Lieblingstweets 11/15

[Vorlesegeschichte für Kinder] Ein Weihnachtsgeschenk für Mama und Papa

Ilva trifft auf ein sprechendes Eichhörnchen. Dass das am Ende sogar sprechen kann, wundert sie dann irgendwie auch nicht sonderlich.
Eine weihnachtliche Vorlesegeschichte, für Kinder ab hmmm 5 (?)

Ilva blickte aus dem Fenster. Es hatte angefangen zu schneien und sie beobachtete die Schneeflocken wie sie durch die Luft wirbelten und sich lautlos auf dem Fensterbrett niederließen. In zwei Tagen war Weihnachten, das wusste Ilva obwohl sie erst fünf Jahre alt war.

Ilva dachte an letztes Jahr. Da hatte der Weihnachtsmann ihr ein Fahrrad geschenkt. Ein blaues mit einer Tigerlampe vorne und Speichenklickern. Sie konnte es kaum aushalten, es auszuprobieren und als endlich der Schnee geschmolzen war, fuhr sie jeden Tag mit ihrer Mama zum Kindergarten. Egal ob es kalt war oder regnete.

Bei dem Gedanken an Mama, dachte sie wieder an Heilig Abend. Mama und Papa hatten komischerweise nichts vom Weihnachtsmann bekommen. Sie konnte sich das nicht erklären. Eigentlich waren die beiden ganz lieb gewesen. Also einigermaßen. So lieb wie Mamas und Papas eben sein können. Manchmal hatten sie schon rumgemeckert. Morgens zum Beispiel, wenn Ilva bummelte oder am Nachmittag wenn Ilva keine Lust hatte aufzuräumen. Das übliche eben. Am Ende des Tages aber waren Mama und Papa eigentlich immer lieb. Sie lasen ihr und ihrer Schwester eine Gute Nacht Geschichte vor und kuschelten dann mit ihnen. Dann machten sie das Licht aus und sangen noch für jedes Kind ein schönes Lied. Also Papa sang ein schönes Lied. Mama summte dazu weil sie oft den Text vergaß. „Aber Text vergessen kann doch kein Grund sein keine Geschenke zu bekommen?“, grübelte Ilva. So streng war der Weihnachtsmann bestimmt nicht. Was aber war passiert? Ilva starrte angestrengt zum Baum der ihrem Zimmer gegenüber stand. Eine große Kastanie, die jetzt im Winter ganz kahl war. Die Blätter waren alle abgefallen.

Ob Mama und Papa vielleicht vergessen hatten einen Wunschzettel zu schreiben? Das konnte sich Ilva gut vorstellen. Die beiden waren immerzu beschäftigt und selbst am Geburtstag äußerten sie auf Nachfrage nur ganz doofe Wünsche. Mama sagte immer, sie wünsche sich liebe Kinder! Als ob Ilva und ihre Schwester nicht ohnehin total liebe Kinder wären. Und Papa sagte auch nie was vernünftiges. „Was wünschst du dir zum Geburtstag Papa?“ „Weltfrieden. Ansonsten bin ich glücklich.“ Was konnte Ilva schon zum Weltfrieden beitragen? Wenn Mama und Papa dem Weihnachtsmann auch so blöde Antworten gegeben hatten, war ja klar, dass sie nichts bekommen würden.
Ilva fand das gemein. Mama und Papa sollten auch etwas bekommen. Was wenn der Weihnachtsmann dieses Jahr wieder nichts unter den Baum stellte? Sie überlegte. Vorsichtshalber würde sie den beiden ein kleines Geschenk besorgen. Nur was für eins?

Während sie nachdachte, fiel ihr im Baum gegenüber ein Eichhörnchen auf. Es hatte graublaues Fell. Ilva schaute ganz genau hin. Das Eichhörnchen wirkte irgendwie aufgeregt. Es sprang von einem Beinchen auf das andere und Ilva hätte schwören können, dass es mit seinen Vorderpfoten Zeichen gab. Es wedelte die Tatzen hin und her und fuchtelte durch die Luft. Komisches Eichhörnchen.

Ilva blinzelte und plötzlich war das Eichhörnchen verschwunden. Gerade als sie sich ein Buch suchen wollte, hörte sie ein leises Klopfen am Fenster. Sie erschrak, doch als sie zum Fenster schaute, sah sie dort das Eichhörnchen. Sie ging ganz langsam ganz nah an die Glasscheibe. Das Eichhörnchen schien nicht scheu zu sein. Im Gegenteil es schaute Ilva interessiert an. „Lass mich rein!“ Ilva wäre vor Schreck fast umgefallen. Das Eichhörnchen konnte sprechen? So als ob das Eichhörnchen zusätzlich Gedanken lesen könnte, sagte es: „Ja, ja. Ich kann sprechen. Lass mich rein jetzt!“ Eigentlich durfte Ilva die Fenster nicht öffnen, aber dieses Mal machte sie eine Ausnahme. Schließlich begegnet man nicht alle Tage einem sprechenden Nagetier. Vorsichtshalber kippte sie das Fenster nur einen Spalt. Gerade weit genug damit das Eichhörnchen durchschlupfen konnte.

„Hallo, ich bin Nusser. Wie heißt du?“, das Eichhörnchen blickte Ilva fragend an.

„Ich bin Ilva.“

„Hallöchen. Danke fürs Aufmachen. Irgendwie ist mir diesen Winter ständig kalt. Ich weiß auch nicht.“

Ilva starrte das Eichhörnchen an. Es entstand eine unangenehm lange Gesprächspause.

