Die Berlin Mitte Blase

Am Montag Abend habe ich mir im BASE_camp die Podiumsdiskussion: „Die Veränderung der Arbeitswelt – wird durch die Digitalisierung alles besser?“ angehört. Es äußerten sich Lars Klingbeil (SPD), Petra Meyer (SAP), Igor Schwarzmann (Third Wave GmbH) sowie Markus Albers (Journalist, Unternehmer und Sachbuchautor).

Bevor überhaupt eingegrenzt wurde, was „Digitalisierung“ eigentlich bedeutet und für welche Arbeitsplätze sie eine Rolle spielt, hatten sich die Podiumsteilnehmer auf die Berlin Mitte Blase eingeschworen und es wurde im Wesentlichen darüber gesprochen, welche Vorteile das Arbeiten im St. Oberholz hätte.

Wann immer das Thema Nachteile der Digitalisierung (was auf „ständige Verfügbarkeit“ eingegrenzt wurde) gesprochen wurde, war man sich schnell einig: Menschen müssen für sich selbst Verantwortung übernehmen, sie müssen „Stop“ sagen, sie müssen Grenzen setzen.

Ja, es gäbe diese Menschen, die weder mit Arbeitstempo, noch mit Leistungsdruck zurecht kämen und den würde auch geholfen werden – aber irgendwie klang es immer so, als spreche man hier von bedauerlichen Einzelfällen, hilflosen Individuen und einer aussterbenden Generation.

Gesetzliche Rahmenbedingungen brauche es im Grunde nicht und nuja, die Gewerkschaften und Betriebsräte wolle man ja einbinden, aber die seien so technikfeindlich, dass man es im Grunde gar nicht könne.

Man hätte wunderbar Buzzword-Bingo spielen können und spätestens beim zehnten Mal „Berlin Mitte“, hatte ich genug gehört. In der anschließenden Diskussion, war Mathias Richel der einzige, der in Frage gestellt hat, ob dieses für sich selbst Verantwortung übernehmen und dieses Grenzen setzen v.a. für Berufseinsteiger eine echte Handlungsalternative sei. Er wurde dann gemeinschaftlich mit dem Hinweis abgebügelt, seine Agentur-Erfahrungen seien nicht repräsentativ. Alle anderen Branchen hätten dieses Problem offensichtlich nicht.

Leider bin ich ja kein Ich-reiße-das-Mikrofon-an-mich-Typ. Denn eigentlich wäre das die Stelle gewesen. Denn ich teile seine Erfahrungen und meinen beruflichen Einstieg hatte ich in einer Unternehmensberatung und zwei großen Konzernen. Ich habe dort die erste Zeit regelmäßig zwischen 50 und 60 Wochenstunden gearbeitet. Nicht selten bin ich morgens um 8 los und nicht vor 22 Uhr nach Hause gekommen.

Es passierte etwas das man aus Casting-Shows kennt. Meine Kolleginnen und Kollegen wurden meine besten Freunde und zwar in wenigen Wochen. Also richtig emotional. So wie bei Popstars. Wäre einer rausgewählt worden, wir hätten uns weinend in den Armen gelegen und ausgerufen: „WARUM? Hans (den ich vor einer Woche noch nicht mal kannte) ist mein BESTER FREUND!!!“

Warum war das so? Weil wir alle so extrem unter Druck standen, dass wir uns gegenseitig nie im Stich gelassen hätten. Dass wir unser Arbeitspensum ohne die anderen gar nicht geschafft hätten. Pragmatisch einerseits und psychologisch sinnvoll andererseits. Für meine anderen Interessen und FreundInnen hatte ich nämlich gar keine Zeit mehr. NIEMALS wäre einer auf die Idee gekommen und hätte um 17 oder 18 Uhr gesagt: „Och nö, vielen Dank, ich geh jetzt lieber nach Hause, das is mir jetzt echt mal zu viel.“ Lieber ist man mal kurz auf Toilette gegangen, um ein bisschen zu weinen und weiter gings. Ich sah für mich als Geisteswissenschaftlerin auch nicht die Option mich anderweitig zu bewerben – war ich doch nach 60 (!) Bewerbungen endlich durch einen persönlichen Kontakt an einen Job gekommen.

Jetzt kann man immer noch sagen: Das ist nicht repräsentativ, das ist deine eigene Erfahrung – aber zumindest in meinem persönlichen Umfeld sieht das nicht anders aus. Es gab einen einzigen Mitarbeiter, der sich eine 35 Stunden-Woche erkämpfte und der gelegentlich auch mal nach Hause ging, weil er Kinder hatte. Still und heimlich haben wir ihn gehasst. Aus meiner heutigen Perspektive kann ich nur sagen: RESPEKT!

In eine leitende Position hat es dieser Mitarbeiter nie geschafft. Vielleicht wollte er auch nicht, aber ich behaupte mal, das lag an seiner „mangelnden Leistungsbereitschaft“, die eigentlich eine mangelnde Bereitschaft zur Aufopferung und Lebenszeitverschwendung war.

Heute, nach dreizehn Jahren Berufserfahrung und mit dem Bewusstsein eine Familie zu haben, sieht die Welt anders aus. Ich finde es toll von Zuhause aus arbeiten zu können und ich finde es gut, dass ich mobil arbeiten kann. Aber das liegt nicht an der Digitalisierung sondern an der Einstellung meines Arbeitgebers. Bei uns herrscht ein ausgeglichenes Verhältnis. Ich bearbeite Kundenanfragen gerne um 20 Uhr wenn nötig, aber dafür darf ich mir morgens auch mit meinen Kindern Zeit nehmen. Wenn wir z.B. zwanzig Minuten länger als sonst brauchen, weil wir Schnecken aufsammeln müssen, dann sei es so. In sieben Jahren wurde ich nicht ein einziges Mal fragend angeschaut, warum ich nicht pünktlich am Arbeitsplatz saß.

Was neben der Kultur meines Arbeitgebers stimmt, ist aber zusätzlich die Möglichkeit nicht Vollzeit zu arbeiten. Ich arbeite 28 Stunden. Vier Tage voll und einen „freien“ Tag habe ich, um mich um Familienangelegenheiten zu kümmern. Diesen Tag brauche ich dringend. Alle Erledigungen, alle Vorsorgetermine-Termine, alle Elterngespräche, jede Art von Zusatzengagement, die Einkäufe, die Wäsche, … alles wird nach Möglichkeit an diesem Tag gemacht.

