Das psychologische Familieneinkommen (unwitzig)

Manchmal liege ich schlaflos im Bett und hätte gerne mentalen Internetzugang, um die Kinder nicht zu wecken, weil ich aufstehe, um etwas nachzuschauen. Z.B. die psychologischen Hintergründe von Lohnsteuerklassen.

Ich hole mal ein wenig aus. Wenn ich mich mit anderen Frauen unterhalte, dann stelle ich immer wieder fest, dass die Rollen, sobald in die Familie ein Kind geboren wird, sofort „traditionell“ werden. Es ist a) selbstverständlich, dass die Frau den Großteil des ersten Lebensjahres zu Hause bleibt und b) selbstverständlich dass die Frau danach in Teilzeit geht.

Da startet man also gleichberechtigt: Mann und Frau haben einen 40-Stundenjob, wenn man Glück hat und ungefähr gleich gut bezahlt wird, haben beide Partner Lohnsteuerklasse IV (sofern man verheiratet ist).

Dann kommt das Kind. Früher wurde (die Frau) umgehend finanziell abhängig von den Einkünften des Mannes. Heute bekommt man (für mein Empfinden) großzügig bemessenes Elterngeld sofern man voll berufstätig war. Ein Jahr lang. Dann bekommt man nichts mehr, d.h. der Beitrag zum Familiengesamteinkommen ist rein „ideell“ oder aber man hat Glück, findet einen Krippenplatz und fängt an wieder Teilzeit zu arbeiten.

Beim Mann – keine Veränderung. 40 Stunden, volle Beiträge für die Rentenkasse. Man wechselt aufgrund des Lohngefälles die Lohnsteuerklassen auf III (Mann) und V (Frau).

Bei der Frau reduziertes Gehalt (geschuldet der reduzierten Wochenarbeitszeit und durch die „schlechte“ Lohnsteuerklasse), Lücke in der Altersvorsorge, nicht selten Karriereknick. Das Übliche.

Persönlich muss ich sagen, dass ich extrem viel Glück habe. Mit allem, mit meinem Arbeitgeber (seiner Bereitschaft mich teilzeit wieder aufzunehmen und v.a. mir weiterhin verantwortungsvolle Arbeiten zu überlassen) und mit meinem Mann und seiner sehr gleichberechtigten Einstellung gegenüber der Summe der Familieneinkünfte.

Die gesamten Einnahmen unserer Familie gehen nämlich auf ein gemeinsames Konto und auf unseren privaten Konten verbleibt lediglich ein persönliches Taschengeld. d.h. mir als Frau wird nichts zugeteilt und ich muss nie bei außerplanmäßigen Ausgaben um Ausgleichsüberweisungen bitten.

Dennoch habe ich immer das Gefühl weniger für die Familie beizutragen als mein Mann und wenn ich etwas kaufe, das nicht unbedingt zu den „lebensnotwendigen Ausgaben“ zählt, habe ich immer das Gefühl das schwer verdiente Geld meines Mannes zu verjubeln.

Warum also ist es nicht möglich steuerlich auf eine Lohnsteuerkarte zu arbeiten wenn man verheiratet ist und gleich gemeinsam veranlagt zu werden? Es muss doch Möglichkeiten geben, dem Teilzeitarbeitenden ein besseres Gefühl zu geben bzw. den Fokus wirklich auf das Gemeinsame zu legen und somit den Beitrag zur Hausarbeit und der Kinderbespaßung einen besseren Stellenwert zu verschaffen.

Ich fände es schön und hätte dann wohl weniger das Gefühl aus egoistischen Motiven (Selbstverwirklichung? Persönliche Weiterentwicklung? …?) arbeiten zu gehen.

Noch mehr dämliche Wahlplakatsprüche

Ich müßte mir mal eine Route ausbaldowern, die an allen FDP-Plakaten vorbei führt. Die scheinen ja ein nicht enden wollender Quell an Dämlichkeiten zu sein, die durchaus Unterhaltungswert haben.

