32c3 mit Kindern, Tag 0, Tag 1, Tagebucheintrag

IMG_5585Auf die Weihnachtspostkarte für meinen Vater habe ich geschrieben: „Wir fahren am 26. zum Chaos Communication Congress, Du kannst uns dann zuwinken, wenn du uns in der Tagesschau siehst.“ Als wir kurz telefonierten, klang mein Vater ganz erstaunt, weil ich dieses Jahr die Kinder mitnehmen wollte. Mir tat es letztes Jahr schon fast leid, die Kinder nicht mitgenommen zu haben.

Ich glaube, für meine Kinder sollte es ebenso so selbstverständlich sein Programmieren zu können, wie es selbstverständlich sein sollte, Englisch zu können. Die Kinder mit auf den 32c3 zu nehmen, erschien mir deswegen naheliegend. Weil sie dort eine Vorstellung davon bekommen können, was programmieren alles bedeuten kann und wie konkrete Ergebnisse aussehen (und dass es nicht unbedingt „langweilig“ sein muss). Für mich ist es so toll dorthin zu gehen, weil man eine Vorstellung von der Vielfalt und Kreativität bekommen kann.

Wir fuhren also schon am 26. nach Hamburg, um uns unsere Bändchen zu holen. Im Eingangsbereich war ein kleines Areal eingezäunt und darin gefangen einige Weihnachtsmannfiguren. Über dem Areal stand: Gated Santas (das Motto des diesjährigen Kongresses „Gated Communities“), free one (äh oder so ähnlich). Die Kinder waren ab da eigentlich kaum noch zu irgendwas zu bewegen. Die Santas mussten erstmal alle befreit werden. Anschließend mussten sie so zusammen gestellt werden, dass jeder Santa einen Freund hatte.

IMG_5550Wir hatten schon lange unsere Eintrittsbändchen, die Kinder hingegen wären gerne noch ein paar Stündchen dort geblieben. Letztendlich konnten sie nur überredet werden, sich einige Meter zu bewegen, indem wir das Bällebad im Kidspace anpriesen.

Das Bällebad wurde dann ausprobiert und in den höchsten Tönen gelobt. Ob das cooler sei als im Smaland, fragte ich erstaunt. Zumindest in meiner Kindheit gab es nämlich nichts tolleres als das IKEA Bällebad. „Ja! Viiiiel besser“, riefen die Kinder im Kanon. Es sei ordentlich tief, man könne tauchen, eine Kerze reinmachen, einen Anker und sogar eine ARSCHBO… außerdem würde es am Grund gut riechen. Das Smaland Bällebad stinke bestialisch. Kein Kind wolle dort tauchen.

IMG_5556Wir mussten dann auch nur vier bis fünf Mal sagen, dass wir jetzt gehen wollten und wirklich, wirklich morgen wiederkommen würden und die Kinder dann vier Tage lang hier bleiben dürften.

Am Tag 1 des Kongresses nahmen wir die Kinder mit in die Opening Session, die auf Englisch war. Ich stellte dabei erstaunt fest, dass sogar Kind 3.0 passiv einige Bröckchen Englisch verstand. Erstaunlich was man erreichen kann, wenn die Kinder im Alltag einfach viel Englisch hören. Die ersten 20 Minuten Begrüßung übersetzten wir. (Es wäre im Übrigen möglich gewesen ein DECT Telefon mitzunehmen und den Übersetzungsdienst zu nutzen, da ich aber keines mit Kopfhöreranschluss hatte, habe ich keins mitgenommen).

IMG_5567Den Rest der Rede spielten die Kinder dann am Tablet. Am Ende haben die beiden (wir haben nur Kind 2.0 und 3.0 mitgenommen) gut die 1,5 Stunden durchgehalten, was mich sehr zuversichtlich für die nächsten Tage stimmte, denn mehr als 3-4 Vorträge am Tag schaffe ich selbst meistens auch nicht.

