Mit Kindern ist es ein bisschen so, als würde man für immer und ewig studieren. Das betrifft sowohl das Dinge neu hinzulernen als auch das Gefühl, das man bei der Prüfungsvorbereitung hat.
Man beginnt Physiologie zu lernen und findet es schrecklich, weil man vor lateinischen Begriffen kaum was versteht und denkt sich, ach wie schön wird es werden, wenn ich für Philiosophie lerne. Wenn man dann anfängt, die Philosophieprüfung vorzubereiten, stellt man fest, dass Physiologie doch das kleinere Übel war.
Wie gesagt, mit Kindern ist das ganz genauso. Wenn sie z.B. Babys sind und sie immerzu undifferenziert schreien, um auf Missstände aufmerksam zu machen, denkt man, wenn sie erst reden können, wird alles viel einfacher. Wenn sie dann reden können, denken sie gar nicht daran sich entsprechend elaboriert zu äußern, schmeißen sich bei Konflikten aller Art zu Boden und brüllen was das Zeug hält.
Alle Leute starren und viele geben gute Ratschläge, die meistens darauf hinaus laufen, dass man ein Kind unmöglich krakeelend auf dem Gehweg liegen und trampeln lassen kann.
Dann kommt der Tag an dem das Kind sich nicht mehr hinwirft, sondern einfach fort läuft und man Mühe hat, es gerade noch rechtzeitig am Arm zu erwischen. Spätestens da sehnt man die Zeiten herbei in denen Konfliktlösung einfach bedeutete, dass man schweigend am Wegesrand sitzt und in den blauen Himmel starrt.
Wenn das Kind zum Weglaufen zusätzlich recht wortgewandt Dinge herum schreit, ja da weiß man, es war so schön, als es einfach als Baby geweint hat ohne dass man verstand, was genau sie von einem halten.
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Fußball ohne Fernsehen und Fans
Ungefähr 19.00 Uhr, Durchsage in der U-Bahn, alle 5 Minuten: Liebe Fahrgäste, es steht immer noch ein zu eins. Ich hetze in den Biergarten, wo das Kind total aufgeregt mit Fahnen wedelt und immer zu Oliver Zaaaaahhhhn schreit. Es scheint in einer Art rekursiver Zeitschleife gefangen zu sein. Beim Elfmeterschießen schreit es für alle Spieler und Torwarte. Die fünfhundert Meter nach Hause dauern zwei Stunden und jeder, der eine Fahne schwenkt, wird vom Kind persönlich begrüßt. Wir setzen uns an den Straßenrand und freuen uns wie Angela Merkel.
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Der rote Ballon
Kürzlich ist mir aufgefallen, dass alle Misanthropen hässlich sind. Dabei verhält es sich ein bisschen wie die Sache, die Max Goldt mit den Röhrenjeans beobachtet hat. Man wird nie wissen, ob die Drogenabhängigen am Bahnhof gerne Röhrenjeans tragen oder ob sie erst Röhrenjeans tragen und dann mit den Drogen anfangen, weil sie die Schmerzen, welche die viel zu engen Hosen verursachen, sonst nicht aushalten können.
Es stellt sich also die Frage, ob Misanthropen erst hässlich sind und aus diesem Frust heraus beginnen, die anderen Menschen zu hassen oder ob sie erst die Menschen hassen und vor lauter Hass hässlich werden.
Zumindest etymologisch hängt das zusammen. Hässlich kommt von hetlik und bedeutet „Hass erregend“ Erst in frühneuhochdeutscher Zeit wandelt sich das Wort hässlich zu dem Gegensatz von schön.
Jedenfalls gehen mir die freilaufenden Misanthropen besonders zur Sommerzeit auf die Nerven. Je besser man selbst gelaunt ist, desto eher zieht man einen dieser Gewitterwolken vor sich hertreibenden Menschen an.