„Und du so?“, fragte das Eichhörnchen.

„Ich … äh ich…“ Ilva wusste erst nicht was sie sagen sollte, aber dann kamen die beiden ins Gespräch und Ilva erzählte unter anderem davon, dass sie gerade darüber nachgedacht hatte, ihren Eltern ein Weihnachtsgeschenk zu machen, weil die letztes Jahr nichts bekommen hätten. Sie erzählte auch, dass sie noch keine Idee hatte, was sie schenken könnte. Nusser und Ilva unterhielten sich sehr gut und bald kam schon raus, dass die Eltern im Flur gerne die Raufasertapete entfernen und ihn gelb streichen würden. Eindeutig keine Arbeit für ein Kind.

„Aber für ein Eichhörnchen“, fand Nusser. „Na gut, für ein handwerklich begabtes Eichhörnchen…“

Ilva fand das logisch. Wenn es sprechende Eichhörnchen gab (was sie noch nicht wusste), musste es auch handwerklich begabte Eichhörnchen geben (was sie bislang auch nicht wusste). Jetzt mussten die beiden lediglich einen Plan machen, wann und wie genau der Flur verschönert werden sollte. Nachts, das war schnell klar, es sollte schließlich eine Überraschung sein. Ilva müsste es nur fertig bringen und die Haustür in der Nacht zum Heiligen Abend geöffnet lassen. Nusser hatte versprochen die Wandfarbe und alles nötige zu besorgen, nur passte das freilich nicht durch ein gekipptes Fenster. Ilva war sich erst nicht sicher, ob man Wohnungstüren ausnahmsweise offen stehen lassen sollte – aber irgendwie musste der Weihnachtsmann ja auch in die Wohnung, um die Geschenke unter den Baum zu legen und deswegen würde das bestimmt in Ordnung gehen.

Als alle Feinheiten geplant waren, holte Ilva noch ein paar Nüsse aus der Küche und den flauschigen Pelzmantel ihrer Barbie, mit der sie ohnehin nie spielte und gab sie Nusser mit. Nusser schien sichtlich zufrieden und verabschiedete sich fröhlich: „Bis übermorgen!“
Ilva war in der Nacht zu Heilig Abend noch aufgeregter als sonst. Das half ihr wach zu bleiben, bis ihre Eltern schlafen gingen. Sie wartete noch ein paar Minuten und stand dann ganz leise auf und schlich sich in den Flur.

Annika Kuhn
Illustration: Annika Kuhn

Ihr war ein wenig mulmig zumute als sie die Haustür öffnete. Beim Anblick von Nusser, der schon mit einem großen Eimer gelber Farbe bereit stand, war sie sehr erleichtert. Nusser wollte schon losplappern, aber Ilva legte ihren Finger vor die Lippen. „Pscht!“ Das Eichhörnchen nickte und schob sehr leise den Farbeimer in den Flur. Dann bat es um einen Eimer Wasser. Wie gut, dass die Wohnung zwei Etagen hatte und die Eltern ohnehin so gut wie nie was hörten wenn sie schliefen! Ilva füllte einen Eimer mit Wasser. Das Eichhörnchen tauchte seinen Puschelschwanz in das Wasser und bespritzte die Wände mit Wasser. „Man muss die Raufasertapete einweichen, weißt du? So richtig nass!“ Nusser holte immer wieder Wasser nach und veranstaltete eine unfassbare Sauerei. Ilva zweifelte langsam ein bisschen, ob das mit der Flurrenovierung die richtige Idee war.

Eine Stunde später war Nusser fertig. „Hast du ein paar Würmer? Ich bin ganz schön hungrig und das muss jetzt erstmal einweichen.“ „Leider nein. Vielleicht Pilze?“ „Ja, Pilze gehen auch.“

Ilva holte außerdem noch einige Löffel Müsliflocken und eine kleine Portion Cornflakes und so saßen die beiden im pitschnassen Flur und machten ein Nachtpicknick.

Dann, ohne jede Vorwarnung sprang Nusser plötzlich auf und hüpfte an das Ende der Wand, das oben an der Zimmerdecke endete und ließ sich mit ausgefahrenen Krallen bis zum Boden gleiten. Dabei löste sich tatsächlich die Tapete in großen Stücken. Ilva war erstaunt. Wie hypnotisiert beobachtete sie Nusser wie der so nach und nach den ganzen Flur bearbeitete.

Am nächsten Morgen wachte Ilva zusammengerollt auf dem Boden des Flurs auf. Sie musste über das Beobachten des Eichhörnchens so müde geworden sein, dass sie eingeschlafen war. Schließlich war es außerdem sehr spät geworden. Nusser hatte ihr eine Decke übergelegt. Ilva rieb sich ihre Augen und wollte sich gerade das Ergebnis der nächtlichen Bemühungen anschauen, als ihre Eltern in den Flur traten.

„Was es ist denn hier los?“, wunderte sich Mama.

„Das gibt’s ja nicht! Wie hast du das denn gemacht???“, Papa war völlig außer sich.

Tatsächlich, der Flur war fertig und erstrahlte im wunderschönsten Sonnengelb. Alles war sauber und nirgends waren Raufaserreste zu sehen.

Als Ilva sich wieder gefasst hatte – sie war ja selbst sehr überrascht – sagte sie: „Das, das war nicht ich!“

„Sondern?“, fragte Papa.

„Ja, das würde ich jetzt aber auch gerne wissen!“, schob Mama nach.

