#rp13, Tag 2, Menschen

Begonnen hat mein Tag mit TERESA BÜCKERs „Der Montag liebt dich„. Ein gut ausgearbeiterer, informativer Vortrag, so wie ich ihn aus der Uni kenne. Teresa schilderte wie stark Arbeits- und Privatleben heutzutage miteinander verwoben sind und  warum es deswegen wichtig ist, die Bedingungen so zu gestalten, dass beide Bereiche miteinander vereinbar sind.

Irgendwann fiel mir auf, dass einige Vortragende das Publikum ausschließlich mit „ihr“ adressierten. So auch Teresa „Ihr müsst dies und jenes“, „damit sich das verändert, müsst ihr xy“. Sascha Lobo hatte sich am Vortag wenigstens noch ein bißchen über die Trennung von Publikum und seiner Person („in der Zwischenzeit meine ich mit ihr tatsächlich manchmal auch mich„) lustig gemacht. Teresa ließ es bei dem ihr, was mir vor allem nachträglich seltsam aufstößt. Wer ist sie, wenn nicht wir? Steht sie da auf der Bühne und weiß Dinge besser als wir im Publikum? Gibt sie die Richtung und wir (überspitzt) Fußvolk führen aus? Ich bin mir sicher, dass sie es so nicht gemeint hat. Aber es klopfte so an mein Hirn an. Ich glaube, sie hat sonst ihre Sprache SEHR bewußt ausgewählt, denn z.B. sprach sie nie im generalisierten Maskulinum sondern (wie nennt sich das Gegenteil?) generalisierten Femininum von „Kolleginnen, Chefinnen, Freundinnen, Partnerinnen“ und das wiederrum hat mir gut gefallen – v.a. auch, weil ich das schon versucht habe, aber sich die außschließlich weibliche Formulierung noch holprig und sperrig in meinem Mund anfühlt. Ihr kam das sehr locker und selbstverständlich von den Lippen und das hat mir – wie gesagt – sehr gut gefallen.

Danach sprach JUTTA ALLMENDINGER über „Zeit – Geld – Familie„. Jutta Allmendinger ist u.a. Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung.

Ich habe als Diplom-Psychologin oft erhebliche Kommunikationsprobleme wenn ich mich mit Soziologen unterhalte, was sicherlich am unterschiedlichen Blickwinkel liegt (außen nach innen, innen nach außen und v.a. auf die Beziehungen und Relationen zwischen den Individuen) und konnte gestern erfreut feststellen, dass ich Frau Allmendinger sehr gut verstand. Allerdings referierte sie nicht so sehr den theoretischen Unterbau sondern schilderte Forschungsergebnisse einer von ihr angelegten Langzeitstudie, in der Frauen wie Männer zu ihren Einstellungen und Wünschen befragt wurden und diese dann jeweils aus ihrer Perspektive und dann aus der Perspektive des anderen Geschlechts beantworteten. Mir gefiel, dass sie sich gerade zu den neusten Auswertungen sehr offen zeigte und aufforderte, ihr zu mailen, wenn jemand eine bessere Idee hätte als alle Ergebnisse mit sozialer Erwünschtheit zu begründen.

Offensichtlich war sie vorher bei einem Termin mit Google-Leuten, die sie warnten, niemand im Publikum würde sie anschauen, weil alle beinahe beleidigend desinteressiert in ihre Handys starren würden. Seltsam, dass sie sowas als Warnung von vermeintlichen Internetexperten gesagt bekommt – ohne dass diese erwähnen, dass das z.B. auch heißen kann, dass alle wie wild über den tollen Vortrag twittern oder parallel Dinge recherchieren und bookmarken, die sie angesprochen hat. Bizarr, dass selbst bei Google die Internetangstmacher sitzen.

Die nächsten Sessions, die ich mir ausgesucht hatte, konnten mich leider nicht bis zum Schluss begeistern. Auch das viertelstündige Philosophy-Slam der Haeuslers konnte mich nur so mittelmäßig begeistern. Was weniger an der Sache an sich lag, als an meiner Erwartung ein bißchen was anderer Eltern aus persönlicher Sicht zum Thema Kinder und Internet zu hören. So weiß ich jetzt, dass sie ähnliche Kritikpunkte am Bildungssystem und dem allgemeinen Umgang unserer Gesellschaft mit Kindern haben wie ich. In persönlichen Gesprächen mit anderen re:publica-Besuchern habe ich aber gemerkt, dass das Thema „Wie gehe ich konkret damit um, wenn meine Kinder ins internetfähige Alter kommen?“ brennt. Wir werden alt und unsere Kinder offensichtlich groß.

Alle weiteren Panels waren eher so gähn. Aber auch da: im Laufe der Jahre habe ich unglaublich hohe Erwartungen aufgebaut und so waren die Vorträge wirklich in Ordnung, aber es fehlte ein bißchen der Wow-Effekt.

Ausnahme war am frühen Abend der Vortrag von CASPAR CLEMENS MIERAU zum Thema „Weder süß, noch salzig: Wie mir die Piratenpartei meine Freizeit nahm„. Caspar hat einfach sehr sympathisch, frei und offen über das Popcornpiraten-Blog berichtet. U.a. wie er dazu gekommen ist, wie er dabei vorgeht, was ihm dabei wiederfährt und welche Reichweite es hat. Er lockerte den Vortrag mit ein Paar skurrilen Beispielen auf und ich hätte am Ende gedacht „yo das war ganz ok“, wenn er nicht selbst den Bogen ganz grandios geschlossen hätte. Gerade als ich in Gedanken formte „schön, jetzt weiß ich das alles, aber …“ endete er mit „im Grunde habe ich euch jetzt eine Anleitung zur Verfügung gestellt damit andere Blogs über die Skurilitäten anderer Parteien machen können.“ Und tatsächlich der Gedanke gefällt mir. Jede Partei sollte ein eigenes Popcorn-Blog bekommen.

