Hinweise erbeten

Liebe Mitlesende mit Kind,
wir benötigen dringend Hilfe. Das zweite Kind, einst zart und elfengleich, verweigerte die ersten 12 Monate seines Lebens feste Nahrung. In den folgenden Monaten aß es über den Tag verteilt eine kleine Mango.
Eines Morgens wachte es auf und schrie: Fleich! (Fleisch)
Als wir ihm kein rohes Fleisch anbieten wollten, schmiss es wutentbrannt den Teller an die Wand und verlangte Wost (Wurst).
Wir gaben ihm alles, was wir hatten.
Fortan tat es den Tag über nichts anderes als essen.
200 Gramm Wurst, 3 Brotscheiben, 2 Bananen, 1 Nektarine und 3 Kiwis zum Frühstück. Dann ruhte es eine Stunde und aß drei Teller Nudeln, mit sieben Fleischbällchen zu Mittag. Ohne Pause ging es zum Vesper über und verschlang eine Schale Erdbeeren und verlangte noch mit rotverschmierten Händen: MÄÄÄHR MÄÄÄÄÄÄRRRR!
Es aß sieben Wiener Würstchen, eine Packung Zwieback sowie eine halbe Melone. Zu Abend wollte es einen Brotlaib belegt mit einem Kilo Käse. Zum Abschluss trank es drei Liter Milch.
Die Einkäufe wurden beschwerlicher und der Tag bestand aus Essenzubereiten. Doch wer denkt, dass die kleine Raupe Nimmersatt nachts wenigstens schlief um die Nahrungsberge zu verdauen, der täuscht sich.
Das Kind wollte nicht schlafen. Es schrie und zeterte und als die Eltern alle Bemühungen aufgaben, es schlafen zu legen und das Zimmer lediglich mit Decken und Kissen auspolsterten, hüpfte es eifrig auf und ab. Es wirbelte im Kreis und sang die ganze Nacht fröhliche Lieder.
Am Morgen machte es sich wieder über die Nahrungsvorräte.
So geht das seit vier Wochen. Zu beginn war das Kind 8,5 Kilo schwer. Jetzt bringt es bald 20 auf die Waage.
Wir vermuten, es wird sich bald verpuppen – doch sind wir ahnungslos was es werden wird. Man will schließlich vorbereitet sein.
Muss das Bett verkauft werden, weil das Kind bald kopfüber an einem Baume hängend schläft?
Braucht es eine dunkle, feuchte Höhle?
Wird es sein Essen zukünftig selbst erlegen?
Müssen wir Mäuseembryos kaufen und ins Zimmer werfen?
Eltern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sind dazu aufgerufen, uns Hinweise zu geben.

Über die Nebenwirkungen von Eismangel

Der Tag war perfekt geplant, doch leider kam etwas dazwischen, was dem Kind die Laune nachhaltig verdarb. Als Erwachsene ist man sehr bestrebt das Kind dennoch bei Laune zu halten und so versuchten wir es mit dem Ersatzprogramm Schwimmbad.
(Schwimmbad gefällt mir eigentlich ganz gut. Erstens bietet es die in den letzten Wochen selten gewordene Gelegenheit des Nicht-Schwitzens und zweitens kann man das Kind gelegentlich untertauchen und das Ganze nach einem Zufall aussehen lassen.)
Während das Kind nach drei Stunden im eiskalten Becken zähneklappernd mit blauen Lippen beschwört ihm sei kein Stück kalt, keimt im  Erwachsenen das Bedürfnis sich auf den Nachhauseweg machen. Just in diesem Moment wird das Kind bedauerlicherweise von schweren Bauchschmerzen heimgesucht. Folglich lässt es die Schultern nach vorne hängen, verzieht leidvoll das Gesicht und wandelt zehn Meter hinter den Erwachsenen als sei es direkt aus Night of the Living Dead entsprungen. Dabei jolt es: „Ihr gemeinen Erwachsenen, ich habe so schreckliche Bauchschmerzen, bringt mich zu dem Arzt meines Vertrauens!“
Der Vater hatte natürlich Zweifel, ob das Kind, das auch schon als Zweijähriger regelmäßig von sog. Bauchschmerzen geplagt war, wenn es zu faul zum Laufen war, nicht doch ausnahmsweise echte Bauchschmerzen hätte. Ich sage zum Kind: „Wenn du so schlimme Bauchschmerzen hast, dann müssen wir ins Krankenhaus, dein Kinderarzt hat frei am Wochenende, im Krankenhaus hats nur den Dr. Grobian, der kann dir aber helfen.“
Das ginge natürlich nicht, es lasse sich nur vom bekannten Hausarzt untersuchen! Dann wieder auf den Boden fallen lassen, einige Meter robben, eine Hand in die Luft strecken, um Erbarmen flehen. Man könne es doch nicht hier liegen lassen, es versterbe!
Die Bauchschmerzen machten sich beim Liegen bemerkbar, ja sogar beim Einatmen!
Während der Vater auf Blinddarmdurchbruch untersucht, frage ich beiläufig, was den Schmerzen wohl Abhilfe verschaffen würde?
Erdbeereis wahrscheinlich, eine doppelte Portion Schokoladeneis mit Sahne, das würde WIRKLICH helfen, so viel sei sicher!
Aha. Eismangelbauchschmerzen.
Die Sorge um das vorzeitige Dahinscheiden des Kindes verpufft und nun geht es nur noch darum die Mitfahrer in der U-Bahn davon abzuhalten den Sozialdienst zu alarmieren.
Man räuspert sich also und sagt liebevoll zum sich am Boden vor Schmerzen krümmenden Kind an jeder der zwanzig Stationen auf dem Weg nach Hause: „Ohoooo! Du denkst nur Sahneeis kann dir bei deinen Bauchschmerzen helfen? OhooooOOOhh!“ und macht beim Aussprechen des Wortes Bauchschmerzen Anführungszeichen in die Luft und ärgert sich innerlich schwarz, dass man nun das für den Nachhauseweg ohnehin geplante Eis natürlich auf gar keinen Fall essen kann.

