Kindergartenfest das geht so: Man nimmt den Garten des Kindergartens und macht daraus einen Essen- und Trinkenparcours. Zwischen drin stellt man einen Stand zur musikalischen Früherziehung auf. Für ein Kind, das gerne isst (ca. 1 auf 1.000) ein Spießrutenlauf.
Kind: Kann ich Würstchen haben?
Nuf: Nein
Kind: Kann ich Schokolade haben?
Nuf: Nein
Kind: Kann ich Eis haben?
Nuf: Nein
[…]
Nuf: Gibt es denn nichts anderes als Essen hier? Lass uns doch was zusammen spielen!
Kind: Kann ich was trinken?
Nuf: Hmpf. Na gut.
Wir kommen an einen Stand mit mehreren Gefäßen auf denen steht süß, sauer, bitter. Daneben stehen Plastikbecher, Fassungsvermögen 0,5 Liter.
Kind: Welche darf ich denn?
Nuf: Sauer.
Kind nimmt Plastikkübel, schüttet ihn fast voll und trinkt in großen Zügen aus. Anschließend die Kindergärtnerin: „Das is aber nich, wenn man Durst hat, nä? Das is nur zum pro-bieren! Das hier ist doch der Stand Geschmacksgrundrichtungen, nich?!“
Nuf: Was ist denn da drin?
Kindergärnternin: Zitronensaftkonzentrat.
Kind leckt sich die Lippen: Lecka!
Ich grüble, ob das Kind jetzt sterben wird und entscheide, das ganze muss a) verdünnt und b) neutralisiert werden. Wir halten Ausschau nach dem echten Trinkstand, der schnell gefunden ist. Vor uns stehen mehrere Eimer mit Flüssigkeiten in den Grundfarben des Regenbogens. Am Grund schwabbelt Zucker. Wie gesund! Gut dass hier auf Ernährung geachtet wird, denke ich, als das Kind bereits den 0,5 Liter Becher durch die Waldmeisterbrause gezogen hat und diese ebenfalls auf Ex wegkippt. Wenigstens wird es jetzt nicht sterben.
Wir gehen weiter. Kind greift unvermittelt meine Hand, reißt blinzelnd die Augen auf und sagt liebevoll: Alles Gute zum Muttertag!
Nuf: Heute ist nicht Muttertag und Deine Mama bin ich doch auch nicht.
Kind: Egal. Alles Gute! Ichhabdichebenliebkannicheinstückkuchenhaben?
Nuf: Nein.
Das eben noch strahlende Kindergesicht versteinert sich und verzerrt sich zu einer Grimasse. Das Kind heult auf, die Tränen spritzen regelrecht aus den Augen.
(Kennt jemand die Simpsonsfolge mit den Androiden, die weinen lernen und deren Köpfe dann leider explodieren, weil das Wasser Kurzschlüsse verursacht? Genauso!)
Das Kind reißt sich von der Hand und will weglaufen. Ich greife nach dem Arm. Es brüllt, kreischt und heult, schüttelt sich, verliert das Gleichgewicht, stürzt zu Boden. Entgeistert blicke ich das Kind an, gehe in die Hocke, lächle und strecke meine Hand aus.
Das Kind rollt sich auf den Rücken und kriecht wie ein hysterischer Krebs vor mir weg. Im rückwärts robben schreit es hysterisch: „Nein, Naaaain, naaaaaaAAAAAAAAAAiiiiin, lass mich!“
Die Szene erinnert mich an irgendeinen Horrorfilm. Das Opfer ist nach verzweifelter Flucht bereits umgefallen und nun versucht es sich rückwärts kriechend vor dem nahenden Monster zu retten. Das Monster ist jedoch gnadenlos und verschlingt das unschuldige Opfer.
Ich lache und blicke auf. Mich starren ca. sieben total entsetzte Elternpaare an: „Was machen sie denn da mit dem ARMEN Kind?“
Ich fühle mich schlecht, bin kurz davor an den Stand zu laufen und über den Lärm hinweg zu schreien: „Hier haben sie einen hundert Euroschein, geben Sie dem Kind was es will! Packen sie die Kuchen ein, wir nehmen die eine Hälfte mit nach Hause, die andere Hälfte soll es von nun an in alle Ewigkeit zum Frühstückmittagabendessen geben!“
Ich bin kalt und herzlos wie die Schneekönigin. Wenn das Kind als Erwachsener gaga ist, werde ich mich beim Psychoanalytiker persönlich entschuldigen gehen.