„Warum teilt die FDP nicht den Traum einer autofreien Stadt? Weil keine Frau der Welt mit dem Fahrrad in den Kreißsaal will.“

Heißt vermutlich übersetzt:

„Statt S-Bahn sanieren, stilllegen und mit dem gesparten Geld alle Spielplätze in Parkplätze und alle U-Bahnstationen in Drive-through-Autowaschanlagen verwandeln.“

Ich muss jetzt einfach mal diesen Satz sagen: Aber so ein Unsinn fällt bestimmt nur einem Mann ein, der noch nie schwanger war oder ein Kind bekommen hat.

Liebe FDP, das wird Euch umhauen, aber man kann schwanger Fahrrad fahren! Echt!

Normalerweise habe ich ein BVG-Monatsticket im Jahresabo. In den Monaten, in denen es warm genug ist, fahre ich jedoch Fahrrad. So auch im z.B. im Monat der Geburt von Kind 2.0.
Weil man aber nicht weiß, wie lange so eine Geburt dauert und ich mein Fahrrad nicht so lange an der Klinik rumstehen lassen wollte, bin ich mit der Tram zur Geburt gefahren. Fand ich auch super, Schienen sind nämlich nicht so holprig wie die Straßen hier in Ost-Berlin.

Zur Geburt von Kind 3.0 bin ich gelaufen. Fand ich noch praktischer, weil man aus unerfindlichen Gründen ohnehin dazu angehalten wird, während der Geburt rumzuspazieren.
Ich gebe zu, während der Übergangsphase und der Presswehen wäre ich ungern gelaufen oder Fahrrad gefahren. Mein Geschrei hätte vermutlich die Mitreisenden in den öffentlichen Verkehrsmittel gestört – aber mal ganz ehrlich: Im Auto hätte ich in dieser Phase auch nicht so richtig Spaß gehabt und ein Taxi hätte mich nie und nimmer mitgenommen. Wer will schon Fruchtwasser auf den Ledersitzen?

Kann nicht mal jemand die FDP beraten? Wenn das so weiter geht, wird diese Partei meinen Kindern in der Schule lediglich durch das Fach „Politik- und Zeitgeschichte“ ein Begriff sein. Nicht dass ich die JEMALS wählen würde, aber eine facettenreiche politische Landschaft zu haben, das finde ich ganz gut. Des Diskurses wegen.

Hmmmm [Ratlosigkeit]

[Achtung, dies ist ein Beitrag ohne roten Faden. Er entstammt meiner Verwunderung]

Täglich fahre ich an einem FDP-Werbeplakat vorbei auf dem steht:

„Wie steht die FDP zur Integration? Wir meinen, dass es eine nette Geste ist, in Paris nach Croissants statt nach Schrippen zu fragen.“

Darüber denke ich täglich nach. Ergibt das irgendeinen Sinn? Ist wirklich das gemeint, das ich verstehe?
Wenn ich nach Paris fahre, soll ich Croissants essen. OK.
Und meinen die eigentlich: „Wir meinen, dass es eine nette Geste ist, in Berlin nach Schrippen statt nach Croissants zu fragen.“
Gilt das nur für Franzosen oder für alle „Ausländer“? Darf ich als Deutsche nur Schrippen essen und keine Croissants (geschweige den Halumi oder Döner!?)
Wenn ich als Deutsche und Berlinerin nun nach München fahre. Was dann? Darf ich dann nach Schrippen fragen oder lieber nach Brötchen? Oder wäre es da nicht richtig nach Semmeln zu fragen?
Und wenn letzteres: Was zur Hölle will die FDP mir sagen?
Ist das deren Ernst?
Um was geht es? Um sprachliche Integration? Um Integration im Allgemeinen? Wäre dann nicht korrekt: „Wir meinen, dass es eine nette Geste ist, in Paris nach Croissants statt nach Brötchen zu fragen“