Mein Abend endete mit „Ohne Jauch gehts auch„. Persönlich gehts ohne Jauch ohnehin auch – aber wie ich feststellen musste – gehts auch Ohne Jauch gehts auch auch. Die Talkrunde hat mich zwar inhaltlich nicht aufgeregt, aber ähnlich gelangweilt, weil der angekündigte interaktive Publikumsbeteiligungsteil per Hashtag auch nach 20 Minuten noch nicht begonnen hatte. Außerdem gefallen mir Vereingemeinerungen nicht. Das Ganze wurde mit einem Rant zum Thema Arbeit gestartet in dem ich mich absolut nicht wiederfinden konnte. Auch mit der Forderung, wir müssten alle unsere eigenen Chefs werden, kann ich nichts anfangen. Nicht jede/r ist dazu geeignet. Nicht jede/r ist unzufrieden mit ihrem/seinen Job. Nicht jede/r hat Arbeitsbedingungen zu erleiden. Ich gehöre zu den Glücklichen, die mit Arbeitgeber und Arbeitsbedingungen im Besonderen zufrieden sind und wie ich an anderer Stelle bereits schrieb, ich sehe keinen Grund, dass Arbeit ständig „Spaß“ machen muss. Auch deckt es sich nicht mit meiner Erfahrungswelt dass selbständig sein automatisch bedeutet in besseren Verhältnissen zu arbeiten und gleichzeitig Job und Privatleben besser miteinander vereinigen zu können oder gar mehr Freizeit zu haben. So hat mich die geschätzte Sue an diesem Punkt leider völlig verloren und ich konnte auf den Zug wohl nicht mehr auspringen, weswegen ich irgendwann auf den Hof wechselte.

Was mir an diesem zweiten re:publica Tag jedoch wirklich gefiel waren die Bekanntschaften, die ich machen konnte. Meine Scheu Menschen anzusprechen, hat sich langsam gelegt und so konnte ich mein Vorurteil bestätigen, dass Menschen im Internet in der Regel mindestens so sympathisch sind wie in echt. Allen voran die bezaubernde Jademond, deren Blog ich schon lange lese und wirklich sehr schätze, einfach weil ich immer wieder Anregungen finde, die ich in meiner homogenen Welt nicht finden kann.

Dank Journelle, die mir am Vortag vorgemacht hat, wie man fröhlich Menschen anspricht, habe ich auch Michaela angesprochen, um ihr zu sagen, dass ich durch #609060 auf sie aufmerksam geworden bin und dann sowohl in ihrem Blog gelesen habe, als auch die Interviews angeschaut habe (u.a. mit Farah). Ihre Schilderungen haben mir ebenfalls eine Tür zu einer Welt aufgemacht, die keine Schnittmenge zu meinem Alltag darstellt und waren sowohl berührend als auch (teilweise) erschütternd. Michaela ist eine Frau mit transidenter Vergangenheit und berichtet z.B. davon wie sie im Arbeitsleben als Frau anders als als Mann behandelt wird – und zwar nicht weil sie sich entschlossen hat, als Frau zu leben sondern weil sie jetzt Frau ist und Frauen ganz offensichtlich anders als Männer behandelt werden (absurderweise selbst dann, wenn es sich um ein und den selben Menschen handelt). Nicht nur wegen solcher Beobachtungen lohnt es sich jedenfalls ihr Blog zu lesen.

Besonders lange habe ich Beetlebum beim Malen angestarrt, bevor ich mich getraut habe, hin zu gehen und „Hallo“ zu sagen. Mein Mann und ich lieben sein Blog und seinen Humor sehr und so hätte ich mich eigentlich kreischend vor Begeisterung auf dem Boden wälzen müssen, als ich ihn zwischen zwei Sessions im Saal sitzen und malen sah, aber da das nicht meinem Naturell entspricht, tat ich meiner Begeisterung nur verbal kund.

#rp13, Tag 1 oder I <3 (#)

Der Tag begann mit einer fröhlichen Anne Schüssler, die mir ihre Faust hinhielt. Es dauerte ca. 3 Sekunden bis ich verstand, dass sie sich auf einen meiner Tweets bezog.

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Da war ich also! Live im Internet! In echt! Mit lebenden Menschen! Ich war begeistert. Dieses Jahr sogar mit Internetverbindung – die ich aber gar nicht brauchte, weil ich mich wirklich mit diesen MENSCHEN unterhalten konnte.

Ein Paar Ghettofäuste später, setzte ich mich ins erste Panel „Kinderkram: „So nutzen Kids das Web“ mit SARAH PUSTCHRISTINE FEILSABINE FRANK,CHRISTIANE BAUMANNVERENA DELIUS. Ich hätte die Panelbeschreibung besser lesen sollen. Tatsächlich lautete diese „In dieser Podiumsdiskussion wollen wir Macher kennenlernen: Menschen, die das Internet für Kinder prägen.“. Da hätte ich dann gewußt, dass das Thema für mich völlig an der Lebensrealität vorbei geht. Ich saß die ganze Zeit schnaubend und genervt von den Aussagen im Publikum. Was bitte sollen diese extra für Kinder Seiten? Warum müssen sie in Comic Sans sein? Warum müssen sie ein Layout aus den Anfängen des Internets haben? Warum gibt es keine Verknüpfungen, die von der Seite zu anderen Seiten führen? Was zur Hölle hat diese Kunstwelt mit Internet zu tun? Und wenn das so toll ist, wie bekomme ich mein Kind dazu, diese Seite zu besuchen und dann v.a. dort zu bleiben? Höhepunkt der Absudrität waren für mich die Chat-Angebote. Was soll mein Kind da? Wenn es chattet, dann will es mit Kindern chatten, die es kennt oder zumindest Kindern, die bei ihm in der Nähe sind. Es geht dahin, wo alle Freunde sind (oder will es zumindest) und dieser Ort heißt Facebook.

Meiner Erfahrung nach benutzen Kinder diese Angebote nicht (wenn überhaupt dann vielleicht wenn man dabei sitzt und die Kinder gerade so 6 – 7 Jahre alt sind). Die Kinder, die z.B. für Hausaufgaben recherchieren machen etwas total Verrücktes: Sie benutzen Google und Wikipedia. Was für eine Überraschung!

Was sie vielleicht wirklich anders als ich machen, ist: sie benutzen zur Recherche YouTube und schauen sich irgendwelche Videotutorials an. Aber sie benutzen diese Kinderkunstwelten nicht.

Hätte ich also die Beschreibung ordentlich gelesen, hätte ich verstanden, dass dort ausschließlich Menschen sitzen, die daran glauben, dass Kinder Kinderseiten benutzen. Ich glaube das nicht und halte das für keine Lösung. Also blieb mir nur Augenverdrehen und Schnauben. Die einzige, die aus meiner Sicht Dinge sagte, die meiner Realität entsprachen war Frau Feil:

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Selbst die wenigen Argumente, die ich theoretisch noch hätte nachvollziehen können, entpuppten sich bei genauem Hinsehen als äh naja:

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Mein Fazit: Kinderseiten sind unnötig und machen den Eltern, die weniger internetaffin sind vor, sie böten einen Schutz. Persönlich denke ich, es hilft eben nichts. Die Eltern müssen sich selber in die Materie Internet einarbeiten und mit den Kindern reden, sie begleiten, ihnen vertrauen und auch Grenzen setzen – so wie eben in jedem Thema des Lebens.