Ilva überlegte kurz. Die Sache mit Nusser war vielleicht wirklich ein bisschen verrückt.

„Das war der Weihnachtsmann!“

Mama und Papa waren etwas sprachlos, aber dann lachten alle. Mama und Papa gingen davon aus, dass der große Sohn von Papa und seiner ersten Frau geholfen hätte und sagten deswegen nichts weiter. Das war auch OK, das mit dem Eichhörnchen hätten sie vermutlich ohnehin nicht geglaubt. So freuten sich alle und gingen frühstücken.

Ilva bekam noch oft Besuch von Nusser und sie wurden richtig gute Freunde. Es ist wirklich eine gute Sache ein handwerklich begabtes Eichhörnchen zum Freund zu haben!


 

Die Illustration der Geschichte ist von Annika Kuhn, das ist die Dame, die auch das wunderschöne Buch „Pinipas Abenteuer“ bebildert hat. Nur so als Tipp… falls ihr noch was schönes zu Weihnachten sucht.

 

Pinipa_Cover

P.S. Ich schreibe ja sehr gerne Kindergeschichten zum Vorlesen. Da dachte ich, ich könnte ja mal eine am 1. Adventssonntag veröffentlichen. Ich würde mich freuen, wenn ihr sie euren Kindern vorlest und mir Feedback dalasst, ob die Kinder sich unterhalten gefühlt haben. Mein großer Traum ist es eines Tages ein Kinderbuch zu schreiben…

Was ist so schwer an einer deutlichen Kennzeichnung?

Als ich vor über 11 Jahren angefangen hab, war es noch total verpönt mit Blogs Geld zu verdienen. Blogs waren meist sehr persönliche Plattformen („Internettagebücher“), die v.a. wegen ihrer Authentizität gelesen wurden. Die Ersten Bloggerinnen und Blogger, die Produkttests gemacht haben oder Waren sowie Dienstleistungen beworben haben, wurden scharf kritisiert. Ich würde fast sagen, sie wurden beshitstormt – nur dass dieser Begriff damals noch nicht verbreitet war. Die deutsche Blogosphäre war damals klein und ich würde behaupten hinter einem nicht zu vernachlässigenden Teil der Kritik stand einfach Neid und Missgunst. Sollen die mal was ordentliches machen! Kann ja wohl nicht sein, dass jemand mit dem, was ihm oder ihr Spaß macht Geld verdient.

Die Zeiten haben sich glücklicherweise geändert. Blogs sind nicht nur viel diverser, sondern es sind auch zahlreiche andere Plattformen aufgekommen, über die quasi jeder Mensch ohne große technische Kenntnisse publizieren kann. Auf YouTube kräht kein Hahn mehr danach, ob Werbegelder fließen oder nicht. Wer amerikanische (Technik)Podcasts hört, weiß auch, dass es ganz normal ist, bestimmte Test-Gadgets zur Verfügung gestellt zu bekommen und diese für Geld zu bewerben.

Werbung ist in der Zwischenzeit schon lange in den Blogs angekommen und ich finde das gut. Nicht nur, weil ich ja selbst werbe – nein, ich lese auch gerne bei anderen Bloggerinnen und Bloggern wie sie einen bestimmten Dienst fanden und ich nehme auch gerne an Verlosungen teil.

So what?

Ich hole mal aus und plaudere mal aus meinen persönlichen Erfahrungen. Ich verdiene gelegentlich ein wenig Geld mit meinem Blog. Mein Blog ist weiterhin mein Hobby, ich habe eine Festanstellung, die ich sehr schätze und egal was, ich will das nicht ändern. Allerdings habe ich kein Problem damit meine Plattform zu nutzen, um zu werben. Dabei werbe ich nur für Produkte, die mir selber gefallen oder die ich gut finde. Wenn ich Anfragen bekomme, kann ich auswählen. Divenhaft – denn – ich lebe nicht davon. Ich lehne also gefühlte 80% der Anfragen ab. Ich lehne aber nicht nur ab, weil ich Produkte oder Dienstleistungen unpassend finde, sondern auch, wenn ich den Anbieter nicht seriös finde. Gerne wird mal gefragt, ob man das nicht organischer gestalten könnte, also nicht gleich kennzeichnen als Werbung oder ob man nicht so werberisch schreiben könnte, sondern lieber naja erzählerisch.

Ich habe auch schon Produkte oder Dienstleistungen getestet und weil ich sie überwiegend blöd fand, nicht darüber geschrieben. Dem Kunden gebe ich dann trotzdem Feedback: Das und das hat mir aus den und den Gründen nicht gefallen. Das ist deprimierend. Denn: ich habe Arbeit mit dem Test und dem Feedback und am Ende bekomme ich: nichts. In der Regel nicht mal eine Antwort vom Kunden. Ich verstehe das nicht. Ich denke mir immer: Als Kundin würde ich das selbst schätzen, denn so erfahre ich doch ehrlich und offen was gut und was verbesserungswürdig an meiner Dienstleistung oder meinem Produkt ist. Aber gut…

So und da kommt meine Weicheiigkeit: Ich bringe es nicht übers Herz einen Verriss wirklich zu bloggen. Ob ich das eigentlich tun müsste oder ob es OK ist, das nicht zu tun, diese Frage beschäftigt mich nach wie vor. Ich kenne BloggerInnen, die würden einfach klipp und klar schreiben: das ist kacke, Finger weg davon. Mein Bauchgefühl sagt: eigentlich sollte man genau das tun. Ich habe aber immer wieder Bedenken, denn oft läuft der Kontakt zu Kunden nicht direkt sondern z.B. über Agenturen und denen will ich nicht schaden. Überhaupt ist mir am Schaden anderer gar nicht gelegen.

