Gemeinsam mit SCHAU HIN! habe ich eine kleine Serie zum Thema Kinder und digitale Medien gestartet.
Im Zentrum meiner Serie sollen die Chancen, die (neue) Medien mit sich bringen, stehen und ich will beschreiben, wie wir als Familie im Alltag damit umgehen und gerne auch von Euch hören, wie ihr den Alltag mit Kindern und digitalen Medien gestaltet.
Risiken und Gefahren werden durch Kulturpessimisten aller Ausrichtungen zu genüge beklagt. Viele Eltern reagieren mit Unsicherheit und statt sich mit den einzelnen Themen auseinanderzusetzen, wird schnell mal ein Verbot verhängt.
Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass Verbote in Sachen Medienkonsum nichts bringen. Deswegen versuche ich mit meinen Kindern im Gespräch zu bleiben und Lösungen zu erarbeiten, die für uns beide alle passen. Das ist auch der Grund warum ich die Serie Let’s talk nenne.
Im fünften Teil geht es um: Fernsehen und YouTube
Ohne Fernsehgerät schaut man wahrscheinlich auch weniger Fernsehen
Wir schauen kaum Fernsehen – was in erster Linie daran liegt, dass wir keinen Fernseher besitzen. Seit Jahren nicht. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht mal daran erinnern, ob wir in der Zeit seit die Kinder geboren sind, jemals einen besessen haben.
Meine Fernsehkarriere sah wie folgt aus: Im zarten Teenageralter von ca. 14 Jahren (1988) habe ich von meinem Großvater, seines Zeichen Radio- und Fernsehtechniker, einen Fernseher geschenkt bekommen. Den habe ich angeschaltet und gefühlt 1999 ausgemacht.
Davor habe ich in den Sommerferien von Sendebeginn bis Sendeschluss das ZDF Ferienprogramm angeschaut und Weihnachten natürlich die Serien des ZDF Weihnachtsprogramms (Anna, Silas, Die rote Zora, Timm Thaler, …).
Aber ich habe auch den schlimmsten Schund geschaut. Germanys Next Top Model, Popstars, Big Brother, alle Talkshows, die es damals gab, alle entsetzlichen Reality Shows der Privatsender – nenne eine – ich hab sie gesehen.
Tatsächlich habe ich das als Mentalhygiene gebraucht. So wie ich heute Serien schaue. Ein wunderbarer Ausgleich. Parallel habe ich ein Einser-Abi gemacht und mich im Diplom dann noch ein bisschen verbessert. Ich bin brav arbeiten gegangen und kümmere mich um meine Familie.
Was ich sagen will: Fernsehen macht wohl nicht allzu dumm.
Fernsehprogramm im Vergleich zu Werbeprogramm ungefährlich
Dennoch habe ich zumindest das analoge Fernsehen irgendwann aus meinem Leben verbannt. In erster Linie weil mir die Werbeunterbrechungen kolossal auf die Nerven gingen.
Da soll man sich mal beschweren, dass Twitter und Co. kurze Aufmerksamkeitsspannen bescheren. Werbeunterbrechungen finde ich viel (ver)störender.
Meine Kinder lasse ich nicht so gerne fernsehen. Auch da – v.a. wegen der Werbung. Da kreischt, grölt, glitzert alles und es werden Bedürfnisse geweckt, auf die ich gerne verzichte.
Außerdem gibt es nicht wie früher drei Sender, sondern je nach Satelliten-Anlage hunderte, die zu allen Tages- und Nachtzeiten senden und zwar die furchtbarsten, für Kinder unpassende Sendeformate.
Streamingdienste ermöglichen altersgerechtes fernsehen
Deswegen möchte ich die Streamingdienste lobpreisen, die es zudem noch ermöglichen per PIN Inhalte für Erwachsene für Kinder zu sperren.
Wenn wir schauen, dann meist Tier- und Naturdokus. Was ich in der Zwischenzeit über seltene Tierarten und seltsame Gesteinsformationen gelernt habe, ist ganz erstaunlich.
Manchmal schauen wir auch Filme, die müssen wir uns aber meist leihen. Ich schrieb mal über Studio Ghibli und vereinzelte, andere Filme, die uns sehr gut gefallen haben, wie zuletzt Jo Nesbøs Doktor Proktor Verfilmungen.
Nachdem in unserer unmittelbaren Nähe immer mehr Videotheken schließen, wurde mir die DVD-Abteilung der Stadtbibliothek empfohlen und tatsächlich kann ich diesen Tipp weitergeben: Die Auswahl ist groß und meistens sehr fein.