So kam ich heute zum Beispiel mit dem Kind fahrradfahrend vom Spielplatz. Wir fuhren die Karl-Marx-Allee entlang, deren Fußgängerweg ca. 15 Meter breit ist. Schließlich mussten dort alle Bürger der DDR hinpassen, wenn man mit den Panzern auf der Straße Parade fuhr, um dem Westen säbelrasselnd zu zeigen, wer man war.
Wir fuhren Schlangenlinien. Große gegenläufige Schlangenlinien, die wir akustisch mit AhhhhaaaaaaaaaaahhhAAAAAAAAHHHHHHHaaaahhhhhAAAAAAAAHHHHHH untermalten.
Da kam eine Kolossfrau stampfend auf mich zugerannt und zog mich, ich schwöre!, vom Fahrrad und brüllte mich an, das Fahren auf dem Gehweg sei verboten. Ich entgegnete ihr zunächst freundlich, dass es v.a. mit einem Kind, das jünger als acht Jahre ist, nicht verboten sei. Doch, doch das sei es, röhrte sie, dass mir Spuckefäden ins Gesicht flogen. Nein, nein, teilte ich ihr nun auch ein wenig aufgebrachter mit. Von mir aus möge sie doch gleich die Polizei rufen, da könne sie sich eine Lektion in Verkehrsrecht abholen.
Die Walküre packte mich am Arm und rief: Na und? Aber Schlangenlinien sind sie gefahren! Das dürfen sie nicht!
– Warum nicht? Ich störe doch niemanden. Weit und breit ist niemand, dem ich auch nur näher als drei Meter gekommen wäre!
– Unverantwortlich ist das, dem Kind so was beizubringen.
– Das muss das Kind lernen, damit es Hindernissen ausweichen kann
– Der Gehsteig ist für die Fußgänger!
– Der Gehsteig ist für alle solange sie sich nicht schaden!
– Verhaften sollte man sie! Unverantwortlich sind sie!
Während das Weib so zeterte, fiel mir ein, dass ich dem Kind schon lange mal erklären wollte, was ein Misanthrop ist.
– Schau liebes Kind, das ist ein Misanthrop sprach ich. Ein Misanthrop ist im Gegensatz zum Philanthrop jemand, der die Menschen nicht leiden kann.
– Ja aber warum kann er keine Menschen leiden?
– Das weiß niemand, nicht mal der Misanthrop selbst.
– Komisch
Ja sehr komisch, stimmte ich zu und wandte mich von der Hexe ab. Wir fuhren in Schlangenlinien davon, während der Misanthrop sich immer mehr aufregte, rot wurde, sich aufblähte und gen Himmel fuhr.
Aus der Ferne betrachtet, sah er aus wie ein Luftballon. Ein roter Luftballon, der ruhig in den blauen Himmel schwebte. So mag ich ihn viel lieber, dachte ich und brauste mit dem Kind davon.
Um die Gefährlichkeit von Klolektüren
Heute mal dem Spruch gefolgt Ab eins macht jeder seins und pünktlich um 15 Uhr das Büro Richtung Wochenende verlassen. Kind im Kindergarten abgeholt und mit komischen Werkzeug auf dem eine 13 stand, eigenhändig Sattelhöhe des Sattels des Kinderfahrrades nach oben versetzt. Mich dabei gefühlt, als sei ich jetzt bereit, eine vier Wände umspannende Einbauküche auf Rigips-Wänden zu befestigen und alle Elektrogeräte selbst zu bauen.
Im Flow auch noch Wimpelfähnchen von Kinderfahrrad A auf Kinderfahrrad B transferiert.
Nachdem Kind jetzt besseren Hebel hat, hechelnd dem Kind hinterhergefahren. Mehr als drei Mal Auffahrunfall verursacht, da Kind spontan bremste und WM-Fans bestaunen musste. Im Park an Stelle gesprintet, wo die coolen Jungs ihre Skateboard- und Fahhradstunts absolvieren.