Die nächsten Stunden haben sich die Kinder im Kidspace beschäftigt. Neben dem Bällebad gibt es dort einen kleinen Kletterbereich, die Santas von Tag 0 wackeln dort durch die Gegend, es wurden verschiedene Workshops angeboten, ein Augmented Reality Sandkasten war zu bewundern (und zu durchwühlen), mit der eigenen Stimme konnte Sound Pong gespielt werden, es fuhren immer mal wieder exotische Robotergefährte vorbei und es gab zwei Sitzkletterreitesel. Außerdem lässt es sich wunderbar in den Sofaecken und auf den Sitzkissenlandschaften rumtollen oder chillen (sehr wichtig für Kinder ab 11). Außerdem gibt es genug Tische, an denen die Kinder gut malen können und zu guter letzt gab es sogar USB-Armbänder für die Kinder mit denen die Kinder angeblich (wir haben noch keine weiteren Infos) Hörspiele sammeln und hören können.

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Kind 3.0 wollte dann doch gerne, dass ich bei ihm bleibe, was aber völlig in Ordnung war, denn auch ich habs dort ganz bequem und kann immerhin per Stream die Vorträge mitverfolgen. Genau genommen ist es dort im Lounge Bereich eigentlich bequemer als in den Vortragssälen.

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Nach sieben Stunden waren wir dann aber doch müde und sind in unser Feriendomizil zurück gekehrt. Tag 1 ist geschafft und wir bestellen uns jetzt eine Pizza. Alles in allem ein super Tag. Ich bin völlig platt (was sich in meinen Formulierungen bemerkbar macht, ächts) und die Kinder haben immer noch ziemlich viel Energie. Unfassbar. Morgen ist Junghackertag und wir planen pünktlich um 10 Uhr dort zu erscheinen. Erstaunlicherweise ist es zu Kongresszeiten immer sehr schwer vor 12 Uhr irgendwo zu sein. Wie schaffen wir das im Alltag? Auch heute haben wir es nur sehr knapp zu 11 Uhr geschafft.

Hallo, dasnuf zeigt dir heute, wie genervt man von Buchrückseiten sein kann

An Pixi-Büchern kommt man als Eltern nicht vorbei. Es gibt sogar welche, die ich gerne lese. Was mich aber grundsätzlich aufregt, ist die Rückseite. Leider ist es meinen Kindern sehr wichtig, dass ich IMMER die Rückseite vorlese auf der steht, was Pixi mir heute zeigt. Lest ihr die auch? Man findet dort Anleitungen irgendwas zu bauen und ich denke jedes mal: WTF? Wer hat denn sowas zuhause rumliegen und kann das dann aus der Beschreibung basteln?

Wenn da wenigstens mal was sinnvolles zu finden wäre. Orrrr!

So baust du dir deinen eigenen Server

Das Büchlein dazu habe ich übrigens auch schon geschrieben: Ich habe einen Freund, der ist Netzwerkadministrator

Nachtrag: Weil das ein paar Mal so geteilt wurde, als sei das ein echtes Pixi-Buch. Das ist kein echtes Pixi-Buch. Das habe ich gemalt und geschrieben als Parodie (Witze erklären, orrrrr!)

Brüder Grimm

Es mag Menschen geben, die das Verliebtsein für etwas Heiliges halten. Dementsprechend empfinden sie andere Menschen, die Liebe einem Objekt oder einer Maschine gegenüber empfinden, als abnorm. Ich aber sage: Wer sein Telefon liebt, der hat es in seiner Einzigartigkeit verstanden und verfügt über eine Vorstellungskraft und Phantasie, von der andere nur träumen können!

Was mir jedoch besonders daran gefällt, ist der kommunikative Aspekt. Ich habe nicht den direkten Vergleich zu einem anderen Produkt, doch stimmt eindeutig nicht, dass an einem iPhone alles selbsterklärend ist. Man ruht sich auf dem Image aus und behauptet, alles sei so einfach, dass es keine weiteren Erklärungen bedürfe. Das ist natürlich Quatsch. Der wahre Unterschied zu den anderen Produkten ist, dass es eben keine ausführliche Gebrauchsanweisung gibt und dass die Basisfunktionen tatsächlich intuitiver sind. Die Details jedoch sind genauso kompliziert oder versteckt wie bei allen anderen Produkten und wenn man wagt, etwas zu wollen, was der Hersteller nicht will, dann muss man sich richtig Mühe geben oder aber akzeptieren, dass es tatsächlich keinen Weg gibt.