Seit ich diesen Tag habe, klappt unser Familienalltag. Auch wenn ich nicht faul rumsitze, empfinde ich diesen Tag als großen Luxus, weil er mir nämlich unter anderem ermöglicht, die restlichen Tage die späten Nachmittage und Abende entspannt mit meinen Kindern zu verbringen. Meinem Mann wünsche ich die 30 Stunden Woche auch von Herzen – ich wünsche sie eigentlich allen Menschen – denn ich glaube, anders schaffen wir es bis zur Rente ohne Burnout nicht.

Jetzt bin ich vom Thema Digitalisierung abgekommen. Ja, Digitalierung macht mein Leben leichter und zwar nicht nur, weil ich zu allen Uhrzeiten auf eMails reagieren kann, nein, es gibt noch ganz andere Möglichkeiten organisatorischer Natur. Ticketsysteme, die mir die Projektssteuerung erleichtern. Wikis, die mir und den KollegInnen Transparenz schaffen und und und…

Ich hätte, um zur Podiumsdiskussion zurück zu kommen, mir an diesem Abend gerne viel mehr konkretes gewünscht. Wie sieht denn der Arbeitsalltag aus? Was hilft? Was hilft nicht? Wie unterstützen Führungskräfte ihre Mitarbeiter eben diese „Eigenverantwortlichkeit“ wahrzunehmen? Was gibt es für Modelle Privatleben und berufliches Leben durch Digitalisierung besser zu vereinbaren?

Außerdem hat mir der Querschläger gefehlt, der Provokateur. So saßen alle einig da und bekräftigten sich darin, dass „wir“ zwar nur eine kleine Gruppe sind, dass es uns aber super ginge und dass die Digitalisierung abgesehen von den wenigen Ausnahmen nur Gutes gebracht hätte.

Wer aber schützt die Berufseinsteiger? Wer schützt die Ängstlichen? Wer schützt die, die gar nicht sehen, was sie sich mit einer 70 Stunden Woche antun? Was passiert denn, wenn man die Uhr zurück stellt – mich hätte brennend interessiert, wie es VW mit den eine halbe Stunde nach Arbeitsende abgeschalteten Mailservern geht. Zu welchen konkreten Ergebnissen sind den die Arbeitsgruppen zum Thema Burnout bei SAP gekommen?

Die Moderatorin hatte es selbst gesagt: oft wird beim Thema Digitalisierung kritisiert, dass man eine Elitendiskussion führt. Aus meiner Sicht ist genau das passiert. Die AkademikerInnen in managementnahen Positionen, die nach 15 Jahre Berufserfahrung auch mal „nein“ sagen können, haben sich gegenseitig erzählt, wie flexibel man dank Technik ist.

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Räbäääähhhh!

Ich habe zwei Eigenschaften, die mir in der Regel das Leben sehr leicht machen. Erstens: Meine Vergesslichkeit. Alles was hässlich ist und mir das Leben schwer macht, blende ich aus und zwei Wochen später erinnere ich mich an nichts. Rückwirkend ist mein Leben perfekt.

In seltenen Fällen vergesse ich Dinge zu vergessen. Da hilft mir meine zweite Gabe: Humor. Worüber ich nicht weinen kann, darüber versuche ich zu lachen.

In sehr seltenen Fällen hilft mir weder das eine noch das andere. So zum Beispiel bei den kinderfeindlichen Menschen, die sich langsam um uns ansammeln. Neulich, als wir Abends um 18 Uhr durchs Treppenhaus gingen, riss einer der Nachbarn die Wohnungstür auf und schrie uns hinterher: „JA GEHT DAS DENN NICHT LEISER? JEDEN MORGEN DIESES GESCHREI UND JEDEN ABEND!!! KÖNNEN SIE DENN NICHT MAL WAS UNTERNEHMEN????“

Es folgte eine ergebnislose Diskussion. Als wir dann weiter nach oben liefen, brodelte es in mir. Ein Tag hat 24 Stunden. Wir kommen in der Regel zwei Mal am Tag an seiner Tür vorbei. Um 8 Uhr und dann abends zwischen 17 – und sagen wir spätestens – 20 Uhr. Es dauert großzügig geschätzt 15 Minuten bis wir in unserer Wohnung sind. 30 Minuten halten wir uns also insgesamt täglich im Treppenhaus auf. 30 Minuten von 1440 Minuten, die ein Tag hat. 2,1% des Tages belästigen wir ihn also mit Kleinkindergeschrei im Treppenhaus. Und das außerhalb der Ruhezeiten (22-6 Uhr, 12-15 Uhr).

Es ist wahr. Das Kind ist im Treppenhaus laut. In der Regel schreit es, weil ich es nicht tragen kann oder will. Dazu ist es zu schwer. Ich habe oft zusätzlich Einkäufe oder ähnliches zu tragen. Ich sage „Bitte sei leise!“ oder „Muss das denn jedes Mal sein?“ und „Geht das vielleicht mal ohne weinen?“ Ich biete meine Hand an. Ich versuche es mit Ablenkung, durch Geschichten erzählen, ich versuche zu motivieren, das Ganze spielerisch zu lösen „Wer zuerst oben ist!“. Ich besteche sogar mit Gummibärchen. Aber es bleibt dabei, meistens schreit das Kind auf dem Weg nach oben. Auch die größeren Geschwister rufen gelegentlich Sachen durchs Treppenhaus. Auch obwohl ich schon hundert Mal erklärt habe, dass ich das nicht möchte. Was soll ich tun? Ich wünsche mir auch, dass wir einfach nach oben gehen. Ohne Geschrei.

Dennoch. Es empört mich, wenn jemand deswegen die Tür aufreißt und rummeckert. Man solle doch mal was tun. JA WAS DENN ZUR HÖLLE? Es sind eben Kinder.

Was ist los mit diesen Menschen, die alle ihre Ruhe brauchen. Absolute Ruhe. Und genauer gefragt: Warum ziehen sie in ein Mehrparteienmietshaus in das Zentrum von Berlin? In Brandenburg ist es auch schön und da kann man für 60.000 Euro ein großes, freistehendes Haus mit keine Ahnung wie viel Tausend Quadratmeter Garten kaufen. Warum nicht einfach dahin ziehen und nach Berlin (vermutlich wegen des Arbeitsplatzes) pendeln?