Regelmäßig wird bei uns tatsächlich nichts geschaut. Kein Sandmännchen und auch sonst kein ritualisiertes Fernsehen.
Höchstens wenn die Kinder mal krank sind und ruhig liegen bleiben sollen, schauen wir ein bisschen mehr. (Die Kinderärztin hat das aktiv empfohlen, ich schwöre!).
Das ist v.a. dann, wenn man Homeoffice macht, ein vertretbares Ausnahmeverfahren, um nebenher auch mit krankem Kind arbeiten zu können.
Wir stellen, wenn man der Aussage der Unterlage „Geflimmer im Zimmer“ des Bundesministeriums für Familie eine Ausnahme dar. Da steht:
„Das Fernsehen spielt in den bundesdeutschen Familien immer noch eine herausragende Rolle. In vielen Familien sorgt es für Information und Unterhaltung, zudem bietet es eine Kulisse für familiäre Zusammenkunft. Jeder bundesdeutsche Haushalt besitzt durchschnittlich ein Fernsehgerät. Dazu kommt, dass in fast jedem zweiten Kinderzimmer und in etwas mehr als der Hälfte der Jugendzimmer heute ein Fernsehgerät steht. Obwohl Computer und Internet zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist das Fernsehen für Kinder nach wie vor das Medium Nummer eins und bleibt auch für die meisten Jugendlichen noch sehr wichtig.“
Auch die durchschnittlichen Zeiten pro Tag unterschreiten wir sagenhaft.
Wenn wir zusammen fernsehen, dann merke ich immer wieder, dass die Kinder noch sehr sensibel sind, was Inhalte angeht.
Können sie frei wählen, entscheiden sie sich nicht selten die selbe Folge einer Serie immer und immer wieder zu sehen.
Die Biene Maja Folge „Maja bei den Ameisen“ habe ich bei drei Kindern über mehr als ein Jahrzehnt gefühlte zwei Millionen Mal gesehen*, knapp gefolgt von „Bob der Baumeister – Abenteuer auf der Ritterburg“.
(Es fällt mir schwer allein die Serientitel zu schreiben, eigentlich möchte ich mich auf dem Boden einrollen und „nein, nein“ wimmern)
So oder so – wir haben tatsächlich keinen Bedarf Fernseh (bzw. Streaming)-zeiten zu regulieren.
Ich weiß aber dass das Fernsehthema in vielen Familien ein Dauerzankapfel ist und möchte deswegen einige Anregungen geben, die mir in solchen Fällen helfen:
- Sich an die eigene Nase packen und dann feststellen, dass man trotz übermäßigen Konsums (ich) sein Leben gut im Griff hat.
- Nachdenken, was man als Kind gerne mochte und warum und dann mit dem Kind reden, was die Faszination der Lieblingsformate ausmacht.
- Verstehen, dass die Kinder oft ganz andere Vorlieben haben, als man als Eltern hat (siehe ständige Wiederholungen oder aus Elternsicht komplett spannungslose Sendungen).
- Kinder von Werbung fernhalten und keine Trailer anschauen lassen, wenn man nicht kontrollieren kann, welche das sind.
- Das schlechte Gewissen abschalten, wenn man den Fernseher ausnahmsweise mal einsetzt um ein bisschen Ruhe zu haben. Entspannung tut allen gut. Wenn es den Eltern hilft eine halbe Stunde Ruhe zu haben, dann hilft das auch den Kindern.
Wie ist das bei Euch? Ist Fernsehen ein Thema? Wer bestimmt das Programm? Habt ihr Diskussionen um die Zeiten? Welche Formate findet ihr gut und warum?
Kommentiert einfach hier, teilt eure Medienmomente auf Instagram, bloggt selbst darüber, twittert oder schreibt darüber auf Facebook. Wenn ihr euren Beiträge mit dem Hashtag #medienmomente markiert, können sie später eingesammelt und geteilt werden.
Weiterführende Links
- SCHAU HIN! hat einige Filmtipps und allgemeine Sendungsempfehlungen zusammengetragen
- Gewalt in Film & TV
- Für die älteren Kinder – Scripted Reality – alles echt oder?
- Goldene Regeln als Orientierung für die 3 bis 6jährigen und die 7 bis 10jährigen
Weitere Themen der Serie
Teil 1 von Let’s talk: Nicht wie lange sondern was
Teil 2 von Let’s talk: Messenger
Teil 3 von Let’s talk: Computerspiele
Teil 4 von Let’s talk: YouTube
Teil 6 von Let’s talk: Hörwelten
Teil 7 von Let’s talk: Augmented Reality und Virtual Reality
Teil 8 von Let’s talk: Programmieren lernen
*46 Jahre Maja am Stück!