Da es aber besagte Gebrauchsanweisung nicht gibt, muss ich, wenn ich etwas wissen will,  Menschen fragen, die das selbe Produkt besitzen. Das finde ich wunderbar. DAS halte ich für den eigentlichen Marketingtrick. Denn so werden die Funktionalitäten zum größten Teil ausschließlich von Mund zu Mund weitergegeben. So passiert in der technologisierten Welt das erste Mal seit Jahrhunderten wieder etwas, das mit den Gebrüdern Grimm in der westlichen Welt ausgestorben schien. Es werden Geschichten von Kohorte zu Kohorte weitergegben und die, die sich besonders gut auskennen, werden zu Evangelisten und verkünden die frohe Mähr. Und ist es nicht interessant? Diese Evangelisten sind meist Männer. So wie Jacob und Willhelm Grimm. Doch wenn ich meine eigenen Erfahrungen zugrunde lege, sind es v.a. Frauen, die sich so für ihr Telefon und dessen Funktionen begeistern und all die kleinen Details zusammensammeln, so wie Marie Hassenpflug und Dorothea Viehmann, die ihren gesamten Geschichtenschatz an die Brüder Grimm weitergaben, die lediglich Aggregatoren der Geschichten, nicht aber die Geschichtenerzähler selbst waren.

Das interessante ist (und das ist mir schon bei Produkten der Konkurrenzmarke aufgefallen), Männer scheinen einen starken Drang zum Standardisieren zu haben. Frauen hingegen wollen individualisieren. Mir ist das aufgefallen als mein freundlicher Exfreund, der sich früher beruflich um anderer Leute Computer kümmerte, vor Jahren beklagte, er müsse bei Frauen schon immer eine halbe Stunde nach dem Symbol für „Arbeitsplatz“ suchen. Das sei grundsätzlich gegen irgendwas individuelles ausgetauscht worden. Ja und tatsächlich, für mich ist ein technisches Gerät, das nicht meiner Vorstellung von „schön“ entspricht, ein Greuel. Also stelle auch ich zuerst die Symbole um, tausche die Töne aus und stelle mein Lieblingslied als Klingelton ein.

Gerade dieses Herumfummeln an irgendwelchen Einstellungen (meistens weiß man ja nicht 100% was man da tut), kann Probleme im Betrieb verursachen. Männer, deren Pragmatismus vor der Detailliebe steht, würden sowas nie tun. Wenn es unbedingt sein muss, dann werden höchstens Äußerlichkeiten variiert (Casemodding), aber an den anderen Sachen wird nicht herumgefummelt.

Diese Mechanismen scheinen die Macher von Apple wohl erkannt zu haben und deswegen steckt man unglaublich viel Arbeit in die Usability und in die Standardisierung in Form von „Wir haben das so gemacht, wie es optimal ist, alles andere – auch wenn Du das gerne hättest – geht nicht. Dafür funktioniert es. Friss oder stirb!“.

Jahaaa! Aber wir Frauen wollen das nicht! Wir wollen mehr als eine geblümte iPhone-Hülle! Und deswegen stecken wir unglaublich viel Energie in das Individualisieren der standardisierten Produkte, und dieses intensive Auseinandersetzen mit der Technik lässt diese zarten Verliebtheitsgefühle aufkeimen. So ist das.

Beziehungen und Issue-Tracker

Wenn man die richtigen Instrumente implementiert hat, dann ist das Stresslevel in einer Beziehung dauerhaft minimierbar.

Als große Anhängerin von Exceltabellen, hätte ich eigentlich schon viel früher darauf kommen können. Issue-Tracker-Systeme lassen sich natürlich hervorragend in modernen Beziehungen einsetzen. Viele Kommunikationen sind ja recht vage: Hol‘ bitte die Kinder ab z.B. und alles was nicht im Detail ausformuliert ist, birgt Konfliktpotential weil jedem Beteiligten ein gewisser Interpretationsfreiraum bleibt. Das erreichte Ergebnis entspricht dann nicht immer dem von dem ursprünglichen Auftraggeber gewünschten.