Ich habe lange überlegt, was zu tun ist. Diskutieren? Hoffnungslos. Gerichtsurteile zum Thema Kinderlärm zusammenstellen und überreichen? Sinnlos. Paradoxe Intervention und dem Nachbarn einen Kuchen backen und wie bei IKEA ein Schildchen dran „Danke, dass Du Dich nicht wegen jedem Scheiss aufregst“? Effektlos.

Ich denke, das einzige was hilft, ist die Verhältnisse gerade zu rücken. Wenn er sich gestört fühlt, dann ist es unangemessen weil wir nur 2% am Tag laut sind. Persönlich fände ich es lohnenswert wenn wir 40-50% der Zeit nerven würden. Deswegen bin ich dazu übergegangen Kindergeschrei aufzunehmen. Immer wenn Kind 3.0 ausflippt, zeichne ich das auf. Ich habe ein schönes Portfolio an lautstarken hysterischen Wutanfällen aufgezeichnet. Oben an der Stelle der Haustür des Nachbarn wo das Kabel zur Haustürklingel in die Wohnung geht, habe ich einen kleinen, leistungsstarken Lautsprecher installiert. Dieser ist über eine Webanwendung ansteuerbar. Wann immer einer von uns Lust hat, drücken wir den Schrei-Button und der Nachbar hört facettenreiches Geschrei aus dem Lautsprecher. Der Kemo Piezo-Minilautsprecher für nicht Mal 4 Euro, der sonst eingesetzt wird, um Marder zu erschrecken, schafft beinahe 120 dB.  Dieser Schalldruck entspricht ungefähr einer gut befahrenen ICE-Trasse. Sobald der Nachbar wutentbrannt die Türe aufreißt, aktiviert er per Lichtschranke einen Not-Stopp. Das Geschrei hört sofort auf. Schließt er die Tür, geht das Gebrüll nach 5 Sekunden wieder los.

Dank dieser Installation geht es mir jetzt wieder besser. Die Welt ist im Gleichgewicht und der Mensch hat einen ECHTEN Grund sich aufzuregen.

#rp13, Tag 3

Das Programm am Mittwoch sah schon so aus, als ob es inhaltlich noch mal interessant werden würde und tatsächlich eines der Highlights des Tages, schaute ich mir schon direkt am Morgen an: „re:Fefe: Erkenntnisse der empirischen Trollforschung“ mit Linus Neumann und Michael Kreil.

Danach habe ich mir exklusiv vor allen anderen re:publica Besuchern Felix Schwenzels Vortrag angehört. Allerdings war es zunächst unmöglich zu Felix zu gelangen. Felix saß als Speaker nämlich im VIP-Bereich und da durfte man ohne Sonderbändchen rein. Der Türsteher nahm seine Sache SEHR ernst und war auch nicht zu überreden als Felix vor die Tür trat, um zu bestätigen, dass er warte. Überhaupt war das Sicherheitspersonal auf der re:publica SEHR streng. Manchmal auch ein bißchen absurd. Am Nachmittag saß ich vor Stage 7 auf der Terrasse und als ich die sanitären Anlagen benutzen wollte, hieß es dort, nein, in das Gebäude könne man oben nicht mehr rein. Man solle doch bitte nach unten gehen und dort die Toiletten benutzen. Prinzipiell hätte ich damit kein Problem gehabt, wenn nicht dort ein weiterer Mensch gestanden hätte, der allen danach den Zugang zur Terrasse verweigerte. Man hatte also die Wahl zwischen einpullern und die Gesprächspartner auf der Terrasse stehenlassen.

Jedenfalls nachdem ich mir mit Felix ein bisschen Xavier Naidoo angehört hatte, schaute ich mir den Vortrag gleich nochmal an. Kann man gut machen:

Die Zusammenfassung spare ich mir, weil Kai Biermann das so grandios gemacht hat, dass dem nichts hinzuzufügen ist: „Felix Schwenzel, mit Witzelsucht die Welt verbessern„. Ich war ja erst ein bisschen traurig für Felix, der sehr gerne beleidigt wird Kontroversen sehr gut aushalten kann, weil über Twitter ausschließlich lobhudelnde Tweets kamen, aber wenn man in die Kommentare bei Zeit Online schaut, gibt es anscheinend immer noch ausreichend Neider. Gefühlt war jeder dritte Kommentar so unsachlich, dass er entfernt wurde.

(Ebenso lesenswert übrigens die Zusammenfassungen der Vorträge von Sascha Lobo und Gunther Dueck)

Nach Felix Vortrag wechselte ich in Stage 4, um mir von FREDERIC VALIN und JAN-UWE FITZ anzuhören „Wie das Internet literarisches Schreiben verändert„.

Weiter ging es mit CORY DOCTOROW und „It’s not a fax machine connect to a waffle iron„. Leider ein bißchen langweilig weil mich der Vortrag an das erinnerte, was ich vor 2 (?) Jahren gehört hatte als Cory Doctorow bereits auf der re:publica war.

Ich musste dabei an das Kleiner Drei Interview mit Anne Roth denken, das der Frage nachging, warum es so schwer ist, 50% Frauen auf die Bühne zu bekommen:

„[…] Es ist schwer, diese Frage zu beantworten, ohne entweder banal zu werden oder einen Stapel Statistiken unter dem Arm. Aber es scheint doch so zu sein, dass Frauen eher nur dann auf einer Bühne reden wollen, wenn sie wirklich etwas zu sagen haben, also etwas Neues, etwas Interessantes, und das fertig und rund und durchdacht. Männer haben tendenziell weniger Schwierigkeiten damit, ewig das Gleiche zu erzählen oder von den Ideen anderer zu leben. Mir ist dabei die hier Frauen zugeschriebene Verhaltensweise sympathischer und das hat nichts mit mangelndem Selbstbewusstsein zu […]“

Ich kann das in meiner persönlichen Wahrnehmung bestätigen. Es gibt ausreichend Leute wie Tim Pritlove, die für sich genommen absolut großartige Dinge tun, deren Vorträge sich auf Konferenzen jedoch durchaus inhaltlich ähneln. Der Clou an der Sache ist: Es gibt ausreichend Interessenten. Persönlich z.B. wollte ich dieses Jahr das Speed-Networking des letzten Jahres nicht wiederholen*, weil ich eben nicht jedes Jahr das selbe machen wollte – allerdings wurde ich so oft darauf angesprochen, warum Journelle und ich das dieses Jahr nicht erneut anbieten, dass ich/wir es nächstes Jahr vielleicht doch wieder einreichen.