Es ist mir wirklich ein Rätsel. Soll man in Deutschland also nur deutsche Produkte kaufen/essen/bestellen?
Oder ist gemeint, dass man v.a. als „Ausländer“ deutsche Produkte kaufen/essen/bestellen soll?
Integriert ist man also wenn man Schrippen, Currywurst und Sauerkraut isst?
Wie ist es dann mit den Deutschen. Die sind ja per Geburt integriert, nicht? Dürfen die dann wenigstens Döner essen?
Oder doch die Sprache?
Und wäre es dann nicht eine schöne Geste, wenn der deutsche Außenminister der Englischen Sprache mächtig wäre?
Und wäre es nicht eine noch nettere Geste, wenn man auf Wahlplakate klare Positionen zu Kernthemen schreiben würde, die jeder verstehen kann?
ICH verstehe dieses Plakat jedenfalls nicht… (auch nicht nachdem ich das Wahlprogramm der FDP für Berlin ab S42 gelesen habe)

Nachtrag: Thomas Hollmann hat sich die Mühe gemacht bei der FDP anzurufen und schreibt: „Der Pressesprecher hat mir gesagt, seine Partei meint, dass Ausländer in Berlin Deutsch können sollten.“

Von der Dienstleistung zum Machtmonopol

In der Phase der späten Adoleszenz häufen sich die Schnittpunkte zu Behörden. Z.B. weil man Kinder bekommt (Anmelden am Standesamt, Elterngeld beantragen, Kindergeld beantragen, Kindergartengutschein beantragen, etc.) oder weil man den Hafen der Ehe erreicht (Namensänderung, Familienstammbuch, Lohnsteuerklasse ändern, etc.) oder einfach nur weil man irgendwo wohnt und etwas kaputt geht (Hausverwaltung) oder man einer regelmäßigen, bezahlten Tätigkeit nachgeht (Lohnsteuererklärung abgeben).
In meiner naiven Weltsicht dachte ich, dass Bürgeramt, Standesamt, Hausverwaltung und Finanzamt Dienstleister wären, die – wenn auch nicht direkt – aber eben immerhin indirekt von mir bezahlt werden, damit sie mir behilflich sind.
Das ist natürlich Humbug!
Solche Stellen sind dafür da, mein ansonsten perfekt harmonisches Leben aufzuwühlen und in mir lang vermisste Gefühle wiederzubeleben. Endlich mal wieder Haare raufen, Magenkrämpfe haben, einen Kloß im Hals, gerne auch mal ein Paar Tränen aus den Augenwinkeln wischen. Egal! Große Gefühle jedenfalls.
Es ist natürlich reichlich egozentrisch nur von mir und meinen Gefühlen zu sprechen. Die Ansprechpartner und Sachbearbeiter haben es schließlich nicht leicht mit mir. Ich bin oft schwer von Begriff. Verstehe bestimmte Formulare nicht oder vergesse Dokumente das dritte oder vierte Mal zu kopieren. Ich glaube, einmal habe ich sogar einen Antrag erst zwei Wochen vor Ablauf der Frist abgegeben. Das ist natürlich reichlich spät.
Als ich noch sehr unerfahren war, bin ich nicht auf Knien in die Amtszimmer reingerutscht oder habe die Sachbearbeiter mit ihren offiziellen Titeln (Hochwohlgeboren, Eure Eminenz, Eure Exzellenz, Eure Majestät, Eure Durchlaucht…) angesprochen. Ich habe zudem meistens die maximal zulässige Rückfrageanzahl von n=3 überschritten.
Deswegen möchte ich mich bei allen Sachbearbeitern/sonstigen Dienstleistern öffentlich entschuldigen und gelobe:
–    Nie mehr Freundlichkeit zu erwarten. Freundlichkeit ist unnötiger Tand der zwischenmenschlichen Kommunikation. Anschreien oder grunzen tut’s auch.
–    Nie mehr auf Beratung, Unterstützung oder Hilfe zu bestehen.
–    Besonders großen Spaß zu empfinden, wenn ich trotz Termin länger als 60 Minuten warten muss.
Und immer mein „Ich bin nur Bürger, ich habe nichts zu melden. Ich bin dumm. Sie sind Gott“-T-Shirt zu tragen.

[Was Word nicht kennt, gibt es nicht]

Welches Schweinerl wärens denn gern?