Als einer der Kerle mit seinem Superbike mit ca. 200 km/h über den Kunststückhügel gefahren ist, abhebt und zwanzig Sekunden in der Luft rotiert und wieder landet, steckt das Kind den Daumen hoch und sagt aufmunternd: „Das war schon ganz gut!“
Dann hat Kind eigene Stunts versucht, bei denen mir gelegentlich das Herz stehen blieb. Mich zusammen gerissen und gedacht: „Studien belegen, dass Kinder von Frauen fast ausschließlich sprachlich und von Männern motorisch gefördert werden. Kind kann schon ganz gut sprechen, jetzt muss Kind lernen, coole Stunts zu machen und es ist meine heilige Pflicht dazu ein entspanntes Gesicht zu machen.“
Kind kurze Einführung in die wichtigsten Grundkategorien von Skateboardtricks gegeben. Einen der 16 Jährigen hergeordert und einen Ollie vorführen lassen. Dann verschiedene Ollie-Variationen: Nollie, Switch Ollie, 180°, Fakie Ollie, One-Foot-Ollie. Beim 360° hat der kleine Skater schon rumgenölt. Dann beim Boned Ollie fast geheult. Drei Mal hingefallen, blutige Knie, Zahn ausgeschlagen.
Skater 1 gedankt und nächsten rangewunken. Der musste noch einige Flips, Verts und Lip-Tricks vorführen. Dann in die Runde gerufen, wer mir jetzt den Mr. Wilson macht. Alle aufgestanden und weggelaufen.
Dann aber gedacht: „Du wolltest doch selbst immer coole Skaterin sein, jetzt fängst Du an Deinen falschen Ehrgeiz auf das Kind zu übertragen!“ und Kind überredet zur Plantsche weiter zu fahren.
Dort hat sich Kind aller Kleidung entledigt und mich aufgefordert, ihm gleich zu tun. Halbe Stunde verwendet Kind stammelnd zu erklären, wieso Erwachsene sich nicht einfach ausziehen dürfen. Keinen wirklich überzeugenden Grund gefunden.
Wenige Millisekunden später hat mich Kind aufgefordert, es auf einen der riesigen Steinelefanten zu heben, die das Wasser verspritzen. Abgelehnt. Kind hat wütend darauf hingewiesen, dass der Vater so was durchaus mache und Frauen Kinder ausschließlich sprachlich fördern würden. Mich geärgert und Kind auf drei Meter hohen Elefanten geworfen, Kind aber angewiesen den Weg zum geringelten Rüssel selbst zu bestreiten. Da hat Kind von oben runter gerufen: „Das wolltest du wohl als Kind alleine schaffen? Das jetzt von mir zu fordern, ist eine inadäquate Projektion deines damaligen Unvermögens!“
Mir vorgenommen, alle Psychologiebücher vom Klo zu entfernen, da ich schon mehrere Mal beobachtet hatte, wie Kind beim Klogang interessiert in Lektüre geschaut hat. Ohnehin nie geglaubt, dass der Bengel nicht lesen kann.
Die Zahnfee hatte einen Gieranfall
Anscheinend ist die Sammlung der Zahnfee sehr geschrumpft. Heute hat sie bei uns zugeschlagen und sich gleich sechs Milchzähne mitgenommen. Böses, gieriges Weib, diese Fee. Was zahlt die Zahnfee eigentlich in anderen Familien? Nur um mal Klarheit über die Marktlage zu bekommen…
Zitat aus zahnlosen Kindermund: Der Aprikose-Arzt war sehr nett.
Sensation erster Blick auf Brangelina
Wenn die Presse und Getty Images so langsam sind, dann bekommen eben meine Leser den ersten weltexklusiven Blick auf das niedliche Baby von Angela Jolie und Brad Pitt. Da Brad ja bei uns wohnt, werden wir uns ohnehin bald kaum vor Presse und Co. retten können.
Wunderkinder, selbstgemacht
Vergangene Woche als wir in Kreuzberg waren und uns von dem schnuckeligen Studenten gleich zwei Zeitungsabos haben aufschwatzen lassen, bekamen wir als Anerkennung unserer Doofheit die Zeitschrift SZ Wissen geschenkt. Die befindet sich nun als wissenserweiternde Lektüre in unseren sanitären Anlagen.
