„Ich möchte sowieso keine Karriere machen!“ So ziemlich jede Frau, die ich kenne – mich eingeschlossen – hat diesen Satz in Bezug auf ihre berufliche Entwicklung schon oft gesagt. Wobei „Karriere“ natürlich ein schwammiger Begriff ist, der im altmodischen Sinne dafür steht, dass man u.a. durch 50-60 Wochenstunden Anwesenheit glänzt. Weiter gefasst bedeutet Karriere Führungsverantwortung zu übernehmen[1] und in einer Hierarchie irgendwie nach oben zu kommen. Auch das wollen viele Frauen nicht. Sie entscheiden sich freiwillig dagegen.
Jedenfalls war das meine Auffassung. Ich habe mich freiwillig dagegen entschieden. Finanzielle Unabhängigkeit war und ist mir wichtig. Familie inkl. Kinder wollte ich irgendwann auch. Karriere und Kinder sind aber unvereinbar. Also priorisiert man.
Ich werde oft gefragt, ob mein Buch etwas für Kinderlose ist und habe deswegen ein Rezensionsexemplar an eine Leserin ohne Kinder geschickt, die Interesse hatte sich und mir diese Frage zu beantworten. Hier ihre Einschätzung mit allerliebsten Dank für die Mühe:
„Schon bevor sich die Frage „Eignet sich dieses Buch auch für Frauen in kinderlosen Beziehungen?“ stellte, hatte ich vor es auf jeden Fall durchzulesen, weil ich als kinderlose Frau bereits diverse Erfahrungen mit Mental Load in der Partnerschaft gemacht habe. Nach dem Lesen kann ich die oben genannte Frage klar mit einem „JA!“ beantworten und gehe sogar so weit zu behaupten, dass das Buch eigentlich jede*r lesen sollte, die/der vorhat mit anderen Menschen zusammen zu wohnen – egal ob als Partnerschaft oder nur als Wohngemeinschaft, denn jede*r muss irgendwann mal den Bio-Müll entsorgen. Und was der Bio-Müll mit dem Mental Load, der Freiheit und dem generellen Zusammenleben zu tun hat, das erfahrt ihr in diesem genialen Ratgeber.
Da ist dieser Wunsch, einfach liegen zu bleiben „Bitte nicht stören!“ auf ein Pappschild zu schreiben Da ist diese Leere am Ende der Kraft Weil man das, was nicht zu schaffen war, einfach nicht schafft
Da ist das Gefühl, dass man fällt ohne Halt Bis man schliesslich auf den Boden der Tatsachen prallt Da ist diese unsichtbare, alltägliche Last Die größer wird, bis sie nicht mehr in die Herzkammern passt
Da ist ein Hamsterrad, in dem man ins Stolpern gerät Da ist ein Brand der aus einem Burn-Out entsteht Da ist all das, was hinter dem Vorhang geschieht Die Arbeit, die niemand im Publikum sieht
Da ist keine Verbeugung, da ist kein Applaus Das nimmt man so hin, da geht man von aus Da ist das Gefühl alles alleine zu tragen Da ist kein Bock, wegen allem um Hilfe zu fragen
Da ist Mitdenken-müssen und Abgeben wollen Da ist ein „Man hätte ja doch einfach fragen sollen“ Aber da ist doch ein gemeinsames Leben Da ist doch ein harmonisches Geben und Nehmen
Da geht’s doch um Gerechtigkeit, oder geht’s darum nicht? Da herrscht jedoch ein unfaires Ungleichgewicht Das ist kein Gesetz, das muss nicht so sein Und vor allem musst du wissen, du bist nicht allein
Mental Load tragen so viele da draussen Sie sind genauso erschöpft und so tapfer nach aussen Drum lasst uns gemeinsam diese Angst überwinden Routinen verändern, Lösungswege finden
Wir geben was von dem ab, was so unendlich schwer ist Denn wer wieviel trägt, ist eine Frage der Fairness
Lars Ruppel hat nicht zufällig ein Gedicht über Mental Load verfasst. Es ist eine Auftragsarbeit. Ich erwähne das deswegen, weil ich Lars am Equal Care Day kennengelernt habe und er dort die Veranstaltung begleitet hat und am Ende des Tages zusammengefasst hat. Das war so beeindruckend, unfassbar gut und emotional, dass ich finde, dass viel mehr Veranstalter*innen Lars Ruppel buchen sollten. Poetic Recording nennt man das.
