Für mich weiterhin unwählbar: Die Piraten

Ein persönliches Update zu den Piraten und warum ich sie nach wie vor für unwählbar halte.

Es gibt wenig Themen über die ich mich aufregen muss. Zu diesen Ausnahmen gehört das Thema „Piraten“. In der Zwischenzeit bin ich aber dermaßen genervt, dass ich alle für mich erkenntlichen Piraten aus meiner Twitter-Timeline rauswerfen musste und nervöses Augenzucken bekomme, wenn deren Tweets von anderen geretweetet werden. Es verwirrt mich zutiefst, dass bestimmte Menschen, die ich privat kenne und für wirklich klug halte, die Piraten gut finden und für wählbar halten.

Bevor ich diesen Artikel anfing zu schreiben, habe ich überlegt, ob es nötig ist mir nochmal das Wahlprogramm für NRW anzuschauen. Ich bin jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht muss, denn anscheinend kann man Piraten auch wählen oder toll finden ohne sich jemals mit dem Wahlprogramm (das sich zudem regional sehr stark unterscheidet [hups, ich hatte ja doch mal was dazu gelesen]) auseinandergesetzt zu haben. Demzufolge kann ich sie auch doof finden, ohne das genaue Wahlprogramm zu kennen.

Im Zusammenhang mit den Piraten begegnen mir in Gesprächen immer wieder die selben Argumente.

1. „Die sind so authentisch! Die sind so erfrischend anders als die anderen Politiker!“

OK, das stimmt. Für mich allerdings in öffentlichen Fernsehauftritten ebenfalls unerträglich – nur auf eine andere Art und Weise. Schalte ich beispielsweise in eine politische Diskussionsrunde, an der Piratenrepräsentanten/Innen teilnehmen, muss ich leider nach spätestens zehn Minuten wegschalten, weil ich es wirklich nicht aushalten kann. Aus meiner subjektiven Warte kann ich aufrichtig sagen: Ich habe noch nie einen fundierten Inhalt aus dem Mund eines öffentlich sprechenden Piratenvertreter gehört. Deren Hauptargument ist meist „Jo, die anderen haben doch dazu auch nix. Sagen se mir doch mal was die <beliebige Partei einsetzen> dazu hat, was Deutschland weiterhilft.“

Ich schätze Authentizität sehr. Allerdings hat sie keinen positiven Effekt wenn sie nicht mit inhaltlicher Kompetenz gepaart auftritt. Für mich hat dieses demonstrative wir-haben-da-noch-keine-Ahnung-machen-uns-aber-schlau (plus seit neusten natürlich-wissen-wir-dass-wir-nicht-endlos-damit kokettieren-können) kirre. Was soll das? Die sollen wieder kommen, wenn sie Ahnung haben oder wenigstens eine eindeutige Meinung.

Ebenfalls erfrischend anders sind die persönlichen Peinlichkeiten und Eklats, die ich in den Medien mitverfolgen kann. Die Skandale sind anders als das was man von „etablierten Politikern“ kennt, aber nicht weniger unsäglich. Beispiele, die mir ohne Recherche einfallen: Julia Schramm oder Susanne Graf. Klar sind die politikunerfahren, aber gesunder Menschenverstand und Umsicht sind prinzipiell jedem zu empfehlen – v.a. dann wenn sie/er als Repräsentant/in für etwas ernst genommen werden will.

 

2. „Die Piraten sind ein deutliches Signal, dass sich politisch etwas ändert in Deutschland.“

Signal für was? Dass es die vielgepriesene Politikverdrossenheit nicht mehr gibt oder dass Menschen politisch teilhaben wollen? In NRW gab es auch dieses Mal wieder 40,4% Nichtwähler und die Piraten werden nicht müde, den Kopf zu schütteln, wenn behauptet wird, dass sie v.a. die Nichtwähler motivieren (Auch wenn die Analysen etwas anderes sagen). Aber zur Frage zurück. Was ändert sich denn gerade? Ich denke schon, dass „das Internet“ als Masse zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das ist vielleicht wirklich neu. Wenigstens kleine Erfolge sind im letzten Jahr zu verbuchen (man denke an Urheberrechtsfragen und Doktortitel) – aber mit den Piraten hat das nichts zu tun. Wird mehr und konstruktiver diskutiert? Gibt es bessere und überzeugendere Lösungsansätze? Ich habe davon noch nichts wahrgenommen.

