Bildet Flauschnetzwerke

Symbolbild Flauschnetzwerk

Hallo und herzlich Willkommen im Empörblog von Patricia Cammarata. Heute möchte ich über das Wort „Petze“ sprechen. Meine Kinder berichteten in der Vergangenheit immer wieder, dass sie so von Erwachsenen genannt wurden. Vornehmlich Erzieherinnen, die keinen Bock hatten Mediator in Schulhofkonfliken zu sein. Das bringt mich auf die Palme. Denn es geht meistens nicht ums Petzen sondern ums Hilfe holen. Sind die Kinder also mit ihrem Latein am Ende, wenden sie sich an eine Stelle, die meiner Auffassung nach u.a. genau dafür bezahlt wird: zu unterstützen und die Kinder langfristig immer kompetenter zu machen Konflikte untereinander zu klären. Nur klappt das eben nicht ab der 1. Klasse und manchmal auch nicht in der 8. Klasse und dann wäre es doch schön, wenn die Kinder Hilfe bekommen. Anstattdessen hören sie nicht selten: „Sei doch keine Petze, klärt das mal alleine.“ Danke für nichts.

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Weihnachten – das Fest der arbeitenden Mütter

So sehe ich Weihnachten aus (gemalt von Kind 3.0). Zufrieden und komplett stressfrei, weil alle mithelfen.

Ich habe seit einigen Jahren sehr gemütliche Weihnachten. Mit Caspar Clemens Mierau rede ich in unserem „Mit Kindern Leben“-Podcast in der Folge Weihnachten darüber. Wir haben alle Zwänge abgeworfen und machen das, was uns gefällt. Ich komme aus einer Familie, in der es so zuging, wie Mareice es auf z.ett beschreibt:

„Am Heiligen Abend, wenn die Kinderaugen leuchten, plumpsen die Mütter erschöpft aufs Sofa – natürlich erst, nachdem der Tisch abgedeckt ist und die volle Spülmaschine läuft.“

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Der liebe Haushalt

Egoistisch, weil man nicht unbezahltes Personal der Familie sein will?

Morgens im Bett schaue ich mir gerne Instagram-Storys an. Zum Beispiel die von Ringelmiez, die darüber schrieb, wie sie ihre Kinder in den Haushalt miteinbezieht. Als ich die Reaktionen auf ihre Story gelesen habe, habe ich fast meinen Kaffee ausgespuckt. In welcher Welt leben manche Menschen eigentlich?

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Is mir egal – über Body-Egalness

Body-Egalness
Schönstes Zitat im Film: Selbst die Models sind nicht so perfekt wie die Models

Gestern Abend habe ich den Film „Embrace“ gesehen, der noch bis 17.04. in der ARTE Mediathek verfügbar ist.

„In ihrem Dokumentarfilm „Embrace – Du bist schön“ begibt sich die australische Fotografin Taryn Brumfitt auf eine Reise um den Globus, um herauszufinden, warum so viele Frauen ihren Körper nicht so mögen, wie er ist. Sie trifft auf Frauen, die ihre ganz eigenen Erfahrungen mit Bodyshaming und Körperwahrnehmung haben. […] Taryns Botschaft lautet: Liebe deinen Körper wie er ist, er ist der einzige, den Du hast!“

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Dieser Adventskalender darf gerne 1.000 Euro kosten

Je älter ich werde, desto größer mein Wunsch, dass Weihnachten einfach so aussieht: Im Kamin* brennt ein Feuerchen, die ganze Familie sitzt im Kreis, wir trinken Tee und Kakao und spielen Brettspiele.

Anstatt dessen soll ich konsumieren, konsumieren, Konsum verschenken und noch mehr konsumieren. Es ist völlig irrsinnig, was man alles kaufen soll. Weihnachtsschmuck, extra Dekokrempel, Adventskalender, Adventskranz, Weihnachtsbaum, Geschenke, Nikolausgeschenke vorher nicht zu vergessen.