Auch habe ich im Laufe der Zeit nach und nach dazu gelernt. Ich habe zwar die Kategorie „Werbung“ oder „Verlosung“, die dann auch in der URL steht und ich verschlagworte die Artikel auch, aber ich habe nicht von Anfang an deutlich geschrieben: „Dieser Beitrag ist in Kooperation mit XY entstanden“. Auch habe ich mich erst kürzlich entschlossen in jeden Beitrag, für den ich Geld bekomme deutlich [Werbung] in die Überschrift aufzunehmen. Auch beim twittern oder instagrammen benutze ich das Hashtag #werbung. Das Wort in der Überschrift zu benutzen hilft aber auch deutlich zu machen, dass es um Werbung geht, wenn andere meinen Beitrag teilen.

Warum ich das alles schreibe: in letzter Zeit sehe ich Beiträge anderer Bloggerinnen und Blogger, die über eine Sache schreiben, die über unterschiedliche Agenturen lief, um die ich mich auch beworben habe, weil ich sie cool fand und dann sehe ich: der Blogartikel wird nicht oder verklausuliert als Werbekooperation gekennzeichnet. Das macht mich wütend und enttäuscht. Ich glaube heutzutage ist dem überwiegenden Teil der Bloggerinnen und Blogger ziemlich klar, dass man die Beiträge kennzeichnen muss. Tatsächlich muss, denn alles andere ist eben Schleichwerbung. Ich denke, die meisten denken sich dann: Wo kein Kläger, da auch kein Richter.

Aber ich finds scheisse. Warum?

Da sind wir wieder beim Thema Authentizität. Ich lese gerne Testberichte AUCH wenn sie gekennzeichnet sind. Ich klicke auch Beiträge von Bloggerinnen und Bloggern, die deutlich mit #werbung gekennzeichnet sind. Warum auch nicht? Ich schaue mir die Bilder an, lese die Pro und Contras und denke mir dann: „ach, kannte ich noch gar nicht, das probiere ich auch mal“ oder „Oh, klingt kompliziert, mag ich vielleicht doch nicht.“

Ich habe das Gefühl, dass mir diese Beiträge helfen, so wie Bewertungen in anderen Portalen. Gerne lese ich sogar mehrere Berichte von unterschiedlichen Bloggerinnen und Bloggern. Wie bei der Amazon Sterne-Bewertung bekommt man da eine Art Querschnittswahrheit. (Natürlich gibt es auch Blogs, die grundsätzlich alles belobhudeln, aber das hat man nach drei Beiträgen raus und die lese ich dann eben nicht mehr).

Die Werbung wirkt jedenfalls bei mir deutlich besser als wenn ich ein Produkt auf einem Plakat sehe oder einen Werbeclip im Fernsehen sehe.

Und genau diese „Chance“ machen sich die Hersteller oder Dienstleister langfristig kaputt, die nicht wollen, dass man deutlich kennzeichnet und genauso machen die Bloggerinnen und Blogger, die nicht deutlich kennzeichnen, das kaputt.

Deswegen: Vielleicht könnt ihr eure Haltung nochmal überdenken und in Zukunft klar(er) kennzeichnen? Es ist ein Fehlschluss zu glauben, dass andere eure Beiträge dann nicht mehr lesen (anekdotische Evidenz aber immerhin eine Wahrheit). Langfristig schneidet man sich einfach ins eigene Fleisch und verliert genau das, was man meint zu schützen: die eigene Glaubwürdigkeit und Authentizität und das Vertrauen der Leserinnen und Leser.


P.S. Manchmal „bewerbe“ ich (im Sinne von aufmerksam machen) auch unbezahlt, einfach weil ich eine Sache gut finde. Da muss ich nichts kennzeichnen, falls jemand zetern möchte…

 

Darf ich mich weigern bestimmte Dinge sehen zu wollen

Das Phänomen ist kein neues und bislang ist es mir relativ gut gelungen „mein“ Internet zu filtern. Es wurde mit der stärkeren Präsenz von Social Media in meinem Leben immer schwieriger und nach den Anschlägen in Paris kann ich sagen: Meine Filter sind kaputt. Ich kann nicht genau festmachen woran das liegt und wie das kommt, aber sobald ich online gehe, werde ich mit Informationen und Bildern regelrecht bombardiert und ich kann sie nicht nicht beachten.
Es gibt aber Dinge, die will ich persönlich nicht sehen. Denn ich brauche sie nicht, um Empathie zu empfinden. Ich brauche sie nicht, um mir vorzustellen, wie schlimm bestimmte Ereignisse sind. Meine abstraktes Vorstellungsvermögen war bislang ausreichend.

Auf Breitband kann man einen Beitrag zu dem Thema hören: Wie viel Leid sollen wir zeigen? darin geht es unter anderem um die Frage, ob und in welcher Form man die Bilder von ertrunkenen Flüchtlingskindern zeigen soll und wem das ggf. hilft. Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit besteht darauf: Solange wir nicht die Maßnahmen ergreifen, die zu ergreifen wären, um zu verhindern, dass so etwas passieren kann, müssen wir diese Bilder ertragen.