Onomatopoetische Kinderunterhaltung und deren Folgen

Als Teenager denkt man, mit dem Erreichen des 18. Lebensjahrs sind die wichtigsten Dinge im Leben abgehakt. Die Jugend ist vorbei, die Schönheit schwindet, was soll da noch kommen?
Es kommt zum Beispiel der eigene 30. Geburtstag, an dem der Ex-Mitbewohner anruft und mit seltsam berührter Stimme berichtet, dass er am Vortag Vater geworden ist.
Eine Wochen später durfte ich mir das Baby anschauen. Die Eltern berichteten von anderen, die sich etwas doof angestellt hätten, als sie ihnen das Baby in die Arme gedrückt haben. Ha, ha, dachte ich und stellte mich an wie der erste Mensch, als ich das winzigkleine warme Windelpaket in die Arme gelegt bekam. Das Baby hat mich angeschaut und da war es um mich geschehen. Liebe auf den ersten Blick nennt man das. Das Baby sieht wie eine kleine Elfe aus. Direkt aus einer Blume entsprungen.
Wenn die Eltern bei uns zu Besuch sind, entreiße ich ihnen ihr Kind so oft es geht mit den scheinheiligen Worten: „Also wenn ihr nicht mehr tragen könnt, ich nehm‘ das Baby, ehrlich!“
Das Baby und ich, wir sind schon ganz gute Freunde, auch wenn ich gemerkt habe, dass das Baby ein eher ernster Typ ist. Wenn ich mir beispielsweise Gegenstände auf den Kopf lege und dazu gackere, dann schaut das Baby immer ein bisschen irritiert zu den Eltern, so als wolle es sich versichern lassen, dass es trotz meiner Verrücktheit bei mir in Sicherheit ist.
Das Baby mag Schweine, Elefanten und Hähne und wann immer es eines dieser Tiere sieht, werde ich nicht müde ihm Tiergeräusche vorzumachen.
Ich werde nie vergessen, wie erstaunt es mich anschaute als ich bei Hahn einen Ühhühüüüüüüü üüüüüÜÜÜ-Ton statt des üblichen Kikeriki machte. Schließlich machen Hähne nicht Kikeriki (Übrigens machen sie in Italien kukuriku, in England cock-a-doodle-doo, im Niederländischen kukeleku, im Französischen coquerico und im Spanischen mit quiquiriquí)
Jedenfalls habe ich das Baby so gerne, dass selbst mein geduldiger Freund mich manchmal fragen muss, ob ich eine Beruhigungstablette brauche.
Gestern hat mir mein Ex-Mitbewohner mitgeteilt, dass ich Patin sein darf. Nicht im kirchlichen Sinne, das wäre auch seltsam, da ich vor Jahren aus der Kirche ausgetreten bin, aber im symbolischen Sinne eben.
Darüber bin ich sehr glücklich. Ich hoffe, das Baby eines Tages auch.

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Ach übrigens liebe Eltern, eigentlich wollte ich zum Geburtstag ein Bobbycar schenken. Aber jetzt da ich Patin bin, habe ich mich für folgendes entschieden. Schließlich lass ich mich in der Sache nicht lumpen. Wer weiss, was die Nachbarskinder haben. Da nehme ich lieber gleich das größte am Markt.

