Tatookid

Hunderte von Büchern wurden zum Thema Motivation geschrieben. Psychologen behaupten gerne, es gäbe keine extrinsische Motivation. Gemäßigtere Meinungen postulieren, dass externe Verstärker zumindest die intrinsische Motivation verderben. Doch Tatsache ist, für einen Stempel tut das Kleinkind ALLES.

Es begann feindosiert im Kindergarten. Einmal ins Klo pullern = ein Stempel.
Das Kind war in vier Tagen windelfrei und soff Wasser wie ein Kamel. Macht 17 Stempel fürs Pinkeln am Tag.
Auf eine lange Tradition der Aufräumverweigerung beim Erstgeborenen zurück blickend, dachten wir so ein Stempelchen würde auch hier seine Wirkung nicht verfehlen. Und tatsächlich: Kind 2.0 räumte regelmäßig auf. Es entwickelte eine wahrhafte Aufräummanie. War ein Gegenstand nur um einen Millimeter von der Soll-Position verrückt, er wurde aufgeräumt. Schreiend verlangte das Kind Stempel um Stempel. Allein dafür kamen weitere 9 Stempel täglich hinzu.
Man muss nun sehen, dass so ein alfgroßes Wesen doch recht bald an Kapazitätsgrenzen kommt, was das freie Hautflächen zur Verfügung stellen angeht. Bald waren 80% des Körpers bestempelt. Nur Hände, Füße und der Kopf boten Freiflächen.
Dann verlangte das Kind weitere Stempel fürs Durchschlafen. Da wir bereits 765 Tage darauf warteten, stempelten wir schweren Herzens das Gesicht.
Gesellschaftlich kommt es nicht sooo gut rüber ein ganzkörpergestempeltes Kind zu haben – doch was soll man tun? Dafür sparen wir Windeln, schlafen durch und es ist picobello aufgeräumt.

Saufen, saufen, oder ich fall‘ um

Tatsächlich dachte ich bereits, mir sei nichts mehr peinlich. Doch auf einer illustren Bahnfahrt mit meinen Kindern wurde ich eines besseren belehrt. Als ich da nämlich meinen Latte Macchiato von der Thermoskanne in den Becher goss, schrie das kleinere Kind plötzlich lauthals:
„Auch Alkohol haben, Alkohol haaaaaben“. Dummerweise befindet es sich gerade in der ich-schreie-gelegentlich-bis-der-kopf-platzt-und-wälze-mich-dabei-auf-dem-boden-wenn-ich-nicht-bekomme-was-ich-fordere-Phase.

Ich setzte also mein zauberhaftestes Lächeln auf und erklärte mit warmer Stimme: „Liebliches Kind, Alkohol ist nichts für kleine Kinder, drum kann ich Deinem Begehr nicht nachgeben und außerdem…“
Gerade als ich erklärend nachreichen wollte, dass ich mir auf einer Reise mit Kindern im Zug aus der Warmhalteflasche gar keine Schnäpschen genehmige, war dann alles vorbei „Räbääähhhhhhh bäääähhhh wäääähhhhh! ICH WILL ALKOHOOOOL! Wähhhhhhh.“
Die anderen Mitreisenden starrten währenddessen angestrengt auf ihre Bücher oder zu den Fenstern hinaus.
Da spürte ich doch tatsächlich die Schamesröte in mir aufsteigen.

Ein geheimbündlerisches Zuzwinkern eines erdbeernasigen Rentners konnte mir leider nicht helfen.