Ich bin empfindlich. Sehr. Ich erinnere mich an die Berichterstattung am 11.09.2001. Am Anfang war ich in Schockstarre, habe die Bilder immer und immer wieder angeschaut. Doch dann kam ein Punkt, an dem ich den Fernseher ausgestellt habe: Ich sah das erste Mal Bilder von Menschen, deutlich erkennbar, die aus dem Hochhaus in den Tod sprangen. Ich habe diese Bilder vielleicht 4 Sekunden gesehen. Ich habe sie mein ganzes Leben nicht vergessen und viel geweint deswegen.

Ich hatte schon zu diesem Zeitpunkt kein Fernsehgerät mehr und ich habe danach jahrelang nicht mehr fern gesehen und auch keine Nachrichten (oder Ausschnitte) auf YouTube verfolgt. Ich kann das nicht aushalten. Ich weiß wirklich nicht wie ich mein normales Leben weiter führen soll, wenn ich jede Sekunde meines Lebens all diese Grausamkeiten präsent habe. Wie soll ich aufstehen, Brote schmieren, arbeiten gehen, am Spielplatz sitzen, Abendessen und wieder schlafen gehen? Wie?
Dabei schotte ich mich nicht von der Welt ab. Ich weiß um das Elend und ich versuche im kleinen zu helfen. Sei es durch meine Wahlentscheidung, sei es durch Sachspenden, sei es durch Geldspenden, sei es durch die Art wie ich mit meinen Kindern spreche und welche Werte ich ihnen versuche zu vermitteln, sei es durch meine Anwesenheit an Demos oder dem Einmischen in Diskussionen, die ich widerlich finde.

Ich verweigere mich absichtlich. Ich kann mir einen schönen kleinen Schutzraum schaffen und im Großen und Ganzen selbst bestimmen welche Informationen in welcher Art und Weise ich an mich heranlasse. Wenn ich das nicht tue, werde ich handlungsunfähig. Ich will aber nicht handlungsunfähig sein, ich will meinen Teil zu einer besseren Welt beitragen, egal wie verschwindend winzig und am Ende lächerlich er sein mag.

Doch jetzt dringen in meinen Schutzraum Bilder, die ich nicht sehen will. Worte, die ich nicht hören will. Ein Bild von einem blutverschmierten weißen Kleid, duzend Mal in meiner persönlichen Timeline geteilt. Ich habe angefangen den Text zu lesen, ich verstehe warum man das teilt, ich verstehe noch mehr warum man so etwas postet, aber ich will es nicht wissen.

Die Welt bricht über mich herein. Sie bricht über mir zusammen und erdrückt mich. Ich kann mich nur komplett fernhalten aus dem Internet oder ich muss es ertragen: Bilder, Minuten nach den Attentaten, Tweets von Betroffenen. Ich kann sie aber nicht aushalten. Ich filtere das Hashtag und dennoch, sie verfolgen mich. Ich bin hilflos und hab wirklich das Gefühl flehen zu wollen: Verschont mich, teilt das nicht. Ich bin emotional genug betroffen. Egal ob Paris oder Beirut. Es erreicht mich. Auch ohne die eins zu eins Darstellung der Realität.


Nachträglich ergänzt, weil ein guter Gedanke

12 von 12 im November

Aufstehzeit 6.10 Uhr. Ich finde Dunkelheit ja super. Leider haben wir gegenüber eine Baustelle, die auch ohne Bautätigkeit mit einem taghellen Scheinwerfer beleuchtet wird. Das macht mich aggressiv. Und diese Stromkosten! Das sind doch bestimmt 100.000 Watt!

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In der U-Bahn fällt mir auf – je später die Woche, desto weniger Menschen um die gleiche Uhrzeit. Die Disziplin lässt bist Donnerstag kontinuierlich nach und Freitag sieht man um 7.30 Uhr keine Menschen, weil alle schon an ihre Arbeitsplätze gefahren sind um der alten Regel „Freitag um eins, macht jeder seins“ folgen zu können.

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Ich hab seit zwei Wochen ein neues Telefon, das automatisch mitzählt wie viele Etagen ich laufe. 25 sind es im Schnitt am Tag.

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Mein zweiter Kaffee. Den ersten trinke ich gleich nach dem Aufstehen wenn ich den Kindern das Frühstück mache. Es ist ungefähr 10.30 Uhr. Ich poste das Bild und sehe, dass sich die ganze Timeline gerade Kaffee macht. Verrückt.

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Es gibt Mittagessen. Ich bestelle mir seit neustem ab und zu was. Sechs Jahre lang Frosta Gerichte reichen irgendwie. Noch schöner wäre es ja, wenn ich mir abends Sachen kochen würde, die ich dann am nächsten Tag mitnehme. Im nächsten Leben werde ich so. Da mache ich das.

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Jetzt ist allen im Büro nach Mittagsschläfchen. Ich fände es ja wirklich toll ein Sofa zu haben auf das man sich 20 min legen kann. In meiner ersten Schwangerschaft gab es so ein Sofa tatsächlich im Büro. Es musste aus Brandschutzgründen weggestellt werden.

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16.15 Uhr geht es nach Hause. Besser gesagt, Richtung Kindergarten. Der macht um 17 Uhr zu. Es dämmert schon wieder. Aber was solls. Es ist verhältnismäßig warm. Ich meine vor zwei Jahren am 11.11. z.B. lag sogar Schnee. Vielleicht erinnere ich mich auch falsch.