Der re:pubica Tag endete bei mir mit ANNE WIZOREK und der Frage „Ihr wollt also wissen, was #aufschrei gebracht hat?„. Der Vortrag war sehr großartig, was auch an Annes Person hängt, die für mich eine sehr angenehme, neue Art von Feministin repräsentiert, die für mich persönlich sehr hohes Identifikationspotential hat, weil sie ruhig, kompetent und besonnen und jederzeit wertschätzend mit ihrem Publikum und Fragenden umgeht.

Als sie die Trollseite von #aufschrei beleuchtete und sie einige der Tweets zeigte, die sie persönlich angriffen, war der ganze Saal still und las betroffen die Hasstiraden. Als sie Ausschnitte einiger Hate-Mails zeigte, kamen mir die Tränen. Aus vielen Gründen. Weil es mich unendlich traurig macht und schockiert, dass es Menschen gibt, die so viel Hass in sich tragen. Weil sie sowas ertragen muss (und ich spreche hier nicht nur von Beleidigung sondern von grauenhaften, brutalen und detaillierten Bedrohungen). Weil ich verstanden habe, dass so viele Frauen so lange nichts gesagt haben, weil sie sich genau vor solchen Angriffen fürchten.

Ich bin Anne für #aufschrei sehr dankbar. Ich bin all den Frauen dankbar, die unter #aufschrei ihre Erfahrungen geteilt haben. Ich bin wirklich, wirklich dankbar, weil mir #aufschrei so viel Denkstoff gegeben hat.

Ich bin dankbar weil ich verstanden habe, das uns Frauen v.a. eines für die Zukunft helfen wird: Solidarität


Ich kenne einige Männer, die durchaus gewillt sind, #aufschrei und das was dahinter steckt, zu verstehen. Vielleicht gerade weil ihnen Sexismus fern liegt, verstehen sie die Not einiger Frauen nicht. Ich empfehle denen, nicht nur den Vortrag anzuschauen sondern auch mal Twitter nach dem #aufschrei-Tag zu filtern und sich in die Kommentare unter feministische Beiträgen aller Art durchzulesen und sich dann noch vor Augen zu führen: Was sie da an Anfeindungen lesen, ist das, was man zu lesen bekommt, nachdem die Kommentare moderiert wurden.

 

 

*Die Wiederholung war nicht der einzige Grund. Letztes Jahr hatte mir v.a. auch nicht gefallen, dass wir nicht in den Zeitplan aufgenommen wurden und dass unsere Ansprechpartnerin seitens der Veranstalter nur so – sagen wir – mittelmäßig freundlich und offen behandelt hatte.

#rp13, Tag 2, Menschen

Begonnen hat mein Tag mit TERESA BÜCKERs „Der Montag liebt dich„. Ein gut ausgearbeiterer, informativer Vortrag, so wie ich ihn aus der Uni kenne. Teresa schilderte wie stark Arbeits- und Privatleben heutzutage miteinander verwoben sind und  warum es deswegen wichtig ist, die Bedingungen so zu gestalten, dass beide Bereiche miteinander vereinbar sind.

Irgendwann fiel mir auf, dass einige Vortragende das Publikum ausschließlich mit „ihr“ adressierten. So auch Teresa „Ihr müsst dies und jenes“, „damit sich das verändert, müsst ihr xy“. Sascha Lobo hatte sich am Vortag wenigstens noch ein bißchen über die Trennung von Publikum und seiner Person („in der Zwischenzeit meine ich mit ihr tatsächlich manchmal auch mich„) lustig gemacht. Teresa ließ es bei dem ihr, was mir vor allem nachträglich seltsam aufstößt. Wer ist sie, wenn nicht wir? Steht sie da auf der Bühne und weiß Dinge besser als wir im Publikum? Gibt sie die Richtung und wir (überspitzt) Fußvolk führen aus? Ich bin mir sicher, dass sie es so nicht gemeint hat. Aber es klopfte so an mein Hirn an. Ich glaube, sie hat sonst ihre Sprache SEHR bewußt ausgewählt, denn z.B. sprach sie nie im generalisierten Maskulinum sondern (wie nennt sich das Gegenteil?) generalisierten Femininum von „Kolleginnen, Chefinnen, Freundinnen, Partnerinnen“ und das wiederrum hat mir gut gefallen – v.a. auch, weil ich das schon versucht habe, aber sich die außschließlich weibliche Formulierung noch holprig und sperrig in meinem Mund anfühlt. Ihr kam das sehr locker und selbstverständlich von den Lippen und das hat mir – wie gesagt – sehr gut gefallen.

Danach sprach JUTTA ALLMENDINGER über „Zeit – Geld – Familie„. Jutta Allmendinger ist u.a. Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung.

Ich habe als Diplom-Psychologin oft erhebliche Kommunikationsprobleme wenn ich mich mit Soziologen unterhalte, was sicherlich am unterschiedlichen Blickwinkel liegt (außen nach innen, innen nach außen und v.a. auf die Beziehungen und Relationen zwischen den Individuen) und konnte gestern erfreut feststellen, dass ich Frau Allmendinger sehr gut verstand. Allerdings referierte sie nicht so sehr den theoretischen Unterbau sondern schilderte Forschungsergebnisse einer von ihr angelegten Langzeitstudie, in der Frauen wie Männer zu ihren Einstellungen und Wünschen befragt wurden und diese dann jeweils aus ihrer Perspektive und dann aus der Perspektive des anderen Geschlechts beantworteten. Mir gefiel, dass sie sich gerade zu den neusten Auswertungen sehr offen zeigte und aufforderte, ihr zu mailen, wenn jemand eine bessere Idee hätte als alle Ergebnisse mit sozialer Erwünschtheit zu begründen.

Offensichtlich war sie vorher bei einem Termin mit Google-Leuten, die sie warnten, niemand im Publikum würde sie anschauen, weil alle beinahe beleidigend desinteressiert in ihre Handys starren würden. Seltsam, dass sie sowas als Warnung von vermeintlichen Internetexperten gesagt bekommt – ohne dass diese erwähnen, dass das z.B. auch heißen kann, dass alle wie wild über den tollen Vortrag twittern oder parallel Dinge recherchieren und bookmarken, die sie angesprochen hat. Bizarr, dass selbst bei Google die Internetangstmacher sitzen.