Im Mai 2017 habe ich das Kapitel „You should’ve asked„[1] aus dem Comic „Mental Load“ gelesen und hatte das Gefühl endlich zu verstehen, warum ich v.a. die Jahre, in denen meine Kinder klein waren, permanent so an meinem Auslastungslimit war. Ich fühlte mich damals regelrecht gescheitert, denn ich hatte einen großartigen Arbeitgeber mit flexiblen Konzepten für Eltern, die Kinder waren in einer wunderbaren Kita betreut, der Ehemann hat im Haushalt geholfen und es gab sogar einen Papa-Tag pro Woche. Warum habe ich es trotzdem nicht geschafft die entspannte, fröhliche Mutter zu sein, die ich immer sein wollte?
Zur besonderen Ehrung meiner Bemühungen der letzten Wochen, startend mit dem 17. März 2020 (Ende Beschulung der Kinder) bis einschließlich 15. Mai (Wiederaufnahme einer teilweisen Beschulung der Kinder) stelle ich vorläufig folgenden Betrag in Rechnung. Selbstverständlich wurden nur Werktage in Rechnung gestellt:
Gesamtsumme 22.296 Euro
Anzahl Std.
Art der Tätigkeit
10
plattformbezogene administrative Tätigkeiten (Einrichtung Moodle, Microsoft Teams, Schulcloud)
2
Koordination Bereitstellung Internet
5
Organisation, Installation, Backup Endgeräte
18
zum Beginn der Woche Materialien finden, zusammenstellen, drucken, URLs von PDFs abtippen
2
Arbeitsblätter drucken
9
Arbeitsergebnisse scannen und versenden
9
Individualkommunikation mit Lehrpersonal
264
Aufarbeitung und Erläuterung diverser Schulfächer für 2 Kinder, Einarbeitung in die jeweilige Thematik inklusive
90
Planung, Einkauf, Bereitstellung Mittagessen, sowie diverse Snacks
18
Bereitstellung Bewegungsangebot
15
zusätzliche Reinigungstätigkeiten
pauschal
Materialkosten 500 Euro (Papier, Drucker, Toner, gebrauchte Endgeräte)
pauschal
Erwerbsarbeit außerhalb der Servicezeiten um Homeschooling zu gewährleisten 20% auf Gesamtsumme
pauschal
Erhöhte Strom/Wasser/Heizungskosten für den Zeitraum 400 Euro
Der übliche Stundensatz musste angehoben werden, da die oben aufgelisteten Stunden auf die 32 Stunden, die ich erwerbstätig bin, on top kommen. Die gesetzlich vorgeschriebenen 11 Stunden Ruhezeit sind derzeit nicht einzuhalten. Da mein Partner und ich nicht verheiratet sind und somit nicht gemeinsam veranlagt werden, stellen wir gesonderte Rechnungen. Die Pauschalen werden lediglich einmalig erhoben.
Bitte überweisen Sie den Betrag von 22.296,00 Euro innerhalb von 14 Tagen auf mein Konto. Über eine Verdopplung der Rentenpunkte freue ich mich. Vielen Dank im Voraus.
Dieses Schreiben bedarf keiner Unterschrift.
