amen (und herzlichen Glückwunsch, wenn Du wirklich bis hier unten gelesen hast).

*Lieber Interessent, ich kenne mich übrigens auch mit allem aus und man kann mich hervorragend als Quotenfrau buchen.

re:publica, Tag 2

Der 2. re:publica Tag war v.a. kommunikativ.

Der 2. Tag der re:publica begann für mich und Journelle mit einem gepflegten Abhängen in der V.I.P. Lounge, weil wir um 11 Uhr unser Speednetworking „veranstalteten“. Die Idee dazu hatten wir aus mehreren Gründen: Erstens haben wir einen Weg gesucht, um wirklich mal ganz neue Leute kennen zu lernen und so auch mal seinen Internet-Horizont zu erweitern. Denn ich stelle immer wieder fest, dass ich im Grunde seit Jahren, die selben Blogs lese und die immer gleichen Seiten besuche. Sehr selten kommt mal eines neu dazu, wie z.B. Floyd CelluloydFakeblog. Deswegen war ich interessiert an neuen Leuten und deren Internetlesewelt.

Zum anderen wollten wir gerne eine Möglichkeit schaffen, uns und andere gezielt mit anderen Frauen zu vernetzen. Ich habe irgendwo eine Studie gelesen, die sagt, dass über 60% der Blogs von Frauen geschrieben werden, dass Frauen aber deutlich weniger sichtbar sind, weil sie sich untereinander weniger vernetzen und auch nicht so stark bauchpinseln pushen wie die männliche Blogosphäre. Nichtzuletzt wollten wir insgesamt einen entspannten und eher ungezwungenen Weg finden, in das Thema Frauen + Internet einzusteigen.

Foto von Journelle auf Instagram

Deswegen haben wir uns auch nicht angemessen aufgeregt was die Organisation der Open Sessions auf der re:publica angeht. Die Organisation war nämlich nicht vorhanden. Größte Hürde, um Leute für unser Speednetworking zu akquirieren war tatsächlich, dass man das Speednetworking auf der Website nicht im Zeitplan finden konnte. Warum es nicht möglich war, alle Open Spaces, die bereits vorher angemeldet waren, in den Zeitplan zu übernehmen – wir erhielten keine Antwort und hatten auch nicht das Gefühl, dass es irgendeine Form von Bemühen gab, unser Anliegen zu bearbeiten. Wir hätten ja genug Follower etc. um uns selbst unsere Leute zusammen zu suchen. Äh ja.

Genauso unglücklich war ich am Anfang darüber, dass uns im Vorfeld keinerlei Angaben darüber gemacht werden konnten, wie der Open Space nun aussehen würde und wo er eigentlich sei. Das wiederum würden wir während der re:publica schon sehen.

So kamen gestern insgesamt 14 Leute, die uns zum größten Teil das Feedback gaben, dass sie zufällig auf uns aufmerksam geworden seien – was für eine offizielle re:publica-Veranstaltung natürlich nicht so schön ist. Es wäre wünschenswert wenn transparent gewesen wäre WO und WANN man zu uns stoßen kann.

Hinzu kam, dass wir uns unseren Platz tatsächlich ein bißchen erdiskutieren mussten, weil sich jemand parallel eine Spontanveranstaltung erdacht hatte und sein virtuelles Handtuch bereits zu Reservierungszwecken auf die freien Plätze geworfen hatte.

Wie dem auch sei. Ich hatte den Eindruck, dass das Speednetworking gut angekommen ist und dass auch 14 Leute völlig gereicht haben. Ich war selbst eingesprungen, weil eine der Teilnehmerinnen früher gehen musste und hatte 4 Runden mitgemacht und danach schon ein Gefühl, eine Wüste in meinem Mund zu haben. (Nächstes Mal also mit viel Wasser am Tisch!) 19 Begegnungen hätte auch mein Gehirn nicht verarbeiten können, deswegen war der kleiner als geplante Rahmen durchaus gut. Mir hat es jedenfalls viel Spaß gemacht und ich konnte mich endlich mal gepflegt mit einer anderen Frau über DS9 unterhalten!

Den Rest des Tages habe ich unterschiedliche Panels besucht und mich v.a. – im Gegensatz zu den Vorjahren – mit Menschen unterhalten. Der Tag wurde am Ende mit der wirklichen großartigen Poetry Spam Lesung gekrönt. Wunderbar!