ZzzzZZZzzzzz versus Sport

Ich werde älter und kann manche Dinge nicht verstehen. Heute ist es Twitter und morgen der Festplattenrekorder und schwups bin ich darauf angewiesen, dass meine Kinder mir Dinge erklären.
Ganz so weit ist es glücklicherweise noch nicht. Was ich dennoch nicht verstehe, sind sportbesessene Menschen, die als Grund für Ihre Begeisterung angeben „Ich mache Sport, um mich richtig auszupowern!“.
Wahnsinn! Allein die Vorstellung, dass es Menschen gibt, die sich gezielt und absichtlich auspowern müssen, weil sie nicht einfach so ausgepowert sind, finde ich faszinierend.
Ich denke, das sind a) lauter arbeitslose und/oder b) kinderlose.
Denn ich kann eines mit Sicherheit sagen: Am Ausgepowertsein fehlt es mir nicht. Wenn ich nach der Arbeit die Kinder abhole und dann beim Bilderbuchschauen fast einnicke vor lauter Ausgepowertsein, haut mir mein Jüngstes regelmäßig mit den Worten: Nich schlafen, Mama! Die Lektüre um die Ohren.
Ich male mir dann auf die Lider geöffnete, aufmerksam dreinblickende Augen und nicke im Schlaf in regelmäßigen Abständen. Das geht. Man kann als Lokführer im Güterverkehr auch hervorragend schlafen, während man gleichzeitig regelmäßig den Todmannschalter drückt.
Neunzig Minuten später wache ich schlapp auf und bereite das Abendbrot vor. Das nächste Mal schlafe ich ein, wenn ich die Kinder ins Bett bringe. Ich stehe um 22 Uhr wieder auf und schlafe anschließend auf dem Sofa ein. Mein Freund weckt mich anschließend um 23.30 Uhr, damit ich im Bett weiterschlafen kann.
Ich brauche einfach keinen Sport, ich habe Kinder, ich bin kostenlos ausgepowert.

Nebenjob

Die Wahrheit ist, ich komme nicht zum bloggen, weil ich neben meinem Hauptjob Abends an der Tankstelle und Nachts als Putzfrau arbeiten muss. Warum? Einzig und alleine wegen der Essgewohnheiten unserer Kinder. Während andere Familien Abends Klappstullen mit Mettwurst und Zwiebeln essen, sind Kind 1.0 und 2.0 Gourmets der Extraklasse geworden. Sie ernähren sich ausschließlich von getrockneten Tomaten, Oliven und echtem Parmaschinken. Ich habe aus Kostengründen mal versucht italienischen Landschinken auf den Essenstisch zu stellen. Kind 2.0 hat daraufhin zu Kind 1.0 „iech mal“ gesagt. Kind 1.0 bestätigte „Kein Parmaschinken!“.

Durchschnittlich ißt jedes Kind 270 Gramm Schinken, 50 Gramm Oliven und 66 Gramm getrocknete Tomaten. Macht pro Nase 19,97 Euro.

Auch ein Einkauf im Großhandel hilft nur unwesentlich weiter. Selbst die Überlegung unser Balkonschaf gegen ein Schwein zu wechseln, schafft keine Lösung. Denn selbst wenn wir uns ein Schweinchen Large White, Landrance oder Duroc kaufen, es auf 150 kg mästen und dann nach 9 Monaten schlachten und aus den Schwarten Schinken machen, würde sogar das Baby richtig feststellen, dass es sich trotzdem nicht um echten Parmaschinken handelt.

Wann und in welchem Ausmaß in Zukunft gebloggt werden kann, ist deswegen ungewiß.

Tayloristische Laternenproduktionsstätten

Die traditionelle Elternbastelzeit wurde gestern feierlich durch Laternenherstellung zum Feste des heiligen St. Martins eröffnet. Isabell H.*, engagierte Mutter und Freundin des effizienten Arbeitens, konnte sich dabei besonders durch vorausschauende und ergebnisorientierte Bastelbetätgungen hervortun.
Anderen Mütter verfehlten die Aufgabenstellung „Laternenbasteln mit Kindern“ leider völlig, indem sie ihre Zöglinge mehrere Male auf die Finger hauten als diese an der Herstellung der Laternendesignstücke aktiv teilnehmen wollten.
Die herumirrenden Kinder griff Isabell H. auf und stellte in erstaunlicher Schnelligkeit eine kleine Laternenmanufaktur nach Fordschen Prinzipien auf indem der Laternenproduktionsprozess in einzelne Produktionsschritte herunter gebrochen wurde. Jedem Kind wurde eine determinierten Handgrifffolge beigebracht, die in altersgemäßen Gruppen bereits nach wenigen Probeläufen erfolgreich umgesetzt werden konnten. Die Kinder bis 2 Jahre durften buntes Seidenpapier in Form reißen, die Kinder bis 3 Jahre malten die Laternenformvorlagen ab, welche von den 4jährigen ausgestanzt wurden. Kinder bis 5 Jahre applizierten den Kleber, damit alle Einzelteile abschließend von Isabell H. zusammengefügt werden konnten. Innerhalb der veranschlagten Stunde stellte das Team um Isabell H. 37 Lampen her.
Da die Kinder bereits in den ersten zehn Minuten nach Übergabe der von den eigenen Müttern fabrizierten Designerlampen auf selbige fielen, werden die seriell produzierten Lampenmodelle am 11.11. zum Einsatz kommen.
Für das Nikolaus- und Weihnachtsbasteln legt Isabell H. eine ähnliche Vorgehensweise nahe.