 

3. „Die Piraten vertreten wichtige Themen, die keine andere Partei (so gut) vertritt.“

Klar sind Netzthemen wichtig. Zumindest mir persönlich. Ich war auch auf den Anti-ACTA-Demos – aber dazu haben mich nicht die Piraten bewogen. Auch keine andere Partei. Es handelt sich einfach um ein persönliches Interessensfeld („das Internet“), für das ich mich einsetzen möchte.

Alle Konzepte, die mir bekannt sind zum Thema politische Teilhabe oder wie kann ich das Internet nutzen, um mich stärker zu beteiligen, überzeugen mich nicht. Ich finde sie absolut realitätsfremd. Allein schon das Konzept Liquid Democracy bringt mich zum Lachen. Es würde auch zu weit führen, mich an dieser Stelle über die Nachteile von rein basisdemokratischen Konzepten auszulassen (z.B. Wahrung Rechte von gesellschaftlichen Minderheiten).

Wenn man sich vor Augen führt wie niedirg die Wahlbeteiligung seit Jahren ist, gibt es in der Bevölkerung offensichtlich keinen erhöhten Bedarf nach Beteiligung. Die Instrumente, die es gibt (wie z.B. der Volksentscheid), scheitern meistens an der geringen Bürgerbeteiligung. Für mich stellt sich die Frage: Warum sollte sich daran was durch andere Instrumente ändern?

 

4. „Die stehen erst am Anfang. Ist doch klar, dass die noch nicht zu allem etwas ausgearbeitet haben. Die Grünen haben auch mal so angefangen.“
(Argument formerly known as „Bist Du immer so streng zu Fünfjährigen?)

Das mag sein. Allerdings finde ich persönlich, dass man eine Partei so lange nicht wählen kann, bis sie im großen und ganzen vernünftige Ideen zu allen relevanten Themen zusammengetragen hat. Wie gesagt, alles, was ich bislang (und das bezieht sich v.a. auf das Berliner Wahlprogramm) gelesen habe, erscheint mir schlecht durchdacht und v.a. lückenhaft.

Als Erweiterungsargument wird meist 4.1 „Aber die anderen haben doch auch nichts besseres zu bieten“ in diesem Zusammenhang genannt. Himmelherrgott, das stimmt vielleicht auch, aber was macht dieser bedauerliche Umstand besser? Was? Weil ich die FDP doof finde, macht das die Piraten wählenswert? Das ist ein Kindergartenargument der folgenden Art: „Muss ich mir abends die Zähne putzen? Ich hab keine Lust darauf.“ „Ja! Du musst.“ „Ja aber Susi muss sich auch nicht die Zähne putzen!!!“

Und selbst da, wo die Piraten richtig hätten punkten können, passierte erstmal … gar nichts (Bsp.: Staatstrojaner).

Zusammenfassend kann ich sagen: Ich bin nach wie vor nicht überzeugt. Im Gegenteil.

Ich schreibe jetzt seit acht Jahren ins Internet und ich denke, ich werde es noch mindestens zehn weitere Jahre tun. Nichts täte ich lieber als in zehn Jahren mit den Worten „wie falsch meine Einschätzung 2012 war“ auf diesen Eintrag hier zu verlinken. Ich wünsche mir auch eine Veränderung der politischen Landschaft und ich würde auch sehr gerne vollen Herzens beim Wählen meine Kreuzchen neben eine Partei setzen, die ich wähle, weil ich mich gut repräsentiert fühle. Ehrlich.

Sonntazfrage: Sind die Piraten links?

Einer zu den Piraten geht noch. Mein Beitrag zu der Sonntazfrage „Sind die Piraten links?“

Falls es jemand noch nicht gemerkt hat. Ich habe das Genre gewechselt und bin jetzt Politbloggerin (Fragen zum Thema Lifestyle und aktuellen Trends beantwortet zukünftig Felix Schwenzel). Deswegen wurde ich von der TAZ gefragt, ob ich nicht Lust hätte einen Beitrag zu der Frage „Sind die Piraten links“ zu schreiben. Habe ich gerne gemacht. Allerdings fand ich meinen ursprünglichen Entwurf ein bisschen fetziger (wie Mama sagen würde).

