Keine Käsefüße, kein Mundgeruch

Babys, so sagt man gerne, duften wunderbar. Nun war ich bis zum Geburtstag meines eigenen Kindes noch nicht zum Babybeschnüffeln gekommen und musste bald feststellen, dass ich an olfaktorischer Taubheit leide. Mein Baby nämlich, roch am Anfang nach gar nichts. Bestenfalls roch es rein und unverdorben.
Kurz darauf roch es und alles was mit ihm in Berührung kam nach Kotze. Freilich nur Milchkotze, doch glauben Sie mir, erbrochene Muttermilch hat nichts entzückenerweckendes.
Gegorene Milch auf der Haut, im eigenen Haar, auf der Kleidung, am Baby, am Mann, im Bett – vielleicht für den Chinesen, der auch dem Verzehr von verdorbenen Eiern nicht abgeneigt ist und gerne Schwalbenspucke trinkt, ein Fest für die Nase – für mich eher ein Grund jeden Tag eine Ladung Wäsche zu waschen.
Im Nachhinein denke ich, dass die Mütter, die Babygerüche so unwiderstehlich finden von den Duftnoten gewisser Babypflegeprodukthersteller sprechen. Denn so hoch wie die Durchschnittsfrau den meilenweit zu identifizierenden Persilgeruch schätzt, mag sie es toll finden, wenn der Nachwuchs nach erdölbasierten Pflegesubstanzen müffelt.
Das einzige, was selbst mich fasziniert, ist der tadellose Mundgeruch bzw. dessen absolut nicht Vorhandensein. So halte ich liebend gerne meine Nase in den Atemkanal meines Babys. Bis zu dem Tag als das Baby entdeckte, dass es nicht nur Fahrkarten sondern auch Nasen durch fröhliches Hineinbeißen entwerten kann.
So ist nun wenigstens die Sorge, um die schiefe Bahn erledigt. Piercingstudiobesitzer ist schließlich eine handfeste Sache.

SChicke Piercingideen

Hör‘ auf die Eltern, sei kein Pferd

Manchmal durchleben Kinder das selbe, auch wenn der Altersunterschied ungefähr sechs Jahre beträgt. Während dem einen lustig die Zähne ausfallen, warten wir beim anderen, dass dort Beißerchen erscheinen.
Gemeinsam sind sie leidenschaftliche Teilhaber am täglichen Elternquälritual Zähne putzen.
Während das Großkind am Becken mit der Zahnbürste jongliert, dabei Fliegen erschlägt und Zahnpasta ißt, steht das Kleinkind mit zugekniffenem Mund und geschlossenen Augen in einer Ecke gekauert und tut so, als sei es allen elterlichen Aufforderungen gegenüber taub.
Ab und zu blinzelt es, um zu sehen, welchen Blödsinn das Geschwister veranstaltet und fällt dann nach kurzem, hysterischem Lachen wieder in Stasis.
Beim großen Kind hilft es meist nur mit elterlichem Kopfstimmengesang im falschen Moment zu drohen. Wenn es hört, dass wir in Anwesenheit von Ritschi oder Tärränz, den Coolen der Schule, peinliche Verhaltensweisen an den Tag legen werden, putzt es meist die sieben verbliebenen Milchzähne blitzeblank.
Da das kleine Kind noch nicht unter präpubertäten Gruppenzwängen leidet, nützt Drohen nichts. Wir putzen also lieber dessen Stofffreunden die Stoffzähne und hoffen, dass es haben will, was Schnüffi der Hase hat: strahlend weiße Schneidezähne.
Das Baby, durchaus interessiert an den Vorgängen des Stofftiermaulschrubbens, öffnet den Mund natürlich nicht.
Das einzige was wir erreichen, ist, dass das Baby am nächsten Morgen beim Wort Zähneputzen den Hasen holt und uns stolz überreicht.
Abends schauen wir uns dann Kariesbilder im Internet an und hoffen, dass sich endlich das freiwillige und verständige Zähneputzen einstellt.

Bitte Zähne putzen

Das dritte Wort

Mal ehrlich, dass ein Kind ziemlich wahrscheinlich zuerst Mama und dann Papa sagen wird, ist nicht wirklich aufregend. Das eigentlich interessante Wort im Spracherwerb der Kinder ist doch das dritte Wort.
Anfangs konnte sich unser Baby nicht entscheiden und hat, großen Fastfoodketten nachahmend, einfach Wortwochen eingeführt.
Alles begann mit Mambo!.
Freund der Familie: Na, Du kleines Häschen?
Baby: Mambo!
Freund der Familie: Wie geht’s Dir denn?
Baby: Mambo!
Dann sagte es Naknak (Zweifelsohne ein Filmzitat aus Mars attacks!)
Darauf folgte das Sommerloch und endete eines morgens ganz überraschend, als das Kind mich ernst ansah und äußerte: Mama, Aquähhh-dukt.
Da war ich natürlich sehr stolz. Denn die anderen Kinder sagen banales wie Dudu für Auto oder ein unvollständiges Ba für Ball.
Auch die Großeltern waren hoch erfreut, als das Baby eifrig Aquädukt ins Telefon flötete. Hatte sich doch das ganze Geld, das sie in die Ausbildung der eigenen Kinder investiert hatten, gelohnt.
Wahrscheinlich wegen des überschwänglichen Lobs blieb das Kind zwei Wochen bei Aquädukt und kam dann in die Pubertät. So interpretiere ich das jedenfalls, denn nichts anderes als ein Aufbäumen gegen die verspießten Akademikereltern kann es gewesen sein, als es fortan nur noch KACKE! schrie.
In den eigenen vier Wänden, mag ein immerfort krakeelendes Kacke-Kind nicht peinlich auffallen. Ganz anders wenn man in der S-Bahn fährt.
Mama: Schau da, liebes Baby, das Reichstagsgebäude, seit 1999 Sitz des Deutschen Bundestages, vormals Tagungsort der Reichstage des Kaiserreiches und der Weimarer Republik. Seit 1994 findet dort alle fünf Jahre die Bundesversammlung zur Wahl des deutschen Bundespräsidenten statt und seit 1999 ist es Sitz des [..].
Baby: Kacke! Kacke! Kackääääää! KACKKACKKACKÄÄÄÄääääääähhh!