Ticket td543 Hol‘ bitte die Kinder ab beinhaltet im Grunde eine ganze Reihe unausgesprochener Teilschritte, die abzuarbeiten sind, bevor das Ticket geschlossen werden kann. Natürlich sind diese Unteraufgaben total logisch, aber mein Mann hat trotzdem Probleme sie alle ordnungsgemäß abzuarbeiten. Zu den Unteraufgaben gehören beispielsweise td543a Ausflugkasse zahlen, td543b Wochenkalender checken, td543c ToDos in den gemeinsamen Kalender übertragen, td543d Wechselsachenbeutel auf Vollständigkeit kontrollieren, td543e Kinder mit Sonnenschutz eincremen und td543f Toilettengang veranlassen.

Als Issue formuliert kann man die Angelegenheit ordentlich terminieren (HEUTE! bis spätestens 16 Uhr!) und priorisieren (Blocker). Ferner kann man Abhängigkeiten formulieren (Kinder zum Sport bringen kann nur erledigt werden, wenn Kinder abholen erledigt).

Jetzt, da ich das mal differenziert betrachte, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Was könnte es hilfreicheres geben als Issue-Tracker-Einsatz in Beziehungen?

Wurde ein Issue-Tracking-System erstmal erfolgreich implementiert, lassen sich die abgearbeiteten Issues im Rahmen des Qualitätmanagements problemlos statistisch auswerten. Noch besser: da für die einzelnen Issues Verantwortliche hinterlegt sind, können im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Audits Schuldige Optimierungspotentiale gehoben werden. Aufgrund einer validen Datenlage kann konstruktiv über langfristige Verbesserungen gesprochen werden. Streits werden überflüssig.

Man kann sogar gemeinsam Service Level Agreements vereinbaren. Mir ist im Laufe der Jahre klar geworden, dass es ohnehin übertrieben ist, immer Premium-Erfüllung zu erwarten. Da kann man sich schon mal auf Economy-Niveau zufrieden geben. Letztendlich zählt neben der Qualität im Familienalltag auch oft die rein quantitative Abarbeitung („Du hast doch schon wieder nur 265 der 1.936 Issues erledigt! Gemessen an unserer bezahlten Arbeitszeit ist das ein Missverhältnis, das an dieser Stelle angeprangert werden muss!!111!“).

Natürlich kann der Partner da im Gegenzug keine Premium-Incentives erwarten, aber mal ein Freibier am Abend oder einen freien Sportnachmittag, das sollte nach Auswertung der einzelnen Issues möglich sein. Man sollte Qualitätsmanagement ohnehin viel mehr als stetigen Prozess sehen, der Luft nach oben lässt.

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Dieser Blogpost ist @grindcrank gewidmet, der eigentlich die Idee hatte

Über die idealen Verquickungsmöglichkeiten von Wiki und Issue-Trackern berichte ich in einem weiteren Blogpost. Die ISO Zertifizierung von Familiensystemen ist auch nur noch einen Steinwurf entfernt. Seien Sie gespannt!

Ich geh dann mal den Papierkalender synchronisieren

Gemeinsame Kalender sind so wahnsinnig praktisch. Theoretisch jedenfalls.

S 11 in Aus Liebe zum Wahnsinn von Georg Cadeggianini:

„Meine Frau Viola, 34, kommt in die Küche. Im Mantel. – Im Mantel? Jetzt hat Camilla Lorenzo erwischt. Handgemenge. Ich brülle ein wenig. Viel Mehl landet auf dem Boden, vor dem Schneeräumgerät. Elena, 9, geht dazwischen. Halbherzig. – Warum hat Viola eigentlich diesen verdammten Mantel an? […] Natürlich habe sie das in unserem Onlinekalender eingetragen, meint Viola. Kino mit Freundin, Donnerstagabend.“

Damit hat Georg Cadeggianini bereits auf Seite 11* eine typische Familienalltagssituation geschildert. Ein ganz grundlegendes Problem zwischen Mann und Frau. Ich weiß nicht, wie die Vorgeschichte im Hause Cadeggianini war. Aber sie war ganz sicher genau so:

Der Ehemann kommt nach Hause. „Schatz, wir müssen mal einen gemeinsamen Googlekalender einrichten. Das wäre doch praktisch. Da legen wir all unsere Termine an und haben so immer den Überblick. Wegen der Kinder und so.“ Die Frau denkt Oh Mann, noch ein zusätzlicher administrativer Aufwand, das Leben besser zu organisieren und sagt: „Ja, OK, praktisch wäre es ja schon.“

Fortan schreibt die Frau alle Termine in den Kalender. Wer die Kinder bringt, wer sie abholt, wann die Schwiegereltern zu Besuch sind, wann die Freunde Geburtstag haben, wann Ausflugtag in der Schule ist. Sie abonniert den Kalender für die Schulferien. Sie trägt die Sportkurse ein. Sie vermerkt, wann sie plant mit Freundinnen auszugehen. Sie trägt wichtige geschäftliche Termine ein.