Und übrigens Gleichberechtigung. Wo mir sonst die Frauen fehlen, hat mir in dieser Runde ein Mann und Vater gefehlt.

Und P.S.: Die Moderatorin, Sarah Pust war exzellent vorbereitet und hat ihre Sache sehr gut gemacht.

Weil es thematisch passt: Ein weiteres Panel, das ich besucht habe und das mich wirklich vom Hocker gehauen hat, war „YouTube macht die Stars von heute“ mit LEFLOIDSIMON W.[UNGESPIELT] und AMY HERZSTARK. Ein absoluter Wahnsinn. Natürlich kenne ich YouTube, aber ganz ehrlich, ich habe nicht mal einen Account da, ich habe noch nie ein Video geliket und ich habe noch nie eins kommentiert. Außer Matt von Where-The-Hell-Is-Matt kenne ich NIEMANDEN dort. Umso weggeblasener war ich, als ich hörte, dass da Menschen sind, die locker mal 90.000 Abonnenten haben. NEUNZIGTAUSEND! Mein vorvorletzter Artikel ist 25.000 Mal abgerufen worden und ich kam mir echt wichtig vor. Ich habe mir vorgestellt, dass jeder Mensch in Bamberg diesen Artikel gelesen hat. Und da sitze ich und höre, es gibt Menschen, die nicht nur 90.000 feste Abonnenten haben, sondern die eben ein Paar Millionen Klicks produzieren. Wenn ich richtig gehört habe, zum Teil 130 Millionen pro Monat. Das ist total abgefahren. Eine bislang unsichtbare Parallelwelt.

Und eine erfrischend selbstbewußte Welt dazu. Während die BloggerInnen sich noch zanken, was Relevanz ist und ob man mit Bloggen Geld verdienen kann und v.a. darf und schlimmstenfalls sogar Morddrohungen erhalten, wenn sie sich dann wirklich „verkaufen“ – gibt es auf YouTube gut organisierte Netzwerke, die es eben ermöglichen ganz locker flockig den Lebensunterhalt zu bestreiten. Mir hat die selbstbewußte Haltung von Amy Herzstark gefallen: „Ich stecke da fünf – sechs Stunden Arbeit rein! Warum soll ich denn dafür kein Geld bekommen?“

Genau! Warum soll sie nicht! Das ist ihre Arbeit. Außerdem ist sie volljährig – dann darf sie doch bitte entscheiden, mit was sie ihr Geld verdient.

LeFloid hatte das Video, mit dem er dem Publikum vorgestellt wurde, vorher seinen Abonnenten gezeigt und hinzugefügt, er habe die krassen Sachen weggelassen, weil er auf der re:publica schließlich vor Erwachsenen sitzen würde. Ein bißchen ernüchternd die Aussage – aber letztendlich hat er recht und das habe ich begriffen. Als internetaffine 37 jährige Mutter bin ich in dieser Riege alt und hab Ahnung von gar nichts und wenn wir dabei bleiben: Ich wäre sehr stolz, wenn meine Kinder Videoblogger würden und werde das ab jetzt forcieren äh fördern:

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Mein Fazit: Die re:publica habe ich in den letzten Jahren lieben gelernt, weil sie mir immer wieder völlig unbekannte Welten eröffnet hat. Dieses Jahr war es YouTube und deswegen möchte ich mich bei den Söhnen der Haeuslers bedanken. Gut, dass ihr eure Elten (und ca. 400 Leute im Publikum) mit ins Boot geholt habt.

So verstehe ich natürlich auch, warum Google heute mit JuKi eine „kindgerechte Videoplattform“ launcht. $$$

Alle weiteren Sessions ergänze ich noch. Vor allem zu der brillianten, herzöffnenden, wundervollen Laurie Penny würde ich gerne noch etwas schreiben.

I <3 (#)

 

Kinder, Kinder

Vor Jahren habe ich mal ein Wiki mit Freunden gestartet. Mir war aufgefallen, dass es zwar duzende Berlin-mit-Kind-Führer gab, dass mir aber oft entscheidende Informationen fehlten. In den Beschreibungstexten stehen Dinge wie „bezaubernde Bedienung“ oder „das Waffelsortiment lässt keine Wünsche offen“ oder unspezifisch „Das Schwimmbad hat ein Nichtschwimmerbecken“.

Was mich aber interessiert hätte: Für welches Alter ist das Schwimmbad besonders geeignet? Beginnt das Nichtschwimmerbecken direkt bei 1 Meter Wassertiefe (doof für Babys) oder geht es langläufig von 0 auf 1,40 Meter? Gibt es Wickelkommoden in der Umkleide? Gibt es einen Abstellplatz für den Kinderwagen draußen? Gibt es Laufställe oder ähnliches, in die man die Kinder ganz kurz reinsetzen oder stellen kann, wenn man sich selbst duschen möchte?

Das selbe bei Spielplätzen: Können Zweijährige alleine die Rutsche erklimmen oder müssen die Eltern immer dabei stehen? Ist das Spielplatzareal umzäunt? Lässt sich das Tor ordentlich schließen? Gibt es in der Nähe eine Möglichkeit für die Eltern sich einen Kaffee zu holen? Gibt es eine Wasserpumpe (toll im Hochsommer – total nervig, wenn sie an kalten Apriltagen schon angestellt ist…)? Wie sieht es aus mit Schatten? Bietet das Gelände irgendwas, das auch noch Zehnjährige aus dem Kinderzimmer locken könnte?

Ich schrieb also über unsere Ausflüge Berichte und machte ein Paar Fotos und stellte sie in das Wiki. Brav kategorisierte ich nach Alter und Wetterlage.

Der Erfolg des Wikis war atemberaubend. Drei der dreißig Eltern, die ich eingeladen hatte, loggten sich einmal ein. Keiner schrieb oder ergänzte jemals einen Eintrag. Nach ein Paar Monaten verlor ich die Motivation meine Einträge selbst zu verfassen (ich bin ja FFRR-abhängig und das kann ich mir nicht selbst geben).

Jahre später stehe ich wieder vor dem gleichen Problem. Meine Schwester kommt nach Berlin und ich würde ihr gerne unsere Kinderhighlights beschreiben – nur leider sind meine Eintrage zum Teil veraltet oder ich hab sie noch gar nicht geschrieben, weil zwischen Wikitod und Schwesterbesuch fünf Jahre liegen.