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Auf dem Weg zur U-Bahn sehe ich eine Müllfrau. Hab bislang nur 3 gesehen insgesamt. Ich meine, ich hätte mal gelesen, dass es Müllfrauen tatsächlich noch gar nicht so lange in Berlin gibt. Ich finde Müllfrauen toll. Müllmänner sind für Kinder ja wahnsinnig faszinierend und sowas wie Helden. Warum eigentlich? Wegen der großen Autos? Der riesigen Schlüsselbunde? Ganz verstanden habe ich das nie. Umso schöner wenn es auch Frauen gibt, die bewundert werden können.

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Ich habe Kind 3.0 abgeholt. Es redet ohne Punkt und Komma. Faszinierend! Offenbar war es zwei Wochen weg. Tatsächlich war es fast 9 Stunden in der Kita. Das wird mir auf dem Weg in die Kita klar. Mich plagt das schlechte Gewissen. Als ich rein komme und sage: „Auf gehts! Ab nach Hause.“, schmeisst sich Kind 3.0 auf den Boden. Es hat noch nicht fertig gespielt. Das schlechte Gewissen verpufft.

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Es ist nach 17 Uhr. Meine traditionelle „Ich kann nicht mehr“ Zeit. Ich lege mich 15 Minuten auf mein Bett. Die Kinder beklagen den großen Hunger. Abendessen! Sie stürben, wenn ich nichts tue!!!

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Meine Wunderstreusel waren leer. Während die Kinder Tisch decken, röste ich Sonnenblumenkerne und Sesam. Man macht das ohne Öl in einer heißen Pfanne. Wusste ich früher nicht. Ich lasse das Ganze abkühlen und dann noch Pfeffer, Meersalz und Leinsamen dazu. Kann man hervorragend auf Salat schütten.

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Kind 3.0 ist am Tag zuvor der 1. Zahn ausgefallen. Ich hab die Zahndose besorgt und jetzt wird der Zahn dort reingelegt und der Zahnfee dargeboten. Bei uns kommt die Zahnfee nur beim 1. Zahn und bringt 2 Euro.

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Sieben Millionen andere, wunderbare 12 von 12 bei Draußen nur Kännchen.

Aedificiumexitiumphobie

Aedificiumexitiumphobie, die (lateinisch ‚Bauwerk‘ aedificium und ‚Zerstörung‘ exitium)
Angst, versehentlich mühsam von Kindern erbaute Wunderwerke zu zerstören, wenn man sie von Punkt A nach Punkt B transportiert

(Aus der Serie: Eltern-Ängste, Kategorie: Aufräumen)

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 10

Ihr habt nur sieben Jahre gewartet. Jetzt ist er da, der 10. Teil der #Hackfleischbesprechungen. Ihr erinnert euch?

Es gibt viele missachtete Kunstformen. Einer möchte ich in meinem Blog angemessen huldigen: Fotos von Hackfleisch in Werbeprospekten. 2008 habe ich mit dieser Serie angefangen, aber dann gingen mir die Darstellungen von Hackfleisch in Werbeprospekten aus. Ich hatte alles gedeutet, was es zu deuten gab. Jahrelang wurde Hackfleisch nicht neu inszeniert. Jetzt endlich fiel mir neues Material in die Hand. Sehr interessant und aufschlussreich der Vergleich 2008 zu heute:

Wir beginnen mit

Teil 10

REICHELT, „Premios“ Hackfleisch gemischt, zum Braten, SB verpackt

Die Supermarktkette Reichelt präsentiert das Hackfleisch auf den ersten Blick etwas chaotisch. Rind und Schwein gemischt, frisch aus dem Fleischwolf, etwas in Form gebracht, sieben Stängel Schnittlauch scheinbar zufällig auf der oberen Seite des Hackfleischquaders fallen gelassen. Erst wenn man näher an das Bild heranrückt, sieht man ganz rechts im Bild einige in Würfel geschnittene Zwiebeln. Sie fallen kaum auf. Was aber auffällt, statt der gewöhnlichen Weißzwiebel hat man sich für die mildere, rote Variante entschieden. Ganz vorne im Bild ein einziges Minzblättchen. Zweifelsohne eine leise Referenz zu dem Fressgelage von Monty Pythons „The Meaning of Life“ (Triggerwarnung für den Link). Eine 500 Gramm Packung, so wird angedeutet, die ist so gerade noch alleine zu verspeisen. Mehr sollte es nicht werden, wenn man nicht wie der werte Herr in „The Meaning of Life“ enden möchte.

Und da kommen wir schon zum Clou der Hackfleischinszenierung! Bei der Betrachtung des Bildes entsteht im Inneren eine leichte Spannung und man weiß sie erst zu deuten, wenn man den Blick nach links oben lenkt. Fast unbemerkt wird dort der ehemals freie, etwas unsortierte Hackfleischquader, der das Hauptelement des Bildes zu sein scheint, in einer Plastikverpackung gebändigt – ja regelrecht eingesperrt. Hat sich der Blick erstmal festgesetzt am oberen SB verpackten Premios-Produkt, so möchte man wild werden. Die Verpackung von Hand aufreißen, das Hack befreien. Und kaum hat man diesen Gedanken angedacht, so spürt man regelrecht das Hack zwischen den Fingern. Weich, frei, zügellos und deutlich kälter als die eigene Hand, ganz so, wie wenn man Frikadellen knetet. Das befreite Hack möchte man wieder ablegen, so wie den ursprünglichen Hackquader. Friedlich auf eine zugegebenermaßen nicht ganz so hygienisch erscheinende Holzplatte, länglich, nach hinten unscharf verwischt, scheinbar ins Unendliche reichend.