Die nächsten Sessions, die ich mir ausgesucht hatte, konnten mich leider nicht bis zum Schluss begeistern. Auch das viertelstündige Philosophy-Slam der Haeuslers konnte mich nur so mittelmäßig begeistern. Was weniger an der Sache an sich lag, als an meiner Erwartung ein bißchen was anderer Eltern aus persönlicher Sicht zum Thema Kinder und Internet zu hören. So weiß ich jetzt, dass sie ähnliche Kritikpunkte am Bildungssystem und dem allgemeinen Umgang unserer Gesellschaft mit Kindern haben wie ich. In persönlichen Gesprächen mit anderen re:publica-Besuchern habe ich aber gemerkt, dass das Thema „Wie gehe ich konkret damit um, wenn meine Kinder ins internetfähige Alter kommen?“ brennt. Wir werden alt und unsere Kinder offensichtlich groß.

Alle weiteren Panels waren eher so gähn. Aber auch da: im Laufe der Jahre habe ich unglaublich hohe Erwartungen aufgebaut und so waren die Vorträge wirklich in Ordnung, aber es fehlte ein bißchen der Wow-Effekt.

Ausnahme war am frühen Abend der Vortrag von CASPAR CLEMENS MIERAU zum Thema „Weder süß, noch salzig: Wie mir die Piratenpartei meine Freizeit nahm„. Caspar hat einfach sehr sympathisch, frei und offen über das Popcornpiraten-Blog berichtet. U.a. wie er dazu gekommen ist, wie er dabei vorgeht, was ihm dabei wiederfährt und welche Reichweite es hat. Er lockerte den Vortrag mit ein Paar skurrilen Beispielen auf und ich hätte am Ende gedacht „yo das war ganz ok“, wenn er nicht selbst den Bogen ganz grandios geschlossen hätte. Gerade als ich in Gedanken formte „schön, jetzt weiß ich das alles, aber …“ endete er mit „im Grunde habe ich euch jetzt eine Anleitung zur Verfügung gestellt damit andere Blogs über die Skurilitäten anderer Parteien machen können.“ Und tatsächlich der Gedanke gefällt mir. Jede Partei sollte ein eigenes Popcorn-Blog bekommen.

Mein Abend endete mit „Ohne Jauch gehts auch„. Persönlich gehts ohne Jauch ohnehin auch – aber wie ich feststellen musste – gehts auch Ohne Jauch gehts auch auch. Die Talkrunde hat mich zwar inhaltlich nicht aufgeregt, aber ähnlich gelangweilt, weil der angekündigte interaktive Publikumsbeteiligungsteil per Hashtag auch nach 20 Minuten noch nicht begonnen hatte. Außerdem gefallen mir Vereingemeinerungen nicht. Das Ganze wurde mit einem Rant zum Thema Arbeit gestartet in dem ich mich absolut nicht wiederfinden konnte. Auch mit der Forderung, wir müssten alle unsere eigenen Chefs werden, kann ich nichts anfangen. Nicht jede/r ist dazu geeignet. Nicht jede/r ist unzufrieden mit ihrem/seinen Job. Nicht jede/r hat Arbeitsbedingungen zu erleiden. Ich gehöre zu den Glücklichen, die mit Arbeitgeber und Arbeitsbedingungen im Besonderen zufrieden sind und wie ich an anderer Stelle bereits schrieb, ich sehe keinen Grund, dass Arbeit ständig „Spaß“ machen muss. Auch deckt es sich nicht mit meiner Erfahrungswelt dass selbständig sein automatisch bedeutet in besseren Verhältnissen zu arbeiten und gleichzeitig Job und Privatleben besser miteinander vereinigen zu können oder gar mehr Freizeit zu haben. So hat mich die geschätzte Sue an diesem Punkt leider völlig verloren und ich konnte auf den Zug wohl nicht mehr auspringen, weswegen ich irgendwann auf den Hof wechselte.

Was mir an diesem zweiten re:publica Tag jedoch wirklich gefiel waren die Bekanntschaften, die ich machen konnte. Meine Scheu Menschen anzusprechen, hat sich langsam gelegt und so konnte ich mein Vorurteil bestätigen, dass Menschen im Internet in der Regel mindestens so sympathisch sind wie in echt. Allen voran die bezaubernde Jademond, deren Blog ich schon lange lese und wirklich sehr schätze, einfach weil ich immer wieder Anregungen finde, die ich in meiner homogenen Welt nicht finden kann.

Dank Journelle, die mir am Vortag vorgemacht hat, wie man fröhlich Menschen anspricht, habe ich auch Michaela angesprochen, um ihr zu sagen, dass ich durch #609060 auf sie aufmerksam geworden bin und dann sowohl in ihrem Blog gelesen habe, als auch die Interviews angeschaut habe (u.a. mit Farah). Ihre Schilderungen haben mir ebenfalls eine Tür zu einer Welt aufgemacht, die keine Schnittmenge zu meinem Alltag darstellt und waren sowohl berührend als auch (teilweise) erschütternd. Michaela ist eine Frau mit transidenter Vergangenheit und berichtet z.B. davon wie sie im Arbeitsleben als Frau anders als als Mann behandelt wird – und zwar nicht weil sie sich entschlossen hat, als Frau zu leben sondern weil sie jetzt Frau ist und Frauen ganz offensichtlich anders als Männer behandelt werden (absurderweise selbst dann, wenn es sich um ein und den selben Menschen handelt). Nicht nur wegen solcher Beobachtungen lohnt es sich jedenfalls ihr Blog zu lesen.

Besonders lange habe ich Beetlebum beim Malen angestarrt, bevor ich mich getraut habe, hin zu gehen und „Hallo“ zu sagen. Mein Mann und ich lieben sein Blog und seinen Humor sehr und so hätte ich mich eigentlich kreischend vor Begeisterung auf dem Boden wälzen müssen, als ich ihn zwischen zwei Sessions im Saal sitzen und malen sah, aber da das nicht meinem Naturell entspricht, tat ich meiner Begeisterung nur verbal kund.