Wenn ich auch sonst nicht sehr auf Müll bzw. dessen Vermeidung achte, so fällt mir dennoch auf, dass Weihnachten besonders ein Fest des Mülls ist. Die Tonnen an Süßigkeiten müssen plötzlich nochmal extra eingepackt werden und deswegen zum doppelten Preis verkauft werden.

Ja, ich werde bin eine alte Frau, die mit einem Krückstock fuchtelt.

Ich weiß auch nicht, warum mir die Adventskalenderbasteleien anderer Menschen Gefühle machen. Also auch mehr als anderer Konsum. Werde ich meine Therapeutin mal fragen. Aber besonders Weihnachten macht es mich aggressiv wenn mir die Timeline tolle Ideen für Adventskalender in die Timeline spült, die am Ende nicht nur 10 Stunden Bastelarbeit kosten, sondern deren Inhalt einen Wert von ungefähr 100 Euro hat.

Irgendwo im Internet ist mir eine Idee begegnet, die mir im Gegensatz dazu sehr gut gefallen hat: Der umgekehrte Adventskalender

Die Idee ist ganz einfach. Ihr sucht euch ein Projekt aus, das (Sach)spenden annimmt. Ein Kinderhospiz, das Spielsachen sammelt. Ein Flüchtlingsprojekt, das Hygieneartikel sammelt. Lebensmittel für die Stadtmission. Von mir aus Euromünzen für Netzpolitik. – ihr findet da bestimmt was.

Wichtig ist nur, dass man vorher schaut, was überhaupt benötigt wird.

Dann nehmt ihr eine Kiste und legt bis zum 24. Dezember jeden Tag eine Sache da rein. Zu Heiligabend spendet ihr das Ganze. Fertig.

Wohlstand teilen.

Umgekehrter Adventskalender


*ich hab nicht mal einen. Den müsste ich erst kaufen, hahahaha.

 

Schuhkauf mit Kindern, jetzt auch on demand buchbar

Schuhe kaufen mit Kindern
Hier warten weitere Kinder darauf, dass mein Freund mit ihnen Schuhe kaufen geht.

Der Freund, mehrere Jahrzehnte kinderfrei, nie in der Elternbubble gewesen, kam zu meinen Kindern wie sozusagen die heilige Jungfrau Maria zum Jesuskind. Rein in Gedanken, unbefleckt im Herzen, noch nie in einem keifendem Elternforum gewesen.

Deswegen weiß der natürlich ganz viel nicht. Zum Beispiel dass das alljährliche Schuhekaufen mit Kindern zu den Ereignissen zählt, die man gerne gegen rituelles Augenauskratzen tauschen würde.

Die sechs Höllen des für Kinder Schuhekaufens waren ihm völlig unbekannt.

Typische Szenarien sind ja zum Beispiel:

  • Die einzigen Schuhe, die irgendwie in Frage kommen, sind aus handgeklöppeltem Ziegenersatzleder und kosten leider das Weihnachtsgeld. Wenn man mehrere Kinder hat: auch noch das Urlaubsgeld im Sommer. Wenn man weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld bekommt, bedeutet das für die Eltern: keine eigenen Stullen, ein Jahr nur Hasenbrote (vgl. Absatz [2]).
  • Die einzigen Schuhe, die in Frage kommen, kommen auf keinen Fall in Frage. Die Meinungen  von Kind und Elter gehen deutlich auseinander. Während das Kind die knallrosa Plastikschlappen mit dem Aufdruck „Daddys little Darling“ haben will, widerstrebt es den Eltern hierfür Geld auszugeben.
  • Es ist nicht zu ermitteln, welche Schuhe in Frage kommen, weil die Kinder in jedem Schuhgeschäft wie kleine, ferngesteuerte Roboter auf die Fernsehecke zusteuern und dann so apathisch sind, dass man die Schuhe entweder nicht an ihre schlappen Puppenkörper bekommt oder aber sie nicht rückmelden können, ob der Schuh zusagt.
  • Die Schuhe, die eben noch im Laden gepasst haben, sind zuhause beim Vorführen untragbar. Sie drücken nämlich. Ja, wirklich. Ja, ganz plötzlich.
  • Die Schuhe, die es sein sollen, sind im achten Schuhgeschäft – egal in welcher Reihenfolge man bekannte Schuhgeschäfte besucht. Sie sind immer im letzten. Sie sind immer da, wo man mit letzter Kraft reinrobbt. Danach braucht man Urlaub.