Treue Leser meines Blogs wissen, dass ich nicht seit jeher Kinderfan bin. Ich bin eher in die Kindersache reingeschlittert und irgendwann war mein psychologisches Interesse geweckt. Glücklicherweise habe ich an einer Uni studiert, die viel von Einzelfallanalyse hält. Eine ordentliche Grundgesamtheit n, die wissenschaftlich reliable und valide Allgemeinaussagen liefert, wäre ich zu gebären nicht imstande gewesen.

So betrieb ich die ersten Jahre zunächst Schwellenforschung, wobei mich v.a. die Schwellen von Erwachsenen im Vergleich zu denen der Kinder interessierten. Nehmen wir die Schwelle, mit der man Wiederholungen erträgt.

Kind 1.0 fand es z.B. sehr lustig auf dem Bett herum zu springen und „Miau miau“ zu schreien. Mir fiel gleich auf, dass Kind 1.0 das sehr lange, sehr lustig fand. Also gesellte ich mich dazu und schrie ebenfalls „Miau miau“ und registrierte unmerklich die Anzahl der Wiederholungen.

Schnell bemerkte ich, dass mein Forschungsgeist, mein Wille und einige andere dringend notwendige Fähigkeiten zum Abschluss dieses Experiments nicht ausreichend ausgeprägt waren. Ich musste mehrere Testreihen bei n=276 Wiederholungen abbrechen. Als Teilergebnis meiner wissenschaftlichen Studie konnte ich immerhin festhalten, dass meine Schwelle bei ca. zwölf Mal „Miau miau“ schreien und hüpfen erreicht war. Die Schwelle des Kindes, wie gesagt, ist trotz jahrelanger intensiver Forschungsarbeit bislang nicht wissenschaftlich zu ermitteln.

Interessanter noch als die Schwellenforschung erweist es sich, motivationale Hintergründe des Miau miau Schreiens zu ergründen. Zumindest diese Frage ist psychologisch einfach zu beantworten. Die Kinder haben noch kein stabiles Selbstvertrauen. Dieses bildet sich erst im Verlauf ihrer Entwicklung mit der steigenden Anzahl an Erfolgserlebnissen. Wenn sie Dinge wiederholen, stabilisieren sie ihre Erfahrungen und es ist ihnen nach und nach möglich einen stabilen Erwartungshorizont zu bilden, was sich positiv auf das Selbstbewußtsein (sie wissen was passiert! sie können es vorher sagen) und das Kompetenzempfinden auswirkt.

An der Ergründung einer anderen, sehr interessanten Frage forsche ich im Moment. Es ist die Frage des kindlichen Anthropomorphismus: Warum wollen Kinder andere Dinge sein und noch schlimmer warum wollen sie, dass ICH andere Dinge bin.

Jedes unserer Kinder ist früher oder später in diese Phase eingetreten. Dann werde ich mit Fragen der folgenden Art gelöchert:

  • Welcher Powerranger willst Du sein? (und mit dieser Frage ist man noch gut bedient, denn man kann rational nach Farben und/oder Fähigkeiten der einzelnen Powerranger eine Entscheidung treffen)

Schwieriger wird es bei:

  • Welches Pferd willst Du sein?*

Und richtig lange meditieren kann man über die Fragen der folgenden Art:

  • Welcher Stein willst Du sein?

Wer glaubt, dass man einfach zufällig auf eines der zur Auswahl stehenden Objekte zeigt und sagt „Der da“ bzw. „Das da“ und damit ein Kind zufrieden stellen kann, der hat keine Kinder. Die nächste Frage lautet nämlich „Warum?“ und dann gilt es eine ausdifferenzierte Antwort zu geben oder man gelangt in die unendliche Warum-Fragen-Möbius-Schleife.

Jedenfalls ist mir bis zum heutigen Tag völlig rätselhaft welche Kompetenz sich in dieser Personifizierungsphase ausbildet. Ich hätte eben doch noch ein Aufbaustudium nachlegen sollen.

Welcher Stein willst Du sein?

———

*Glücklicherweise gibt es das Internet, das alle Fragen beantwortet. Falls man also vom Kind gefragt wird, welches Pferd man sein möchte, einfach schnell den Test machen. Bei der Powerrangerfrage gibt es übrigens auch Hilfe.