Patricia Cammarata (36) bloggt seit über sieben Jahren auf dasnuf.de und ist beinahe doppelt so alt wie der die durchschnittliche Abgeordnete der Piratenpartei

Links ist, wo der Daumen rechts ist. Das wäre das ideale politische Motto für die Piratenpartei. In ihrer Krippenzeit distanzierten sie sich nicht ausreichend von politisch rechts gefärbten Ideen. Googeln hätte geholfen. Sowohl Popp als auch Baum. Letzterer hätte rausfinden können, dass man für Tausend Millionen eigentlich Milliarden sagt (und „63 Milliarden“ sind wahrlich leichter auszusprechen als „3.014.237„).

Glaubt man den Wahlplakaten, machen sich die Piraten klar zum ändern. Tradierte Staats- und Gesellschaftsformen auflösen wollen, das entspräche eher einer politisch links gerichteten Haltung.

Doch was sie genau ändern wollen und v.a. wie, bleibt bis heute zum größten Teil ein Geheimnis. Sie politisch einzuordnen, ist schwierig weil sie  kaum ein Wahlprogramm haben. Die wenigsten Themen sind differenziert ausgearbeitet. Da reicht es nicht aus, willig zu sein seine Defizite aufzuholen.

„Bist Du immer so streng mit Fünfjährigen?“, wurde ich neulich von Felix Schwenzel (wirres.net) gefragt. Tatsächlich vertrete ich die Haltung, dass Vorschüler schon wissen sollten, dass Politik eine ernste Sache ist.

Deswegen liebe Piraten: Kl4rm4ch3n zum Sch31t3rn

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Alle Beiträge zur Sonntaz-Frage gibt es offline am Kiosk – liken kann man die Sonntaz auf Facebook. Ob die Piraten links sind, haben die Piraten übrigens auch schon beantwortet. In der TAZ beziehen dazu Stellung: Oliver Höfinghoff (Piraten Berlin), Gesine Lötzsch (Die Linke), Helga Hansen (Mädchenmanschaft.net), Bert Blank (Leser aus Bamberg), Sebastian Nerz (Piraten) und Hans-Christian Ströbele (Bündnis90/Die Grünen). Ich gehe mir jetzt jedenfalls erstmal die Sonntaz kaufen.

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Ab morgen schreibe ich nur noch über Mascara, Stöckelschuhe und ggf. Kinderkotze -nicht dass da ein falscher Eindruck entsteht. Wer möchte, folgt mir trotzdem auf Twitter, Formspring, Google+ oder Facebook.

 

Authentizität schön und gut…

Authentisch zu sein, mag sympathisch machen – aber ob das alleine reicht um ein Land (mit)zuregieren?

Sascha Lobo, der sonst natürlich immer recht hat, schreibt in seinem Artikel über den Wahlerfolg der Piraten „Eingestandenes Unwissen wirkt kompetenter als entlarvtes Unwissen . Das mag für die Alltagskommunikation zutreffen und Frau Koch-Mehrin hätte mit einem ehrlichen „Oh, da habe ich leider rein gar keine Ahnung von“ sicherlich das ein oder andere Mal die klügere Antwort gegeben – aber in der Politik geht es nicht um Sympathien. Halt – geht es leider doch oft, sollte es aber nicht gehen.

Persönlich möchte ich, dass mein Volksvertreter sich besser auskennt als ich. Schön – der Identifikationswert ist vielleicht höher, wenn man feststellt: Hey, der Andreas Baum, der hat ja ebenso wenig Ahnung von Wirtschaft und Politik wie ich. Aber meine Interessen als Politiker sollte er deswegen noch lange nicht vertreten.

Die Gesellschaft mag die inszenierten Persönlichkeiten schon lange satt haben – das Gegenteil – der authentische Mensch von der Straße – das kann (zumindest für die Politik) auch nicht die Lösung sein wenn das Ganze mit Unwissenheit verbunden ist.

Ich will jemanden, der sich nicht inszeniert aber trotzdem Ahnung hat.