Wie gesagt, als normale Eltern kennt man diese Probleme zu genüge. Wenn man aber aus einer anderen Filterbubble kommt, dann weiß man all das nichts.

Es lief also so ab: Auf unsere gemeinsame To Do Liste schrieb ich: „Neue Schuhe kaufen.“

Beim Abendbrot erwähnte ich das. Dabei äußerte ich Bedauern, dass ich diesen Part zeitnah vermutlich nicht übernehmen könne, weil ich immer lange arbeiten müsse. So ist das, wenn man einen wichtigen Job hat, ja, leider bin ich unersetzlich. Ausnahmsweise mal früher nach Hause gehen, sieht der Chef gar nicht gerne. Es eile zwar, aber übergangsweise könnten wir ja Schuhwerk aus Pressspanplatten aus dem Hobbykeller oder Plastiksäcken basteln.

Der Freund, sehr pflichtbewusst und an Gleichberechtigung interessiert, sagte: „Ach was. Das kann ich ja übernehmen.“

Innerlich highfivte ich mich selbst mit Anlauf und Sprung. Mein Gehirn formte lautlos ein YES!

Äußerlich kaute ich nachdenklich mein Abendbrot weiter und sagte: „Als Mutter würde ich das natürlich auch sehr gerne übernehmen *Finger fürs Lügen hinterm Rücken übereinander*, aber ja – warum nicht.“

Im Kopf Konfettikanonen, die rhythmisch nacheinander ihre Ladungen abschießen.

„Wie viel sollen die Schuhe denn kosten?“

„Och, so 30 Euro. Die wachsen ja immer so schnell raus.“

„OK.“

Zwei Tage später erhalte ich eine SMS: „Wir gehen jetzt Schuhe kaufen.“

Am Abend kam ich nach Hause. Die Kinder hüpften mir gut gelaunt entgegen: „Hier Mama, schau mal die neuen Schuhe. 25 Euro haben sie gekostet.“

Während ich mich frage: „Wie ist das möglich? Wie hat er das gemacht?“, stelle ich mich aber darauf ein, dass sich hinter den Kindern die Tür öffnet und der Freund wie ein Brett kraftlos in den Flur fällt. Ich google schnell „mitfühlende Worte zu jedem Anlass“, mache mich bereit, eben jene Worte möglichst authentisch zu formulieren, da tritt der Freund in den Flur.

„Hallo“, sagt er. Man merkt ihm augenscheinlich nichts an. Seine Haare sind nicht zerrauft, er ist nicht bleich, nicht entkräftet, nicht schlecht gelaunt. „Ich mache jetzt Abendessen.“

So war das mit dem Schuhkauf dieses Jahr.

Auf Twitter habe ich deswegen gefragt, wie ich mir nun sicher sein kann, dass der Freund kein Alien ist. Mir wurde dabei gesagt, dass man ihn das einfach fragen könne, da bekannt sei, dass Aliens niemals lügen würden.

Seine Antwort, eine sogenannte Glomar Response: „I can neither confirm nor deny.“

Das verunsichert mich – aber hey, ich habe gar nichts gegen Aliens. Solange Aliens weiterhin Schuhe mit den Kindern kaufen gehen, liebe ich Aliens sogar.

Lesen Sie unbedingt auch die Sicht des Aliens.

Muttertag 365 Tage im Jahr

Muttertag - ein Träumchen
So liege ich den ganzen Tag im Bett. Auch am Muttertag. NICHT./Quelle: Pixabay jill111

Muttertag. Mir geht das Abhassen auf den Muttertag auf die Nerven.