Man muss schon sehr genau hinschauen, um zu verstehen was der Künstler hier zum Ausdruck bringen möchte. Das Minzblättchen weist die Spur. Der biblisch geschulte Blick weiß sofort: es geht um Völlerei! Es geht um die sechste der sieben Todsünden. Der rote Preis des Pfundes bestätigt das. Zwei Mal 2,99, das sind aufgerundet sechs (!) Euro. Und ist das erstmal klar, so ergibt auch der Schnittlauchbund plötzlich einen Sinn. Auch er weist den Weg mahnend gen Todsünden. Sieben Stängel! Sieben Todsünden! Grün und unschuldig erinnert der Kräuterbund: Mäßigt euch! Werdet Herr über euer ungezügeltes Leben! Bringt alles in Ordnung, grenzt euch ab gegenüber der Maßlosigkeit, bleibt dennoch transparent. Werdet einer SB Verpackung gleich! Widersteht dem Drang aus dieser züchtigen Form auszubrechen und euch wird am Ende die Unendlichkeit, die Freiheit zuteil.



 

Wenn ihr weitere Hackfleischinszenierungen kennt, sendet mir per Mail ein Foto an dienuf(@)gmail.com unter Angabe der Quelle und ich werde die tiefere Bedeutung des Bildes ergründen.

Klischee Idiot Dad

Ik hasse ditte ja: Blogparaden. Aber in dem Fall, würde es mich wirklich interessieren. Mich beschäftigt das Stereotyp „Idiot Dad“ schon lange.*

Gemeint ist z.B. das Bild, das Sitcoms verbreiten:

„[On TV] if there is a dad in the home, he is an idiot. It must have reflected our own discomfort with dads being competent,“ said Hanna Rosin on a panel about the future of fatherhood at the Aspen Ideas Festival. „You put a dad in front of his kid, and the dad gives the worst advice. You put a dad in front of a toaster and he burns the house down.“

Quelle: Dads on Sitcoms

The Idiot Dad, der, der den Kindern T-Shirts anzieht, wenn es Minusgrade hat, der den Wollpullover bei 90 Grad wäscht, der sich und die Kinder eine Woche mit Pommes ernährt, wenn die Frau verreisen muss (oder vorgekocht bekommen muss, weil er gar nicht weiß wie man den Ofen anstellt).

Ich lese auch immer wieder Artikel von Müttern, die sich über die inkompetenten Väter lustig machen. Ja, ja, das ist alles mit einem Augenzwinkern zu sehen. Ist ja lieb gemeint, nicht wahr? Die Papas, haha.

Klar, man kann sich darüber lustig machen. Kann man. Ist manchmal auch lustig. Denn es gibt diese Väter. Im Zusammenhang mit Maternal Gatekeeping habe ich mal darüber geschrieben.

Wenn sich die Mütter v.a. die erste Zeit in erster Linie um den Nachwuchs kümmern, dann haben sie ja auch einen Kompetenz und Wissensvorsprung. Der ist da. Einfach weil hundertmal Windeln wechseln geübter macht als fünfmal. Ist bei allen anderen Dingen auch so. Wenn ich regelmäßig Auto fahre, dann werde ich eine bessere Autofahrerin. Die „Bedienung“ meines Autos wird zu Routine, ich muss mein aktiven Teil des Gehirns nicht belasten mit „Jetzt auf die Kupplung“, „Jetzt hochschalten“ etc. Ich gewinne Kapazitäten für die Aufmerksamkeit, die ich dem Verkehr widmen kann, ich lerne viele Verkehrssituationen kennen und entwickle Routinen.

Das ist mit den Kindern nicht anders. Auch Mütter machen alles irgendwann das erste Mal. Der Unterschied ist: Die Gesellschaft geht davon aus, dass Mütter das können müssen, weil sie ja Mütter sind. Bei Männern ist das anders: Die müssen per se erstmal nichts können und leisten als Vater. Wenn sie es dann aber doch tun, werden sie gelobt. Dieses Lob hat keine Mutter jemals zu erwarten. Wenn sie alles richtig macht, erreicht sie ihr Soll. Wenn nicht, darf sie kritisiert werden. Sie ist schließlich eine Mutter, sie müsste das ja können.

„Auch eine Mutter sieht ihr Kind nach der Geburt zum ersten Mal. Auch Mütter haben nicht sofort eine Beziehung zu dem nach der Geburt blutverschmierten, röchelnden und schreienden kleinen Menschen. Auch eine Mutter weiß nicht automatisch, wie ein Baby am einfachsten zu wickeln ist und wann genau es Hunger hat. Auch eine Mutter muss sich dieses Wissen und die Beziehung zu ihrem Kind erst erarbeiten.“

Quelle: Die Mutter bin ich

Das wird Müttern aber nicht zugestanden. Den Vätern jedoch schon. Es wird ihnen nicht nur zugestanden, dass sie das alles nicht können sondern dass sie das auch alles gar nicht lernen müssen. So der Default.

Die allerwenigsten Männer wollen das offensichtlich anders. Ich schließe das aus Statistiken. Z.B. aus der, der Elterngeldbezieher. 1/3 der Väter tun das grob. Die überwiegende Mehrheit (2/3) davon gehen „nur“ zwei Monate in Elternzeit. Der Rest anekdotische Evidenz. An Elternabenden zähle ich in der Regel mehr als 2/3 Frauen. An Bastelnachmittagen sogar noch mehr. Beim Kinderarzt im Wartezimmer sehe ich meist Mütter. Wenn ich höre, dass die Kinder krank sind, bleiben meist die Mütter mit ihnen Zuhause.