In einem ganz anderen Kontext habe ich folgende Zeilen verfasst: Nehmen wir an, ich baute ein Haus. Das Haus sollte Wände, Decken, Fenster und Treppen haben – jedoch beauftragte ich einzig einen Schreiner. Der hatte einen schicken Flyer, ist Fensterexperte und Holzdielen kann er auch verlegen. Mit dem Rest, so bedauert er, kenne er sich derzeit noch nicht so aus, er sei jedoch willens, seine Defizite aufzuholen. Das Geld zum Hausbau überweise ich ihm vorab.
Irrational? Seltsam. Immerhin haben vergangenes Wochenende 129.795 BerlinerInnen genau das getan. Eine Partei gewählt, die in einigen wenigen Themen inhaltlich gut aufgestellt ist und in allen anderen Themen versichert „sehr schnell zu sein, was das Lernen angeht“.
Die Piraten sehen sich selbst als „weiche Themenpartei“ und nicht als Allrounddienstleister. Eine ernstzunehmende Partei sollte aber Sachverstand in allen nötigen Bereichen aufweisen, wenn sie ein Land (mit-)regieren möchte.

Das Bedürfnis nach Unverstelltheit mag den Erfolg der Piraten erklären, es rechtfertigt ihn jedoch noch lange nicht. Dieter Bohlen ist übrigens auch total authentisch und hat keine Ahnung von Politik. Soll er deswegen Abgeordneter im Berliner Abgeordenetenhaus werden?

Wählen oder nicht wählen – zumindest ist das nicht die Frage

Am 18. sind in Berlin Wahlen und somit ist spätestens jetzt wieder die Phase eingeläutet in der man Wahlprogramme lesen sollte. Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus finde ich das besonders wichtig, denn theoretisch müssten die Wahlprogramme auf die Erfordernisse des betreffenden Landtags zugespitzt sein und man sollte konkret erfahren können, wie die Ziele lauten und wie diese erreicht werden können.

Am 18. sind in Berlin Wahlen und somit ist spätestens jetzt wieder die Phase eingeläutet in der man Wahlprogramme lesen sollte. Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus finde ich das besonders wichtig, denn theoretisch müssten die Wahlprogramme auf die Erfordernisse des betreffenden Landtags zugespitzt sein und man sollte konkret erfahren können, wie die Ziele lauten und wie diese erreicht werden können. Wer sich also genau(er) informiert, hat durch seine Wahl tatsächlich eine „echte“ Möglichkeit mitzubestimmen.
Darüber hinaus hat man Gelegenheit die Kandidaten ein wenig genauer kennen zu lernen und somit auch ein Gefühl dafür zu bekommen für was sie sich stark machen werden. Schließlich hat jeder Mensch seine Steckenpferde und Kernkompetenzen (auch wenn sich der Betroffene grundsätzlich nach einem Wahlprogramm zu richten hat).
In diesem Zusammenhang habe ich mich mit der Frage beschäftigt, ob man dieses Jahr mal die Piraten wählen müßte. Die ARD ermittelt, dass sie laut Umfragen 6,5 % erreichen werden und somit eine reale Chance hätten ins Abgeordnetenhaus einzuziehen.
Gestern habe ich mir das Wahlprogramm duchgelesen und kann zusammenfassend sagen: Welcome to Utopia.

Was mir auf der re:publica 2011 beim Vortrag von Gunther Dueck noch gefallen hat, weil ich es für visionär und nötig halte, erschien mir im Wahlprogramm als völlig realitätsfremd.
Die Ideen sind zum größten Teil die richtigen. Doch der Unterschied zwischen einem Vortrag der Denkimpulse geben soll und einem Wahlprogramm ist, dass ich von letzterem erwarte, dass auch konkrete Ansätze zur Umsetzbarkeit mitgeliefert werden. In einigen wenigen Bereichen ist das der Fall. In den meisten anderen finden sich Beschreibungen, die ich eher als „hehre Vorsätze“ zusammenfassen würde:

„Schulkultur bedeutet für uns den vertrauensvollen und partnerschaftlichen Umgang aller Beteiligten: Lernende, Lehrende, Familien und das nicht-pädagogische Personal. Wir kümmern uns um die Umgestaltung der Schulen von bloßen Lernräumen zu echten Lern- und Lebensräumen, geprägt von Demokratisierung und Gleichberechtigung. […]“

Die Realität ist leider eine völlig andere und zwar aus vielerlei Gründen und aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich versichern, das liegt nicht nur am Lehrpersonal, der finanziellen Ausstattung, den Strukturen sondern zuletzt u.a. auch an den anderen Eltern. Mich würde schon interessieren wie die Piraten diese schöne Lernidylle zum Leben erwecken wollen.

Auch andere Aspekte finde ich super:

„Wir werden mittelfristig eine unentgeltliche Nutzung des ÖPNV einführen. […] Die Finanzierung erfolgt über die Erhebung kommunaler Abgaben.“

Aha.