#rp13, Tag 1 oder I <3 (#)

Der Tag begann mit einer fröhlichen Anne Schüssler, die mir ihre Faust hinhielt. Es dauerte ca. 3 Sekunden bis ich verstand, dass sie sich auf einen meiner Tweets bezog.

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Da war ich also! Live im Internet! In echt! Mit lebenden Menschen! Ich war begeistert. Dieses Jahr sogar mit Internetverbindung – die ich aber gar nicht brauchte, weil ich mich wirklich mit diesen MENSCHEN unterhalten konnte.

Ein Paar Ghettofäuste später, setzte ich mich ins erste Panel „Kinderkram: „So nutzen Kids das Web“ mit SARAH PUSTCHRISTINE FEILSABINE FRANK,CHRISTIANE BAUMANNVERENA DELIUS. Ich hätte die Panelbeschreibung besser lesen sollen. Tatsächlich lautete diese „In dieser Podiumsdiskussion wollen wir Macher kennenlernen: Menschen, die das Internet für Kinder prägen.“. Da hätte ich dann gewußt, dass das Thema für mich völlig an der Lebensrealität vorbei geht. Ich saß die ganze Zeit schnaubend und genervt von den Aussagen im Publikum. Was bitte sollen diese extra für Kinder Seiten? Warum müssen sie in Comic Sans sein? Warum müssen sie ein Layout aus den Anfängen des Internets haben? Warum gibt es keine Verknüpfungen, die von der Seite zu anderen Seiten führen? Was zur Hölle hat diese Kunstwelt mit Internet zu tun? Und wenn das so toll ist, wie bekomme ich mein Kind dazu, diese Seite zu besuchen und dann v.a. dort zu bleiben? Höhepunkt der Absudrität waren für mich die Chat-Angebote. Was soll mein Kind da? Wenn es chattet, dann will es mit Kindern chatten, die es kennt oder zumindest Kindern, die bei ihm in der Nähe sind. Es geht dahin, wo alle Freunde sind (oder will es zumindest) und dieser Ort heißt Facebook.

Meiner Erfahrung nach benutzen Kinder diese Angebote nicht (wenn überhaupt dann vielleicht wenn man dabei sitzt und die Kinder gerade so 6 – 7 Jahre alt sind). Die Kinder, die z.B. für Hausaufgaben recherchieren machen etwas total Verrücktes: Sie benutzen Google und Wikipedia. Was für eine Überraschung!

Was sie vielleicht wirklich anders als ich machen, ist: sie benutzen zur Recherche YouTube und schauen sich irgendwelche Videotutorials an. Aber sie benutzen diese Kinderkunstwelten nicht.

Hätte ich also die Beschreibung ordentlich gelesen, hätte ich verstanden, dass dort ausschließlich Menschen sitzen, die daran glauben, dass Kinder Kinderseiten benutzen. Ich glaube das nicht und halte das für keine Lösung. Also blieb mir nur Augenverdrehen und Schnauben. Die einzige, die aus meiner Sicht Dinge sagte, die meiner Realität entsprachen war Frau Feil:

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Selbst die wenigen Argumente, die ich theoretisch noch hätte nachvollziehen können, entpuppten sich bei genauem Hinsehen als äh naja:

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Mein Fazit: Kinderseiten sind unnötig und machen den Eltern, die weniger internetaffin sind vor, sie böten einen Schutz. Persönlich denke ich, es hilft eben nichts. Die Eltern müssen sich selber in die Materie Internet einarbeiten und mit den Kindern reden, sie begleiten, ihnen vertrauen und auch Grenzen setzen – so wie eben in jedem Thema des Lebens.

Und übrigens Gleichberechtigung. Wo mir sonst die Frauen fehlen, hat mir in dieser Runde ein Mann und Vater gefehlt.

Und P.S.: Die Moderatorin, Sarah Pust war exzellent vorbereitet und hat ihre Sache sehr gut gemacht.

Weil es thematisch passt: Ein weiteres Panel, das ich besucht habe und das mich wirklich vom Hocker gehauen hat, war „YouTube macht die Stars von heute“ mit LEFLOIDSIMON W.[UNGESPIELT] und AMY HERZSTARK. Ein absoluter Wahnsinn. Natürlich kenne ich YouTube, aber ganz ehrlich, ich habe nicht mal einen Account da, ich habe noch nie ein Video geliket und ich habe noch nie eins kommentiert. Außer Matt von Where-The-Hell-Is-Matt kenne ich NIEMANDEN dort. Umso weggeblasener war ich, als ich hörte, dass da Menschen sind, die locker mal 90.000 Abonnenten haben. NEUNZIGTAUSEND! Mein vorvorletzter Artikel ist 25.000 Mal abgerufen worden und ich kam mir echt wichtig vor. Ich habe mir vorgestellt, dass jeder Mensch in Bamberg diesen Artikel gelesen hat. Und da sitze ich und höre, es gibt Menschen, die nicht nur 90.000 feste Abonnenten haben, sondern die eben ein Paar Millionen Klicks produzieren. Wenn ich richtig gehört habe, zum Teil 130 Millionen pro Monat. Das ist total abgefahren. Eine bislang unsichtbare Parallelwelt.

Und eine erfrischend selbstbewußte Welt dazu. Während die BloggerInnen sich noch zanken, was Relevanz ist und ob man mit Bloggen Geld verdienen kann und v.a. darf und schlimmstenfalls sogar Morddrohungen erhalten, wenn sie sich dann wirklich „verkaufen“ – gibt es auf YouTube gut organisierte Netzwerke, die es eben ermöglichen ganz locker flockig den Lebensunterhalt zu bestreiten. Mir hat die selbstbewußte Haltung von Amy Herzstark gefallen: „Ich stecke da fünf – sechs Stunden Arbeit rein! Warum soll ich denn dafür kein Geld bekommen?“

Genau! Warum soll sie nicht! Das ist ihre Arbeit. Außerdem ist sie volljährig – dann darf sie doch bitte entscheiden, mit was sie ihr Geld verdient.