Das Kind ist jetzt 3 Jahre und sagt das böse Wort immer noch sehr gerne.
Man kann da nur von Glück sprechen, dass es uns nicht ganz so schlimm erging, wie Freunden. Dessen Zögling sagte nämlich aus unerfindlichen Gründen als drittes Wort Hitler.

Babybespaßung deluxe

Mangels Krippenplatz wird man am Dorf vermutlich vor Langeweile und Einsamkeit nach jahrelanger Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes plemmplemm. Zumal man soziale Kontakte zu anderen Betroffenen mangels öffentlicher Spielplätze nicht pflegen kann.
In Berlin sind der Babybeschäftigung keine Grenzen gesetzt und so wird man einfach angesichts des Babybespaßungsprogramms ebenfalls irre.
Mein Baby und ich, wir sind in der Zwischenzeit bei Babyrafting und Babysauna angelangt.
Das Babyrafting ist ein Teil des durch eine ehemals militärisch aktive Schwimmlehrerin angeleitete Babyschwimmen.
Da müssen wir die Babys vom Wasser in die Luft strecken als wären wir Jadzia Dax, die General Martoks Ehefrau ihre Ehefähigkeit beweisen muss.
Eine Streichholzschachtel fünf Minuten mit horizontal gestreckten Arm in die Luft zu halten ist gegen das Babywasserworkout ein Klacks.
Zwischen dem Muskeldrill schreit die Schwimmlehrerin, dass ihr das Gaumenzäpfchen an die Vorderzähne schlägt: UND JETZT SCHMUSEN! und angsterfüllt drücken wir alle unsere Babys an unsere zittrigen Körper.
Wenn wir allen Anweisungen brav gefolgt und die Strafliegestütz erledigt sind, setzen wir die Babys in Schwimmringe. Dann stellt der Swiminstructor die Gegenstromanlage an und wir schießen die Babys mit 3 G Beschleunigung ans andere Beckenende.
Da das Babyschwimmen in einer Sauna stattfindet, begleiten applaudierende nackte, alte Männer, deren Bauch über das Geschlecht hängt, das Spektakel.
(Das sind die Momente in denen ich geistig meine Hände reibe, denn hätte ich kein Kind bekommen, über was sollte ich dann bloggen nach all den Jahren?)
Nach zehn Runden Schwimmreifenrafting taucht man die Babys kurz in Eiswasser und geht dann in die Babysauna.
Dort bespritzen sich die kleinen windellosen Pupser mit ihrem kalten Trinkwasser und jauchzen so laut, dass einem das Herz aufgeht.

Fortan tagein tagaus

Was das Essen angeht, bin ich sehr wählerisch. Nicht im Traume fiele mir deswegen ein, meinem Kind irgendwas aufzudrängen, dass es nicht essen mag.
So kommt es, dass Kind 2.0 sich bislang ausschließlich von Milch und Süßkartoffeln ernährte. Seit es das Gebiss eines kleinen Nagetiers hat, hat es Broccolirösschen, Kiwi und Mangostückchen mit in sein Ernährungsrepertoire aufgenommen.
Der Kinderarzt empfahl nun Fleisch. Das Baby schabte fortan tagein tagaus mit seinen zwei Zähnen lustlos am berlinischen Eisbein, als mir dämmerte, dass eine andere Lösung erarbeitet werden müsste.
Nitritfrei gepökelte Bio-Würstchen lautet die Lösung. Und was soll ich sagen? Ein voller Erfolg. Das Kind will jetzt nur noch Wurst. Alles andere bleibt ihm gestohlen.
Kaum 24 Stunden dauerte es, da hatte es selbst das Babyzeichen für Würstchen entwickelt. Mama am Zeigefinger ziehen und dabei Dinosauriergeräusche machen.
Das Kind war so wurstabhängig, dass es sogar nachts zu mir auf den Bauch kletterte um unter der Decke nach meinen Fingern zu suchen und wie Godzilla in den Stunden seiner größten Verzweiflung im übertragenen Sinne Wurst, WURST zu schreien.
Was sehnte ich mich nach den Zeiten, in denen es noch nährstoff- und vitaminreiches aß.
Jetzt bin ich ja nicht dumm und als findige diplompsychologisierte Mutter war mir schon lange aufgefallen, dass das Baby auch gerne Verbotenes tat und auch gerne Dreck und anderes Kleingetier in den Mund steckte.
Das wurstfreie Essen platzierte ich künftig in Steckdosen, Biomülleimern, Klobürstenhalterungen und Parkettfugen. Und siehe da, es aß, es aß!