Ein anderer Aspekt ist übrigens das Geld. Mir geht es total auf den Geist, wenn Unternehmungen mit Kindern ständig (viel) Geld kosten sollen. Gar nicht mal so sehr wegen des Geldes – sondern vor allem wegen der Erwartungshaltung, welche die Kinder mit der Zeit bekommen. Wäh? Nur Spielplatz? Ihhh! Schon wieder nur Park?! Kotz!

Meiner persönlichen Erfahrung nach gibt es wirklich sehr viele Angebote für Kinder, die großartig und kostenlos sind. Angefangen bei den zum Teil sensationellen Spielplätzen (Hasenheide!) über die großartigen Bibliotheken (inkl. kostenlosem WLAN ) über die großen Planschen im Berliner Osten (z.B. die im Plänterwald/Dammweg) bis zu den Angeboten einiger Schwimmbäder wie dem Prinzenbad, dass Kinder in der letzten Stunde der Öffnungszeiten für das eifrige Müllsammeln im Areal des Schwimmbads eine Eintrittskarte für den nächsten Tag bekommen können.

Was Spielplätze angeht, gibt es beispielsweise diese Seite, die nicht nur zahlreiche Bilder von jedem Spielplatz in Berlin bietet, sondern auch eine ortsabhängige Suche. (Unbedingt klicken, die Seite ist sensationell, da steckt irre viel Arbeit drin, weil man 757 bebilderte Spielplätze anschauen und bewerten kann)

Vielleicht kennt ihr andere Angebote oder habt Tipps, die ich hier nach und nach teilen kann. Es gibt z.B. Blogs wie BerlinFreckles, die ausführlich Eltern-Kind-Cafés getestet haben – aber wie gesagt – richtig begeistern würden mich Tipps, die kostenlos sind und von denen man ableiten kann, ob man da wirklich hin möchte. Auch gibt es günstige Angebote für Tagesausflüge in der Nähe von Berlin – so wie der Familiengarten in Eberswalde (3 Euro pro Erwachsenen und 1,5 für Kinder zwischen 3 – 16 – dafür aber mit kostenlosem unterirdischen Tretbootfahren und Tretautoparcours) oder auch den Dinopark Germendorf (4 Euro pro Erwachsenen und 1 Euro für Kinder), die nicht zu vergleichen sind mit den utopischen Preisen des im Lichte des Legolands (regulär für 5 Personen 80 Euro) oder SEA Life (72,50 Euro regulär für uns) noch günstig erscheinenden Zoos (35 Euro für das große Familienticket).

D.h. alles, was schon hunderte Male beschrieben ist und Unmengen an Geld kostet: Zoo, Aquarium, Legoland etc. interessiert mich eher weniger. Sollte ich jemals mein Passwort zum Wiki wieder finden, werde ich nach und nach meine bereits geschriebenen Einträge veröffentlichen.

Puh! Fast vergessen: Gratis in Berlin – Kategorie Kinder & Jugendliche. Da stehen auch Flashmobs (Kissenschlacht-Flashmob war großartig) und Events wie die Brückenschlacht Kreuzberg und Friedrichshain drin.

Ergänzung: Kinderbauernhof Pinke Panke

Lieblingstweets 04/13

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https://twitter.com/AntiJokeApplee/status/327829442607067137

Geht euch doch selbstverwirklichen, ich geh arbeiten

Es gibt so Sachen, die bringen mich in fünf Sekunden auf 180. Das Video gehört dazu. Mit hübschen Bildern untermalt fordert die Stimme von Alan Watts dazu auf, im Leben das zu tun, was man machen möchte und seine Zeit nicht mit dem zu verschwenden, auf das man keine Lust hat und dass man vor allem nie etwas tut nur um Geld zu verdienen.

„What would you like to do if money were no object?“

Yo, dann würde ich Bücher schreiben und mein drölfzehntes Buch wäre ein Kinderbuch und das würde ich gerne illustrieren. Ich male nämlich total gerne und gut und naja das mit dem Schreiben, das wird jetzt keine Überraschung gewesen sein.

Als kleines Mädchen wollte ich Schauspielerin werden und nach dem Abi eigentlich Bio-Chemie studieren.

Wenn ich jetzt noch mal 20 wäre, dann würde ich auf jeden Fall Informatik studieren wollen.

Einen Dachgarten hätte ich auch gerne.

Und fünf Kinder.

Ist aber alles anders gekommen und wenn es nach dem Lust-Prinzip geht, dann kann ich sagen, ich mache im Schnitt eine Stunde am Tag Dinge, auf die ich wirklich Lust habe.

Die anderen 23 Stunden mache ich Dinge, die ich machen muss. Größter völlig unnützer Zeitfresser ist das Schlafen. Gefolgt von Arbeiten. Entweder direkt bezahlt durch einen Arbeitgeber oder aber unbezahlte Familienarbeit. Zehn Maschinen Wäsche wasche ich im Schnitt pro Woche. Die hänge ich dann auf und falte sie, um sie in den Schrank zu legen. Ich gehe mindestens zwei Mal in der Woche einkaufen und bereite mindestens zwei Mal am Tag ein Essen zu. Zwischendrin räume ich in der Woche vier Mal die Spülmaschine ein und aus. Ich putze die Wohnung, sauge und mindestens fünf Mal pro Woche wische ich noch einen Kinderpo ab. Davor stehe ich im Schnitt unendlich lange fünfzehn Minuten neben dem Kind, dass behauptet nicht kacken zu können, wenn ich nicht die Hand halte, was ich WIRKLICH nicht möchte, aber dann meistens tue weil ich sonst nämlich länger als zwanzig Minuten im Bad verbringe, wo doch irgendein scheiß Formular darauf wartet verstanden und aufgefüllt zu werden, damit ich einen Kindergarten oder Hortplatz bekomme, um arbeiten gehen zu können. Alles ätzend.

Dabei ist mir durchaus bewusst, wie gut es mir dabei geht. Wir sind gesund, haben eine schöne Wohnung, unsere Arbeitsbedingungen sind hervorragend, ich habe tolle Kollegen etc. etc. Ich brauche nur zehn Minuten irgendein Nachrichtenmagazin zu schauen oder einige Minuten Themenradio hören und schon weiß ich, ich gehöre zu den 10% (?) äußerst privilegierten Menschen dieser Erde.

Und dann sehe ich so ein Video und jemand sagt drei Mal „You will spend your life completely wasting your time. You will be doing things you don’t like in order to go on living to do things you don’t like…“ und das macht mich aggressiv. Es liegt mir fern alle Träumer, Idealisten und Romantiker zu beschimpfen, aber mir gehen solche Aussagen wirklich auf die Nerven.