Ändert sich was, verschiebt sie Termine, sie legt sie neu an und sie vermerkt auch die Orte, genaue Uhrzeiten, schreibt in die Notizen an was gedacht werden muss (Am Waldtag kein Brotpapier!), Ansprechpartner, Telefonnummern, alles! Gefühlt nimmt das Befüllen des Kalenders ca. 10% ihrer Lebenszeit ein.

Dann, eines Tages will sie ins Kino und während der Mann gerade den Kindern Stullen schmiert, erscheint sie im Mantel und der Mann denkt: „Wo will sie nur hin? Was ist los?“ GANZ GENAUSO WIE IN DEM BUCH BESCHRIEBEN.

Es entsteht eine kleine Diskussion.

„Woher soll ich wissen, dass Du ins Kino gehst?“
„Es steht im Kalender“
„Aber da habe ich nicht rein geschaut. Sowas musst Du mir sagen!!“
„Aber das habe ich und ich habe es in den Kalender geschrieben.“
„Nein, das stimmt nicht, Du hast es mir nicht gesagt!“
„Selbst wenn ich es vergessen haben sollte, was ich nicht glaube, denn selbst die Kinder wissen es, es steht im Kalender!“
„Aber ich habe nicht immer Zeit da rein zu schauen. Außerdem wollte ich mich heute mit einem Kumpel treffen.“
„Nun – das steht nicht im Kalender.“
„Ich kann da nicht immer alles eintragen. Vorgestern habe ich noch dran gedacht, aber dann habe ich es vergessen. Da stand Dein Termin noch nicht drin.“

[..]

Immer und immer und immer wieder führt das Ehepaar Gespräche dieser Art. Wütend stampft die Frau davon. Dann entschließt sich die Frau einen dieser Familienwandkalender zu kaufen. Sie hängt ihn an eine prominente Stelle im Flur. Dort überträgt sie tagelang alle Termine. V.a. die sich wiederholenden Termine (Donnerstag immer Musik) bereiten ihr große Freude. Weitere 10% ihrer Lebenszeit verbringt sie mit dem Synchronisieren ihres digitalen Kalenders mit dem Papierkalender. Die Situation verbessert sich tatsächlich und dann kommt doch wieder der Mantel-Tag und der Mann schaut die Frau mit großen Augen an.

Da blickt die Frau zum Familienjüngsten, Kind 3.0 (gerade in der sogenannten Trotzphase), und sie spürt die gesamte Verzweiflung eines zweijährigen Kindes in sich hochsteigen, sie spürt wie sich das Gefühl mit der präpubertären Ihr-behandelt-mich-alle-immer-ungerecht des Erstgeborenen vereinigt und sie platzt einfach. Peng! Wie ein Luftballon.

(Dass Frauen immer so emotional sein müssen!)

*Das Buch ist auch über Seite 11 hinaus gut zu lesen. Mehr dazu, wenn ich fertig bin.

Frauen, für Euch Ryan Gosling, für mich mein Telefon

Über die Liebe und das Verliebtsein gibt es wenig ernstzunehmende wissenschaftliche Theorien. Offensichtlich auch deswegen weil die Menschen gar nicht so genau wissen wollen, was das ist. Es wird viel Tamtam darum gemacht. Wer will das Verliebtsein da nüchtern als komplexes Zusammenspiel verschiedener Neurotransmitter und Hormone sehen? Das würde die Sache doch unangenehm entzaubern.

Mir ist das Thema wieder eingefallen, weil ich mir vor rund zwei Wochen ein Telefon gekauft habe, in das ich jetzt doch ziemlich verliebt bin. Psychologen fassen diese Liebesart unter dem Begriff der Objektphilie zusammen. Ich habe nochmal im Internet recherchiert und ich kann mit Sicherheit sagen, dass meine Gefühle für mein Telefon aufrichtig sind. Alle klassischen Symptome der Verliebtheit treffen zu.