LeFloid hatte das Video, mit dem er dem Publikum vorgestellt wurde, vorher seinen Abonnenten gezeigt und hinzugefügt, er habe die krassen Sachen weggelassen, weil er auf der re:publica schließlich vor Erwachsenen sitzen würde. Ein bißchen ernüchternd die Aussage – aber letztendlich hat er recht und das habe ich begriffen. Als internetaffine 37 jährige Mutter bin ich in dieser Riege alt und hab Ahnung von gar nichts und wenn wir dabei bleiben: Ich wäre sehr stolz, wenn meine Kinder Videoblogger würden und werde das ab jetzt forcieren äh fördern:

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Mein Fazit: Die re:publica habe ich in den letzten Jahren lieben gelernt, weil sie mir immer wieder völlig unbekannte Welten eröffnet hat. Dieses Jahr war es YouTube und deswegen möchte ich mich bei den Söhnen der Haeuslers bedanken. Gut, dass ihr eure Elten (und ca. 400 Leute im Publikum) mit ins Boot geholt habt.

So verstehe ich natürlich auch, warum Google heute mit JuKi eine „kindgerechte Videoplattform“ launcht. $$$

Alle weiteren Sessions ergänze ich noch. Vor allem zu der brillianten, herzöffnenden, wundervollen Laurie Penny würde ich gerne noch etwas schreiben.

I <3 (#)

 

Transmediale 2013

2001 war ich das erste Mal auf der transmediale. Bis 2011 bin ich jedes Jahr hingegangen. Jedes Jahr versuchte ich vorher auf der Website zu lesen, was es in der Ausstellung zu sehen gibt. Nach gut einer Stunde gab ich auf. Jedes Jahr. Die transmediale Website ist die unverständlichste Website (zumindest in deutsch/englisch – selbstverständlich gibt es chinesische Seiten, die ich weniger verstehe, man soll ja nicht verallgemeinern), die ich kenne.

Wenn man erstmal vor Ort ist, erkennt man schnell, dass die Website nicht das einzige Unverständliche an der transmediale ist. Die Ausstellungsobjekte sind zum größten Teil ebenfalls völlig unverständlich, die begleitenden Texte kryptisch und voller pseudointellektueller Worthülsen.

2012 bin ich deswegen nicht hingegangen und dann habe ich im Boschblog einen Beitrag zu einem Ausstellungsobjekt gesehen. Die Installation bestand aus großen Stangen, die von der Decke hingen und unter Strom standen. Man konnte sie anfassen um einen Stromschlag zu bekommen.

Ich beobachte das Spektakel eine Weile, traue mich aber zunächst nicht, mir einen Stromstoß versetzen zu lassen. […] Obowohl man weiß, dass etwas passieren wird, ist der Schreck enorm. Die meisten lachen, nachdem sie sich davon erholt haben. Eine junge Frau fällt zu Boden, was aber eher dem Schreck als der Stärke des Stromstoßes geschuldet ist.

Was der Künstler uns damit sagen will? Man weiß es nicht, niemand erklärt es. Der Reiz, es ausprobieren zu wollen, wird dennoch stärker. Ein paar Biere später werde ich mutig: ich unterschreibe, dass ich zur Mitwirkung an diesem Kunstwerk bereit bin, meinen Tod in Kauf zu nehmen, und erhalte im Gegenzug einen Stempel auf das Handgelenk, der mich für den Zutritt zum Elektrozaun berechtigt. Die Bekannte zieht mit (eigentlich hat sie mich überredet) und wir entscheiden uns für die Romantikvariante. Wir halten einander an den Händen, sie berührt den Minuspol, ich den Pluspol. (Vermutlich aber umgekehrt.) Dann passiert es: es funkt zwischen uns beiden.

Das fand ich wahnsinnig romantisch und war traurig, dass ich 2012 nicht da war. Also rufe ich heute wieder die Website auf und bin traditionell genervt. Aber dann denke ich, hey, im Berliner Westen warst Du schon lange nicht und das Haus der Kulturen der Welt, das macht was her, da gehst Du jetzt einfach trotzdem hin.

Tatsächlich finde ich von zwanzig Objekten jedes Jahr mindestens drei, die es am Ende wert waren, die Ausstellung zu besuchen. Das Motto dieses Jahr „back where pluto was a planet“. Meine Recherchen haben ergeben, dass das Akronym BWPWAP in Netzkreisen verwendet wird „wenn man auf die jüngste Vergangenheit verweisen will, einen Zeitpunkt, der nur einen Wimpernschlag zurückliegt, in Bezug auf die technologischen Standards aber schon Lichtjahre entfernt zu sein scheint.

In irgendeinem anderen Artikel habe ich gelesen, man solle sich locker machen und nicht immer versuchen zu verstehen, was die transmediale eigentlich wolle. Also mache ich mich jetzt locker wie sonstwas.

Zwei Dinge finde ich im Vorfeld schon nett. Erstens die Sprachausgaben der Website („back where pluto was a planet I’ve would have been a flash animation“) und die mobile Website ist hübsch.

Mehr heute Nachmittag, wenn wir wiederkommen und ich mich ordentlich in dieses luftleere Wording reingesteigert habe. So lange lesen Sie bitte meine Hackfleischbesprechungen. Kunst und  aufgeblasene Worthülsen kann ich nämlich auch.

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Tja. Das wars wohl mit mir und der transmediale. Eine lange Beziehung zerbricht. Wir haben uns auseinandergelebt. Ich denke, es ist besser, wenn jeder seiner Wege zieht.

Das Rohrpostsystem, (das einzige Ausstellungsstück, das man spontan verstehen kann) wird erst um 16.30 Uhr angeworfen.

Alles andere muss man sich erlesen. Wenn man das fleißig tut, entdeckt man nach einer Stunde einen Metawitz.

Der Rest – ein Rätsel. Auch mit Beschreibung. Um mal Kind 2.0 zu zitieren: „Mama, da hätten die sich aber auch ein bisschen mehr Mühe geben können.“

Manche Dinge, musste man anfassen und irgendwie mit Ihnen interagieren, damit etwas passiert. Leider sieht man das den Exponaten nicht an. Mir wäre z.B. völlig entgangen, dass es doch ein Paar knuffige Sachen gab.

(„Desktop – Gravity Edition„, 2007 von Jacob Nielsen)

Ohne freies WLAN, instagram und vine, hätte ich mich sehr wahrscheinlich zu Tode gelangweilt.