Wahrscheinlich weil mir alles, das schwarz-weiß gemalt wird, auf die Nerven geht. Denn was bei dem Video übersehen wird, ist dass die meisten sich gar keine Vorstellung machen, was es wirklich bedeutet einer Passion nachzugehen. Denn selbst wenn man das täte, befände man sich nicht 24 Stunden im Flow-Zustand. Außerdem wünschen sich Kinder und Jugendliche natürlich alle das zu werden, was sie sich in ihrer Phantasie ausmalen können. Da möchte ein Mädchen vielleicht Tierärztin werden, weil es Tiere liebt. Ganz bestimmt will es aber nicht Tierärtzin werden, weil es in den Gedärmen von Kühen rumwühlen oder z.B. schwer kranke Tiere einschläfern möchte. Das Leben ist sehr hässlich wenn man es nüchtern anschaut.

Aber für mich geht es nicht darum. Es geht weder darum, das zu tun, was man unbedingt tun möchte und es geht auch nicht darum, die Dinge realistisch zu sehen. Es geht darum die Ausnahmen zu sehen.

Am Stück betrachtet ist mein Leben unendlich langweilig. Ich stehe um 6 Uhr auf, ich gehe in die Arbeit, ich komme nach Hause, kümmere mich um Kinder- und Familienzeug und gegen 20 Uhr bin ich so erschöpft, dass ich nicht selten mit den Kindern einschlafe. Jeden Tag. Nur dass ich am Wochenende nicht arbeiten gehe, sondern die Hausarbeiten nachhole, die unter der Woche liegen geblieben sind.

Wenn ich den Auflösungsgrad der Betrachtung erhöhe, finde ich es wundervoll. Da schlüpft morgens mindestens ein kleines Wesen in mein Bett, das mich liebt, obwohl ich es mindestens zehn mal am Tag anmeckere … auf dem Weg in die Arbeit kann ich Musik hören. So laut wie ich möchte und auch genau das was ich möchte. Am Nachmittag kann ich auf Parkbänken in der Sonne sitzen. Es gibt natürlich noch viel, viel mehr gute Momente in meinem Tag – aber mir reichen allein diese drei um meinen Tag nicht als „totally wasted“ anzusehen. Im Gegensatz zum Rat des Videos möchte ich nicht lieber ein kurzes Leben führen, in dem ich aber mache, was mir gefällt als ein langes Leben „spended in a miserable way“.

Wahrscheinlich macht mich das Video in wenigen Sekunden so unendlich aggressiv weil es mein durchschnittliches Leben abwertet. Weil es mir aufzwingt immer glücklich sein zu müssen, immer erfüllt, immer inspiriert.

Ich habe das Gefühl, das eine solche Erwartung Menschen unglücklich macht. Ich kenne das z.B. von den Beziehungserwartungen einiger FreundInnen. Die erwarten, dass die Liebe ihres Lebens eines Tages in ihr Leben tritt, dass dieses Gefühl sie wegträgt wie so oft in schmalzigen Hollywoodfilmen dargestellt. Ein Teil von ihnen hat so einen Mann oder so eine Frau tatsächlich getroffen, die große romantische Liebe und dann sind sie sogar zuzsammengekommen und einige Zeit zusammengeblieben. Doch dann sind irgendwann die Hormone weg, der Alltag ist da und dann ist die Beziehung am Ende. Aber nicht weil die beiden nicht zusammenpassen, weil sie keine gemeinsame Zukunft haben oder weil es keine Grundlage für die Liebe gibt, sondern einfach weil die Liebe und der Beziehungsverlauf nicht ihren Idealvorstellungen entspricht. Weil es Krisen gibt, weil man sich streitet, weil man nicht alles am anderen liebt, vielleicht einfach weil der andere morgens im Bett müffelt oder weil er die Gabel falsch in die Hand nimmt oder die Zahnpastatube falsch ausdrückt – und dann ist es aus mit der Liebe.

Das finde ich sehr bedauerlich und in meiner Wahrnehmung kommt das von diesen verschrobenen romantischen oder idealisierenden Beziehungs- und Liebesvorstellungen.

Äh ja und deswegen MACHEN MicH diEse VIdeOS AGGressiV!!!

(Gar nicht so lange her, dass ich bereits darüber schrieb)

 

Raise the level of excitement even higher!!11!

dunkel
Symbolbild Restaurant Innenraum

Die Unsicht-Bar heißt so, weil man für andere unsichtbar wird. Taub wird man allerdings nicht. Das scheint den Kellnern in der Unsicht-Bar nicht ganz klar zu sein. Wir saßen an einem Tisch, der an einer Hauptverkehrsstraße zwischen Gastraum und Küche stand. Da rasten die Kellnerinnen und Kellner mit ihren Servierwagen vorbei. Ich wurde insgesamt fünf Mal angestoßen. Links hinter mir waren Getränkekisten, die lautstark umsortiert wurden. (Wie praktisch, dass man in einem stockfinsteren Raum keine gesonderten Abstellräume benötigt). Rechts hinter mir war ein leerer Tisch an dem einige Kellner saßen und sich angeregt unterhielten. Ab und an riefen sie den anderen vorbei eilenden Kellnerinnen und Kellnern lustige Sachen zu. Einer der Kellner servierte rappend. Einer schnalzte ununterbrochen. Insgesamt war es ziemlich laut. Ich schätze, rund 50 Leute teilten den Raum in der Dunkelheit mit uns.*

Ich hatte meinen Mann zum Hochzeitstag diesen Besuch in der Dunkel-Bar geschenkt. Er ist ein großer Romantiker. Er mag sowas. Ich hasse sowas. Ich hasse unkontrollierbare Situationen und ich bin der komplizierteste Esser der Welt. Nicht mal meine Eltern können sich merken was ich esse und was nicht. Darüberhinaus habe ich einige ausgewachsene Essensphobien. Ich kann auch nach vielen Jahren des aktiven Obstberührens reinen Gewissens sagen: ich würde nach wie vor eher eine Vogelspinne als eine Mandarine essen.

Außerdem hasse ich Anfassen. Fremde anfassen finde ich besonders gräßlich.

Was ich aber am allermeisten hasse, ist in der Öffentlichkeit aufs Klo gehen. Ich hasse das schon sehend in normalen Restuarants. Ich habe immer diese Wahnvorstellung, dass ich die Toilette nicht finde und mich dann alle komsich anschauen. Wie peinlich!

Im Dunkelrestaurant kann man nicht alleine Pipi machen gehen. Man muss dann nach dem Kellner rufen und der führt einen zur Toilette. „Hallo? Hallo? Herr Kellner! Ich muss mal pullllääärn!!!“ W I E   S C H R E C K L I C H!