Meine Rechnung ist Teil der Aktion #CoronaElternRechnenAb von Sonja Lehnert (mama-notes), Rona Duwe (phoenix-frauen.de) und Karin Hartmann (@baukulturpb). Macht mit und quantifiziert eure unsichtbare Arbeit. Weil ein warmer Händedruck nicht reicht. Es kann einfach nicht sein, dass das Familienministerium lediglich feststellt, dass es ein Gender Care Gap gibt, das sich durch Corona noch verstärkt. Es müssen Konzepte und Maßnahmen erarbeitet und zeitnah umgesetzt werden.
Am 24. Juni 2020 erscheint mein neues Buch „Raus aus der Mental Load Falle“. Es ist ab jetzt vorbestellbar (Ihr könnt natürlich lokal bestellen).
Kinder, Küche, Krisenmanagement. Frauen sind für alles rund um die Familie verantwortlich, sie haben jedes noch so kleine To-do der Kinder und des Partners im Kopf. Dieses Projektmanagement ist in der Wirtschaft ein anerkannter und gut bezahlter Vollzeit-Job, zuhause hingegen »unsichtbare Elfenarbeit«. Mental Load ist das Wort für das, was Frauen grenzenlos stresst. In ihrem neuen Buch zeigt Patricia Cammarata konkrete, von ihr selbst und in ihren Workshops erprobte Auswege aus der Mental Load Falle.
Kurz gesagt: Ich halte mich nicht lange damit auf zu erklären, was Mental Load eigentlich ist und wo das Phänomen herkommt. Denn nachdem der Begriff seit über zwei Jahren nach meinem Vortrag am Female Future Force Day „Warum endet die Gleichberechtigung so oft mit der Geburt des ersten Kindes? Was die „Mental Load“ damit zu tun hat“ durch die Medien geistert, wissen die meisten das. Was aber viele noch nicht wissen ist: Wie gehts denn raus aus diesem ganzen Schlamassel? Und das beantworte ich in meinem Buch. Ohne Männer-Bashing (weil #notallmen). Versprochen.
P.S. Das Buch wurde von Teresa Holtmann aka Frollein Motte illustriert und ist alleine deswegen kaufenswert.
Du machst den Biomülleimer sauber wenn Dein Partner ihn zur Tonne gebracht hat?
Du arbeitest Teilzeit oder gehst gar nicht erwerbsarbeiten damit Dein Partner Karriere machen und trotzdem Kinder haben kann?
Du erinnerst Deinen Mann daran, ein neu aufgebautes Regal an der Wand zu befestigen damit es nicht umkippen kann? (Auch wenn Du so sieben Mal erinnerst, gibt es nur einen Punkt!)
Du erinnerst Deinen Mann rechtzeitig daran, dass es Zeit ist sich um die Steuererklärung zu kümmern?
Du kaufst 9v-Blöcke damit Dein Mann sie alle 2 Jahre im Rauchmelder tauschen kann?
Du packst, wenn ihr in den Urlaub fahrt, Deine und die Sachen für die Kinder?
Noch einen Extrapunkt wenn Du auch die Sachen Deines Partners packst.
Du sammelst schmutzige Wäsche aus allen Ecken der Wohnung, wäschst sie und faltest sie zusammen?
Du räumst die Küche auf wenn Dein Partner gekocht hat?
Wenn Du mal ausgehst gehst oder Sport machst, dann nur mit schlechtem Gewissen?
Du schreibst Deinem Partner Einkaufslisten, nachdem Du alleine die Essenswochenplanung gemacht hast?
Du arbeitest in einem Beruf, der schlecht bezahlt ist, weil es ein strukturelles Problem bei der Wertschätzung von Jobs gibt und „weibliche“ Jobs eben eher schlecht bezahlt werden?
Du hast den GROSSEN Mental Load Test für Deinen Partner ausgefüllt (und nicht Dein Partner selbst)?
Je einen Minuspunkt für
Du weißt nicht, wie Dein Erstgeborenes heisst?
Du weißt nicht, wann Dein Erstgeborenes Geburtstag hat?
Du weißt nicht, wo Deine Hosen sind?