Übrig bleibt der Freizeitpapi. Er liest vor, unternimmt was mit den Kindern, bekommt aber noch die Windeltasche gepackt, die Einkaufsliste geschrieben und auch sonst alles vorgearbeitet.

Für diese Freizeitpapis ist es bestimmt hilfreich zu wissen, wie man den Kindern die Fingernägel schneidet. Es wird ein Aha-Erlebnis sein, zu erfahren, dass es abgerundete Scheren gibt, die besonders geeignet für Kindernägel sind. Dass man schlafenden Babys die Fingernägel ohne Theater schneiden kann.

Jetzt kommt das ABER

„if we want gender equality, men have to step up as parents to free up their partners as workers. And not when the kids are teenagers, but when they’re babies.“

Quelle: Dads on Sitcoms

Und das müsste mal von einigen Männern verstanden werden. Deswegen schrieb ich auf Twitter

Denn: ich kenne diese Männer. Männer, die alles genauso gut können wie die Mütter. D.h. nicht, dass es den einen richtigen Weg gibt übrigens. Es gibt viele Wege. Aber diese Väter sind eben keine „Idiot Dads“, die nicht ihren eigenen Kindern die Windeln wechseln können, sie anziehen als wäre Hochsommer, wenn es kalt ist, die sagen: Ach, Zähneputzen, das ist immer so anstrengend, das lassen wir ausfallen, die sagen: Elternzeit/krankes Kind? Das ist jetzt gerade ganz schlecht. Mein Chef hat da wenig Verständnis. Das schadet leider meiner Karriere, wenn ich jetzt früher gehe. Die sagen: Ich kann mit Babys nichts anfangen, sollen die erstmal sprechen lernen, dann kommt meine Zeit.

Jedenfalls: mich würde wirklich interessieren wie Väter das sehen. Wollen sie ernst genommen werden? Was tun sie dafür? Wie regeln sie den Alltag mit dem anderen Elternteil? Vielleicht hat der ein oder andere Vater Lust mir zu antworten. Gerne im Kommentar und gerne als Blogpost unter dem Hashtag #noIdiotDad

Ich habe wirklich viel über Rollenverteilung nachgedacht und auch über das Argument: Du kannst das ja besser (oder: Ich kann das besser, dann mache ich das geschwind). Denn ich glaube, das ist eine Falle. Es gibt so viele Aufgaben, die kann man lernen, da gehts nicht darum, ob das eine/r besser kann und ich glaube, selbst wenn, Aufgaben rotieren ist sehr gut.

Zum einen in puncto Vorbild für die Kinder sein. Die Mama kann besser spülen, der Papa besser Löcher bohren. Der Papa kann besser kochen, die Mama besser Auto fahren. Was bedeutet das für die Söhne? Was für die Töchter? Wäre es nicht viel besser, wenn man sich das aufteilt?

Außerdem in puncto Kompetenzen verteilen und Verantwortung gemeinsam tragen. Die Mama macht die Steuererklärung, der Papa schreibt den Kindergeldantrag. Die Folge ist doch irgendwann, dass Mama/Papa keine Ahnung mehr hat wie das geht, keinen Einblick in die letzten Jahre etc.

Und zuletzt in Sachen Frust: Die Gefahr, dass bestimmte Aufgaben, die keinen Spaß machen, an einer Person hängen bleiben, weil sie die ach so gut kann, ist sehr groß.

Ich finde, es lohnt sich eine Liste zu machen über all die Dinge, die erledigt werden müssen. Vieles ist dem einen Elternteil nämlich gar nicht klar. Das passiert einfach alles so und kann dennoch zu einer großen Belastung werden – auch wenn jede Einzelaufgabe für sich nichts Großes ist. Um konkret von mir zu sprechen: Ich war irgendwann komplett überlastet von den kleinen Dingen. Fingernägel schneiden, Kinder regelmäßig Haare waschen, Wechselwäsche aktuell halten, Bastelmaterialien besorgen, Schulbücher bestellen, an den Rucksack für den Wandertag denken, U-Termin 6 Monate im voraus ausmachen, Kindergeburtstagsgeschenke einkaufen, die Schließzeiten planen, die Einkaufsliste erstellen, planen was am Wochenende gekocht wird, an die Geburtstage der Verwandten denken, Sandalen kaufen, Hortantrag ausfüllen, Kuchen für das Sommerfest backen, an die Kitaübernachtung denken, …(die Liste ist unendlich). Dafür muss man im Grunde nichts können – deswegen bleiben diese Aufgaben sehr oft (anekdotische Evidenz) an einem Partner hängen.

Jedenfalls: Mein Anfangsgedanke war ja: Wie sieht das aus mit der Vaterschaft. Wie wollen Männer wahrgenommen werden. Was ist der Wunschzustand? Wie der Weg dahin? Nerven euch die „Idiot Dads“ nicht auch?


 

 

Ich weiß, mein Text wird die beleidigen und ausgrenzen, die sich bereits engagieren. Die, die 2 Monate Elternzeit genommen haben, die, die auf Elternabende gehen, die, die auch Laternen basteln. Ich weiß nicht so recht, was ich da sagen soll, ohne dass es herabwürdigend klingt. Ich bin froh um diese Männer. Ich hoffe nur, dass sie noch mehr daran interessiert sind, sich einzubringen und ernst genommen zu werden. Denn was mich angeht: ICH möchte kompetente Väter.

 

*Ich gestehe übrigens, ich habe auch schon über Phil Dunphy in Modern Family gelacht.