[So könnte man jetzt Punkt für Punkt das Programm durchgehen. Lesen, romantisch finden, vergeblich nach Umsetzbarkeit suchen.]

Vielleicht nehmen die Piraten jetzt die Rolle ein, welche die Grünen traditionell auf Bundesebene hatten: Ein gutes, inspiratives Gegengewicht zu den etablierten Parteien zu sein. Ob das alleine die Wählbarkeit bestimmt, ist die andere Frage.

Die FDP kann man ja leider, leider nicht mehr wählen, die hat sich schließlich aufgelöst.

Erläuterung zur Funkstille

So manch einer mag sich gefragt haben, was ich die letzten Wochen wichtiges erledigen musste, dass nicht mal Zeit zum Bloggen blieb. Die Antwort lautet: Ich musste mich um einige Details bezüglich einer Geburtstagsfeier kümmern.
Das Kind wurde kürzlich fünf. Zeit für die erste Party. Als moderne Eltern weiß man natürlich dass Mottopartys gerade der letzte Schrei sind. Folglich haben wir uns nach Abwägung verschiedenster Alternativen (Ritter oder Piraten?, Ritter oder Piraten?, Ritter oder Piraten?) für die Piratenparty entschieden.
In Schritt eins haben wir uns bei Deko Behrendt für knappe 1.087 Euro mit den nötigsten Dekomaterialien eingedeckt. Piratenflagge groß, Piratenflagge klein, Piratenluftballons, Piratenhüte, Piratenfernrohre, Sortiment an verschiedensten Meeresfischen im Netz, Papppapppergeien, sieben mittelgroße Palmen, zwei Tonnen echter Meeressand, Teichfolie und fünfhundert Liter Quellwasser, angereichert mit südpazifischem Meeressalz, antike Pistolen, Schießpulver und einem Sparpack Stachelrochen.
In Schritt zwei haben wir uns für einen Caterer entschieden, der mottogerecht kleine Partyhappen für die Kinderparty zur Verfügung stellt. Schildkrötensuppe, Austern, Kornmjölsgröt, Hummergrün und Kobe-Beef-Frikadellen sind dabei unverzichtbar.
Schritt drei beinhaltet die wochenlange Planung des Rahmenentertainments. Das Internet ist dabei sehr hilfreich.
Typische Spiele sind: Piratentaufe, Plankenlaufen und Wetttrinken.
Bei der Piratentaufe beispielsweise, stellt man die Kinder unter prall gefüllte Wasserbomben und gibt ihnen einen angemessenen Piratennamen – Finchen Brezelzopf, Swen Schwarzzahn, Smutje Hefekloss, Peter Säbelrost, Pepe Rumbuddl, Björn Schielauge, Jonathan Rauhbein, Einäugiger Messerjockel, Quallen-Ede. Sobald das 5jährige Kind sich den Namen gemerkt hat (und das klappt meist erst unter Androhung von körperlicher Gewalt), sticht man den Ballon an und gratuliert dem pitschnassen, weinenden Kind.
Beim Plankenlauf verbindet man den Kindern die Augen. Die Erwachsenen stehen mit spitzen oder scharfen Gegenständen rechts und links neben der maximal drei Zentimeter breiten Planke und malträtieren die Kinder auf angemessene Art und Weise, wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten. Kinder, die ganz runter fallen, werden umgehend den Haien zum Fraß vorgeworfen.
Die Party schließt, kurz bevor die Eltern ihre Zöglinge abholen mit Wetttrinken. Rum wäre hier typisch. Eine Flasche auf ex trinken bringt Extrapunkte. Jede weitere Flasche einen besonderen Bonus.
Soweit so gut. Sowas hätte natürlich alles in allem lediglich eine Woche gedauert. Schließlich war ich beruflich bereits in vorstandsnahen Bereichen tätig. Da kennt man sich mit organisatorischen Dingen ganz gut aus.
Leider hat das Kind uns vergangene Woche eröffnet, es würde jetzt doch lieber eine Power-Ranger-Party veranstalten. Meinem Freund blieb also nichts anderes übrig als in die USA zu reisen und die richtigen Kostüme zu besorgen. Ich habe ihm eben noch telefonisch eingebläut dass er auch ja die richtigen Kostüme besorgt. Wenn er Power Ranger Ninja Storm mitbringt, weint das Kind wieder.
Ich kann Kinder nicht weinen sehen.