Anleitungsfortsetzung:
Jetzt rechnet alles zusammen und zieht den Wert von dem ab, was vorher beim GROSSEN Mental Load Test für Väter rauskam und tadaaaaaa jetzt habt ihr wirklich den richtigen Wert und könnt die Auswertung unter dem GROSSEN Mental Load Test für Väter lesen.
Anmerkung: Der Artikel wurde am 8. und 9. März um 19:45 und 7:15 nachträglich überarbeitet.
Anleitung
Jede korrekte Antwort erhält einen Punkt. Wenn es Extrapunkte zum Sammeln gibt, steht das dabei. Rechne die Punkte zusammen und schau Dir am Ende Dein Ergebnis an!
Wie heißt Dein Erstgeborenes mit Vornamen?
Wann hat Dein Erstgeborenes Geburtstag?
Wie heißt die Lieblingserzieherin Deines jüngsten Kindes?
Alternativ, wenn kein Kind im Kindergarten: Wie heißt die Klassenlehrerin?
Wie heißt der wichtigste Freund/die wichtigsten Freundin Deines Kindes?
Was hat das älteste Kind als Letztes zum Geburtstag geschenkt bekommen?
Wann steht die nächste U-Untersuchung an?
Du bist schon mal alleine mit einem Deiner Kinder bei der U-Untersuchung gewesen und konntest die Fragen des Kinderarztes weitgehend beantworten? Das gibt einen Extrapunkt.
Wann muss die Diphtherie-Impfung aufgefrischt werden?
Wenn Du weisst, wo der Impfpass liegt, bekommst Du trotzdem einen Punkt
Wann ist bei euch in der Regel Bettgehenszeit?
Einen Extrapunkt, wenn Du an mindestens 3 Tagen der Woche derjeinige bist, der zu dieser Uhrzeit sagt: „So Leute, jetzt bettfertig machen.“ (Nicht für jedes Mal einen…!)
Welche Kleidungsgröße hat Dein jüngstes Kind gerade?
Hast Du in den letzten 4 Wochen bei mindestens einem Familienmitglied die Bettwäsche gewechselt? Extrapunkt!
Hast Du in den letzten 4 Wochen bei mindestens einem Kind die Fußnägel geschnitten? Extrapunkt! (Nicht für jedes Mal einen…!)
Wo werden Deine gewaschenen Hosen gelagert?
Wo liegt das Geschenkpapier?
Wann hat die Mutter Deiner Partnerin Geburtstag?
Hast Du in den letzten 4 Wochen mindestens einmal Zimmerpflanzen gegossen? Extrapunkt! (Nicht für jedes Mal einen…!)
An welchem Wochentag wird der gelbe Sack abgeholt?
Verreist Deine Partnerin ohne für Dich vorzuarbeiten (z.B. Einkäufe, Vorkochen, Essensplan erstellen, …)? Bei Ja: Extrapunkt!
Bleibt Deine Partnerin im Bett liegen, wenn sie krank ist? Bei Ja: Extrapunkt!
Deine Frau arbeitet Teilzeit und Du zahlst von Deinem Gehalt private Rente für sie ein? Extrapunkt!
Der Mülleimer ist voll. Du siehst das selbst und leerst ihn eigenständig? Wieder ein Punkt!
Eure Lieblingsmarmelade ist leer. Du nimmst das Glas, entsorgst es im Glasmüll und setzt die Lieblingsmarmelade eigenständig auf die Einkaufsliste?
Deine Partnerin ist auch berufstätig und Du hast die Hälfte aller Kinderkrankentage übernommen? Ja: Ein Punkt, Nein: Minus fünf.
Du hast Elternzeit genommen?
Nein? Minus fünf.
Ja, aber nur 2 Monate zusammen mit Deiner Partnerin? Minus drei Punkte.
Ja, mehr als 2 Monate und zwar alleine? Plus fünf Punkte