Ideale Voraussetzungen um mal ein Dunkelrestaurant zu besuchen. Aber was solls. Für die Liebe tut man so einiges und bestimmt würde mein Mann wie ein Ferengi alles für mich vorkauen und nur den Essensbrei wieder auf meinen Teller würgen, von dem er sicher wüßte, dass er mir schmeckt. Auch er ist bereit so allerhand für die Liebe zu tun.

Meine Vorstellung von Dunkelrestaurant war so: Wir kommen dahin, halten uns an den Händen und speisen in der Dunkelheit. Dabei schärfen sich unsere Sinne. Wir entdecken, wie schön unsere Stimmen sind, wir streicheln unsere Hände und schmecken Dinge, die wir vorher noch nie geschmeckt haben. Nebenher lernen wir was über das Blindsein. Ein winziges bißchen vielleicht. Jemand erläutert uns wie man ißt, welche Tricks es gibt. Wir erleben welche Herausforderungen zu bewältigen sind.

Begrüßt wurden wir von Misanthropen. Allerdings kann man den Damen am Checkin nicht vorwerfen, sie hätten nicht gelächelt. Im Gegenteil, das Lächeln war grimassenhaft ins Gesicht gemeißelt. Sie beteten wie Automaten mit aufgesetzter Freundlichkeit immer wieder auf ganz besonders lieblose Weise die immer gleichen Sätze runter: Sie bekommen eine Speisekarte. Stopp. Sie suchen sich was aus. Stopp. Sie bestellen ihr Menü und das erste Getränk bei mir. Stopp. Dann holt sie ihr Kellner ab. Stopp.

Foto
Raise the level of excitement even higher!!11!

So wie beschrieben, passierte alles. Wir warteten 25 Minuten ohne Getränk in unverrutschbaren Riesensesseln auf unseren Kellner. Der stellte sich namentlich vor und eilte Richtung Dunkel. An der Lichtschleuse angekommen, wurde uns erklärt, es gehe jetzt in einer Polonaise zum Tisch. Wir traten mit der Hand an der Schulter des Kellners ins Dunkel und wurden umspült von einer Woge Lärm und stickiger Luft.
Die Einweisung am Tisch lautete: Eingießen selbst. Finger ins Glas, dann merkt man wie voll es ist. Gabel, Messer, Löffel links und rechts. Dessertlöffel oben. Hier ihre Vorspeise.

(Achtung! Spolier! Auf der Menükarte heißt das „Eine Kostprobe aztekischer Männlichkeit gebettet auf ein vielfarbig geschmücktes Grün“)

Die Vorspeise war bei mir ein ungewürzter Endiviensalat mit Rote Beete. Glücklicherweise hatte mein Mann sich für ein anderes Menü entschieden. Er schenkte mir einen Balsamicopilz und zwei Hobel Käse.

Der Hauptgang war okay. Die Nachspeise jo – süß, nä.

Nach ca. zwei Minuten gab ich alle Versuche auf gesittet mit Messer und Gabel zu essen. Selbst wenn ich mal ein Stückchen Essen traf, fiel es mir so oft von der Gabel, dass ich absehbar nicht satt werden würde. Da es glücklicherweise dunkel war, benutzte ich meine Hände. Nach zwei Stunden hatte ich meine Hände in Rote Beete, Fleisch, unterschiedliche Gemüse und Ahornsirup getaucht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht die einzige war, die das kultivierte Essen aufgab. Feuchte Tücher oder ähnliche Hilfsmittel gab es auch auf Anfrage nicht. So blieb mir nichts anderes, als meine Finger exzentrisch abzulecken und mir Papierserviette an die fettverschmierten Finger zu rubbeln. Eine andere Methode hatten meine Vorgänger, hauptsächlich Rechtshänder, entdeckt: Essensreste unter der Armlehne des Stuhls abreiben. Auch ein sehr sinnliches Erlebnis.

Nach zwei Stunden waren wir fertig und ließen uns vom Kellner wieder ans Licht bringen. Von dort wird man an die Kasse geschleust. Zahlen schien das Wichtigste zu sein. Bezahlt haben wir deutlich über 100 Euro. Menschen, die mich kennen werden wissen, ich habe noch nie in meinem ganzen Leben so viel Geld für Essen ausgegeben. Erst wenn man seine Kreditkarte brav durch den Leseschlitz gezogen hat, darf man hinter einer Säule schauen, was man eigentlich gegessen hat.

Bei dem Menü, das ich bestellt hatte,  wurden Satespieße angepriesen. Die hatte ich definitiv nicht bekommen. Anstattdessen hatte man mir die Vorspeise des vegetarischen Menüs serviert. Ich informierte das Servicepersonals darüber – schließlich gab es einen deutlichen preislichen Unterschied zwischen den beiden Menüs. Statt „Das tut mir leid, das leite ich weiter“  bekam ich ein „Sind sie sich sicher?“ Das fand ich ziemlich frech. Ich mag ja wenig sensibel sein aber Rote Beete kann ich auch blind von Satespießen unterscheiden.

Gelungener Witz, den ich hiermit würdige.
Gelungener Witz, den ich hiermit würdige.

Zusammenfassend kann man sagen: ich war noch nie teurer, mittelmäßger und herzloser Essen. Das Konzept der Dunkel-Bar ist ganz und gar nicht Menschen zu erfreuen und als treue Kunden zu binden. Was die Dunkel-Bar gerne möchte ist: in einem glatten, reduzierten Prozess eine maximale Masse an nie wieder kehrenden Menschen durch die Restaurantmaschinerie zu schleusen. Und wenn man es so sieht, dann kann man sagen: Bravo! Ziel zu 100% erreicht.

 

 

 

* „Das Restaurant hat eine Fläche von 250qm mit 65 Tischen (!), wo zeitgleich ca. 170 Gäste platz haben

Andere Stimmen: „Das Essen ist auch nach unserer Meinung nur Kantinnenqualität.“ und „Störend fand ich von Anfang an die lauten Walkie-Talkie Anweisungen an die Kellner, gesessen haben wir auf simplen Stapelstühlen. Insgesamt eine eher unruhige Kantinen-Atmosphäre.“ und „Ankunft im überfüllten Vorraum und Check-In (nicht Begrüßung) nach Warten in einer Schlange. […]  wurden wir dann […] in den den Gastraum geführt, der uns mit einem akustischen Eindruck zwischen Bahnhofshalle und Okoberfestbierzelt empfing und der über die gut zwei Stunde anhielt, die wir für das Essen brauchten. Wände und Tische machten einen etwas klebrigen Eindruck, das Bier war warm, das Essen – nun ja – ok.“

Vielleicht lädt uns die Konkurrenz, das Nocti Vagus, mal zum Vergleich ein. Die scheinen zumindest im aktiven Dialog zu ihren Kunden zu stehen und an Feedback interessiert zu sein.