Warum ist es immer entweder oder? Warum kann ich den Muttertag und die Geschenke nicht behalten UND politische Forderungen haben?

Ich verstehe. Wut. Wut über die unhaltbaren Bedingungen. Wut v.a. weil Kinder ein Armutsrisiko darstellen. Berechtigte Wut aller Alleinerziehenden (aber nicht nur).

Wut ist ja eigentlich total mein Ding (auch wenn ich nicht so aussehe).

Aber in dem Fall sträubt sich alles in mir gegen die Idee, dass ich nicht gleichzeitig Feministin sein UND Selbstgebasteltes von meinen Kindern entgegen nehmen kann.

Oder – der Einwand kommt ja schnell – von meinem Partner, der das vielleicht stellvertretend für die Kinder macht, weil die noch zu klein sind.

Weder die Kinder – noch die Partner sind der Feind. Und ich finde es feindselig gegen die Geschenke, die man zum Muttertag bekommt, zu wettern (oder differenzierter gesagt – sie abzulehnen).

Man stelle sich das mal in real vor, nicht nur metaphorisch: Da springen meine Kinder morgens mit einem Büschel selbstgepflückte Blumen in mein Bett (natürlich um 6 Uhr und nicht wenn ich finde, dass ich ausgeschlafen habe) und dann nehme ich die Blumen und werfe sie gleich aus dem Fenster.

Macht natürlich niemand.

Ich habe schon auf Twitter gesagt, dass diese Dramaturgie „Ich will nicht <Geschenk> sondern <wichtige politische Forderung>“ mir ein ungutes Gefühl macht und habe einiges an Gegenwind erfahren und einige Menschen, die ich sehr gerne in meiner Timeline habe, sind mir gleich entfolgt.

Wahrscheinlich folge ich dem falschen Feminismus (welche Richtung ist das dann eigentlich? Bekiffter Flausch-Feminismus?).

Ihr hört mich seufzen.

Ich weiß es wirklich nicht. Es gibt ja diese bizarre Richtung Glamour-Konsum-Feminismus – zu sehen auf den Kleiderständern diverser Modeketten – zu erkennen am flotten, glitzernden Fun-Feminismus-Spruch auf dem Shirt (nur 6,99 Euro!).

Bin ich da angekommen? Bin ich kurz vor Ivanka Trumps Bullshit-Feminimus?

Wie gesagt: Ich unterstütze vollumfänglich die Forderungen (ich bin nicht mal bereit bescheiden Wünsche zu sagen, weil es ist an der Zeit, dass diese Dinge Realität werden. Da hilft vielleicht ein leises „Ich hätte gerne…“ nicht mehr, da muss man vielleicht auch mal „Ich will…“ sagen).

Lest bitte weiter bei der geschätzten Mama arbeitet, bei Mutterseelesonnig und auch bei Journelle, die zu Recht gegen die furchtbaren Muttermythen abhasst oder schaut euch das Hashtag #Muttertagswunsch auf Twitter einfach selbst an.

Ich sehe mich wirklich ganz und gar nicht im Gegensatz oder Widerstreit dieser Personen und/oder der Aktion Muttertagswunsch.

Mich erschreckt nur die Wut (in dem Fall, vielleicht, wie gesagt, weil ich so hormon-schnulli-weichgespült bin). Ich möchte in der selben Demo mitlaufen und ich möchte noch mehr Frauen und Männer mitnehmen und die Kinder gleich auch.

Natürlich sollen die lernen, dass es nicht nur einen Tag im Jahr gibt, an dem man die Eltern alibimäßig wertschätzt.

Und zuletzt wünsche ich mir, dass auch Väter Muttertagswünsche haben. Das irrwitzige ist nämlich, dass diese Wünsche alle so klingen als seien sie Aufgaben/Probleme/Verantwortung der Mütter. Sind sie auf eine Weise natürlich. Sollen sie aber nicht sein. Also bitte – es gibt ja keinen Elterntag – dann lasst mal ein paar Vatertagswünsche hören.