Geschenke die v.a. Eltern Freude bereiten

Der rote Ballon

Kürzlich ist mir aufgefallen, dass alle Misanthropen hässlich sind. Dabei verhält es sich ein bisschen wie die Sache, die Max Goldt mit den Röhrenjeans beobachtet hat. Man wird nie wissen, ob die Drogenabhängigen am Bahnhof gerne Röhrenjeans tragen oder ob sie erst Röhrenjeans tragen und dann mit den Drogen anfangen, weil sie die Schmerzen, welche die viel zu engen Hosen verursachen, sonst nicht aushalten können.
Es stellt sich also die Frage, ob Misanthropen erst hässlich sind und aus diesem Frust heraus beginnen, die anderen Menschen zu hassen oder ob sie erst die Menschen hassen und vor lauter Hass hässlich werden.
Zumindest etymologisch hängt das zusammen. Hässlich kommt von hetlik und bedeutet „Hass erregend“ Erst in frühneuhochdeutscher Zeit wandelt sich das Wort hässlich zu dem Gegensatz von schön.
Jedenfalls gehen mir die freilaufenden Misanthropen besonders zur Sommerzeit auf die Nerven. Je besser man selbst gelaunt ist, desto eher zieht man einen dieser Gewitterwolken vor sich hertreibenden Menschen an.
So kam ich heute zum Beispiel mit dem Kind fahrradfahrend vom Spielplatz. Wir fuhren die Karl-Marx-Allee entlang, deren Fußgängerweg ca. 15 Meter breit ist. Schließlich mussten dort alle Bürger der DDR hinpassen, wenn man mit den Panzern auf der Straße Parade fuhr, um dem Westen säbelrasselnd zu zeigen, wer man war.
Wir fuhren Schlangenlinien. Große gegenläufige Schlangenlinien, die wir akustisch mit AhhhhaaaaaaaaaaahhhAAAAAAAAHHHHHHHaaaahhhhhAAAAAAAAHHHHHH untermalten.
Da kam eine Kolossfrau stampfend auf mich zugerannt und zog mich, ich schwöre!, vom Fahrrad und brüllte mich an, das Fahren auf dem Gehweg sei verboten. Ich entgegnete ihr zunächst freundlich, dass es v.a. mit einem Kind, das jünger als acht Jahre ist, nicht verboten sei. Doch, doch das sei es, röhrte sie, dass mir Spuckefäden ins Gesicht flogen. Nein, nein, teilte ich ihr nun auch ein wenig aufgebrachter mit. Von mir aus möge sie doch gleich die Polizei rufen, da könne sie sich eine Lektion in Verkehrsrecht abholen.
Die Walküre packte mich am Arm und rief: Na und? Aber Schlangenlinien sind sie gefahren! Das dürfen sie nicht!
–    Warum nicht? Ich störe doch niemanden. Weit und breit ist niemand, dem ich auch nur näher als drei Meter gekommen wäre!
–    Unverantwortlich ist das, dem Kind so was beizubringen.
–    Das muss das Kind lernen, damit es Hindernissen ausweichen kann
–    Der Gehsteig ist für die Fußgänger!
–    Der Gehsteig ist für alle solange sie sich nicht schaden!
–    Verhaften sollte man sie! Unverantwortlich sind sie!
Während das Weib so zeterte, fiel mir ein, dass ich dem Kind schon lange mal erklären wollte, was ein Misanthrop ist.
– Schau liebes Kind, das ist ein Misanthrop sprach ich. Ein Misanthrop ist im Gegensatz zum Philanthrop jemand, der die Menschen nicht leiden kann.
–    Ja aber warum kann er keine Menschen leiden?
–    Das weiß niemand, nicht mal der Misanthrop selbst.
–    Komisch
Ja sehr komisch, stimmte ich zu und wandte mich von der Hexe ab. Wir fuhren in Schlangenlinien davon, während der Misanthrop sich immer mehr aufregte, rot wurde, sich aufblähte und gen Himmel fuhr.
Aus der Ferne betrachtet, sah er aus wie ein Luftballon. Ein roter Luftballon, der ruhig in den blauen Himmel schwebte. So mag ich ihn viel lieber, dachte ich und brauste mit dem Kind davon.