Die Überschrift des Blogartikels ist ein Zitat aus der englischen Speisekarte (siehe  gelbes Bild in der Mitte des Artikels)

Das naturdegenerierte Kind

Über die außerordentlich zu empfehlenden Linkempfehlungen des Herrn Buddenbohm bin ich auf ein Interview mit Salman Ansari in der ZEIT online gestoßen. Darin wird „Das Haus der kleinen Forscher“ im Rahmen übertriebener Frühförderung genannt.

Zitat: „Ansari: In allen Stiftungen und Projekten, die sich auf die naturwissenschaftliche Frühförderung spezialisiert haben – egal ob das Haus der kleinen Forscher in Berlin oder das Science Lab in München –, wird versucht, die Welt aus akademischer Perspektive zu erklären. Mit dem kindlichen Denken hat das oft nichts zu tun.“

Ich weiß nicht, wie Herr Ansari zu dieser Aussage kommt. Jedenfalls ist der Kindergarten, den unsere Kinder besuchen, ein Kindergarten, der oft mit dem Haus der kleinen Forscher zusammenarbeitet und in diesem Rahmen eine Forscherplakette bekommen hat. Ich halte diese Stiftung für eine außerordentlich gute Sache.

Sie gibt lediglich Hilfestellungen für den Kitaalltag und präsentiert Beispiele besonders gelungener Forschungsarbeiten. Unser Kindergarten ist zB mit einem Regenwurmprojekt vertreten. Das Projekt kam zustande weil eines der Kinder einen Regenwurm aus der Hosentasche zog, was zu großer Begeisterung bei allen anderen Kindern führte. Die Erzieherinnen haben diese Begeisterung aufgegriffen und den Regenwurm zum Forschungsprojekt gemacht. Das Ganze begann mit dem Zusammentragen von Informationen und als die Kinder z.B. hörten, dass der Regenwurm auf lateinisch Lumbricidae heißt, wurde er liebevoll Lumbri genannt. Die Kinder trugen zusammen, was Regenwürmer so essen, man baute ihm ein artgerechtes Häuschen, beschäftigte sich mit Verwesungsprozessen (von Blättern und ähnlichem), Fressfeinden, stellte zusammen wie Regenwürmer leben, was sie „leisten“ etc.

Es wurde nichts gefragt, was die Kinder nicht selbst wissen wollten. Das ist eine tolle Regel im Kindergarten und übrigens auch zuhause gut anzuwenden. (Wenn die Kinder im zarten Alter von drei fragen, wo die Babys herkommen, genügt es meist völlig zu sagen: Aus der Gebärmutter. Für 98% aller Kinder ist die Frage damit geklärt. Auf alle weiteren Details kann man vorerst verzichten).

Das Projekt wurde von den Erzieherinnen mit Bildern festgehalten und mit Zitaten und Forschungsergebnissen illustriert. Ein wunderbares Projekt.

Die kleinen Forscher haben sich genau das zum Ziel gemacht „Die alltägliche Begegnung der Kinder mit der Naturwissenschaft und Technik in allen Kitas zu verankern“. Klingt vielleicht hochtrabend, hat aber rein gar nichts mit Frontalunterricht und Überforderung zu tun. Die Erwähnung der Stiftung im Kontext der übertriebenen Frühforderung ist in meinen Augen wirklich nicht gerechtfertigt.

Der ganze Artikel hat in mir ein Trauma wachgerufen und jetzt kommt das Tolle, wenn ich nachfolgend ablästere, werden die betroffenen Eltern das nie erfahren. Es handelt sich nämlich um die Gruppe der Lasst-die-Kinder-doch-natürlich-aufwachsen-Eltern. Diese sind naturgemäß gegen alles unnatürliche wie Technik und Naturwissenschaft. Obwohl unsere VertreterInnen einige Jahre jünger als ich sind, benutzen sie Teufelszeug wie das Internet und nicht. Sie werden diesen Artikel also niemals lesen.

Was sie aber machen, ist Elternabend für Elternabend fordern, dass die Erzieherinnen doch bitte mit den Kindern drei bis vier Mal die Woche in den Wald gehen – Unser Kindergarten geht bereits regelmäßig mit den Kindern in den Wald muss man dazu sagen. Mindestens pro Jahreszeit einmal und auch sonst wird sehr viel draußen gemacht. Draußen ist aber eben die Stadtnatur. Das kann der Hof sein, die Baumscheibe, das Spielplatzareal, der kleine Park um die Ecke – was auch immer den Kindern eben begegnet. Sei es Pflanze oder Tier (siehe Regenwurm).

Ich finde diese Eltern total lächerlich. Sie verlangen, dass die Kinder unabhängig von der Jahreszeit mindestens alle zwei Tage eine mindestens 40minütige Anreise in den Wald (wir wohnen nunmal mitten in Berlin) auf sich nehmen, um mit der Natur zu leben. Sie selbst aber kommen zu gar nichts und auch am Wochenende ist immer alles so stressig, dass sie es leider nicht schaffen, mit den Kindern raus zu gehen. Genau deswegen soll das doch bitte die Kita machen. Die Kinder haben das doch verdient! Und das ist ja wohl das Mindeste, was man von den Kindergärtnerinnen verlangen kann! Ich möchte dann immer aufstehen und schreien: DANN ZIEH DOCH IN DEN WALD WENNS DA SO SCHÖN IST.

Mache ich natürlich nicht. Bin ja kultiviert. Aber was ich sagen will: Warum ist es so schwer einen Mittelweg zu finden? Warum gibt es nur die Extreme Kinder total zu überfördern mit fünf verschiedenen Lernangeboten und der Gegenseite mit zerschlissenen Kleidung Wurzelkauend im Wald zu leben?

Es gibt verschiedene Lebenswelten und es gibt bei Kindern verschiedene Interessen. Warum ist ein Interesse an politischer Zeitgeschichte schlechter als das Interesse an Frühjahrsblühern. Warum ist es cool, wenn ein Kind zwanzig verschiedene Baumarten kennt und umgekehrt ist es ein Fall fürs Jugendamt wenn ein anderes Kind zwanzig verschiedene Automarken identifizieren kann?