#Bastelgate

Adventskalender
pixabay @condesign
Basteln als Politikum

Ich mache mich ja immer wieder darüber lustig, dass man als Eltern  zum Basteln genötigt wird. Es gibt unterjährig viele Anlässe. Mindestens zur Laternenzeit und Weihnachten kommt man kaum drumherum.

In meinem Blog habe ich (toitoitoi) eigentlich nie hitzige, unsachliche Diskussionen oder angreifende Kommentare. Es sei denn, ich schreibe über das Basteln.

Das ist höchst erstaunlich. Basteln ja/nein kann tatsächlich einfach aufgenommen werden in die Liste Familienbett ja/nein, impfen ja/nein, Stillen ja/nein.

Menschen, die basteln zu kritisieren, ist offenbar damit gleichzusetzen ihre generelle Art zu leben zu kritisieren.

Ich habe gestern einen Artikel (Rotwein, vielleicht) über den Zwang des Adventskalenderbasteln auf Twitter verlinkt und damit eine Diskussion zum Thema Adventskalender ausgelöst, die ich sehr interessant fand.

In der Elternblog-Szene gibt es anscheinend einen Authentizitätszwang

Mal abgesehen davon, dass ich es fast schon belustigend finde, wie wörtlich manche Texte genommen werden. Die Autorin schreibt z.B.

Das muss man alles nachts machen, wenn die Kinder schlafen. Darf dabei nicht rauchen, wegen der Kinder. Darf keine laute Musik dabei hören, weil die Kinder schlafen. Darf nicht kiffen, kein MDMA, kein Speed, kein Koks, kein Heroin nehmen. Rotwein vielleicht.

und

Oder würdet ihr von eurem Mann verlangen, er soll euch beim Weihnachtskalenderbasteln helfen? Ich glaube, ich könnte mit meinem Mann nicht mehr schlafen, wenn er mir beim Weihnachtskalenderbasteln geholfen hätte. Frauenkleider dürfte er tragen, oder Kuchen backen, oder Knöpfe annähen. Aber Beutelchen befüllen? Nein!

Darauf dann die Frage: „Warum sollte der Mann nicht basteln dürfen?“, „Warum sollte man keinen Sex haben wollen, mit Partnern, die basteln?“ „Wieso sollte man Drogen nehmen wollen, wenn man basteln muss?“

Herrje. Ich kenne diese Reaktionen aus meinen Amazon Buchkritiken. Meine Einsternbewertungen werfen mir beispielsweise vor:

„Es sind keine Erfahrungsberichte, sondern schlicht an den Haaren herbeigezogene Geschichten.“

„Überdrehte Mutter, da würde ich als Kind ausrasten, so wie diese es auch tun.“

„[…] sehr weithergeholt und übertrieben“

Ja, liebe Leserinnen und Leser, es tut mir ja leid, aber ich überspitze die Geschichten rund ums Elternsein, manchmal erfinde ich sie sogar komplett, weil es mir um ein bestimmtes Thema geht, das mir im Muttersein begegnet und ich verarbeite es, indem ich mich darüber lustig mache.

Ohne Frau Ruth zu kennen, würde ich jetzt auch behaupten, bestimmt hat sie nicht wirklich vor beim Basteln Heroin zu nehmen und womöglich würde sie weiterhin Geschlechtsverkehr mit ihrem Partner haben, selbst wenn er energisch nach dem Bastelkleber greift.

Mal abgesehen davon, dass also manche alles sehr wörtlich nehmen, ist doch interessant, wie viele Emotionen der Artikel wecken kann.

Im Wesentlichen spannen die ein Spektrum zwischen „I feel you“ bis „JETZT LASST DOCH DIE ARMEN MENSCHEN BASTELN“ auf.