*Name durch die Redaktion geändert

Brief an die Pateneltern

Liebe Pateneltern,

ihr wißt, ihr sollt nur Sachen schenken, welche die Kinder auch WIRKLICH haben wollen. Kota, der kleine Triceratops wäre ein gern gesehener Freund in unserer Familie und billiger als 12 Jahre Katze samt Unterhalt und Arztkosten ist er allemal. Einziger Haken: Er müßte in Großbritannien abgeholt werden … aber ihr reist ja gerne. Dürfte von daher kein Problem sein.

Danke und liebe Grüße

Mama Pizza

Familiäre Wochenendbeschäftigungen

Wer seine schicke Designerwohnung in eine Messibude verwandeln möchte, beherbergt entweder trinkfreudige Studenten oder schafft sich ein Paar Kinder an.
Allein schon die Anzahl der Dinge, auf die man täglich tritt und die man sich anschließend aus den Zehenzwischenräumen pult, ist enorm. Es ist daher dringend notwendig 30% des Haushaltes in Halbjahreszyklen zu versteigern oder an Flohmärkten feil zu bieten.
Im Irrglauben ein Flohmarkt würde Arbeit ersparen, nahmen wir gestern an einem solchen teil.
In vorangegangenen Feldstudien hatte ich alle Parameter bestimmen können der Verkaufsschlagerstand am Platz zu werden. Alle meine Sachen waren gebügelt, nach Größen und Themen sortiert und ansprechend auf Ständern, Bügeln und in kleinen Stapeln auf einer gemangelten Tischdecke platziert. Ich hatte Preisschilder befestigt und über meinem Kopf hing ein Schild, welches meine Verhandlungsbereitschaft signalisierte.
Ich selbst hatte geduscht, meine Haare waren gekämmt und ich verzog sogar die Mundwinkel nach oben.
Alles war perfekt.
Leider kamen dann die ersten Interessenten. Diese begannen in sekundenschnelle militärisch exakt gefaltete Kleidungsstücke zu verknüseln und unsystematisch Gegenstände aufzunehmen, um sie an völlig unpassenden Stellen wieder abzulegen.
Andere nahmen feilgebotene Artikel in ihre bakterienbehafteten Hände und führten sie so nahe vor Augen, dass sicherlich Abermillionen von Keimen direkt aus ihren Augen auf die Verkaufsstücke fielen oder ihr schlechter Atem sich an sie heftete.
Manche wagten es sogar einzelne Gegenstände zu beschnuppern! Mit solchen obszönen Vorgehensweisen hatte ich nicht gerechnet und fiel in Ohnmacht.
Die Kinder hatten wir zum Beginn der Aufbauphase vor vier Stunden an Stühle hinter unserer Verkaufsfläche gebunden, weil sie sich nicht artig verhalten wollten. Die verzweifelten Blicke und schrillen Hilferufe wirkten sich jedoch nur mäßig verkaufsfördernd aus und so entschied ich, meinen Freund mit ihnen loszuschicken, so dass er sie beschäftigen möge.
Dreißig Minuten später hatte ich bereits die Hälfte unserer Ware verkauft und freute mich darauf der Restfamilie von unseren Erfolgen zu berichten, während ich auf einen Haufen Kinderspielzeug blickte, der sich seltsamerweise langsam wankend auf mich zu bewegte.
Als der Tandberg schließlich an unserem Stand stoppte und oben erst die Kinder und dann der Freund herauspoppten, ahnte ich, dass die Arbeitsanweisung „Geh und beschäftige bitte die Kinder“ unpräzise formuliert war.
Es stellte sich heraus, dass der weichherzige Vater den Kindern genau den bewirtschafteten Betrag zum Erwerb von Losen überlassen hatte.
Gustavgansgleich hatten sie bis auf den Hauptpreis alle Gewinne aus dem Loszettelkasten gefischt.
Da mir zudem am Stand nebenan und gegenüber bereits interessante Gegenstände aufgefallen waren, lösten wir vorsichtshalber unsere Verkaufsstelle auf und fuhren nach nur 45 Minuten aktiver Flohmarktteilnahme wieder nach Hause.