Es findet sich z.B. folgende zutreffende Beschreibung: „[Verliebtheit] äußert sich durch ein intensives Verlangen nach einer anderen Person [meinem Telefon], das von körperlichen Symptomen begleitet sein kann. Verliebtheit geht in der Regel auch mit Sehnsucht einher.“

Mein Empfinden passt auch gut zu aktuellen neurobiologischen Erkenntnissen der Aktivitätsströme in verliebten Gehirnen. Es gab neulich den schönen Themenabend „Markenkult/Kultmarken“ auf Arte. Es berichtete ein Neurobiologe genau von diesem Sachverhalt. Im MRT hatte man sich die Gehirne von <Markenname>-Benutzen angesehen und festgestellt, dass sie genau die gleichen Aktivierungsmuster zeigten wie die von frisch Verliebten.

Damals habe ich noch den Kopf geschüttelt, war ich doch der Meinung, dass man ein Telefon v.a. für eines benötige: Zum Telefonieren. Alles andere sei unnötiger Firlefanz. Heute, all meine Ersparnisse ärmer, weiß ich, wie falsch ich lag. Ein Telefon sollte dazu da sein, das Leben zu steuern. Es soll ein zentraler Ausgangspunkt für ALLES sein. Es soll mein ausgelagertes Gehirn sein, mein Privatsekretär, meine Mama, mein Stadtführer und mein Ratgeber in allen Lebenslagen. Es soll mir Antworten auf all meine Fragen geben und sich um alles kümmern was mir wichtig ist. Immer.

Und weil es all dies erfüllt, LIEBE ich es.

In irgendeinem Artikel über eine Frau, die den Eiffelturm heiratete (eine Liebesheirat!), äußerte sich ein Psychologe mit folgender Theorie: „Wer sich in Objekte verliebt, kann diese Beziehung kontrollieren. […] Seine Objekte werden ihn nicht im Stich lassen.“ Das macht die Objektliebe so attraktiv im Vergleich zu Beziehungen mit menschlichen Partnern, die man nicht steuern kann und von denen man nie eine Garantie für die Dauerhaftigkeit einer bereits eingegangenen Beziehung erhalten kann.

Ebenfalls typisch fürs Verliebtsein sind Entzugssymptome, die hauptsächlich durch einen starken Serotoninmangel ausgelöst werden. Es wäre gelogen, würde ich behaupten, dass ich mich ohne mein Telefon total entspannt fühle. Am liebsten sind mir mittlerweile die Treffen mit anderen Abhängigen, weil wir uns z.B. gegenseitig die lebensverschönernden und unverzichtbaren Apps zeigen ohne dass wir uns gegenseitig einen weiteren Austausch von Nettigkeiten abverlangen.

Schlimm plagen mich auch bohrende Verlustängste. Denn ich denke, dass andere wissen, wie wunderbar das Leben mit MEINEM Telefon ist und deswegen schauen sie mich alle so gierig an, wenn ich es in der Hand habe.  Sie wollen es alle besitzen, weil es so wunderwunderschön ist. Ich habe vorsichtshalber Nagellack darüber geschüttet und die Hülle zerkratzt. Für mich zählen die inneren Werte und das Aussehen ist mir völlig egal. Das ist bei anderen, oberflächlichen Menschen nicht so und deswegen hoffe ich, dass ihr Begehren dadurch gezügelt wird.

Meine Telefon-Limerenz paart sich mit meiner Lust zur Systembildung (nach Luhmann). Diese bildet man bekanntermaßen durch zustandekommende Kommunikationen. Das Internet ist dazu der ideale Ort. Und auch hier bietet das Telefon großartige Voraussetzungen, indem es Kommunikation in jeder erdenklichen Form vereinfacht und die Durchlässigkeit der einzelnen Systeme gewährleistet.  Alles ist nur noch zwei Klicks entfernt. Das Bild, das ich auf der Straße gemacht habe (klick) ins Blog zu stellen (klick). Den Großeltern das Foto (klick) per Mail zu schicken (klick). Den Routenplaner (klick) zum neuen Arzt (klick) und bei Foursquare einchecken. Den Artikel, den ich nicht schaffe zu lesen (klick) zum späteren Abruf in den RSS-Reader schieben (klick). Es ist genau wie in der Werbung. Ein Traum.