Kind 2.0 interessiert sich zum Beispiel sehr für die Geschichte der Teilung Deutschlands. Warum? Es lebt in einem ehemaligen Ostbezirk von Berlin – einer ehemals geteilten Stadt. Es hat Wessieltern und OssielternfreundInnen. Es kennt den „Tag der deutschen Einheit“, es kennt die Reste der Berliner Mauer. Das gehört alles zu seiner direkten Lebenswelt. Wenn es Fragen stellt, warum sollen diese nicht beantwortet werden? Was wäre denn angemessen? Zu sagen „Sorry, Du bist erst fünf, du lernst jetzt erstmal was über die Natur und da bitte auch nicht zu komplex.“ Es ist doch eine Frage der Lebenswelt. Ich kenne Kinder von Hirnforschern, die kennen mit sechs schon alle wesentlichen Gehirnareale. Na und? Die Eltern reden eben beim Abendessen über die Hypophyse und die Medulla Oblongata und haben ein schickes 3D-Gehirnpuzzle zuhause.

Verächter der frühkindlichen Förderung, geht doch in den Wald und lebt da ganz natürlich. Meine Kinder dürfen sich interessieren für was sie wollen. Pah!

Pictoplasma 2013 – es ist (wieder mal) Liebe

Bis Sonntag, den 14. April läuft das Pictoplasma-Festival noch. „Pictoplasma is an organisation dedicated to the art of character design, and are notable for bringing it into the mainstream.
Ich habe nach einem deutschen Ausdruck gesucht, der the art of character design so beschreibt, dass man versteht, um was es geht, aber ob da figürliche Darstellung mehr aussagt… hm. Für mich als Laie ist das Comic-Kunst in allen Erscheinungsformen – egal ob Illustration, Skulptur oder Graffiti.

2009 gab es die große Pictopia Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt. Von dort kenne ich das Pictoplasma-Festival. Wir sind zufällig auf das Festival gestoßen. Keine Werbebroschüre dieser Welt hätte uns wohl hingelockt. Denn egal wo ich etwas dazu lese, ich verstehe fast nichts. Ähnlich wie bei der Transmediale. Auch da wird in aufgeblasenen Worten etwas beschrieben und wenn ich es nicht ohnehin schon kennen würde, ich würde niemals hingehen.

Ich sehe in diesem Bereich eine echte Marktlücke. Die Organisatoren solcher Festivals scheinen so – nennen wir es – betriebsblind zu sein, dass sie nicht mehr die Perspektive des (Kunst)Konsumenten einnehmen können und mit Worthülsen und so verwirrend die einzelnen Projekte beschreiben, dass man (zumindest ich) absolut nichts mehr versteht. Ich klicke mich durch die Webseiten und bin froh, wenn ich rausfinde, zu welcher Zeit die Ausstellung überhaupt stattfindet. Der Rest – böhmische Dörfer.

Ohne die entsprechenden Bilder, die Werke der Künstler zeigen, käme ich nie auf die Idee mir das Ganze anzuschauen.

Dieses Jahr nehmen 22 Galerien am Pictoplasma-Festival teil. Von heute an, sind sie von 12 bis 20 Uhr geöffnet, um insgesamt 27 KünstlerInnen zu präsentieren. In jeder teilnehmenden Galerie liegen Karten aus, die zeigen wo die anderen Galerien zu finden sind.

Richtig cool wäre es natürlich wenn die Organisatoren eine öffentliche Karte angelegt hätten. Oder wenn es eine App gäbe, die einem den Weg zeigt. So irrt man je nach Ortskundigkeit ein bisschen mit der Papierkarte durch die Gegend.

Wichtig zu wissen ist vielleicht noch, dass nicht alle Projekte bereits ausstellungsreif sind. Einige Werke entstehen erst während des Festivals. Einige Galerien sind ein bisschen schwierig zu finden, selbst wenn vorne das Pictoplasma-Fähnchen dran hängt. Manchmal muss man beherzt in eine offen stehende Tür, einen Hinterhof oder in eine Bar treten, um erst nach einigen Schritten festzustellen, dass man richtig ist. Selbst wenn man böse angeschaut wird. Das sind dann nur einige der Künstler, die offensichtlich nachtaktiv sind oder von all den fremden Menschen nichts halten.

Wenn ich 22 Galerien geschrieben habe, dann stimmt das nur bedingt. Ausstellungsorte wäre richtiger. Manche Künstler werden nämlich in Räumen von Bars oder Bekleidungsgeschäften ausgestellt. In jedem Fall lohnt der Spaziergang durch die besagten Ausstellungsorte. 14 davon befinden sich in Mitte, die restlichen sind in Kreuzberg.

Wir haben für die 14 Orte rund 4 Stunden gebraucht. Mehr Zeit hatten wir auch nicht. Danach waren wir total platt. Laut Tracking-App waren das über 11.600 Schritte und gut 8 km. Man muss schon SEHR ehrgeizig sein alles sehen zu wollen. Wir splitten deswegen lieber auf zwei Tage.

Der Spaziergang durch die Ausstellungsorte nennt sich Character Walk und ist kostenlos.

Gut die Hälfte der Werke hat mich total begeistert. Also begeistert wie ich bin kurz davor die gelegentlich anwesenden KünstlerInnen zu umarmen und ihnen zu danken, dass sie mir mit ihren Werken so viel Freude bereiten. (Viele von ihnen findet man übrigens auf instagram. So hält die Freude auch noch nach dem Festival an).

Nachfolgend meine Highlights. Ich bin keine Kunstexpertin, deswegen maße ich mir gar nicht erst an, die Werke der Künstler zu beschreiben. Am Besten einfach den Link klicken und sich selbst einen Eindruck verschaffen. Es ist auch möglich meine Bilder auf instagram anzuschauen und dort einfach mit dem Hashtag #pictoplasma weiter zu suchen.

Francisco Miranda zu finden in den Ausstellungsräumen General Public in der Schönhauser Allee 167c 
(leider kein Bild)

Anna Hrachovec zu finden in der Galerie small place in der Brunnenstraße 178/179
Anna Hrachovec

Andrea Wan (auf instagram @andrea_wan) und Felt Mistress (auf instagram @feltmistress) in der Galerie Sur la Montagne in der Torstraße 170
Andrea Wan
Felt Mistress

Sehr sehenswert auch der Weg zur neurotitan Galerie im 2. Hinterhof der Rosenthaler Str. 39 (1. Etage) mit AARGH and MONKEY sowie Cherry
AARGH
Cherry

Vor Begeisterung geplatzt bin ich dann fast bei den Werken von Juan Carlos Paz aka BAKEA (auf instagram @bakea) im Instituto Cervantes in der Rosenstraße 18/19 (Hier nicht aufgeben, eine der vier Türen ist wirklich geöffnet!)
Bakea

Eine Übersicht aller KünstlerInnen ist auf der Seite des Pictoplasma-Festivals zu finden.
Als Service hier die verkürzte Runde mit meinen persönlichen Highlights als Google Map.


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