Dort habe ich gelesen, dass Mozart gar kein Wunderkind war, sondern lediglich Produkt seines überehrgeizigen Vaters und ausreichender Übung. Man hat in diesem Kontext nachgewiesen, dass man anhand der Übungsstunden von Musikstudenten deren späteren Beruf vorhersagen kann. Wer zu Beginn des Studiums weniger als 7.500 Übungsstunden vorzuweisen hat, wird Musiklehrer. Alle die darüber liegen werden Berufsmusiker.
Diese Feststellung finde ich höchst interessant, verheißt sie doch, dass man mit ausreichender Druck und Schlägen Übung aus jedem Kind ein Wunderkind machen kann.
Bei den eigenen Kindern steht das ohnehin außer Frage. Da ist schon jede Windelfüllung ein Wunder, dass es zu preisen gilt. Bei Kindern, die nicht mit dem eigenen wertvollen Genmaterial gesegnet sind, muss man eben nachhelfen.
Glücklicherweise ist das Kind meines Freundes jedoch so talentiert, dass entsprechende Maßnahmen nicht notwendig sind. Es ist vergangene Woche gleich in die Fußstapfen von Camus, Satre und Heidegger getreten, indem es sich mit dem Absurden beschäftigt hat. Das Absurde wird gemeinhin definiert als vordergründige Widersinnigkeit, dem der menschliche Verstand entgegen seiner Gewohnheit keinen Sinn zu verleihen mag. Diese Tradition fortführend hat das Kind folgenden großartigen Witz erfunden:
Sitzt ein Auge auf dem Baum und isst Stühle.
Liebe Regierung mit Deinen tollen Förderprogrammen,
wie ich höre, förderst Du in den Bundesländern in denen es pro eine Million Einwohner nur einen Kindergarten gibt, das Tagesmuttersein. An sich eine super Idee. Da wird sich so manch Akademikerin, die nicht ganz ohne Aufgabe und Einkommen bleiben möchte, sicherlich entschließen, Tagesmutter zu werden. Was ein bisschen doof ist, ist was Du dafür zahlen willst. 420 Euro pro Kind, das man nimmt, wobei die Tagesmutter auch noch Windeln und Essen für die Racker kaufen muss.
Vorher muss man die eigene Wohnung nach Din Norm kindersicher machen. Kostet auch nur ein Paar Tausend Euro.
Um diese Ausgaben wieder rein zu holen und sich selbst auch ein bißchen Geld am Ende des Monats abzwacken zu können, lohnt sich die Sache erst ab fünf Kindern. Besser sind natürlich zehn oder zwanzig.
Die gebildete Akademikerin ist natürlich nicht dumm. Subventionen gibt es in anderen Bereichen der Wirtschaft zuhauf. Da kann man sich leicht was abschauen. Kindererziehung nach neuesten Erkenntnissen und mit den modernsten Mitteln der Technik, soll hier nur als Stichwort genannt sein.
Man spart eine Menge Geld und Arbeit wenn man die Kleinen z.B. nackt in einem gekachelten Raum mit Gitterboden aufzieht. So entfällt das lästige Windeln, da das Unterbodengitter lediglich einmal am Tag ausgespritzt werden muss. Wem das zu viel Arbeit ist, der stellt sich dafür einen Eineurojobber ein. Das wird ja auch gefördert.
Den Fenchel- und Kamilleetee gibt es aus der Hamstertränke, den Brei spritzt man direkt vom Bottich keimfrei in den Trog. Zur Charakterbildung werden die Kinder mit Klassik beschallt.
Mit der Sozialisation wird es dann leider nichts werden. Aber wer ein Steak aus der Massentierhaltung in die Pfanne wirft, der erwartet ja auch nicht, dass er was für seine Gesundheit tut, nicht wahr?