Mein Vater, der mich schon öfter aufgefordert hatte, einfach mal verschwenderisch Geld auszugeben und selbst ein großer Autoliebhaber ist, sagte, als ich ihm voller Begeisterung von meinem neuen Telefon erzählte: „Ich freue mich! Jetzt verstehst Du endlich, wie es für mich ist, mir neue Autos auszusuchen und sie dann zu fahren.“

Der Mann, mit der zartesten Stimme, die ich kenne, erwiderte darauf: “ Vielleicht hat jede Generation die Devices geliebt, die ihr gefühltes Selbst erweitern konnten. Damals war es vielleicht eher die physische Beweglichkeit in der Welt — und heute die informationelle?“

Der Tag an dem der Trockner ausging

Drei Stunden ohne Strom machen mir jetzt doch ein bisschen Angst vor der Apokalypse.

Viele glauben, das Legendenerzählen gehöre der Vergangenheit an. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine sehr lebendige Kulturtechnik. So erfuhren wir beispielsweise von unserem damals fünfjährigen Kind 1.0, dass es [Bauer Räinscha] gibt, welche die Welt vor dem Bösen bewahren. Einer der nicht englisch sprechenden Kindergartenfreunde hatte sie im Fernsehen gesehen und den anderen davon berichtet. Man versuchte sich herzuleiten, was genau die Bauer Räinschas seien. Das Wort Bauer war schließlich allen geläufig, nur bei dem Begriff Räinscha wendeten sich die Kinder Hilfe suchend an die Erwachsenen.

Zunächst dachte ich, das Legendenerzählen sei eng mit dem Unvermögen zu lesen verknüft, tatsächlich wurde ich eines besseren belehrt. Gut fünf Jahre später unterhält uns Kind 1.0 beim täglichen Abendbrot mit Legenden zur nahenden Apokalypse. Natürlich habe ich die Angelegenheit zunächst nicht ernst genommen. Schließlich schreie ich auch nicht jedes Jahr kurz vorm 31. Dezember, dass die Welt untergeht, weil unser gregorianische Kalender endet.

Heute jedoch habe ich meine Haltung gründlich überdenken müssen. Wegen Bauarbeiten vor dem Haus wurde ein Hauptstromversorgungskabel beschädigt und ich war drei Stunden ohne Strom. Was soll ich sagen? Es war furchtbar!

Kein Strom bedeutet – und darauf kam ich nicht sofort – kein Internet. Als das Licht ausging und alle Geräte stoppten, küsste ich zunächst mein eifrig laufendes Webbook. Ich blieb ganz ruhig, denn aus Erfahrung wußte ich, dass ich aufgrund der Akkuleistung mindestens zwei Stunden ausharren könnte. Genug Zeit um eine Freundin anzurufen und mich bei ihr einzunisten.

Doch OH SCHRECK „Keine Verbindung zum Internet“ klagte mein kleiner Gefährte. OK, OK ruhig bleiben, dachte ich, mache Dir erst mal einen Kaffee. Doch haha! Unser Kaffeevollautomat funktioniert ohne Strom natürlich auch nicht. Bestimmt kommt der Strom bald wieder. Mache ich besser Hausarbeit. Doch wie Wäsche trocknen ohne Wäschetrockner? Und wie Krümel aufsaugen ohne funktionierenden Staubsauger?

Ich war der Panik nahe und setzte mich ins halbdunkle Wohnzimmer und dachte über die Apokalypse nach. Bestenfalls würde die Erde wirklich einfach verschlungen werden. Weitaus wahrscheinlicher, jedoch deutlich ungünstiger wäre ein Szenario wie ich es gerade erlebte. Kein Internet, kein funktionierendes Telefon, keinen Kaffee und unerträgliche Hygienezustände. (Meine elektrische Zahnbürste streikte ebenfalls.) Nicht mal die Möglichkeit mir bei Amazon ein Survivalbuch oder Apokalypse für Dummies zu bestellen!