Ich vine gleich los

Die Aufmerksamkeitsspanne wird kleiner, die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung erhöht sich. Höher! Schneller! Weiter! Vine!
Ich habe Vine probiert. Vine ist noch so klein, da kann man an einem Abend ganz Deutschland fertig gucken. Ein Volk legospielender Menschen mit Katzen, die Bananen schneiden.
Hier! Guck! Da! Ah!
Vine erzählt in sechs Sekunden eine Geschichte mit drei bis vier möglichen Anfängen. Aber ohne Ende. Immer und immer wieder.
Das ist so als würde ich … man könnte auch sagen … ganz ehrlich, ich finde…
Vine hat eine seltsame Anziehung. Wenn man zwei bis drei Videos gesehen hat, dann fängt man an, das eigene Handeln in kleine Unterhandlungsstränge zu trennen. Wie könnte man das filmen? Schritt 1, Schritt 2, Schritt 3.
Es macht mich hektisch und ruhelos.
Die Kinder! Los! Aus dem Bild! (Ich will sie nicht filmen). Pscht! Leise! Mutti vint wieder! Verdammt! Warum habe ich keine Katzen? Haben die Nachbarn welche? Ob ich die…? Ach ne! Die Spülmaschi … ach ne. Wir haben doch so viel Lego. Lego. Hm, das machen schon die anderen, ob ich vielleicht…

Ich werde hibbelig.

Das einzige Buch, das sich mit Vine verfilmen ließe, wäre Ulysses („Schauder jetzt. Fühlen Mitleid. Müssen sich eine Träne abwischen, weil Märtyrer. Denn alles, was verreckt, will, ums Verrecken, verrecken.“, S. 386) oder vielleicht noch die Gelehrtenrepublik von Arno Schmidt.

Diese Bücher haben mich auch mitgerissen. Wie ein Fluß. Aber eben mit diesen abgehackten Passagen. Immer wieder Stop und dann auch wieder weiter. Angetrieben, mitgenommen, weitergespült.

Dogma 95 in 6 Sekundenhappen. Keine Filter, keine begleitende Musik, keine Zusatzfunktionen.

  1. Als Drehorte kommen ausschließlich Originalschauplätze in Frage, Requisiten dürfen nicht herbeigeschafft werden.
  2. Musik kann im Film vorkommen (zum Beispiel als Spiel einer Band), darf aber nicht nachträglich eingespielt werden.
  3. Zur Aufnahme dürfen ausschließlich Handkameras verwendet werden.
  4. Die Aufnahme erfolgt in Farbe, künstliche Beleuchtung ist nicht akzeptabel.
  5. Spezialeffekte und Filter sind verboten.

Quelle: Internet

    
(Das Video ist von Felix Schwenzel)

Ich glaube, ich werde zu alt für diesen Scheiß.

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Blogs leben durch männliche Seilschaften?

Im letzten DRadio Wissen Online Talk zum Thema „Kulturtechniken und Technikkultur“ wurde das Thema Frauen und Blogs angerissen. Es ging u.a. um das Thema warum deutlich mehr Männer als Frauen bloggen und warum Blogs von Frauen schlechter (miteinander) vernetzt seien. Blogs lebten v.a. durch männliche Seilschaften.

Das erinnerte mich an eine Beobachtung, die ich gemacht habe, je mehr „weibliche“ Blogs ich gelesen habe. Extrem wenig (tolle, tolle) Blogs, die sich mit feministischen Themen beschäftigen, haben z.B. eine Suche.

Das ist insofern schade, als dass ich nur unter großen Mühen Artikel wieder finde, die ich mal lesens- und verlinkenswert fand.  Auf die Frage, warum es Blogs ohne Suchen gibt, habe ich u.a. diese Antwort bekommen:

Das mag stimmen, aber wenn man vernetzt sein möchte, dann sollte man solche Barrieren vielleicht möglichst abbauen? Mit Systemen wie WordPress ist es wirklich nicht zu schwer eine Suche auf die Seite zu packen. Und selbst wenn man das nicht selbst kann (ich gehöre durchaus bei der ein oder anderen Fragestellung zu den Unwissenden), dann kann man sich Hilfe googeln oder holen. Schließlich sind das Dinge, die man einmal einrichtet und die dann interessierten LeserInnen immer eine Hilfe sind.

Ein anderes Thema sind die RSS Feeds. Wenn sie überhaupt angeboten werden, dann oft nur als angeteaserte Variante, d.h. der Artikel wird nur angerissen. Für Seiten wie ZeitONLINE, die von Besuchern und Werbung leben, mag das sinnvoll sein. Für nichtkommerzielle Blogs erkenne ich keinen Sinn.

Ich kann meinen Feed Reader hauptsächlich auf Wegen lesen. Also wenn ich in die Arbeit oder zum Kindergarten fahre. Das ist meistens in der U-Bahn und dort habe ich kein Netz. Ich fange also an zu lesen und dann hmmm kann ich den Rest des Artikels nicht lesen.

Das ist ein echtes Hindernis. Denn meist lese ich den Artikel dann gar nicht mehr. Ich habe auch schon oft gehört, dass solche Feeds von vielen komplett aus dem Reader geschmissen werden. Wenn man sich die Zugriffszahlen über RSS anschaut, z.B. bei wirres.net, dann ist das ein nicht unwesentlicher Teil, würde ich sagen (Zitat: „ich habe um ein vielfaches mehr RSS-leser und artikelansichten als besucher der website„. )

Einen vollständigen RSS Feed anzubieten lohnt also (und fördert die Vereinbarkeit von Familie, Job und Informiertheit). Ich habe die Erfahrung gemacht, dass den meisten das gar nicht klar ist. Also wie ihr RSS eingestellt ist und was das für Auswirkungen auf die Leserschaft hat. Wenn man Betroffene anschreibt, dann erhalte ich oft die Antwort: „Oh das wußte ich nicht“ und die Einstellung wird geändert.

Das sind nur zwei Beispiele warum ich denke, dass Blogs männlicher Autoren tatsächlich mehr gelesen und verlinkt werden. Banal gesagt – nicht hauptsächlich wegen der Qualität sondern einfach weil es geht. Die Artikel können auch unterwegs im RSS Reader gelesen werden und es ist einfach einen einmal gelesenen und für gut befundenen Artikel wiederzufinden und dann wieder zu verlinken.

In WordPress geht man übrigens auf das Dashboard -> dort auf Einstellungen -> da auf Lesen und setzt das Häkchen unter Zeige im Newsfeed auf „ganzen Text“ um. Speichern. Fertig und ihr habt mich als glückliche und regelmäßige Leserin gewonnen.