Urlaubsphantasien

Dieses Jahr werde ich erstmalig nach drei Jahren der Enthaltsamkeit wieder einen Urlaub machen. Eine Woche haben wir uns ein Boot geliehen. Mit diesem Boot werden wir durch beschauliche Landschaften tuckern. Mit dabei die Schwiegereltern und natürlich das Kind. Ich stelle mir das so vor:

Ich sitze auf dem Sonnendeck, lese, manchmal schlafe ich auch. Die Schwiegermutter steuert uns sicher durch die Gewässer. Der Schwiegervater grillt den ganzen Tag Würstchen. Wenn ich ein Mal mit dem Finger schnippe, kommt das Kind und hält mir ein Würstchen vor den Mund. Ich muss nur abbeißen. Wenn ich zwei Mal schnippe, kommt mein Freund und massiert mir den Rücken.

[Zurücklehnen, langes Seufzen]

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Wunderkinder, selbstgemacht

Vergangene Woche als wir in Kreuzberg waren und uns von dem schnuckeligen Studenten gleich zwei Zeitungsabos haben aufschwatzen lassen, bekamen wir als Anerkennung unserer Doofheit die Zeitschrift SZ Wissen geschenkt. Die befindet sich nun als wissenserweiternde Lektüre in unseren sanitären Anlagen.
Dort habe ich gelesen, dass Mozart gar kein Wunderkind war, sondern lediglich Produkt seines überehrgeizigen Vaters und ausreichender Übung. Man hat in diesem Kontext nachgewiesen, dass man anhand der Übungsstunden von Musikstudenten deren späteren Beruf vorhersagen kann. Wer zu Beginn des Studiums weniger als 7.500 Übungsstunden vorzuweisen hat, wird Musiklehrer. Alle die darüber liegen werden Berufsmusiker.
Diese Feststellung finde ich höchst interessant, verheißt sie doch, dass man mit ausreichender Druck und Schlägen Übung aus jedem Kind ein Wunderkind machen kann.
Bei den eigenen Kindern steht das ohnehin außer Frage. Da ist schon jede Windelfüllung ein Wunder, dass es zu preisen gilt. Bei Kindern, die nicht mit dem eigenen wertvollen Genmaterial gesegnet sind, muss man eben nachhelfen.
Glücklicherweise ist das Kind meines Freundes jedoch so talentiert, dass entsprechende Maßnahmen nicht notwendig sind. Es ist vergangene Woche gleich in die Fußstapfen von Camus, Satre und Heidegger getreten, indem es sich mit dem Absurden beschäftigt hat. Das Absurde wird gemeinhin definiert als vordergründige Widersinnigkeit, dem der menschliche Verstand entgegen seiner Gewohnheit keinen Sinn zu verleihen mag. Diese Tradition fortführend hat das Kind folgenden großartigen Witz erfunden:
Sitzt ein Auge auf dem Baum und isst Stühle.

Liebe Regierung mit Deinen tollen Förderprogrammen,

wie ich höre, förderst Du in den Bundesländern in denen es pro eine Million Einwohner nur einen Kindergarten gibt, das Tagesmuttersein. An sich eine super Idee. Da wird sich so manch Akademikerin, die nicht ganz ohne Aufgabe und Einkommen bleiben möchte, sicherlich entschließen, Tagesmutter zu werden. Was ein bisschen doof ist, ist was Du dafür zahlen willst. 420 Euro pro Kind, das man nimmt, wobei die Tagesmutter auch noch Windeln und Essen für die Racker kaufen muss.
Vorher muss man die eigene Wohnung nach Din Norm kindersicher machen. Kostet auch nur ein Paar Tausend Euro.
Um diese Ausgaben wieder rein zu holen und sich selbst auch ein bißchen Geld am Ende des Monats abzwacken zu können, lohnt sich die Sache erst ab fünf Kindern. Besser sind natürlich zehn oder zwanzig.
Die gebildete Akademikerin ist natürlich nicht dumm. Subventionen gibt es in anderen Bereichen der Wirtschaft zuhauf. Da kann man sich leicht was abschauen. Kindererziehung nach neuesten Erkenntnissen und mit den modernsten Mitteln der Technik, soll hier nur als Stichwort genannt sein.
Man spart eine Menge Geld und Arbeit wenn man die Kleinen z.B. nackt in einem gekachelten Raum mit Gitterboden aufzieht. So entfällt das lästige Windeln, da das Unterbodengitter lediglich einmal am Tag ausgespritzt werden muss. Wem das zu viel Arbeit ist, der stellt sich dafür einen Eineurojobber ein. Das wird ja auch gefördert.
Den Fenchel- und Kamilleetee gibt es aus der Hamstertränke, den Brei spritzt man direkt vom Bottich keimfrei in den Trog. Zur Charakterbildung werden die Kinder mit Klassik beschallt.
Mit der Sozialisation wird es dann leider nichts werden. Aber wer ein Steak aus der Massentierhaltung in die Pfanne wirft, der erwartet ja auch nicht, dass er was für seine Gesundheit tut, nicht wahr?