Ich war kurz davor meiner Familie einen Zettel zu hinterlegen und zu hoffen, dass sie es mit dem letzten Benzin im Tank ebenfalls nach Bayern zu meinen Eltern schaffen würden. Die haben nämlich ein 2.000 Quadratmeter großes Dach, das mit Solarpanels gepflastert ist und in ihrem Garten könnten wir ausreichend Zucchini für uns alle anbauen. Glücklicherweise ging dann der Strom wieder an.

Gedanken zur Nacht aus dem Reich der digitalen Säugetiere

Wer quantitativ in der Minderheit ist, sollte umso lauter zwitschern, lehrt die (Tier-)Soziologie

Männliche Raubtiere markieren ihr einmal erobertes Revier in den meisten Fällen durch eine Mischung von Urin und Pheromonen. Artgenossen können durch Beschnuppern der Duftmarken weitaus mehr erfahren als dass das Gebiet bereits besetzt ist. Neuere Forschungen zeigen, dass die Urinmarken differenzierte Angaben zu Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und allgemeiner Paarungsbereitschaft enthalten.

Ich finde, im Internet kann man das Kommentieren als eine moderne Variante des Duftmarkensetzens ansehen. Und weil der Mensch auch nur ein Säugetier ist, machen das v.a. Männer gerne (zumal sie bestimmt um die Nebeneffekte was Pagerank etc. angeht, wissen, wenn man mit Backlink auf die eigene Seite kommentiert. Mit Technik kennen sie sich aus). Dabei ist das „normale“ Kommentieren noch verhältnismäßig aufwändig. Immerhin muss man sich irgendeinen halbwegs passenden Inhalt ausdenken, den man unter einen Beitrag setzt. Die Convenience-Duftmarke ist der Kommentarautomat. Man gibt hier nur die URL an und nuschelt quasi was in den Bart. Schnell und effektiv in die Ecke gepinkelt und weiter geht’s.

Für mein Empfinden kommentieren Frauen weniger und auch ganz anders. Passend dazu habe ich in einem etwas älteren Beitrag von Frau Ziefle gelesen: „Ich bin mir völlig bescheuert vorgekommen, bei den Kommentarfeldern meine url anzugeben. Warum? Weil ich mich schlichtweg nicht für so wichtig gehalten habe. Der “Wert” dieses Links (Traffic auf meine Seite) war mir zuerst nicht bewusst und dann eher peinlich. Nicht, weil ich meine Texte schlecht fände oder unwichtig. Aber weil mir nicht klar war, was das bedeutet und welche Schlüsse man ziehen kann, wenn überall meine url dabeisteht.

Ich glaube tatsächlich, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Auch gibt es natürlich die Menschen, die nicht nur kommentieren, um ihre Duftmarke abzusetzen.

Jedenfalls bin ich bei Trackback auf ein wunderschönes Wort gestoßen. Es lautet „rivvern“. Rivvern wurde wie folgt beschrieben: Man wartet bis ein Beitrag bei Rivva auftaucht und dann kommentiert man dort. D.h. man beobachtet die anderen Raubtiere und wenn eines mächtig wird, pullert man vorsichtig in die Ecke um zu prüfen, ob weitere Artgenossen mal ins eigene Rivvier äh Revier schauen, um dort zu beurteilen, ob eine weitere Bedrohung für das eigene Territorium lauert.

Durch die Behauptung von Territorien wird bei Raubtieren übrigens die Obergrenze der Bevölkerungsdichte festgelegt. Wenn man sich die gefühlte Blogosphäre anschaut, finde ich auch diese Parallele sehr passend. Für mich gibt es eine Art maximale Anzahl von gefragten Bloggern – die meisten regelrechte Graurücken – und es platzieren sich nur sehr selten Neue. Vor allem neue Frauen. Weil die nämlich wenig geben auf die akustische Reviermakierung das Gebrüll.

Jedenfalls wenn man (lautet das pc eigentlich manIn?) gehört werden möchte, dann muss manIn- weil im Netz quantitativ unterrepäsentiert (man liest oft von einer 80 : 20 Verteilung) eben umso lauter zwitschern.

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Allen, die über Google mit ekeligen Keywordkombinationen, die das Wort Urin enthalten, hier gelandet sind: Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!