Tatsächlich hatte ich dann plötzlich auch eine Emotion. 2012 habe ich dazu schon geschrieben: „Ich glaube, 80% der anderen machen Dinge selbst, um Menschen wie mich in den Wahnsinn zu treiben.“

Und ja, das ist auch übertrieben und ja, ich würde 2016 nicht mehr schreiben, dass ich Menschen hasse, die basteln – aber es bleibt bei einer Sache:

Basteln kann nicht jede/r

Ich finde wirklich (auch wenn das eine Sache der Prioritäten ist) – man muss zum Basteln erstmal Zeit haben. Und so albern das klingen mag, es gibt Lebenssituationen – im Extrem wenn man alleine für einen Haushalt mit mehreren Kindern verantwortlich ist – die das Zwangsbasteln und Selbermachen zur Belastung werden lassen.

Um durch den Alltag zu kommen, habe ich also alle Aufgaben priorisiert und prüfe: was muss ich machen, was ist optional, was kann ich irgendwie ersetzen.

Und nein, manche Dinge im Eltern-Kind-Umfeld kann man nicht einfach ignorieren. Für mich gibt es oft eine Art Bastel/Back/Klöppelzwang

Wenn das ganze Umfeld Adventskalender bastelt und befüllt, dann viel Spaß bei der Aufgabe, den Kindern für 1,99 einen gekauften Kalender in die Hand zu drücken.

Mal abgesehen davon ist basteln oft teuer. Wenn man bereits Besitzerin eines Bastelarsenals ist, dann ist das einem vielleicht gar nicht so bewusst. Um beim Thema Adventskalender zu bleiben, bei drei Kindern und einer Befüllung pro selbstgefalteten Adventskalendertürchen von 1 Euro plus Bastelmaterialen (5 Euro) ist man bei 87 Euro.

Bitte verschont mich also mit der Aussage, das sei doch alles kein Problem.

Natürlich hat das was mit Konsum zu tun und natürlich kann sich das nicht jede/r leisten und zwar sowohl was den Zeitaspekt als auch den finanziellen Aspekt angeht.

Und das finde ich, darf man durchaus berücksichtigen.

Und ja es gibt schöne Alternativen, z.B.

Und wenn auch einiges aus meinem Text von 2012 anders formulieren würde, diese Aussage bleibt:

„Ich habs ja versucht. Aber ich schaffe das nicht. Ich schaffe nicht 30 Stunden zu arbeiten, den Haushalt, die Kinder zum Sport zu bringen, Laternen zu basteln, Plätzchen zu backen, dabei immer schick auszusehen, ICHWILLDASNICHT und ich will nicht, dass die anderen mir ständig zeigen, was sie alles selbst machen.“

Und deswegen fand ich den Text von Frau Ruth so toll.

Adventskalender basteln ist (wie alles andere) nicht Privatsache

Denn ja, den Druck mache ich mir zum Teil selbst, aber ab einem gewissen Grad gibt es auch kein Entrinnen. Ein Kind, das umgeben ist von Kindern, die jeden Tag ein gekauftes Spielzeug in einem selbstgebastelten Kalender finden, muss schon ganz schön bearbeitet werden, um sich nicht zu fragen: Warum alle andern und ich nicht?

Es geht in der Sache der Adventskalender also v.a. um den bereitgestellten Inhalt und Zitat: „Noch schlimmer wird es dadurch, in dem man bereit ist, dem Konsumwahn auch noch eine persönliche Note durch eine Aura des Handgemachten zu verleihen„.

So und jetzt gehe ich basteln. Es gibt nämlich keine Lösung für dieses Dilemma. Denn das was man tut, hat eben auch Auswirkungen auf andere. Ob man will oder nicht und ich finde, dessen darf man sich wenigstens bewusst sein. Ob man dann in diesem Wissen Rücksicht nehmen kann oder möchte, ist nochmal eine andere Frage.

Leider ist es eben sogar beim Adventskalender so, dass das was man selbst tut, nicht im luftleeren Raum steht.